Paulus hatte bei seinen Besuchen in Galatien keine Mühe gescheut, den Christen dort die Person des Herrn Jesus und den Wert und die Bedeutung seines Todes vorzustellen. Für ihn gab es nur Christus und sonst nichts. Paulus hatte den Galatern die Absolutheit des Kreuzes vorgestellt. Für die Welt war er gestorben. Und die Welt war für ihn gestorben (vgl. Gal 6,14).
Paulus hatte ihnen das Kreuz Christi, also sein Leiden und Sterben am Kreuz, in so eindringlichen und ergreifenden Worten geschildert und eine solche Mühe aufgebracht, dass er es mit einem Gemälde vergleicht. Im Unterschied zu einem Foto, das auf Knopfdruck – oder heute meistens „per click“ – entsteht, wendet ein Maler für die Entstehung eines Gemäldes viel Zeit und Geduld auf, um das Kunstwerk entstehen zu lassen.
Wenn wir uns also ein solch aufwändig erstelltes Kunstwerk vorstellen, stellt sich im Blick auf den Herrn Jesus die Frage, ob wir die Konturen, die einzelnen Pinselstriche und den Wert dieses „Gemäldes“ kennen und wertschätzen. Klar, bei den Galatern ging es um eine besondere Lehrfrage. Sie standen in Gefahr, den Grundsatz des Glaubens und der Gnade zu verlassen und ihre Errettung den eigenen Gesetzeswerken zuzuschreiben. Das ist heute weniger unser Thema. Aber dieses „Gemälde“ des Gekreuzigten anzuschauen und auf uns wirken zu lassen – das ist für jeden Christen äußerst wichtig!
Vier Evangelien – ein Gemälde
Die vier Evangelien schildern die Leiden des Herrn Jesus vor dem Kreuz und am Kreuz von Golgatha. Jeder dieser Berichte für sich und auch alle Einzelheiten, die wir ihnen insgesamt entnehmen können, machen für uns dieses Gemälde aus. Gott selbst hat es für uns angefertigt. Er hat uns das Erlösungswerk unseres Retters in vielfältiger Weise vor die Augen unserer Herzen gemalt. Damit ist nicht gemeint, dass Gott mit ausschmückenden Worten die Kreuzigung schildert – das Gegenteil ist der Fall: wir finden viele Verse, die uns gerade die innere, moralische Herrlichkeit Christi in seinen Leiden zeigen.
Er ließ sich festnehmen
Der Sohn Gottes ließ sich binden (Mk 15,1) und festnehmen (Lk 22,54; Joh 18,12). Das allein ist unfassbar und zeigt, wie tief Er sich erniedrigte. Insbesondere Johannes sagt uns, dass seine Feinde Ihn vorher nicht greifen konnten (obwohl sie es wollten!), weil seine Stunde noch nicht gekommen war (Joh 7,30; 8,20). Dann aber kam der Moment in Gethsemane, wo Er es zuließ. Er ließ sich für dich und mich fesseln wie ein Verbrecher, um die letzten Schritte seines Lebens bis an Kreuz zu gehen.
Er verteidigte sich nicht
Der Herr Jesus musste sich mehreren Verhören unterziehen. Erst vor dem Hohenpriester, dann vor dem Synedrium, vor Pilatus, Herodes und nochmals Pilatus. Er ließ sich führen, Er ließ sich verhören, Er ließ es zu, dass sie falsche Zeugen aufriefen und – Er verteidigte sich nicht. Er schwieg, als sie Ihn anklagten und antwortete nichts (Mt 26,63; Mk 14,61). Doch Er sprach, wenn es darum ging, dem Gesetz zu gehorchen, der Wahrheit Zeugnis zu geben und zu bestätigen, dass Er der Christus war. Alles an Ihm ist vollkommen!
Er ließ sich schlagen und anspucken
Der Heiland ließ auch zu, dass die Menschen Ihn mit Fäusten schlugen, einige sogar ins Angesicht. Dazu spuckten sie Ihn an, ein Ausdruck höchster Verachtung (Mt 26,67; Mk 14,65; Lk 22,63; Joh 19,3). Dabei verhüllten sie seine Augen, verspotteten Ihn und forderten Ihn auf zu weissagen, wer Ihn geschlagen hätte. Damit machten sie sich über seine Gottheit und seine Eigenschaft als Prophet lustig. Das alles geschah im Synedrium, dem Ort, wo eigentlich gottgemäß rechtgesprochen werden sollte! Was der Messias von seinem Volk und der Sohn Gottes von seinen Geschöpfen ertrug, ist für uns unbegreiflich. Rührt das noch mein und dein Herz an?
