Was ist nötig, um die Versammlung des Zeugnisses Gottes zu berauben?
Die Frage ist meines Erachtens ein großer Irrtum, nämlich dass das Zeugnis, das die Versammlung ablegt, das bestimmende Ziel im Denken der Heiligen ist. Der Gedanke ist mir nicht neu, aber ich habe darauf bestanden, ich weiß nicht, wie lange – etwa dreißig oder vierzig Jahre –, dass überall dort, wo das Ziel einer Versammlung oder diejenigen, die in der Versammlung sind, darin besteht, ein Zeugnis zu sein oder zu geben, folgendes Ergebnis herauskommen wird: Sie werden ein Zeugnis ihrer eigenen Schwäche und Unwirksamkeit sein. Denn das Ziel ihres Wandels kann nicht in dem bestehen, was jemanden überhaupt zu einem Christen macht. Wenn sie einen richtigen Lebenswandel führen, werden sie natürlich ein Zeugnis sein. Aber eines zu sein, ist nie das erste Ziel.
Christus zu haben – ich meine praktisch, mit Ihm zu gehen und Ihm nachzufolgen, Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn zu haben, in ungeheucheltem Gehorsam und in Niedrigkeit zu wandeln; in verwirklichter Abhängigkeit von Christus zu leben und sein Geheimnis mit uns zu haben (Ps 25,14) und die Liebe des Vaters zu erkennen; unsere Zuneigung auf die Dinge oben gerichtet zu haben (Kol 3,1.2), in Geduld und doch in Zuversicht durch diese Welt zu gehen: Das ist es, was wir zu suchen haben. Wenn wir es verwirklichen, werden wir ein Zeugnis sein, sei es individuell oder kollektiv. Aber das wird dadurch geschehen, dass wir die Dinge selbst besitzen. Sie formen uns durch die Gnade, so dass wir eins sind (d. h. ein Zeugnis). Aber danach zu trachten oder ein Zeugnis aufzurichten, das ist nicht vom Herrn. Mose strebte nicht danach, dass sein Gesicht leuchtete. Er wusste auch nicht, wann es leuchtete. Aber als er bei Gott war, da leuchtete er.
Wann immer Christen sich aufmachen, soweit ich gesehen habe, ein Zeugnis zu sein, werden sie voll von sich selbst, und verlieren das Gefühl, dass sie auf sich selbst sehen (d. h. voll von sich selbst sind). Sie meinen zwar, es sei die Macht Christi. Aber ein strahlendes Gesicht sieht niemals sich selbst. Das wahre Herz ist mit Christus beschäftigt. Dadurch verschwindet in einem gewissen Sinn und Maß das Selbst. Der richtige Gedanke ist, überhaupt nicht an sich selbst zu denken – es sei denn, wir haben es zu richten.
Man kann eigentlich gar nicht mit den Gedanken und dem Sinnen damit beschäftigt sein, ein Zeugnis zu sein. Vielmehr sind wir es, wenn wir mit Ihm beschäftigt sind. Wenn man aber an sich selbst denkt, wird man sich damit beschäftigen, ein Zeugnis zu sein. Aber, wie ich schon gesagt habe, ist genau das es, wie ich es immer gesehen habe, was zu Verfall führt.
(Fragen & Antworten, Bible Treasury, Band 16)
Quelle: bibelpraxis.de/a6782.html