Gedankensplitter (27) zum Anfang der Versammlung auf der Erde (Apg 4)

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Der 33. Vers zeigte, dass die Apostel trotz großen Widerstands ein kraftvolles Zeugnis ablegten. Nicht nur das, große Gnade war auf ihnen und über ihnen. Wenn wir heute zwar nicht mehr diese äußere Kraft besitzen, so hat sich die göttliche Güte nicht verändert. Gott schenkt sie auch in unseren Tagen noch.

Apostelgeschichte 4,34.35

Wie diese Gnade damals weiter wirkte, lesen wir in den nächsten Versen:

Denn es war auch keiner unter ihnen bedürftig, denn so viele Besitzer von Feldern oder Häusern waren, verkauften sie und brachten den Erlös des Verkauften und legten ihn zu den Füßen der Apostel nieder; es wurde aber jedem ausgeteilt, so wie einer irgend Bedarf hatte“ (Apg 4,34.35).

Keine Bedürftigkeit

Gott hatte seinem irdischen Volk, den Israeliten, äußeres Wohlergehen versprochen, wenn sie auf sein Wort hören würden. Schon kurz nach der Durchquerung des Roten Meeres hatte Er ihnen verheißen: „Wenn du fleißig auf die Stimme des HERRN, deines Gottes, hören wirst und tun wirst, was recht ist in seinen Augen, und seinen Geboten gehorchen und alle seine Satzungen halten wirst, so werde ich keine der Krankheiten auf dich legen, die ich auf Ägypten gelegt habe; denn ich bin der HERR, der dich heilt“ (2. Mo 15,26).

Später, in den Ebenen Moabs, sagte Er ihnen: „Und es wird geschehen, wenn du der Stimme des HERRN, deines Gottes, fleißig gehorchst, dass du darauf achtest, alle seine Gebote zu tun, die ich dir heute gebiete, so wird der HERR, dein Gott, dich zur höchsten über alle Nationen der Erde machen; und alle diese Segnungen werden über dich kommen und werden dich erreichen, wenn du der Stimme des HERRN, deines Gottes, gehorchst. Gesegnet wirst du sein in der Stadt, und gesegnet wirst du sein auf dem Feld ...“ (5. Mo 28,1-14).

Aber wann hatten sie diesen äußeren Überfluss erlebt? Das war nur kurz in der Zeit Davids und Salomos Realität. Da genossen sie diesen göttlichen Segen. Doch schon Salomo entfremdete sich dem Willen Gottes. Er führte den Götzendienst in Israel wieder ein. Von da ab ging es – mit kurzen Ausnahmen – weiter bergab. So war von materiellem Wohlergehen nur selten etwas zu sehen. Manchmal hatten sie gute Tage nur durch das erstaunliche Eingreifen Gottes in Barmherzigkeit, obwohl das Volk in Bosheit wandelte (2. Kön 14,23-27).

Jetzt aber, wo Gott wahres Christentum eingeführt hatte, änderte sich die Situation auf einmal. Es gab niemand unter den Christen, die bislang alle aus dem Judentum stammten, der bedürftig war. Die Freigiebigkeit der Reichen war so herausragend, dass keiner arm blieb. Alle hatten mehr als genug.

Das ist jedoch gar nicht der besondere Charakter der christlichen Zeit. Wir sehen beim Apostel Paulus, dass er von materiellem Mangel in seinem Leben spricht (Phil 4,12). Auch die Gläubigen aus Jerusalem und Judäa hatten später mit Entbehrung zu tun (Röm 15,25.26).

Zu Beginn der christlichen Zeit aber schenkte Gott diesen äußeren Segen. Warum? Wir haben gesehen, dass Er in der ersten Zeit durch Wunder wie Heilungen und Sprachenreden sein Wirken als von oben kommend bestätigte. Das tat Er gerade im Blick auf Juden, die einen von Gott gegebenen Gottesdienst empfangen hatten. Wie sollten sie verstehen, dass das, was Gott selbst geschenkt hatte, jetzt auf einmal zur Seite gestellt war? Speziell dadurch, dass Er ihnen eine Bekräftigung durch eindrückliche Wunder bewirkte. Dazu gehörte, dass niemand bedürftig war oder blieb.

