Buchbesprechung: Die 7 großen Untiefen unseres Lebens von Reinhold Ruthe

Lesezeit: 5 Min.

„Die 7 großen Untiefen unseres Lebens" umfasst 158 Seiten und ist im Brendow-Verlag erschienen. Dieses Buch trägt den Untertitel „Auf Kurs bleiben". Es geht dem Autor Reinhold Ruthe also darum, dass Christen zielgerichtet leben und nicht von diesem Kurs abkommen. Als Untiefen - also laut Duden „große Tiefen" - bezeichnet er die Kernfragen unseres Lebens, die unter die Haut gehen und uns im Innersten bewegen. „Untiefen charakterisieren den Nerv unserer Existenz." Aus seiner Sicht sind die sieben Untiefen:

  • „Angenommen sein ...
    ist ein Grundbedürfnis des Menschen.
  • Angst ...
    ist die Grundbefindlichkeit in der Welt.
  • Leid ...
    Krankheit und Schmerzen kennzeichnen unsere Existenz.
  • Schuld- und Schuldgefühle ...
    begegnen uns auf Schritt und Tritt.
  • Sinn im Leben ...
    ist der Schlüssel für Glück und Zufriedenheit.
  • Depressionen ...
    sind heute die Volkskrankheit Nr. 1.
  • Tod und Sterben ...
    sind für klein und groß, für alt und jung, für arm und reich selbstverständlich.

Nach einem kurzen Vorwort geht der Autor dann in sieben Kapiteln auf diese sieben existentiellen Fragen des Lebens ein. Er zeigt bei positiven Aspekten wie „angenommen sein" und „Sinn im Leben", wie entscheidend eine positive Bejahung dieser Themen ist. Im Blick auf die anderen „Untiefen" erklärt er ihre Bedeutung und ihr Vorhandensein, um Wege aufzuzeigen, um aus diesen Problemen wie Depressionen herauszukommen. Wichtig ist Ruthe, dass man sich mit diesen Fragen auseinandersetzt und „annimmt", dass man mit ihnen allen zu tun hat. Am Ende jeden Kapitels weist Reinhold Ruthe jeweils in fünf oder mehr Schritten einen Weg zum glücklich sein auch inmitten von solchen Untiefen.

Der Nutzen

Der Ansatz des Autors ist, seelsorgerliche Hilfe für das Leben von Christen (und Unchristen) zu geben, mit den entscheidenden Fragen des Lebens zurecht zu kommen. Immer wieder gibt er daher Hinweise, wie man mit Angst, mit Depressionen, mit Leid und Schuld umgehen kann. Er zeigt eindrücklich die Ursachen von gewissen Problemen auf und gibt wiederholt anregende „Zitate" weiter, manchmal auch Sätze, die er selbst prägt:

Gott „verspricht keine Antworten, Er ist die Antwort.
Er verspricht keinen Beistand, Er ist der Beistand.
Er empfiehlt keinen Weg, Er ist der Weg.
Er hofft auf keine Rettung, Er ist die Rettung."

„Wer sich selbst nicht bejaht, ist unglücklich und unzufrieden."

In jedem einzelnen Kapitel gibt es Anregungen sowohl für Betroffene als auch für Seelsorger, wie sie auf bestimmte Eigenarten, Schwachstellen und Probleme in seelsorgerlicher weise eingehen können. Gerade zum persönlichen Nachdenken findet sich eine Reihe von Hinweisen in diesem Buch.

Fragezeichen

Insgesamt ist mir der Ansatz von Ruthe in diesem Buch allerdings sehr allgemein, zu allgemein. Ich habe Zweifel, dass die kurzen Beiträge zu den einzelnen Themen mehr als ein Anreißen dieser Fragestellungen darstellen können. Wirkliche Lebenshilfe müsste vermutlich tiefer gehen. Das mag der Aufgabenstellung dieses Buches geschuldet sein.

