Der dahinter (FMN)

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Ein Mann zweiter Reihe

So ein Mann der zweiten Reihe in neuerer Zeit war Maurice Koechlin, Großvater von Jean Koechlin, der eine Bibelandachtsreihe über das gesamte Wort Gottes geschrieben hat (Ährenlese). Vor Kurzem las ich einen Artikel in einer Tageszeitung (Neue Züricher Zeitung) über ihn. Für uns ist diese Person deshalb von besonderem Interesse, weil Maurice nicht nur ein äußerst erfolgreicher Ingenieur war. Er diente zudem als gläubiger Mann seinem Retter und Herrn Jesus Christus.

Am 27. Dezember 1923, also vor 100 Jahren, starb Gustave Eiffel. Ihm wird der Eiffelturm zugeschrieben. Und ohne ihn wäre dieses Bauwerk wohl auch nicht zustande gekommen, der insgesamt 324 Meter hohe Eiffelturm. Was aber die wenigsten wissen, ist die Tatsache, dass die Idee und das Konstruktionsprinzip dieses Jahrhundertbauwerks nicht von ihm, sondern von dem Schweizer Ingenieur Koechlin stammt.

Im Sommer 1884 skizzierte er in Paris den Plan eines dreihundert Meter hohen Turms aus Eisenfachwerk. Zu diesem Zeitpunkt wollte sein Chef davon noch nichts wissen. Aber einige Jahre später würde Koechlins Zeichnung die Grundskizze des heute berühmten „Eiffelturms“ sein, des Wahrzeichens von Paris.

Gerade einmal 28 Jahre war Maurice alt, als er die Skizze anfertigte. Er hatte im Büro von Eiffel als leitender Ingenieur übrigens auch die Freiheitsstatue konstruiert, das heißt deren aus Eisen gefertigtes Tragskelett.

Wer war dieser Mann?

Maurice Koechlin wurde am 8. März 1856 in Buhl im Elsass geboren. Seine Familie stammte aus Zürich. Sein Vater betrieb eine Spinnerei und Tuchfabrik. Nach seinem Studium an der ETH Zürich ging Maurice 1877 nach Frankreich und arbeitete für die Ostbahn, wo er anscheinend von Gustave Eiffel entdeckt wurde. Beide waren zwar sehr unterschiedlich, ergänzten sich dadurch aber gut. Auf der einen Seite stand der bekannte Ingenieur Eiffel, der über Vermögen und Kontakte verfügte sowie durch und durch Unternehmer war. Er hatte keine Mühe, an große Projekte heranzukommen.

Neben oder besser hinter ihm stand auf der anderen Seite der introvertierte Maurice. Er besaß eine große Fachkenntnis und war zudem innovativ. Zusammen mit einem Kollegen, Émile Nouguier, kam er auf die Idee, für die Weltausstellung im Jahr 1889 eine besondere Konstruktion zu entwickeln. Diese Ausstellung wurde in Paris zum 100. Jahrestags des Beginns der Französischen Revolution geplant.

Die Skizze zu diesem gigantischen Bauwerk liegt im Archiv der ETH-Bibliothek und zeigt – für die Techniker unter den Lesern sei dies erwähnt – die Konstruktion in Eisenfachwerk, konische Pfeiler, sechs Etagen und Bögen der untersten Etage. Am Ende wurde das Bauwerk etwas anders realisiert, allerdings auf Basis dieser Grundelemente und Berechnungen Koechlins.

Unbekannt und doch bekannt

Koechlin sagte einmal: „Der Vater des Turms ist Eiffel. Aber die Idee und die Berechnungen stammen von mir.“ Er war wohl nicht traurig, dass dieses Bauwerk nicht seinen Namen trug. Nur in Fachkreisen wusste und weiß man, wer wirklich hinter diesem Bau stand. Wie gesagt – ohne die Verbindungen und das Engagements von Eiffel wäre er nicht gebaut worden, da hier viel Geld und mehr als das zur Realisierung nötig war. So ergänzten sich beide Männer. Später übernahm Koechlin sogar die Geschäftsleitung der Firma, nachdem Eiffel wegen eines Skandals verurteilt wurde.

