Die Ursache des Versagens der Jünger

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Der Herr Jesus zeigt, was die Ursache des Versagens der Jünger war, einen mondsüchtigen Jungen zu heilen:

1. „O ungläubiges und verkehrtes Geschlecht! Bis wann soll ich euch ertragen?" Es gibt wohl keinen schärferen Verweis des Herrn an seine Jünger als diesen, wenn man von den Worten an Petrus in Kapitel 16 absieht. Der Herr spricht hier nicht von seinem Volk im Allgemeinen, sondern von denjenigen, die schon eine längere Zeit mit Ihm zusammen gewesen waren und von Ihm mit Macht ausgestattet worden waren, Kranke zu heilen (vgl. Mt 10,1).

2. In 5. Mose 32,5 liest man davon, dass Mose das abtrünnige Volk Israel „ein verkehrtes und verdrehtes Geschlecht" nennt. In Vers 20 nennt er es „ein Geschlecht voll Verkehrtheit". In Apostelgeschichte 2,40 lesen wir, dass Petrus die Juden auffordert, sich „von diesem verkehrten Geschlecht retten" zu lassen. In Philipper 2,15 schließlich nennt Paulus die ungläubigen Menschen um uns her „ein verdrehtes und verkehrtes Geschlecht". Was für ein Verweis ist es dann, wenn der Herr seine Jünger an dieser Stelle mit diesem Titel bezeichnet!

3. Sie waren keine Ungläubigen. Aber sie waren durch praktischen Unglauben gekennzeichnet. Und nicht nur das: Der Herr muss sie auch ein „verkehrtes" Geschlecht nennen. Damit spricht Er von Menschen, die nicht geradlinig leben und handeln, sondern vom geraden Weg hinter dem Herrn Jesus her abkommen oder abgekommen sind.

4. „Bis wann soll ich euch ertragen?" Das erinnert uns an das Seufzen Moses: „Ich allein vermag dieses ganze Volk nicht zu tragen, denn es ist mir zu schwer" (4. Mo 11,14). Während Mose jedoch Gott einen Vorwurf macht über den Unglauben des Volkes, tadelt der Herr die Jünger und ist weit davon entfernt, wie Mose aufzugeben. Der Herr ist nicht empfindungslos über unser Versagen! Im Gegenteil! Er fühlte diesen Unglauben viel stärker als Mose. Aber Er trägt diese Last auch weiter bereitwillig, um den Ratschluss Gottes auszuführen.

5. Es ist schön zu lesen, dass der Herr den Hauptteil seines Tadels nur mit den Jüngern bespricht. Er muss sie bloßstellen (Vers 17), aber die konkrete Belehrung und Begründung ihres Versagens bespricht Er nur mit ihnen (Vers 19.20). Der Herr möchte unser Versagen nicht in die Öffentlichkeit zerren. Manchmal ist es nötig, die Dinge auch öffentlich klarzustellen. Immer jedoch ist eine über den Tadel hinausgehende Unterweisung in der Stille notwendig.

6. Die Ursachen für das Versagen der Jünger, die der Herr Jesus in diesen Versen nennt, kann man also wie folgt zusammenfassen:

a) Unglaube: Sie gebrauchten die vom Herrn Jesus übertragene Macht und Gnade nicht im Glauben, im schlichten und abhängigen Vertrauen auf Gott, sondern im Vertrauen auf sich selbst und die eigenen Anstrengungen. Was nutzt es, wenn der Herr die Macht auf die Erde brachte, wenn die Jüngern nicht den Glauben hatten, sie in seinem Sinn zu benutzen?

b) Verkehrtheit: Sie taten nicht einfach, was sie beim Herrn Jesus gesehen hatten. Er führte seine Wunder im Gehorsam und in Abhängigkeit von Gott und unter Gebet aus. Sie aber gingen einen eigenen Weg, hatten eigene Überlegungen und Vorstellungen und versagten dadurch.

c) In Vers 21 fügt der Herr hinzu, dass bei den Jüngern Gebet und Fasten fehlte. Um solche Wunder ausführen zu können, bedarf es also eines Zustands der Seele, der in Übereinstimmung mit dem Herrn ist. Die Jünger hatten aus dem Auge verloren, dass sie aus eigener Kraft niemanden heilen konnten. Ihnen fehlte das Bewusstsein der vollkommenen Abhängigkeit von Gott. Zugleich aber handelten sie ohne zu fasten. Das heißt, sie haben nicht alles aus ihrem Leben weggetan, was sie von der vollen Konzentration auf Gott und sein Wirken ablenkte. Wir haben uns schon in Verbindung mit Matthäus 6,16-18 Gedanken über das Fasten gemacht. Beim Fasten geht es nicht um den Verzicht auf böse Dinge, sondern auf solche, die für eine gewisse Zeit nicht lebensnotwendig sind, die aber in der Nachfolge des Herrn ein Hindernis sein können - auch wenn sie an und für sich nicht schlecht sind.
In unserem Abschnitt zeigt der Herr somit, dass die Jünger weder der Beziehung zu ihrem Vater im Himmel noch der Beurteilung ihrer eigenen Person - wahres Selbstgericht - in gottgemäßer Weise entsprachen.

Das redet auch zu unseren Herzen. Wir werden die Gnade unseres Herrn - denn bei uns geht es nicht um Macht - nicht in kraftvoller Weise weitergeben können, wenn wir nicht durch wahrhaftes Vertrauen, durch echte Nachfolge und Nachahmung unseres Herrn, durch Abhängigkeit und Selbstgericht geprägt sind. Glaube heißt, dass wir uns das, was Gott uns schenkt - Macht, Gnade, Liebe, usw. - wirklich zunutze machen, indem wir fest darauf vertrauen, dass Er für jede Situation die richtige Antwort und die richtigen Mittel hat.

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