Die angeführten Bibelstellen sprechen jeweils vom Herrn Jesus, der gekommen war, um sein Leben als Lösegeld zu geben. Doch für wen gab der Heiland das Lösegeld - für viele oder für alle? Liegt ein Widerspruch vor? Gibt es tatsächlich eine Allversöhnung?
Das Lösegeld
Der Herr Jesus war auf die Erde gesandt worden. Er war nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld zu geben (Mk 10,45; Mt 20,28).
Schon im Alten Testament begegnet uns der Begriff „Lösegeld". Im zweiten Buch Mose lesen wir davon, dass der Erstgeborene - stellvertretend für alle anderen - ein Lösegeld bezahlen musste (2. Mo 13,13). An anderer Stelle lesen wir, wenn jemand den Tod verdient hatte, er für sein Leben ein Lösegeld zahlen konnte, wenn der nächste Anverwandte dessen, der durch das Tier eines Schuldigen zu Tode gekommen war, damit einverstanden war (2. Mo 21,30). Auch bei der Musterung des Volkes musste jeder männliche Israelit dem Herrn einen halben Silbersekel entrichten, damit keine Plage unter ihnen entstehen würde (2. Mo 30,12).
Doch für die ewige Erlösung kann kein Mensch selbst ein Lösegeld für sich oder seinen Bruder Gott geben. „Keineswegs vermag jemanden seinen Bruder zu erlösen, nicht kann er Gott sein Lösegeld geben" (Ps 49,8). Dazu bedurfte es eines anderen: des Sohnes Gottes, des Herrn Jesus. Er war gekommen, um sein Leben als Lösegeld zu geben, damit eine ewige Erlösung erfunden werden konnte (Heb 9,12). Dazu musste Er in den Tod gehen, sein Blut musste fließen (Heb 9,22). Auf dessen Grundlage konnte Gott den Menschen das Heil anbieten, sie erlösen und von ihrer Schuld befreien (Eph 1,7; Kol 1,13).
Für viele - für alle
Aus den oben genannten Bibelversen geht hervor, dass der Herr Jesus sein Leben als Lösegeld „für viele" auf der einen Seite und „für alle" auf der anderen Seite gegeben hat. Um die zunächst widersprüchliche Bedeutung richtig erfassen zu können, wollen wir uns die beiden oben genannten Bibelstellen nun ansehen.
Wir werden sehen, dass es zwischen diesen beiden Aussagen einen wesentlichen Unterschied gibt. Dadurch wird deutlich, dass weder ein Widerspruch vorliegt noch der Gedanke an eine Allversöhnung!
Die Präpositionen (die Verhältniswörter) - ein wesentlicher Unterschied
Ein wesentlicher Unterschied besteht in den zwei unterschiedlichen Präpositionen im Grundtext, die in vielen deutschen Übersetzung sowohl in Markus 10,45 (vgl. Mt 20,28) als auch in 1. Timotheus 2,6 mit „für" übersetzt worden sind.
Der Schreiber Markus verwendet in seinem Evangelium die griechische Präposition „anti" (griech. „anstatt" oder „an Stelle von"). Damit wird im Markus- als auch im Matthäus-Evangelium Stellvertretung ausgedrückt.
Im Timotheus-Brief verwendet Paulus eine andere griechische Präposition. Dort benutzt er „hyper". Wenn dieser Präposition ein Genitiv folgt, wie es in 1. Timotheus 2,6 der Fall ist, trägt sie die Bedeutung von: „für, zugunsten, zum Besten oder zum Vorteil von jemand". Damit drückt Paulus in diesem Brief den Gedanken der Sühnung aus.
Sühnung - Stellvertretung
Durch das Werk des Herrn Jesus von Golgatha wurde Gott vollkommen verherrlicht und in seinen heiligen Ansprüchen befriedigt. Als Folge dessen kann Er allen Menschen das Heil anbieten. Jeder Sünder kann zu Ihm kommen (1. Tim 2,4). Das ist Sühnung. Das Werk des Herrn reicht wirklich für jeden aus, der kommen will.
Aber nur derjenige, der sich im Glauben an den Herrn Jesus wendet, Buße tut und seine Sünden Ihm bekennt, gehört zu den „vielen", deren Sünden Er tatsächlich im Gericht Gottes getragen hat (Jes 53,12; 1. Pet 2,24). Das ist die Seite der Stellvertretung. Diese Seite wird jedoch nur denen zuteil, die glauben.
Die Wahrheit von Sühnung und Stellvertretung zeigt Paulus auch im Römer-Brief. Dort lesen wir: „Gottes Gerechtigkeit aber durch Glauben an Jesus Christus gegen alle und auf alle, die glauben" (Röm 3,22). Gerechtigkeit „gegen alle" zeigt den Gedanken der Sühnung. Sie erweist sich im Blick auf alle Menschen.
Diese Gerechtigkeit kommt allerdings nur „auf alle", die an den Herrn Jesus Christus glauben und Ihn annehmen. Solche werden umsonst gerechtfertigt (Röm 3,24). Darin liegt der Gedanke der Stellvertretung.
Fazit
Der Tod des Herrn Jesus ist in diesem Sinn unter zwei Gesichtspunkten für uns Menschen zu betrachten. Erstens geschah Sühnung - für alle Menschen. Damit bekommen alle die Möglichkeit, überhaupt zu Gott kommen zu können. Zweitens starb er stellvertretend - „für viele" Menschen. Diese „Vielen" haben den Weg zu Gott gefunden und seinen Sohn Jesus Christus im Glauben angenommen. Er ist ihr Stellvertreter im Gericht Gottes geworden.
Wenn wir diese beiden Seiten unterscheiden, entsteht weder ein Widerspruch, noch der Gedanke an eine Allversöhnung. Es zeigt sich vielmehr eine völlige Harmonie der Wahrheit Gottes in der Bibel.
Quelle: bibelpraxis.de/a4711.html