Gedankensplitter (25) zum Anfang der Versammlung auf der Erde (Apg 4)

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In den letzten Versen des vierten Kapitels wird uns nun noch einmal der geistliche Zustand und das praktische Miteinander der ersten Christen geschildert. Mit Wehmut denken wir an diese Zeit zurück, die keiner von uns erlebt hat.

Apostelgeschichte 4,32

Es ist außerordentlich erstaunlich, was wir von den Gläubigen hier lesen:

Die Menge derer aber, die gläubig geworden waren, war ein Herz und eine Seele; und auch nicht einer sagte, dass etwas von seiner Habe sein Eigen wäre, sondern sie hatten alles gemeinsam“ (Apg 4,32).

Die Menge

In diesen ersten Tagen und Wochen der christlichen Zeit waren sehr viele Juden zum Glauben gekommen. Daher kann Lukas hier von einer „Menge“ sprechen. Wenn auch zunächst nur in Jerusalem, so lief doch das Wort des Herrn (2. Thes 3,1) und erreichte eine große Zahl von Ungläubigen.

Das Großartige dabei war, dass die auch damals schon unterschiedlichen Erlösten nicht die Differenzen ihres Charakters betonten, sondern „ein Herz und eine Seele“ waren. Es herrschte somit eine große Einmütigkeit. Natürlich ging es in jener Zeit nicht um lehrmäßige Auseinandersetzungen, mit denen wir heute immer wieder zu tun haben. Aber auch ohne solche Probleme finden sich Herzen nicht von selbst zusammen. Es war der Geist Gottes, der diese Einheit und dieses wunderbare Miteinander bewirkte.

Einmütigkeit

Im Blick auf das wiederhergestellte Volk Israel hat Gott eine solche Gesinnung bereits durch Jeremia und Hesekiel angekündigt: „Und ich werde ihnen ein Herz und einen Weg geben, damit sie mich fürchten alle Tage, ihnen und ihren Kindern nach ihnen zum Guten“ (Jer 32,39; vgl. Hes 11,19). Da lernen wir, dass Gott ein solches Herz bewirken muss.

Das wird bestätigt durch das Gebet des Herrn Jesus zu seinem Vater. In Johannes 17,20.21 lesen wir von dieser Einheit, die wir in unserem Abschnitt verwirklicht sehen. Der Herr hatte zunächst von der apostolischen Einheit gesprochen (Joh 17,11). Dann aber spricht Er darüber hinaus von der Verbundenheit der Familie Gottes, die im Neuen Testament als Versammlung Gottes durch den Geist geformt wurde. „Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben; damit sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, damit auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,20.21). Dass also hier die Erlösten in dieser Einmütigkeit in Jerusalem lebten, war letztlich das Ergebnis des Gebets Jesu und des Wirkens Gottes vom Himmel aus.

Heute sieht es komplett anders aus in dieser Welt. Die Gläubigen sind inhaltlich und von ihrer Gesinnung sehr zersplittert. Wie traurig ist das! Und dennoch sollten wir uns bemühen, in dem Umfeld, in dem wir mit Erlösten zu tun haben, etwas von dieser Einheit sichtbar zu machen. Gerade im Blick auf diejenigen, die uns örtlich und geistlicherweise nahe stehen, können wir uns leicht an ihrem Charakter und Verhalten stoßen. Oder wir nehmen uns die ersten Christen zum Vorbild und sind „ein Herz und eine Seele“. Es liegt an uns ...

Freigiebigkeit

Dann lesen wir von einer einzigartigen weiteren Haltung der Gläubigen damals. Niemand sagte, dass irgendetwas von dem, was rechtlich ihm gehörte, sein persönliches Eigentum wäre. Man teilte offenbar alles miteinander. Über diesen Punkt ist viel geschrieben und gesprochen worden. Ist das, was wir hier lesen, vorbildlich für uns heute?

Beispielhaft ist sicherlich die Haltung der Gläubigen damals. Für sie war offensichtlich klar, dass alles das, was sie besaßen, letztlich nicht ihr Eigentum war, sondern wie sie selbst Gott gehörte. In diesem Gedanken konnte es auch jeder andere benutzen.

So stellt dieser Vers einen Appell an uns und unsere Herzen dar, uns und unseren Besitz ganz bewusst Gott zur Verfügung zu stellen. Nicht in dem Sinn, dass wir alles weggeben. Aber es wäre schön, wenn wir in dem Gedanken lebten, dass der Herr all unser Eigentum verwenden kann, sofern Er dessen bedarf (Lk 19,31).

Natürlich war das, was hier geschah, keine Form des Kommunismus. Die Erlösten handelten vielmehr freiwillig. Wir finden diese Vorgehensweise allerdings nur in Jerusalem. Wir können nicht sagen, dass die Gläubigen dort geistlicher waren als die Kinder Gottes in Antiochien oder in anderen Gegenden. Aber der Herr bewirkte in ihnen diese Haltung und segnete sie. In dem Augenblick, in dem die Grenzen Jerusalems überschritten wurden, lesen wir von solch weitreichenden Handlungsweisen nichts mehr.

Wie gesagt: Gott wünscht, dass wir freigebig sind. An keiner Stelle des Neuen Testaments finden wir allerdings eine Ermahnung, unser Eigentum mit unseren Mitgläubigen zu teilen. Das macht uns zurückhaltend, was manche unnüchternen Gedanken und Forderungen betrifft. Aber nochmal: Wir müssen uns fragen, wie wir auf unseren Besitz sehen und ob wir ein weites Herz für die Gläubigen haben. Sind wir freigebig, wenn sie in Not sind (1. Joh 3,17) oder besondere Bedürfnisse haben.

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Artikelreihe: Gedankensplitter zum Anfang der Versammlung auf der Erde

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