Das Gebet für Jünger (FMN)

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Praktische Lektionen aus dem „Vaterunser" (Matthäus 6,9-13)

Das Vaterunser - für Jünger

Bist du ein Jünger des Herrn Jesus? Bist du aus dem Geist von neuem geboren? Bist du ein Kind Gottes mit der Berechtigung, „Abba, Vater" zu sagen? Genau solche und keine andere Personen lehrte der Herr so zu beten.

Wenn du ein Jünger bist, wie sie es waren, dann kannst auch du diese Bitten beten; selbst dann, wenn du nicht sagen könntest, in Christus schon bewusst die Erlösung, die Vergebung der Vergehungen (Eph 1,7) zu besitzen. Denn das war tatsächlich der Zustand der Jünger damals, denn Christus war ja noch gar nicht für ihre Sünden gestorben. Aber das sollte natürlich nicht dein Zustand sein, denn das Sühnungswerk ist ja jetzt vollbracht.

Wenn du also an den Herrn Jesus glaubst, dann sei gewiss, dass dir durch Ihn nun die Vergebung der Sünden verkündigt wird, und dass in Ihm jeder Gläubige von aller Schuld gerechtfertigt ist (Apg 13:38.39).

„Unser Vater, der du bist in den Himmeln ..."

Nachdem der Sachwalter (der Heilige Geist) gegeben worden war, gelangten die Jünger in Frieden und Freiheit, weit über ihren Zustand zurzeit der Evangelien hinaus (Röm 5,1-11; 2. Kor 3,17.18). Genau dasselbe darfst auch du erleben, wenn du Gott gehorcht hast (Heb 5,9).

Doch auch wenn du in deiner Position als Christ geleitet wirst, entsprechend der neuen Beziehung im Geist zu beten, bleibt das, was der Herr hier in Matthäus 5 lehrt, gesegnet. Weißt du eigentlich, was Er damit meinte? Viele versagen in diesem Verständnis. Lasst uns deshalb seine Worte erwägen.

Gerade im ersten der Evangelien hören wir etwas über den Vater im Himmel. Damit sollten die Augen der Juden nach oben gelenkt werden, denn sie waren es gewohnt die Entfaltung der herrlichen Macht Gottes auf der Erde zu erwarten (Jes 25,9; 31,4; 45,4 etc.). So hatte Er es ja auch in gewissem Maß getan seit dem Tag der Erlösung aus dem alten Haus der Knechtschaft in Ägypten. Doch nun wird Gott offenbart als derjenige, der seine Sonne über Böse und Gute aufgehen lässt, der Regen auf Gerechte und Ungerechte fallen lässt - und der dabei besonders seinen Kindern Gunst erweist.

Die richtige Reihenfolge von Bitten

Das Gebet beinhaltet sieben Bitten, die sich in zwei Bereiche aufteilen lassen: die ersten drei sprechen eher von Gerechtigkeit, die anderen vier mehr von Gnade. Diese Reihenfolge entspricht dem Wesen Gottes und ist auch passend für die Gläubigen. Wenn es dagegen um verlorene Sünder geht, muss alles mit der souveränen Gnade Gottes beginnen. Doch von dieser Sichtweise hören wir nichts in der sogenannten Bergpredigt. Diese Gnade Gottes gegenüber Sündern erstrahlt jedoch an anderer Stelle in angemessener Weise.

1. „... geheiligt werde dein Name ..."

Ja, wie richtig ist diese Anfangsbitte, das fühlen auch unsere Herzen: „Geheiligt werde dein Name"! Es ist der vorrangige Wunsch des erneuerten Menschen, selbst wenn er noch jung im Glauben ist. Wenn dieser Aspekt nicht gut beachtet wird, kann nichts wirklich gut werden.

2. „... dein Reich komme ..."

Dein (nicht „mein") Reich komme: Es geht also um das Reich des Vaters (Mt 13,43), in dem die himmlischen Heiligen leuchten werden wie die Sonne in erhöhter Herrlichkeit. Als sie auf der Erde waren, waren sie Personen, auf denen die größte Liebe des Vaters ruhte. So wird Er sie dann bei und mit Christus vor sich haben, der allein sie dahin bringen konnte.