Er ließ sich verspotten
Als die hohen Herren des jüdischen Gerichtshofs mit ihrer Misshandlung fertig waren, setzten sich die Leiden Christi im römischen Militärlager fort. Auch die Soldaten zeigten ihre Verachtung gegenüber diesem eigentümlichen, stillen Gefangenen. Sie schlugen und bespuckten Ihn und hatten sich zudem noch ein besonderes Spottspiel für Ihn ausgedacht: Sie stellten Ihn, als König verkleidet, mit einer Krone aus Dornen auf dem Kopf, vor sich hin, um sich dann spottend vor Ihm zu verbeugen und Ihn scheinbar zu verehren. Was für ein beißender Hohn, was für eine Beleidigung erfuhr der Herr Jesus in diesen Augenblicken. Gottes Wort schildert dies alles in schlichten Worten, die uns aber berühren.
Er ließ sich geißeln
Pilatus ließ den Mörder Barabbas frei; den einzig Unschuldigen aber ließ er trotz der Feststellung seiner Unschuld geißeln (Mt. 27,26; Mk 15,15; Joh 19,1). Ein beispielloser Vorgang, der die ganze Verdorbenheit des Menschen zeigt. Welche Schmerzen die Geißelung unserem Herrn zufügten, zeigt ein prophetisches Wort aus Psalm 129: „Pflüger haben auf meinem Rücken gepflügt, haben lang gezogen ihre Furchen“ (V. 3). Ja, Er hat auch körperlich unvorstellbare Schmerzen erlitten!
Er ließ sich kreuzigen
Von der eigentlichen Kreuzigung Jesu berichten die Evangelisten nur wenig. Gott wollte es offensichtlich so. Deshalb wäre es nicht gut, wenn wir die kurze Berichterstattung Gottes mit eigenen Gedanken ausschmückten. Was auf Golgatha geschah, was Er dort an sich geschehen ließ, übersteigt alles bisher Geschehene. Eine bildhafte Beschreibung finden wir teilweise in den Psalmen. Zum Beispiel finden wir, dass der Herr seine Hände und seine Füße durchgraben ließ (Ps 22,17). Diese Hände, die nur Gutes gewirkt hatten, wurden weit ausgebreitet ans Kreuz genagelt. Diese Füße, mit denen Er fortwährend wohltuend und heilend umhergegangen war (Apg 10,38), wurden angehalten. Er ließ das zu, weil er Sünder erretten wollte: Bis heute laden die ausgebreiteten Arme die Menschen ein, zu Ihm zu kommen, um Rettung zu finden.
Er trug unsere Sünden
Mit Beginn der drei Stunden der Finsternis war die Stunde des Menschen und seiner Bosheit vorüber. Nun kam die Stunde Gottes, in der Er sein heiliges Gericht wegen unserer Sünden und der Sünde als solcher über seinen Sohn brachte. In diesen drei Stunden hat Christus unfassbar gelitten. Die Ewigkeit unserer Strafe lag in dieser Zeit auf Ihm. Als Ausdruck seiner tiefsten Not rief Er: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46; Mk 15,34). In den ersten drei Stunden sehen wir schreiende Menschen und einen schweigenden Christus. In den folgenden drei Stunden hören wir einen schreienden Heiland während Gott und Menschen schweigen. Wir bewundern diese unauslöschliche Glut seiner Liebe (Hld 8,6.7).
Er ließ sein Leben
Zuletzt ließ Er sein Leben, freiwillig, denn niemand nahm es von Ihm. So hatte Er es angekündigt und damit dem Vater einen weiteren Beweggrund gegeben, Ihn zu lieben (Joh 10,17). Er ging in den Tod, dem Lohn der Sünde, um uns von ewigem Tod zu erretten. Das war ein einzigartiger Moment, als der Sohn des Menschen seinen Geist in die Hände des Vaters übergab und seine Seele in den Tod ausschüttete (Lk 23,46; Jes 53,12)! Gott ist durch diesen Gehorsam und diese Hingabe aufs Äußerste verherrlicht worden. Uns bleibt, ihn deswegen zu bewundern und Ihm dafür zu danken.
Schlussgedanken
Wir haben nur einige Bereiche vom Gemälde des gekreuzigten Christus beleuchtet. Je mehr du es (wieder) näher betrachtest und den Einzelheiten dieses wunderbaren Werkes unseres Herrn Jesus am Kreuz von Golgatha nachspürst, umso mehr wird es dich immer wieder zu Ihm hinziehen.
Quelle: bibelpraxis.de/a7114.html