Der Prophet Hosea (4) - Die Beiseitesetzung Israels (Hos 1): Die Hure als Frau

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II: Das Hurenweib als Symbol des Zustands Israels (V. 2)

Der moralische Zustand Israels war zur Zeit Hoseas böse und finster. Obwohl Gott es mit großer Macht erlöst, es zu seinem Eigentumsvolk gemacht und sich mit ihnen vermählt hatte (Jer 31,32), verließen sie Ihn und gaben sich fremden Göttern hin. Dadurch war Israel zu einer „Hure“ geworden – in geistlicher Hinsicht (Hos 1,2). Auch dem Bund vom Sinai waren sie untreu geworden, der gesetzmäßig noch in Kraft war. Das machte ihre Sünde nur noch schlimmer und erhöhte ihre Schuldigkeit um so mehr.

Den moralisch finsteren Zustand wollte Gott dem Volk offenbar machen. Da das Wort Gottes jedoch nur noch wenig Macht über das Herz und Gewissen des Volkes ausübte, gab Er Hosea den Auftrag, sich ein Hurenweib zu nehmen und Hurenkinder (Hos 1,2), um das Wort mit sichtbaren „Zeichen“ zu begleiten, deren Bedeutung sich niemand mehr verschließen konnte.

Dieses Hurenweib, eine Prostituierte, symbolisierte dem Volk, dass ihr moralischer Wandel der einer Hure glich, die ein böses Leben führt und in Untreue ihrem Mann gegenüber lebt. Die Ehe Hoseas mit dem Hurenweib ist demzufolge eine symbolische Darstellung der Untreue Israels Gott gegenüber, das sich fremden Göttern hingab und Ihm dabei den Rücken zuwendete.

Das Hurenweib – wie die Christenheit in ihrer Verantwortung

Die Untreue Israels Gott kann man vergleichen mit der Versammlung (Gemeinde) des Herrn auf der Erde, was ihren praktischen Zustand betrifft. So wie Israel unter Gesetz versagt hat, hat die Versammlung unter der Gnade versagt.

Die Bibel gebraucht in der Offenbarung den Ausdruck „große Hure“ bzw. „Mutter der Huren“ (Off 17,1.5), um den Zustand der bekennenden Christenheit, der falschen Braut, nach der Entrückung der Versammlung zu beschreiben, die ein schreckliches Gericht erwarten wird (Off 18,21). Israel wird in der Zukunft noch einmal Gnade erfahren und ein Überrest Widerherstellung finden (Hos 2,1.3.25). Im Gegensatz dazu wird die bekennende Christenheit keine Gnade mehr erfahren, sondern gerichtet werden, da sie die Gnade mit Füßen getreten hat. Wer die Gnade ablehnt und verwirft, kann nur noch Gericht erwarten.

Dabei beurteilt und richtet Gott immer dem Bekenntnis nach, das jemand ablegt. Das macht die Verantwortung bloßer Bekenner, die keine lebendige Beziehung zu Jesus Christus besitzen umso größer und das Gericht umso schwerer. Ihr ewiges Teil wird die Hölle sein: „Nicht jeder, der zu mir sagt: „Herr, Herr!“ wird in das Reich der Himmel eingehen… Und dann werde ich ihnen erklären: Ich habe euch niemals gekannt; weicht von mir, ihr Übertäter“ (Mt 7,21.23)!

Götzen - eine Gefahr

Auch für jeden wiedergeborenen Christen stellt Götzendienst eine potentielle Gefahr dar, der er erliegen kann. Zwar haben wir in Westeuropa kaum materielle Götzen, vor denen Menschen sich niederbeugen, um sie anzubeten. Aber es gibt Dinge, die unsere Herzen erfüllen und Christus in den Hintergrund drängen können. Deshalb warnt der Apostel Johannes am Ende seines ersten Briefes die Gläubigen mit den ernsten Worten: „Kinder, hütet euch vor den Götzen“ (1. Joh 5,21)! Götzen können zunächst harmlose Dinge sein. Doch wenn sie beginnen, unsere Herzen für sich zu gewinnen, dass unsere Zuneigung dem Herrn gegenüber erkaltet und wir uns ihnen hingeben, sind das ebenso Götzen in unserem Leben, von denen es gilt, sich innerlich abzuwenden und von ihnen zu fliehen (1. Kor 10,14).

In diesem Sinn stellt die Ansprache Hoseas an das Volk Israel eine ernste Botschaft an uns dar. Sie offenbart die Prinzipien Gottes, der Böses nicht sehen kann und der mit Eifersucht über unsere Zuneigungen wacht. Israels Liebe zum Herrn war erkaltet (Hos 2,15), weil Götzen ihre Herzen erfüllten und diese zu ihren Liebhaber wurden (Hos 2,7). Davor möchte Gott uns bewahren. Deshalb ruft Er auf, Buße zu tun, wenn unsere „erste Liebe“ erkaltet ist und wir sie verlassen haben (Off 2,4.5).