Echte Freigiebigkeit

Die Freigiebigkeit der Gläubigen ist außerordentlich beeindruckend. Wir finden einen solchen Beweis gegenseitiger Fürsorge und Liebe später nicht mehr. Wir können daraus erkennen, dass Gott das auch nicht vorgesehen hat für die gesamte christliche Zeit. Es war ein Ausdruck gerade für die erste Periode. Wir müssen bedenken, dass es hier um sehr hohe Summen von Feldern und Häusern ging, die verkauft wurden. Gott bewirkte am Anfang  wirklich Einzigartiges.

Und heute?

Wie sollen wir nun in unserer Zeit mit dem umgehen, was wir hier in Apostelgeschichte 4 sehen? Hat es Vorbildcharakter für uns? Die Antwort lautet: Ja und nein. Ich beginne der Einfachheit halber mit dem „Nein“.

Es fällt ein Unterschied zwischen den „Zuständen“ in den Kapiteln 2 und 4 auf. Während es in der allerersten Zeit offenbar keines Verwaltungsaufwands bedurfte, sondern eine direkte Verteilung stattfand, änderte sich das nach kurzer Zeit. In unseren Versen haben wir gelesen, dass man das Geld zu den Füßen der Apostel niederlegte. Sie verteilten es dann an die Notleidenden.

In Kapitel 6 lernen wir, dass selbst für den einen Ort (Jerusalem) das zu viel wurde, so dass Diakonen (Diener) dafür benutzt wurden. Von diesen war einer Stephanus, ein anderer Philippus, der Evangelist. Diakonen wiederum werden später für örtliche Aufgaben genannt (1. Tim 3,8-13; Phil 1,1).

An keiner Stelle finden wir danach, dass solche Art von Zuwendungen a) beschrieben und b) gefordert wird. Offenbar handelt es sich um eine außerordentlich wertvolle Art von Liebe und Freigiebigkeit, die Gottes Geist in großer Kraft gerade in der ersten Zeit der Kirche auf der Erde bewirkt hat. Sie war einzigartig.

Dennoch bleibt ein „Ja“ bestehen, dass diese Handlungsweise auch uns heute angeht. Warum? Weil wir in Gottes Wort immer wieder ermuntert werden, gebefreudig zu sein. Das wird einen anderen Charakter tragen, ein andersartiges Ausmaß haben und auch nicht in dieser Form sein, wie wir es zu Beginn der christlichen Zeit finden. Aber über Freigebigkeit freut sich der Herr nach wie vor:

  • „Dies aber sage ich: Wer sparsam sät, wird auch sparsam ernten, und wer segensreich sät, wird auch segensreich ernten. Ein jeder, wie er es sich im Herzen vorgenommen hat: nicht mit Verdruss oder aus Zwang, denn einen fröhlichen Geber liebt Gott“ (2. Kor 9,6.7).
  • „Wer aber irgend irdischen Besitz hat und sieht seinen Bruder Mangel leiden und verschließt sein Herz vor ihm, wie bleibt die Liebe Gottes in ihm?“ (1. Joh 3,7).
  • „Was nützt es, meine Brüder, wenn jemand sagt, er habe Glauben, hat aber keine Werke? Kann etwa der Glaube ihn erretten? Wenn aber ein Bruder oder eine Schwester nackt ist und der täglichen Nahrung entbehrt, jemand von euch spricht aber zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht das für den Leib Notwendige – was nützt es? So ist auch der Glaube, wenn er keine Werke hat, in sich selbst tot“ (Jak 2,14-17).

Fragen wir uns, wie es um unser fröhliches Geben und unsere Freigiebigkeit bestellt ist. Wir stehen nicht unter Gesetz. Uns wird nicht aufgetragen, 10% zu spenden. Aber wie offen sind unsere Herzen für unsere armen, für ärmere und notleidende Mitgläubige?

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