Für Christen, die keiner der beiden großen „Kirchen“ angehören – sondern allein der biblischen Ekklesia (Versammlung, Gemeinde, Kirche), dem lebendigen Organismus, der im Neuen Testament als Leib Christi bezeichnet wird, mit Christus als Haupt (Kopf) – mag es ein wenig seltsam klingen, sich mit der Frage überhaupt auseinanderzusetzen: Braucht der Glaube Theologie? Theologie – das ist doch unbiblisch, mögen sie schnell urteilen.
Theologie
Was aber ist „Theologie“ eigentlich. Das Wort ist eine Zusammenfügung von θεός (theós), „Gott“ und λόγος (lógos, „Wort“, „Lehre“). Man könnte also übersetzen: Die Lehre oder das Wort von Gott. Es wird wohl kein Christ bestreiten, dass man das Wort Gottes nötig hat, die biblische Lehre von Gott. In diesem Sinn also ist Theologie unproblematisch.
Wahr ist aber auch, dass im Allgemeinen unter „Theologie“ vor allem eine universitäre, oft rationalistische Auseinandersetzung mit Gott verstanden wird. Dann degeneriert Theologie zu einer Philosophie: (griechisch φιλοσοφία, wörtlich die „Liebe zur Weisheit“). Dann geht es um eine menschliche Weisheit, mit der man versucht, die Person Gottes, sofern man sie überhaupt noch als allmächtige, allgegenwärtige und allwissende Person akzeptiert, zu erfassen und zu erklären.
Die Bibel und die Theologie
Und zu dieser Form der Wissenschaft über Gott äußert sich Paulus: „Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird (1. Kor 2,14). Dieser Satz macht klar, dass ein ungläubiger Mensch gar nicht in der Lage ist, Theologie zu betreiben. Er kann sich wohl über Gott Gedanken machen. Aber er wird zu falschen Schlüssen kommen, weil er es nicht erkennen kann. Zweitens lernen wir aber hier auch, dass selbst gläubige Menschen nur dann in der Lage sein werden, die Bibel und damit auch etwas von der Person Gottes zu erfassen, wenn sie geistlich sind und sich nicht auf ihre menschlichen Fähigkeiten stützen, sondern allein auf den Geist Gottes.
Drittens lernen wir dadurch, dass auch ein gläubiger Mensch nicht mit rationalen Überlegungen die göttlichen Dinge verstehen kann. Sie werden ihm verborgen bleiben. Theologie ist keine menschliche Wissenschaft, sondern ein Geschenk Gottes, das wir in der Kraft und unter der Führung des Geistes Gottes überdenken können. Die Konzentration auf den Verstand dagegen führt auch für einen Christen in die Irre!
Ist Theologie unnütz?
Heißt das dann, dass Theologie unnütz ist? Hier muss man sicher unterscheiden. Theologie als menschliche Wissenschaft ist per Definition zum Scheitern verursacht. Das haben wir gerade gesehen. Theologie aber, verstanden als Nachdenken über die biblische Lehre über Gott, über den Menschen, über die Wahrheit der Bibel, ist nicht nur nützlich, sondern sogar notwendig! Denn ein praktischer Glaube beruht nicht auf einer Theorie. Er stützt sich auch nicht auf eine Spekulation oder Empfindung. Er ist fundiert in der biblischen Lehre.
Lehre ohne entsprechende Verwirklichung ist Theorie, führt zu Heuchelei und Gesetzlichkeit und einer rein verstandesmäßigen Glaubenstheologie. Praxis aber ohne entsprechende biblische Lehre und Belehrung führt zu einem subjektiven Christenleben, das oftmals an den Gedanken Gottes vorbeigeht und den Kern wahren Christentums zur Seite rückt.
Theologie als Beschäftigung mit biblischer Lehre
Das Beschäftigen mit biblischer Lehre ist von großer Wichtigkeit:
1. Wie kann ich glauben, wenn ich gar nicht weiß, was ich glauben soll? Der Christ hat ein sicheres Glaubensfundament, das die Basis seines Glaubens und damit seines Glaubenslebens ist. Das wird manchmal als Glaubensgut bezeichnet. Timotheus wird von seinem väterlichen Freund aufgefordert: „Halte fest das Bild gesunder Worte, die du von mir gehört hast, in Glauben und Liebe, die in Christus Jesus sind“ (2. Tim 1,13).
2. Die biblische Lehre ist der Rahmen, in dem sich das praktische Glaubensleben abspielt. Gott möchte nicht, dass wir Menschen irgendwie leben. Er hat uns in seinem Wort seine Gedanken offenbart, die es zu erfassen gilt. Gott hat uns nicht beauftragt, jeder für sich ein Glaubensleben zu führen, was in seinen Grundwerten von dem der anderen Christen unterschieden ist. Der persönliche Lebensweg ist für jeden speziell. Aber die Eckpfeiler – Bekehrung, Taufe, Versammlung (Gemeinde, Kirche), Zukunft, Entrückung, etc. – sind für alle wahren Christen gleich!
3. Die biblische Lehre ist der Maßstab für das persönliche Christenleben. Nicht die Lebenspraxis bedingt die christliche Stellung, in die der Herr uns gebracht hat. Sondern die biblische Lehre über den wahren Charakter eines Christen stellt den Maßstab für sein Leben dar. „Weil ihr Kinder Gottes seid“, lebt auch als solche!
4. Von der zentralen Person wahren Christentums, dem Herrn Jesus Christus, erfahren wir gerade in der Bibel und nur dort das, was für unseren Glauben wichtig ist. Es gibt viele Erzählungen über Jesus. Es gibt nur eine vertrauenswürdige Grundlage dafür: die biblische Lehre. Wer sich diese nicht zueigen macht und darin forscht, wird sich an einen falschen Christus hängen.
5. Die herausragenden Segnungen der heutigen Zeit: der Heilige Geist auf der Erde, der verherrlichte Mensch Jesus Christus im Himmel, die Versammlung Gottes, können wir nur dann genießen, wenn wir uns mit der christlichen Lehre beschäftigen. In der Praxis sehen wir viele Kirchen und können wir weder den Geist Gottes noch den Herrn Jesus „anschauen“. Hier befinden wir uns also auf mindestens unsicherem Gelände. Wer aber die christliche Lehre kennt und sich damit auseinandersetzt, wird festen Boden unter sich haben und damit die Grundlage für dauerhafte Freude und tiefen Frieden haben.
Theologie im besten Sinn des Wortes
Wir lesen in der Bibel nichts von universitärem Studium geistlicher Themen. Wie oben gezeigt, führt dies in der Regel ohnehin zu einem rationalistischen Auseinandersetzen mit geistlichen Themen, die nur auf geistliche Weise erfassbar sind. Die persönliche Meditation dieser herrlichen Wahrheiten und Personen – auch das gemeinsame Nachdenken und Belehren – allerdings finden wir in der Bibel. Sie ist es wert, ernst genommen zu werden. Insofern ist Theologie im besten Sinn des Wortes erstrebenswert!
Quelle: bibelpraxis.de/a1611.html