Wahrscheinlich stammt der Begriff aus dem 2. Jahrhundert. Anfangs wurden darunter nicht nur „außerkanonische“ Schriften gefasst. Der Titel zeugte davon, dass diese Schriften „häretisch“ sind, also Irrlehren oder Fälschungen waren. Teilweise wurden solche Schriften von den sogenannten Gnostikern als „Geheimlehren“, daher „apokryph“, nur an Eingeweihte weitergegeben.
In den letzten Jahrhunderten vor dem Kommen Jesu entstanden über die von den Juden als „Schrift“ anerkannten Bücher des Alten Testaments hinaus eine Reihe weiterer religiöser Schriften. Zu nennen sind hier Judith, Weisheit Salomos, Tobias, Jesus Sirach, Baruch, 1. und 2. Makkabäer, Stücke zu Esther und zu Daniel. Diese Bücher waren aber nie Teil der hebräischen Bibel und wurden zunächst in die Septuaginta aufgenommen, die griechische Übersetzung des Alten Testaments (ungefähr 3./2. Jh. v. Chr.). Sie enthalten einige geschichtlichen Ungenauigkeiten. Zudem kann man feststellen, dass Aussprüche wie „So spricht der Herr“ usw., die in dem Alten Testament ca. 2.000-mal vorkommen, in den Apokryphen kein einziges Mal verwendet werden.
Immer wieder heißt es, im Neuen Testament fänden sich Zitate aus den Apokryphen des Alten Testaments. Dafür aber gibt es keinen einzigen Beleg. Vielmehr müssen wir davon ausgehen, dass dann, wenn Schreiber des Neuen Testaments über Begebenheiten oder Einzelheiten berichten, die nicht im Alten Testament enthalten sind, Gott ihnen eine entsprechende Offenbarung gegeben hat oder dass diese Tatsachen bei den Gläubigen bekannt waren und von Generation zu Generation weitergegeben worden waren.
Das apokryphe Henochbuch1, das allerdings eigentlich der „apokalyptischen Literatur“ der Juden zuzurechnen ist, die an biblische Aussagen anknüpft, hat viele Theologen fasziniert. Wo immer ungläubige Forscher meinen, einen Fehler in der Bibel aufzeigen zu können, forschen und schreiben sie mit großer Energie. Dabei macht ein Vergleich des Judasbriefs mit diesem Buch sofort deutlich, dass es sich nicht um übereinstimmende Dokumente handelt. Immer dann, wenn der Mensch sozusagen unter Anleitung des Teufels abschreibt, finden sich sofort Ungereimtheiten und Fehler.
Im Henochbuch wird beispielsweise vom Gericht „über sie“ – über Israel – gesprochen. Judas dagegen spricht vom Gericht gegen alle, nämlich Gottlose. Das zeigt, dass der Schreiber dieses außerbiblischen Werkes etwas aus Gottes Wort aufgenommen hat (oder womöglich von der damals bekannten Weissagung gekannt hat), sie aber nach seinen eigenen Gedanken auf Israel bezog und damit gerade nicht Gottes Sichtweise aufgeschrieben hat. Denn der Herr, Jahwe, wird nicht sein eigenes Volk richten, sondern ist für sie gerichtet worden (Jes 53). Er wird erst kommen, wenn sie Ihn als Messias annehmen und anerkennen werden. Dann wird Er die Ungläubigen seines Volkes richten. Aber das wird Er als der König tun, den sie einst verworfen haben.
Man nimmt an, dass das „Henochbuch" zwischen 170 v. Chr. und 70 n. Chr. entstanden ist. Es ist eine Zusammenstellung von Texten verschiedener Zeiten und enthält Hinweise, die mit der Zerstörung Jerusalems 70 n. Chr. zusammenhängen.
Fußnoten
- 1 Es gibt auch noch ein slawisches Henochbuch (auch 2. Buch Henoch genannt) und ein hebräisches Henochbuch (3. Buch Henoch). Beide Bücher sind vermutlich später entstanden (vielleicht 1. Jh. n. Chr. und 6./7. Jh. n. Chr.).
Quelle: bibelpraxis.de/a7541.html
Artikelreihe: Henoch - der Mann Gottes
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- Bekehrung
- Erfülltes Glaubensleben
- Der Siebte von Adam
- entrückt
- Vorausbild der Entrückung
- Einer, der die Entrückung erwartete
- Der Tod hat seine Machtd verloren
- Saat und Ernte
- Gott belohnt
- Glaube - keine Spekulation
- Gott nahen
- Treuer Prophet
- Henochbuch
- Vorfahre Jesu
- Grundsätzliche Bemerkungen