Wahrscheinlich liest du schon länger die Bibel und bist schon längst auf den Galaterbrief gestoßen. Vielleicht war dein erster Eindruck beim Lesen, dass er anspruchsvoll ist. Auf einige Stellen trifft das auch zu. Dieser Überblicksartikel soll eine Hilfe sein, die Hauptgedanken zu verstehen und so mit Freude und Gewinn den biblischen Text zu studieren – auch im Rahmen dieses Themenheftes …
Paulus bringt das Evangelium nach Galatien1
Paulus hatte den Galatern das Evangelium der Gnade verkündigt, dessen Inhalt im Römerbrief beschrieben wird: Jeder, der an Jesus Christus und sein Erlösungswerk glaubt, wird durch Gnade gerechtfertigt. Zudem schenkt Gott den Heiligen Geist, der Kraft für ein Leben in Heiligkeit gibt und den Blick auf Christus lenkt (Röm 8,2).
Rechtfertigung durch Gnade
Ist das nicht großartig? Jeder Gläubige wird „umsonst gerechtfertigt, durch Gottes Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist“ (Röm 3,24). Wir müssen keine Gesetzeswerke tun, nichts leisten (Röm 3,20). Die Gnade Gottes und das Opfer des Herrn Jesus reichen aus, dass jeder durch Glauben gerechtfertigt wird, d.h. von dem gerechten Gott für gerecht erklärt wird (Röm 3,28). Eine wunderbare Botschaft!
Befreiung durch Gnade
Das ist aber noch nicht alles. Gott sagt im Evangelium auch, dass jeder, der glaubt und sich bewusst ist, dass er mit Christus gestorben ist, zudem sowohl von dem Zwang, zu sündigen als auch von dem Leistungsdruck eines Gesetzes befreit ist (Röm 6,18.22; 7,4; 8,2). Prinzipiell gilt das für jeden, der sich bekehrt hat (Röm 6,14). Aber für unsere Lebenspraxis ist es nötig, dass wir uns bewusst sind, dass wir mit Christus gestorben sind. Das ist Gottes Sicht auf uns – als „alte Menschen“ sind wir gestorben, als Christus starb!
Vor der Bekehrung waren wir Sklaven der Sünde (Röm 6,17). Doch durch den Glauben an Jesus Christus sind wir von ihrer Macht befreit worden. – Hast du dir auch schon mal die Frage gestellt, wozu Gott dich befreit hat? Damit du heilig für Ihn leben und seinen Willen tun kannst (Röm 6,13.22)! Der Heilige Geist gibt dir dazu die Kraft.
Wir halten fest: Gott schenkt uns die Rechtfertigung und die Befreiung allein aus Glauben durch seine Gnade. Nicht durch Gesetzeswerke!
Das andere Evangelium: Das Erlösungswerk wird angegriffen
Doch nun kamen falsche Lehrer nach Galatien, die das Evangelium verdrehen wollten (Gal 1,7). Sie behaupteten, der Christ müsse sich auch beschneiden2 lassen, um errettet zu werden (vgl. Apg 15,1). Sie wollten den Christen dort nicht den Glauben an Christus wegnehmen, sagten aber, dass man durch Glauben allein nicht errettet werden könne. Auch die Beschneidung sei notwendig. Damit griffen sie das Werk von Golgatha an. Sie fügten diesem Werk noch Gesetzeswerke hinzu. Paulus zeigt die Tragweite der falschen Botschaft auf und sagt: „Wenn Gerechtigkeit durch Gesetz kommt, dann ist Christus umsonst gestorben“ (Gal 2,21).
Die christliche Freiheit wird angegriffen
Daneben wurde auch die christliche Freiheit angegriffen. Durch Jesus Christus ist jeder Gläubige von der Knechtschaft des Gesetzes und Satans befreit, um heilig für Gott zu leben. In dieser Freiheit standen auch die Galater (Gal 5,1).
Durch die Botschaft, sich beschneiden zu lassen, standen sie in Gefahr, erneut unter eine Knechtschaft zu kommen – unter die des Gesetzes (Gal 2,4). Paulus sagt ihnen, dass jeder, der beschnitten wird und meint, man müsse bestimmte Gebote halten, das ganze Gesetz zu tun schuldig ist (Gal 5,3). Diese Kraft besitzt allerdings niemand von uns. Das hat sich in der Geschichte des Volkes Israels bewiesen. Man kann sich zwar bemühen, aber wird das nie schaffen. Regelmäßig versagt man. In diese Knechtschaft – unter die Herrschaft des Gesetzes – führt die Beschneidung.
Wir halten fest: Das falsche Evangelium der bösen Lehrer griff besonders zwei Bereiche an:
das Erlösungswerk von Golgatha und die Rechtfertigung aus Glauben durch Gottes Gnade,
- die christliche Freiheit und ein Leben in Heiligkeit.
Unsicherheit durch einen perfiden Plan
Diese Verführer lehrten etwas anderes, als Paulus verkündigt hatte. Anstelle von Glauben und Gnade predigten sie Gesetzlichkeit. Sie vermischten jüdische Lehren (Beschneidung) mit dem Christentum.
Das hatte die Galater verwirrt (Gal 5,10). Denn Paulus hatte ihnen von der Beschneidung nichts gesagt. Hatte er ihnen denn etwas verschwiegen?
