Bundespräsident werden Worte im Mund umgedreht – Wahrheit reden

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Was der Bundespräsident wirklich sagte …

Was hat er da nur geredet, der Bundespräsident Horst Köhler? Er nannte in vorsichtiger Weise die Unterschiede, die zwischen Nord und Süd, West und Ost existieren. Wir alle wissen, dass es so ist. Aber kaum veröffentlicht, geht ein Sturm gegen diese Worte los - und zwar quer durch alle Parteien. Natürlich passen solche Worte nicht in die anstehenden zwei Wahlen in Ostdeutschland, so meinen die Wahlkämpfer. Und doch hat der Bundespräsident sich getraut, die Wahrheit auszusprechen, die viele - vor allem Politiker - bislang gerne aus opportunistischen Gründen verschwiegen.

Was hat Köhler gesagt? Es „gab und gibt nun einmal überall in der Republik große Unterschiede in den Lebensverhältnissen. Das geht von Nord nach Süd wie von West nach Ost. Wer sie einebnen will, zementiert den Subventionsstaat und legt der jungen Generation eine untragbare Schuldenlast auf. Wir müssen wegkommen vom Subventionsstaat. Worauf es ankommt, ist, den Menschen Freiräume für ihre Ideen und Initiativen zu schaffen.“

Mut zur Wahrheit!

Wenn jemand wagt, die Wahrheit auszusprechen, auch wenn sie für viele unbequem ist, so sollte er dafür gelobt werden. Und nach dem ersten Sturm mehren sich ja auch die Stimmen, die nüchtern feststellen, dass der Bundespräsident letztlich nur das gesagt hat, was eigentlich alle sagen müssten, wenn sie ehrlich sprechen.

Besteht nicht auch unter Christen die Gefahr, dass sie Dinge nicht oder falsch aussprechen - und zwar aus opportunistischen Gründen? Paulus schreibt in seinem „erhabensten“ Brief unter anderem Sätze, die man eigentlich als Binsenweisheit benennen könnte. Aber wie schwer tun wir uns schon mit der Verwirklichung solch einfacher Aufgaben: „Deshalb, da ihr die Lüge abgelegt habt, redet Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten, denn wir sind Glieder voneinander“ (Epheser 4,25).

Den Zuhörern nach dem Mund zu reden ist Gott ein Gräuel!

Wir sollen wahr sein. Wir sollen einander die Wahrheit sagen. Wir sollen uns nicht - entschuldigt - „anschleimen“, wenn wir in Wirklichkeit Kritik im Kopf haben. Und diese allen anderen sagen, nur nicht den Betroffenen. Wir sollen wahr sein, wenn es um die Zustände unter Christen geht - vor allem in den eigenen Reihen. Es ist so leicht, in Bezug auf andere Kritik zu üben. Und es ist so schwer, anscheinend, die Fehler (und nicht nur Schwächen) in den eigenen Reihen anzuerkennen, zu benennen und zu bekennen.

Wie leicht reden wir auch den Zuhörern nach dem Mund. Man könnte fast meinen, dass wir uns das von der Politik abgeschaut haben. Wenn die Zuhörer etwas konservativer sind, reden wir sehr konservativ. Dann machen wir die Mauern ein bisschen höher, als sie in der Schrift sind. Und wenn wir wissen, dass die Zuhörer ein bisschen freizügiger sind, dann sind unsere Mauern auf einmal verdächtig tief. Das ist nicht Wahrheit - denn wenn wir ihr verpflichtet sind, würden wir genau umgekehrt reden.

Natürlich sollen wir auf die Zuhörer eingehen, ihre Bedürfnisse, ihre Kenntnisse, ihren Hintergrund verstehen. Darum geht es jetzt nicht. Aber wir dürfen die Wahrheit nicht zu verändern suchen, nur weil sie den Zuhörern vielleicht nicht schmecken könnte.

Paulus redete überall dasselbe - und doch auf die Zuhörer zugeschnitten.

Paulus konnte den Korinthern sagen: „So ordne ich es in allen Versammlungen an“ (1. Korinther 7,17). Und nachdem sich Petrus in Antiochien sehr opportun verhalten hatte, je nachdem, in welcher Gesellschaft er sich befand, nahm Paulus kein Blatt vor den Mund. Nein, er widerstand Petrus ins Angesicht. Er machte dort keinen Unterschied, ob es sich um einen „großen“ Apostel handelte oder nicht. Er blieb seinem Herrn und damit der Wahrheit verpflichtet.

Treu zur Wahrheit stehen - das ist eine Herausforderung für jeden von uns. Besonders für die, die sich auch mehr oder weniger häufig öffentlich äußern. Eine weitere Herausforderung, die wir heute nicht betrachten können, ist die Frage, inwieweit wir zuweilen denjenigen, die die Wahrheit in ausgewogener Weise gesagt haben, das Wort im Mund „verdrehen“. Auch das musste Petrus erleben: „Die Unwissenden und Unbefestigten verdeh(t)en“ seine Worte - „zu ihrem eigenen Verderben“ (2. Petrus 3,16).

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