Mut – oder Tollkühnheit?

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Mutig? Tollkühn? Was ist der Unterschied?

Heute hörte ich in einem Interview, wie ein Fachmann in Bezug auf die mögliche Rückkehr von Susanne Osthoff einen Unterschied zwischen Mut und Tollkühnheit machte. Eine entsprechende Differenzierung mute auf den ersten Blick schwierig an. Es bestehe auch nur ein kleiner Unterschied – aber diese feine Unterscheidung sei doch klar zu erkennen.

Ihr früherer Aufenthalt in dem Irak – was auch immer die tatsächliche Beschäftigung von Osthoff gewesen sein mag – war mutig. Jetzt aber, nachdem sie befreit worden sei und allen klar sei, dass eine Rückkehr von entsprechenden Entführern ausgenutzt werden könnte – und die Wahrscheinlichkeit dafür sei nicht gering – sei das Gehen in den Irak tollkühn. Die deutschen Behörden und der Steuerzahler seien diejenigen, die das Ganze auszubaden hätten.

Für praktizierende Christen ist die Unterscheidung, wann ihr Verhalten positiv mutig und wann es unverantwortlich tollkühn ist, nicht immer leicht. Zwei Beispiele mögen als Anschauungsmaterial dienen.

Josia und sein Mut – oder Tollkühnheit?

Josia ist ein König, den Gott in besonderer Weise auszeichnet: „Und vor ihm ist seinesgleichen kein König gewesen, der zu dem HERRN umgekehrt wäre mit seinem ganzen Herzen und mit seiner ganzen Seele und mit seiner ganzen Kraft, nach allem Gesetz Moses; und nach ihm ist seinesgleichen nicht aufgestanden“ (2. Könige, Kapitel 23, Vers 25). Ein vorbildlicher Mann Gottes.

Irgendwann lesen wir von ihm, dass er gegen Neko, den König von Ägypten, in den Krieg zieht. Der lässt ihm ausrichten: „Nicht gegen dich komm eich heute, sondern gegen das Haus, mit dem ich Krieg führe; und Gott hat gesagt, dass ich eilen sollte. Stehe ab von Gott, der mit mir ist, dass er dich nicht verderbe“ (2. Chronika, Kapitel 35, Vers 21).

War es mutig, dass Josia auf dieses Wort Nekos nicht hört, sondern gegen diesen König kämpfen wollte? Konnte er denn sicher sein, dass Neko wirklich das Wort des HERRN sprach? Warum sollte Gott auf einmal auf der Seite Nekos stehen?

Josia hatte sich verrechnet. Und so kommt er im Kampf gegen Neko ums Leben. Er war nicht mutig, sondern tollkühn. Einfach nicht mit Gott gerechnet, sondern auf sich selbst vertraut.

Ein erfolgreicher Christ – im Leben, im Dienst, sonst wo – vertraut auf einmal auf sich. Und dann wird das, was er meint, mutig zu tun, zu einem echten Schwachpunkt. Zu einer Tollkühnheit. Und die begehen wir dann – ohne Gott. Einfach so. Und merken es zu spät. Zum Glück – in aller Regel kommen wir dabei nicht ums Leben. Aber manche geistliche Kraft haben wir dabei verloren.

Schon mal so auf der Strecke geblieben?

Petrus und sein Mut – oder Tollkühnheit?

Petrus war ein mutiger Mann. Er lief in der ersten Reihe mit Jesus. Tag für Tag – drei Jahre lang. Einmal ist er mit seinen 11 Kollegen, mit denen zusammen er Jesus nachfolgt, auf einem Schiff. Ihr Meister hatte ihnen gesagt, sie sollten schon einmal vorausfahren – Er käme nach. Hohe Wellen – nichts läuft, wie es sollte. Da, auf einmal, ein Gespenst!

Nein, es ist ihr Herr, Jesus. Und was tut Er? Er geht auf dem See. Das ist doch unmöglich, das will ich auch, sagt sich Petrus. „Herr, wenn du es bist, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf den Wassern. Er aber sprach: Komm!“ (Matthäusevangelium, Kapitel 14, Vers 28).

Das muss doch richtig sein, wenn der Herr Jesus Petrus selbst den Auftrag gibt, zu sich zu kommen! Oder? Manchmal befiehlt uns der Herr, Dinge zu tun, die wir uns selbst vorgesetzt haben. Auch wenn sie nicht gut sind.

War es Glaube, dass Petrus zu seinem Meister kommen wollte? War es einfach die Faszination, auf dem Wasser gehen zu können, zu wollen? War es Mut – oder Tollkühnheit?

Manchmal sehen wir, wie jemand im Glauben etwas Gewaltiges tut. Und wir denken: Das will ich auch tun. Das muss ich auch können. Und wir sagen dem Herrn: „Befiehl mir, ...!“ Dabei haben wir selbst gar nicht denselben Glauben unseres Mitbruders, unserer Mitschwester. Aber es muss doch gut gehen! So reden wir uns ein.

Mut ist gut! Tollkühnheit bringt Schaden. Die rechte Unterscheidung zu treffen – dazu müssen wir in die Schule unseres Herrn gehen. Aber diese ist immer gesegnet!

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