Natürlich hatte Paulus das „Evangelium des Christus“ verkündigt! Doch die falschen Lehrer suchten Paulus‘ Autorität zu untergraben. Dann, so meinten sie, könnten sie die Galater für ihr falsches Evangelium gewinnen.
Paulus' Reaktion – Verteidigung
Dazu konnte Paulus nicht schweigen und schrieb den Christen in Galatien diesen Brief. Darin verteidigt er sein Apostelamt. Er macht deutlich, dass allein Gott ihn zum Apostel berufen hatte – nicht Menschen (Gal 1,1). Zudem verteidigte er das Evangelium und wehrte die Behauptung, dass Gesetzeswerke zur Rettung erforderlich sind, mit aller Schärfe ab! Es war Ihm wichtig zu zeigen, dass der Glaube an das Werk von Golgatha und die Gnade vollkommen ausreichend sind, um errettet und befreit zu werden und als Christ zu Gottes Ehre zu leben. Sie sollten fest in der Freiheit stehen, in die Christus sie gebracht hatte, und sich nicht durch falsche Lehren wieder in eine Knechtschaft verwickeln lassen (Gal 5,1).
Wir halten fest: Paulus wehrte die Gesetzlichkeit ab und richtete den Blick der Galater auf den Glauben und die Gnade. Er fokussierte den Blick auf Christus.
Einteilung des Briefes
Kapitel 1 und 2: Geschichtlicher Teil – Paulus verteidigt sein Apostelamt
Das Evangelium und die Berufung von Paulus (Kap. 1)
- Paulus‘ Verhältnis zu den übrigen Aposteln (Kap. 2)
Kapitel 3 und 4: Belehrender Teil – Paulus verteidigt sein Evangelium
Gegenüberstellung von Glaube und Gesetz (Kap. 3)
- Sohnschaft statt Knechtschaft (Kap. 4)
Kapitel 5 und 6: Ermahnender Teil – Paulus verteidigt die praktische Heiligkeit
- Christliche Freiheit und der Wandel im Geist (Kap. 5)
- Praktische Konsequenzen für die Galater (Kap. 6)
Worüber der Galaterbrief schweigt
Im Galaterbrief spricht Paulus kein Lob aus. Wir suchen auch vergeblich die Aufforderung, dass für ihn gebetet werden soll. Sogar das Kommen des Herrn bleibt außen vor. Das alles würde nicht zu einem Brief an solche Adressaten passen, die sich vom wahren Evangelium entfernten und sich zur Gesetzlichkeit hinwandten. Das Fundament des Christentums stand auf dem Spiel!
Ein Brief mit aktueller Botschaft
Die Beschäftigung mit dem Galaterbrief ist wichtig – denn leider wird auch heute das Evangelium der Gnade Gottes verdreht, wie damals bei den Galatern.
Diese Gefahren sind bis heute aktuell und real:
- den Weg der Wahrheit aufzugeben,
- den Glauben aufzugeben,
- die Grundlage der Gnade aufzugeben,
- bösen Lehren nachzugehen,
- Christus als alleinigen Retter aus dem Auge zu verlieren,
- unter eine Knechtschaft zu kommen
- …
Zugleich stellt der Brief herrliche „Kontrapunkte“ vor, die zu echtem Christsein anspornen:
- Leben in christlicher Freiheit
- Leben als Söhne Gottes
- Leben in der Kraft des Geistes
- Leben in Gemeinschaft mit Christus.
Es lohnt sich also, diesen Brief näher kennenzulernen. Dazu sollen auch die folgenden Artikel beitragen…
„Dieser Brief zeigt uns, dass Christentum Christus bedeutet, nur Christus, Christus allein, und dem nichts hinzugefügt werden kann!“ (G. C. Willis).
Literaturempfehlungen zum Galaterbrief
Brockhaus, R., Der Brief an die Galater, momentan nur als E-Book erhältlich (warm geschriebene und zugleich gute Auslegung,)
Hole, F.B.: Grundzüge des Neuen Testaments, Band 4, auch als E-Book erhältlich (sehr griffig und verständlich geschrieben)
Remmers, A., Der Brief an die Galater (ausführliche und gute Erklärung des Briefes)
Willis, G.C., Wunderbare Gnade (gut zu lesende Erläuterungen zum Brief)
Fußnoten
- 1 Galatien lag im Norden der heutigen Türkei bzw. in dessen Mitte mit dem Zentrum Ankyra (Ankara). Später wurde der Name für eine größere Provinz verwendet, die auch südliche Gebiete umfasste. Welches Galatien in diesem Brief gemeint ist, entscheidet die Frage, ob der Brief früh (im Anschluss an Paulus‘ erster Missionsreise, vgl. Apg 13 und 14) oder erst später (im Anschluss an seine dritte Reise, vgl. Apg 18,23) entstanden ist. Siehe dazu A. Remmers, Der Brief an die Galater, Einleitung.
- 2 Gott machte einen Bund mit Abraham und beauftragte ihn, alle männlichen Hausbewohner zu beschneiden (1. Mo 17,10). Die Beschneidung wurde später im mosaischen Gesetzt verankert (3. Mo 12,3) und war das abgrenzende Merkmal zwischen Juden und Heiden.
Quelle: bibelpraxis.de/a6758.html