Mehr als ein Ingenieur

Was mich besonders beeindruckt: Maurice Koechlin war zweifellos außerordentlich eingespannt in seine berufliche Arbeit. Aber das führte bei ihm gerade nicht dazu, seine Verantwortung als Christ zu vernachlässigen. Es gibt Dokumente vom Anfang des letzten Jahrhunderts, die zeigen, wie er inmitten der Versammlung Gottes (in Paris) Verantwortung übernahm. Er und andere sorgten beispielsweise dafür, dass man in ausgewogener Weise mit Problemen inmitten der Gläubigen umging. Damals bestand die Gefahr, dass ein unberechtigter Ausschluss bzw. eine Trennung ohne biblisches Fundament zu einer weltweiten Spaltung führte. Die besonnene Reaktion von verantwortlichen Brüdern in Europa hatte zur Folge, dass diese Entzweiung inmitten der Gläubigen nicht zu einem größeren Riss führte.

 

Ein paar geistliche Impulse

Als ich diesen Zeitungsartikel über Maurice Koechlin las, kamen mir noch folgende Gedanken:

  • Gott sorgt dafür, dass die Seinen, die sich nicht wie Saul und Absalom selbst ein Denkmal bauen, nicht unerkannt bleiben. Auch wenn die meisten von ihnen nicht in einer Tageszeitung erscheinen, zeigt Er sie früher oder später in „seiner“ Ahnengalerie. Ein Beispiel dafür sind die Gläubigen des Alten Testaments in Hebräer 11. Andere solcher Namenslisten finde sich in 2. Samuel 23 (Helden Davids) und Nehemia 3 (Männer und Frauen, die an der Mauer Jerusalems bauten).
  • Gott gibt den Demütigen Gnade (1. Pet 5,5). Wer keine Ehre für sich sucht, wird von Gott geehrt. Wer dagegen hochmütig handelt und ist, hat Gott als Gegner (Jak 4,6).
  • Gott hat den Leib Christi so gebildet, dass wir voneinander abhängig sind und uns gegenseitig ergänzen. Auch wenn es bei Koechlin und Eiffel um ein berufliches Miteinander ging, wissen wir, dass wir einander in der Versammlung (Gemeinde) Gottes benötigen (1. Kor 12,14-26). So können wir für unsere Unterschiedlichkeit nur dankbar sein und sollten lernen, füreinander zu beten und zu danken.
  • Freuen wir uns, wenn der Herr einem anderen Bruder einen höheren Platz in der Öffentlichkeit gegeben hat als uns? Oder sind wir durch ein missgünstiges Auge geprägt, das für sich selbst einen höheren Platz sucht?
  • Für Gott zählt nicht, wer im Dienst für Ihn in der ersten Reihe der Öffentlichkeit steht. Bei Ihm zählt Treue (1. Kor 4,2). Er belohnt nicht für die Größe der Gabe, sondern für die Treue und Hingabe im Dienst (Mt 25,20-23; Lk 19,16-19).
  • Der Herr möchte, dass wir treu und fleißig an unserem Arbeitsplatz sind – sei es in der Schule, in der Ausbildung oder im Beruf. Wer seine Arbeit für den Herrn ausführt, mag sie noch so sinnlos erscheinen, wird von Ihm gesegnet werden (Kol 3,23.24). Lass dir nicht einreden, nur der sei geistlich, der seine Arbeitszeit reduziert oder aufgibt für einen mehr oder weniger vollzeitigen Dienst. Gottes Wort spricht anders.
  • Gleichwohl soll unser Sinnen und Streben nicht in den Beruf gehen, sondern der Aufforderung des Herrn Jesus entsprechen: „Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit“ (Mt 6,33). Suchen wir einen Ehrenplatz in der Welt oder wollen wir dem Herrn dienen?

Wer den Herrn Jesus vor Augen hat und Ihm dienen möchte, wird im Beruf (in der Schule, usw.) und im Reich Gottes die richtigen Prioritäten setzen. Dann wird auch die Versammlung Gottes den rechten Platz im Leben und im Zeitraster bekommen.

Folge mir nach – Heft 2/2024

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