Leider habe ich nicht den Eindruck, dass der Autor von der Bibel ausgehend die verschiedenen Themen behandelt. Es werden zwar verschiedene Bibelstellen angeführt (und hinten in einem Bibelstellenverzeichnis angegeben), aber sie stehen nicht im Zentrum der Hilfestellungen. Gerade bei Definitionen von Schuld etc. wäre es gut gewesen, vom Wort Gottes auszugehen.

Zudem führt Reinhold Ruthe gerne Theologen, Soziologen, Philosophen, Psychotherapeuten an. Zuweilen handelt es sich um Personen, die nicht vertrauenswürdig sind für einen Christen (Freud, Jung), ja von diesem abgelehnt werden müssen.

Bei dem insgesamt sehr gut behandelten Thema des sich angenommen Fühlens (und auch später) spricht Ruthe davon, dass man mit sich – auch mit seinen Eigenarten, Schwachheiten usw. einverstanden sein sollte. Darin schließt er ausdrücklich auch die Fehler (also die Sünden) ein. Und das steht im Widerspruch zu Gottes Wort. Denn Sünden sollen wir bekennen – mit ihnen können wir keineswegs einverstanden sein (vgl. 1. Joh 1,9; Jak 5,16; usw.).

Seltsam ist auch Ruthes Einstellung zum Thema Tod und Sterben. Natürlich wissen wir, dass alle vorangegangenen Generationen gestorben sind – Gläubige „heimgegangen“ sind. Aber das ist nicht die Lebensperspektive eines Christen. Der Herr Jesus hat gesagt: „Ich komme bald!“ Darauf warten wir. Auch Paulus hat das getan und immer wieder von „uns“, den „Lebenden“ bei der Entrückung gesprochen. Ruthe dagegen schreibt: „Der Tod gehört zu meinem Leben, das irdische Ende gehört zu meiner Existenz. Das ist die Realität – alles andere ist Geschwätz.“ Von der Perspektive der Entrückung ist überhaupt keine Rede in diesem Kapitel.

Sehr kurz und daher unvollständig handelt Ruthe in diesem Kapitel auch die Frage ab, ob ein Christ heute Wehrdienst üben kann. Man kann seine Perspektive teilen – aber es gibt zweifellos auch andere Standpunkt. Ein solch komplexes Thema kann man sicher nicht auf zwei Seiten abhandeln.

Fazit

Dieses Buch enthält eine Reihe von Anregungen zu den verschiedenen Themen. Aber schon die Ausgangsfrage, warum Ruthe gerade diese sieben Untiefen für existentiell hält, wird letztlich nicht beantwortet. Da auch in den einzelnen Kapiteln aus meiner Sicht zu wenige konkret umsetzbare Therapievorschläge erfolgen, halte ich es für sinnvoller, sich zu den einzelnen Themen wie Angst, Depression etc. Bücher vorzunehmen.

Mit diesem Fazit beziehe ich mich nur auf dieses Buch. Damit ist also nicht gesagt, wie andere Bücher von Reinhold Ruthe zu beurteilen sind. Das, was auf jeden heutigen Schreiber zutrifft, gilt sicher auch für Ruthe: Es gibt bessere und schlechtere Werke ...

Sehr gelungen ist das erste Kapitel über die Selbstannahme. Gerade unter ernsthaften Christen hat sich ein Satz eingeprägt, den ein begnadeter Bibellehrer geprägt hat: „Demut ist nicht so sehr, schlecht von sich zu denken, als gar nicht an sich zu denken" (John Nelson Darby). So inhaltsreich und anregend dieser Satz ist, kann man ihn unmöglich absolut anwenden. Denn Gottes Wort zeigt uns durchaus, dass der Gläubige an sich denken soll, wie Reinhold Ruthe gut aufzeigt. Sogar in dem Brief, der uns die höchsten Aspekte der christlichen Wahrheit für den Erlösten zeigt, wird das bestätigt (vgl. Eph 5,29). Daher ist dieses Kapitel sehr hilfreich, zu einem gesunden Selbstbild zu gelangen.

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