Das erste Kind: Jisreel (V. 4.5)
Das erste durch Hosea gezeugte Kind war „Jisreel“, dessen Name „Gott sät“ oder „Gott zerstreut“ bedeutet. Dieser Name steht für Gericht, das das Haus Jehu und das Haus Israel treffen sollte (Hos 1,4.5).
Gericht am Haus Jehu
Warum das Haus Jehu Gericht zu erwarten hatte, haben wir bereits gesehen: Jehu war in der Ausführung des Gerichts Gottes am Haus Ahab im Eifer über seinen Auftrag hinausgegangen, indem er Ahasja, den König von Juda, und 42 seiner Brüder ermordete (2. Kön 10,12-14).
Jehu gab vor, dies im Eifer für den Herrn getan zu haben (2. Kön 10,16). Doch etwa 80 Jahre später erfahren wir durch den Propheten Hosea, dass Gott eine andere Sicht der Dinge hatte (Hos 1,4). Er sah das Herz Jehus und die tatsächlichen Beweggründe. Darin erkannte Er, dass Jehu nicht für den Herrn geeifert hatte, sondern für sein eigenes Fleisch. Was er getan hatte war Mord, den Gott nicht billigen konnte, sodass Er Gericht über das Haus Jehu bringen musste. Dadurch würde er die Blutschuld am Haus Jehu heimsuchen und es vernichten.
Mit dem Tod Sekarjas, dem Herrscher der vierten Generation des Hauses Jehus, erfüllte sich die Gerichtsankündigung. Damit kam das Zehnstämmereich letztlich zu seinem Ende. Das, was bis zum Schluss der Wegführung durch den Assyrer noch bestehen blieb, zählte in den Augen des Propheten nicht mehr1.
Gericht am Haus Israel
Etliche Jahre später traf das angekündigte Gericht das Haus Israel, die zehn Stämme, als Volk. Dazu gebrauchte Gott den Assyrer, der im Jahr 722/721 v. Chr. das Volk ins Exil nach Assyrien deportierte und sie unter die Nationen „zerstreute“. Dadurch zerbrach Er den Bogen Israels im Tal Jisreel, d. h. ihre Macht. Dieses Gericht „säte“ Gott aufgrund der Untreue und der Sünde des Volkes, das im Götzendienst verharrte.
Das zweite Kind: „Lo-Ruchama“ (V. 6-8)
Das zweite Kind, das geboren wurde, war eine Tochter: „Lo-Ruchama“. Ihr Name bedeutet: „Nicht-Begnadigte“ oder „Nicht-Erbarmen“. Diesen Ausdruck finden wir im Neuen Testament zwei Mal (Röm 9,25; 1. Pet 2,10). Im Römerbrief gibt Paulus ihn mit „Nicht-Geliebte“ wieder. Im Petrusbrief spricht Petrus von „nicht Barmherzigkeit empfangen hattet“. Mit dem zweiten Kind wird also deutlich, dass Israel nicht nur ein kurzzeitiges Gericht zu erwarten hatte („Jisreel“), sondern die Langmut Gottes dem Volk gegenüber endete.
Gott hatte dem Volk Raum zur Buße gegeben, doch Israel kehrte nicht um. Nun war Gottes Langmut zu Ende, dass Er seine Liebe (Nicht-Geliebte) und seine Barmherzigkeit (Nicht-Erbarmen) von ihnen zurückziehen und ihnen keine Vergebung mehr schenken würde (vgl. Hos 1,6)2.
Dem Haus Juda würde Gott sich hingegen noch erbarmen und sie retten (vgl. Hos 1,7). Diese Rettung hatte nichts mit einem „militärischen Einsatz“ und eigener Kraft zu tun. Gott selbst würde ihnen Rettung schenken ohne Bogen, Schwert, Pferd, Reiter und Krieg.
Diese Verheißung erfüllte sich während des Angriffs auf Jerusalem durch den Assyrer im Jahr 702/701 v. Chr. (2. Kön 19,35), der zwanzig Jahre zuvor die Zehn Stämme in Gefangenschaft verschleppt hatte und nun meinte, auch Juda und Jerusalem unter seine Gewalt bringen zu können. Wie vorhergesagt, kamen weder Schwert noch Bogen noch ein kriegerisches Gerät zur Vernichtung des Feindes zum Einsatz. Im Gegenteil: „Und es geschah, in jener Nacht, da ging der Engel des Herrn aus und schlug im Lager der Assyrer 185.000 Mann“.