III: Die Hochzeit, Diblaim und der Gehorsam Hoseas (V. 3)

Hosea nimmt sich dann eine Hure zur Frau und heiratet sie1. Wir sahen bereits, dass diese Ehe ein Symbol des Zustands Israels war, das geistliche Hurerei trieb und in Untreue dem Herrn gegenüber lebte.

Diblaim

Der Name der Hure war Gomer. Sie war die Tochter Diblaims, dessen Name nicht ohne Grund in Gottes Wort erwähnt wird. Er bedeutet soviel wie „doppelter Kuchen“ oder „doppelte Umarmung“. Möglicherweise ist das eine Anspielung auf zwei gegensätzliche Einflüsse, denen Israel ausgesetzt war: dem Einfluss des Fleisches und dem Einfluss göttlicher Heiligkeit. Beide Einflüsse lassen sich nicht miteinander verbinden und sind dementsprechend nicht miteinander „kompatibel“.

Geteilte Herzen

Aus den geschichtlichen und prophetischen Büchern des Alten Testaments geht hervor, dass Israel sich zunehmend dem Einfluss des Fleisches öffnete, sich den Götzen zuwandte und in Folge dessen seine Heiligkeit aufgab. Daher hatte Gott dem Volk durch Elia schon mitteilen lassen: „Wie lange hinkt ihr auf beiden Seiten? Wenn der Herr der Gott ist, so wandelt ihm nach; wenn aber der Baal, so wandelt ihm nach! Und das Volk antwortete kein Wort (1. Kön 18,21).

Der Zustand des Volkes damals ist eine ernste Ansprache an das Volk Gottes heute. Wie Israel können auch wir geteilte Herzen haben, die nach dem Fleisch leben und sich dem Einfluss göttlicher Heiligkeit verschließen. Deshalb ist das Fleisch ständig im Selbstgericht zu verurteilen.

Der Gehorsam Hoseas

In dieser finsteren Zeit strahlte der Gehorsam Hoseas besonders hervor, durch den er Gottes Auftrag treu erfüllte. Gott hatte zu ihm gesagt: „Geh hin, nimm dir ein Hurenweib und Hurenkinder“ (Hos 1,2). Hosea gehorchte dem Wort und „ging hin“ (Hos 1,3). Damit ist er für eine moralisch finstere Zeit ein echtes Vorbild. Er setzte sich von der Masse ab, ließ sich durch den Unglauben, der Gleichgültigkeit und der Sünde des untreuen Volkes nicht anstecken, sondern blieb Gott in schwierigster Zeit treu, indem er nach dessen Willen handelte!

Fußnoten

  • 1 Einige Ausleger nehmen an, dass Gomer erst nach der Vereinigung mit Hosea zu einer Hure wurde. Dafür spricht, dass in Hosea 1,3 gesagt wird, dass sie ihm (Hosea) einen Sohn gebar, während in Hosea 1,6.8 nur noch steht: „sie gebar eine Tochter“ bzw. „sie gebar einen Sohn“. Wir lesen nicht mehr, dass auch das zweite und dritte Kind Hosea geboren wurde. Damit würde der Ausdruck „Hurenweib“ für ihr zukünftiges Verhalten stehen, das Gott in seiner Allwissenheit voraussah. Diese Annahme sehen Ausleger zudem in der Tatsache bestätigt, dass Israel zu Beginn seiner Beziehung mit Gott keine geistliche Hurerei trieb, sondern erst im Laufe der Zeit sich den Götzen zuwandte und in Sünde fiel. Andere Ausleger sind der Meinung, der Begriff „Hurenweib“ sei wörtlich zu verstehen. In diesem Fall wäre Gomer zum Zeitpunkt der Eheschließung tatsächlich ein Hurenweib gewesen. Das scheint auch die Bedeutung zu sein. Denn Gottes Wort sagt ausdrücklich, dass Hosea sich ein „Hurenweib“ nehmen sollte. Übrigens gibt es im AT ein weiteres Beispiel für die Verbindung eines Israeliten mit einer Hure: Salmon zeugte Boas von Rahab, der Hure (Mt 1,5). Dennoch berühren die unterschiedlichen Sichtweisen in keiner Weise das Bild als solches. Aus beiden geht deutlich hervor, dass Israel Gott gegenüber in Untreue lebte, sich fremden Göttern zuwandte und „geistliche“ Hurerei trieb. Die Abtrünnigkeit des Volkes ist in beiden Sichtweisen nicht zu übersehen.
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