3. „... dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf der Erde."

Das Reich wird zeitgleich auch das Reich des Sohnes des Menschen sein. Er wird seine Engel aussenden, um alle Ärgernisse und solche, die Gesetzlosigkeit tun, zusammenzulesen und zu richten (Mt 13,41). Hier geht es um die irdische Seite des Reiches Gottes, während es auch eine himmlische Seite gibt (vgl. Joh 3,12), in dem Christus Haupt der Versammlung (Kirche, Gemeinde) und Haupt über alles ist (Eph 1,10.22).

4. „Unser nötiges Brot gib uns heute ..."

Nun kommen die Bitten, die mehr durch Gnade gekennzeichnet sind: Unser nötiges Brot gib uns heute. Die Jünger werden hier gelehrt, mit bewusster Abhängigkeit für die Alltagsdinge zu beten. Auch der Apostel Paulus ruft uns auf, mit Nahrung und Kleidung zufrieden zu sein (1. Tim 6,8).

5. „... und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir unseren Schuldigern vergeben ..."

In der Tat sind alle Heiligen verpflichtet, sich selbst zu prüfen und ihre Sünden zu bekennen. Dafür ist eine vergebende Haltung gegenüber Mitchristen eine wichtige Voraussetzung. Vergleiche dazu Matthäus 18,35 und Lukas 17,3.4.

6. „... und führe uns nicht in Versuchung ..."

Diese Bitte legt der Herr den Jüngern aufs Herz. Denn Er kannte ihre Schwachheit wie kein anderer (Lk 22,46). Die Versuchung als solche zu erdulden ist gesegnet (Jak 1,12), in eine Versuchung bewusst hineinzugehen dagegen voller Gefahren.

7. „... sondern errette uns von dem Bösen."

Diese Bitte bezieht sich auf das Böse im Allgemeinen, wenn nicht auch auf den Bösen (Satan) im Besonderen. Hier geht es nicht um die Versuchung, um deren Abwendung in der vorhergehenden Bitte bewusst gebetet wurde. Durch eine solche Versuchung vermag uns die Gnade zu unserem Guten hindurchführen, wie wir es bei Petrus sehen. Hier dagegen geht es um die Macht des Feindes, der uns zur Sünde gegen Gott verleiten will. Es ist daher sehr passend zu bitten, von dem Bösen bewahrt zu werden, oder aber, wenn man doch fällt, wieder davon befreit zu werden. Die Gnade versagt nie, was bei einem Jünger dagegen leider sehr wohl geschieht. „Bewahre uns vor dem Bösen!"

Die Doxologie (der Lobpreis) am Ende des Vaterunsers 1 ist ein frühkirchlicher Zusatz und daher nicht inspiriert.

Lukas (Lk 11,1-4) wurde durch den Heiligen Geist geleitet, einige Aspekte wegzulassen: die besondere Anrede des Vaters, die Bitte um das Geschehen des Willens im Reich auf der Erde (3.) und den letzten Satz (7.). Diese Aspekte waren für die angesprochenen Empfänger aus den Nationen/Heiden nicht so erforderlich.

Lässt es dein Zustand zu, dieses Gebet für einen Jünger Jesu auf dich zu beziehen? Wie traurig wäre auch ein leichtfertiger und heuchlerischer Gebrauch.

Kelly, William (The Bible Treasury, Vol. N4 [1902], Seite 20-22). Zwischenüberschriften und sprachliche Anpassungen durch die FMN-Redaktion.

Buchempfehlungen zum Thema (beide sind beim Herausgeber von „Folge mir nach" erhältlich, www.csv-verlag.de):

  • Bremicker, Ernst-August: Das Vaterunser (Zürich, 1992) - 32 Seiten, Preis € 1,90
  • Seibel, Manuel: Die Bergpredigt - Motivation zur Nachfolge (Hückeswagen, 2015) - 336 Seiten, Preis € 12,90

Folge mir nach - Heft 5/2015

Fußnoten

  • 1 „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen."
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