Das dritte Kind: „Lo-Ammi“ (V8.9)
Das dritte Kind war wieder ein Sohn: „Lo-Ammi“3. Dessen Name bedeutet: „Nicht-mein-Volk“. Durch ihn drückt Gott den Abbruch der Beziehung zu seinem irdischen Volk aus, das nicht mehr Repräsentant Gottes auf der Erde sein würde. Damit würde seine Gegenwart auch nicht mehr in ihrer Mitte sein: „Ich will nicht euer sein“ (Hos 1,9).
Der Ausdruck „Lo-Ammi“ beschränkt sich jedoch nicht nur auf Israel, das Nordreich, sondern umfasst auch Juda, das Südreich, das ebenfalls in Untreue fallen und Gericht zu erwarten hatte4. Während Israel sein Ende im Jahr 722/721 v. Chr. fand in der Gefangennahme Assyriens, fand Juda sein Ende im Jahr 587 v. Chr. mit der Einnahme Jerusalems durch Nebukadnezar. Mit diesem Ereignis war auch Juda nun nicht mehr Zeuge und Repräsentant Gottes auf der Erde5. Von da an kennzeichnete ganz Israel der Zustand: „Lo-Ammi“.
Dabei fällt auf, dass der Ausdruck „Mein Volk“, den wir im Alten Testament häufig finden, in dem Propheten Daniel6 und in den sogenannten „Nach-Exil-Propheten“ (Haggai, Sacharja und Maleachi) nicht mehr von Gott verwendet wird. Was Gott dem Volk durch Hosea mitgeteilt hatte, war eingetroffen. Israel war tatsächlich zu „Lo-Ammi“ geworden (Nicht-mein-Volk).
Ausklang
Zusammenfassend lässt sich erkennen, dass Gott durch die Kinder Hoseas folgende drei Gerichts-Botschaften an das Volk richtete:
- „Jisreel“: Das Haus Jehu und das Haus Israel würden Gericht erfahren und Israel unter die Nationen zerstreut werden.
- „Lo-Ruchama“: Israel würde nicht mehr Gegenstand der Liebe und Barmherzigkeit Gottes sein und auch keine Vergebung mehr erfahren.
- „Lo-Ammi“: Das Volk würde nicht mehr Zeuge Gottes hier auf der Erde sein und die Gegenwart Gottes nicht mehr für sich in Anspruch nehmen können. Es ist „Nicht-mein-Volk“.
Fußnoten
- 1 Es handelt sich hierbei um die bereits erwähnten fünf Könige Sallum bis Hosea (752-722 v. Chr.).
- 2 Dabei gilt zu bedenken, dass Gott dem Volk die Möglichkeit zur Buße gab. Allerdings nahm das Volk die Langmut Gottes nicht in Anspruch. Si kehrten nicht um und bekannten ihre Sünde vor Gott nicht. Daher antwortete Gott mit Gericht. In seiner Heiligkeit kann Er Böses nicht tolerieren und darüber hinweg sehen, sodass Er Gericht bringt.
- 3 In der hebräischen Sprache ist es möglich, nicht nur einen Satz, sondern auch ein Wort zu verneinen. Diese starke Verneinung gebraucht Gott hier, um deutlich zu machen, dass dieses Volk zwar ein Volk ist, aber den Titel trägt: „Nicht-mein-Volk“.
- 4 Vom Jahr 606/605 v. Chr. an bis zum Jahr 587 v. Chr. wurden die Stämme Juda und Benjamin in drei Etappen ebenfalls in Gefangenschaft geführt. Dazu gebrauchte Gott den Babylonier, der sie nach Babylon deportierte.
- 5 Zu dieser Zeit zog Gott sich mit seinem Thron zurück, der in Jerusalem stand. Auch die Wolke der Herrlichkeit Gottes, die Schechina, verließ den Tempel. Ebenfalls endete mit diesem Ereignis die Königszeit im Südreich. Es war der Beginn der „Zeiten der Nationen“, die bis zur Erscheinung des Herrn Jesus anhalten werden.
- 6 Der Prophet Daniel erlebte die Einnahme Jerusalems durch Nebukadnezar. Er wurde mit nach Babylon verschleppt und übte dort seinen prophetischen Dienst aus. Unter dem zeitlichen Gesichtspunkt weissagte er also, nachdem das Volk „Lo-Ammi“ wurde.
Quelle: bibelpraxis.de/a7661.html