Henoch war niemand, der sich seine eigene Welt „gebaut“ hat. Er sah vielmehr die Realität, und zwar viel klarer als seine ungläubigen Zeitgenossen. Im Judasbrief lesen wir, dass Gott ihm eine Weissagung auftrug. Inhalt dieser Prophezeiung war unter anderem der furchtbare moralische Zustand der Menschen um Henoch herum. Henoch hatte es von Gott erfahren und zugleich bei seinen Mitmenschen beobachtet.
Henoch wartete auch nicht auf das Gericht, indem er sich selbst etwas ausgedacht hätte. Er spekulierte nicht, dass Gott diesem Treiben ein Ende setzen würde, sondern er wusste es, weil er Gottes Wort ernst nahm. Gott hatte es ihm deutlich mitgeteilt. Das verstehen wir, wenn wir uns die Prophezeiung in Judas 14.15 genauer anschauen.
Glaube ist realistisch.
Mit anderen Worten: Wahrer Glaube sieht klar, was in dieser Welt los ist. Er lässt sich nicht durch süße Worte und Heuchelei blenden, sondern erkennt den unmoralischen und gewalttätigen Zustand dieses Zeitlaufs. Er ist in der Lage, die Umstände zu erkennen und mit Gottes Wort zu beurteilen. Der Zustand der Welt hindert ihn nicht daran, sondern führt ihn vielmehr dazu, sich dem Bösen gerade nicht anzupassen. Ein Gläubiger möchte wie Henoch für Gott leben.
Glaube sieht in die unsichtbare Welt hinein.
Der Glaube sieht dabei über das Materielle und Sichtbare hinaus. Genau das tat Henoch. Er wusste um die Umstände um ihn herum, sah aber auch, dass Gott über allem stand. Er würde in Kürze eingreifen und Gericht üben: „Siehe, der Herr ist gekommen inmitten seiner heiligen Tausende, um Gericht auszuführen gegen alle und zu überführen alle Gottlosen von allen ihren Werken der Gottlosigkeit, die sie gottlos verübt haben, und von all den harten Worten, die gottlose Sünder gegen ihn geredet haben“ (Jud 14.15).
Ungläubige sehen nur das Sichtbare.
Kennzeichnend für ungläubige Menschen ist, dass sie diese Realität hinter der sichtbaren Wirklichkeit nicht erkennen können. Dazu muss man Gott kennen und mit Ihm leben: „Das Geheimnis des Herrn ist für die, die ihn fürchten, und sein Bund, um ihnen denselben kundzutun“ (Ps 25,14).
Da ihnen dieses Geheimnis verborgen bleibt und bleiben muss, halten Ungläubige alles, was wir Gläubige durch Gottes Wort erfassen können, für Torheit, Unsinn und Spekulation (vgl. 1. Kor 2,14). Natürlich ist das Gegenteil davon wahr. Allerdings müssen wir aufpassen, dass wir wirklich bei dem bleiben, was Gott in seinem Wort sagt. Auch wir als Christen stehen in Gefahr, uns auf Spekulationen einzulassen. Und dann erweisen wir unserem Glauben einen Bärendienst und schaden uns und anderen.
Spekulation macht den Glauben lächerlich.
Ein Beispiel: Wenn ein Christ die Entwicklungen der heutigen Zeit sieht und dann sagt: „Der Herr muss in Kürze wiederkommen, es ist alles so schlimm. Das kann nicht mehr Jahrzehnte dauern, höchstens noch ein, zwei Jahre“, ist das reine Spekulation. Ja, wir wissen, dass wir in den letzten Tagen leben. Und natürlich kommt der Herr Jesus „bald“ wieder. Er hat das zugesagt: „Ich komme bald!“ Aber wann das sein wird, wissen wir nicht. Wir erwarten Ihn heute, oder? Aber für eine solche Behauptung, Er käme in spätestens ein bis zwei Jahren, haben wir keine Zusage und würden uns und Gottes Wort lächerlich machen, wenn Er nach zwei Jahren noch immer nicht gekommen wäre. Wie gesagt: Wir erwarten den Herrn jederzeit! Aber wir spekulieren nicht, wann genau das sein wird. Das weiß allein Gott!
Ich erinnere mich, dass mein Großvater sagte: „Ich glaube nicht, dass ich noch heimgehen muss. Die Zeichen der Zeit sind so klar, dass ich die Entrückung erleben werde!“ Ich mache ihm keinen Vorwurf, denn seine Worte zeigen, dass er den Herrn wirklich erwartete. Aber er ist schon über 35 Jahre bei Christus ... Das aber soll uns nicht schläfrig machen. Im Gegenteil: Auch wenn du noch jung bist, erwarte den Herrn jederzeit! Er kann heute kommen!
Das Vorbild von Henoch und Paulus.
Bei Henoch war das im Prinzip nicht anders! Er konnte aus der Weissagung, die Gott ihm mitgeteilt hatte, ableiten, dass der Herr im Begriff stand, sein Gericht auszuführen.1 Dieses Wort nahm er in „kindlichem Glauben“ an und erwartete den Herrn. Aber er sagte auch nicht: Gott wird heute oder morgen im Gericht kommen. Er kündigte das Gericht Gottes an, wie Gott es ihm aufgetragen hatte – nicht mehr und nicht weniger.
Auch wir sollten die Worte des Apostels ernstnehmen: „Denn dieses sagen wir euch im Wort des Herrn, dass wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn“ (1. Thes 4,15). Hat sich Paulus vertan, als er von „wir, die Lebenden“ sprach? Keineswegs. Diese Worte zeigen seine Haltung und sind von Gott inspiriert. Der Apostel erwartete den Herrn zur Entrückung. Ein wunderbares Vorbild für uns!
Fußnoten
- 1 Wir wissen im Unterschied zu Henoch, weil wir das gesamte prophetische Wort kennen, dass die eigentliche bzw. volle Erfüllung dieser Weissagung auch heute noch zukünftig ist: Es geht um die Erscheinung des Herrn in Macht und Herrlichkeit, die das Tausendjährige Reich einleiten wird.
Quelle: bibelpraxis.de/a7263.html
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