Ein Glaubensheld auf Irrwegen!? (FMN)

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© Verstoßung der Hagar von Claude Lorrain (1668)

Doch auch bei ihm kommt es zu Situationen, in denen er „die Sache selbst in die Hand nimmt“, anstatt im Glauben und Vertrauen auf seinen Gott und auf dessen Rettung zu warten.

Rein menschliche Problemlösungen

In einer Situation versucht er ein Problem zu lösen, indem er sich in ein fremdes Gebiet und damit in große Gefahr begibt. Statt Gott im Gebet zu fragen, handelt er eigenmächtig und kann sich nur dadurch „retten“, dass er mit seiner Frau eine Halbwahrheit vereinbart. Abraham fürchtete um sein eigenes Leben.

In einer anderen Situation versucht das Ehepaar gemeinsam durch menschliche Mittel eine Lösung zu finden, die nicht nach Gottes Gedanken ist. Auch dieser Ausweg führt letztlich nur zu neuen Problemen.

Auch wenn in beiden Situationen Abram und seine Frau Sarai gemeinsame Sache machen, liegt die Haupt-Verantwortung doch bei Abram.

Abrams Lügengeschichte

In 1. Mo. 12 wird Abram mit einer Hungersnot konfrontiert. Er meint, sich und seine Familie nur dann weiter ernähren zu können, wenn er nach Ägypten zieht. Die Bibel bewertet diesen Weg nicht, bis auf die Bemerkung, dass Abram „hinab“ nach Ägypten zieht. Das ist zwar zunächst nur ein geographischer Hinweis; aber er hat auch eine moralische Komponente. Menschlich gesehen können wir Abrams Verhalten gut verstehen, denn er hatte die Verantwortung für einige Personen. Wahrscheinlich hätten wir es ähnlich gemacht.

Aber durch diese Reise begibt er sich in eine größere Gefahr. Er fürchtet, dass man ihn töten würde, damit sich ein Ägypter dieser schönen Frau bedienen könnte. Dabei vergisst er aber die Zusage, die Gott ihm kurz vorher (V. 7) gegeben hat: „Deiner Nachkommenschaft werde ich dieses Land (Kanaan) geben.“  Abram hatte bis dahin keine Nachkommen, also hätte ihm das schon Sicherheit genug geben müssen, dort nicht zu sterben. Aber anstatt auf Gott zu vertrauen, vereinbart er mit seiner Frau, dass sie sie als seine Schwester ausgeben. Eine Halbwahrheit, wie wir aus 1. Mose 20,12 wissen. Durch dieses Vorgehen bringt er mehrere Personen in schwierige Situationen:

1) Sarai, die der Pharao sich zur Frau nehmen möchte.

2) Den Pharao, der unwissentlich etwas tun möchte, was eine schlimme Sünde ist.

3) Die Familie des Pharaos, die Gott mit einer großen Plage schlug.

4) Vor allem sich selbst, weil er als Lügner entlarvt wird.

„Lügen habe kurze Beine!“ sagt ein Sprichwort. Die Unwahrheit zu sagen ist Sünde und kann nie das richtige Mittel zur Lösung eines Problems sein.

Gott greift ein und bewahrt Abram vor dem Tod, seine Frau vor Ehebruch und auch den Pharao vor einer weiteren Sünde. Aber Abram hat mit Sicherheit etwas von seiner Glaubwürdigkeit verloren. Und wahrscheinlich gehörte zu den Geschenken, die er in Ägypten erhielt, (Vers 16) auch die Magd Hagar, durch die später Probleme in die Familie kamen.

Du könntest jetzt sagen: Was Abram gemacht hat, war nicht gut. Aber letztendlich ist ja nichts Schlimmes passiert und es hatte für Abram noch Vorteile: Er wurde reich beschenkt.

Aber ist wirklich nichts Schlimmes passiert? Ist es nicht tragisch, dass sein Zeugnis als Glaubensmann gelitten und vor allem Gott durch eine solche Lüge verunehrt worden ist? Dass noch nichts Schlimmeres passiert ist, ist Gottes Gnade zuzuschreiben. Das glimpfliche Ende eines verkehrten Weges ist niemals der Beweis, dass dieser nicht so schlimm war.

Und ob der Reichtum Abrams ihm zum Segen war, ist auch zu bezweifeln. Kurze Zeit später gab es genau deshalb Streit, der zum Bruch zwischen ihm und Lot führte.   

Fehlende Geduld und ihre „Kinder“

Wie bereits erwähnt, hat Gott Abram versprochen, dass er zumindest einen Sohn bekommen würde. Da Gott ihm Nachkommen versprochen hatte und er „nur“ mit Sarai verheiratet war, konnte sich diese Zusage nur auf diese Ehefrau beziehen. Aber Sarai wurde und wurde nicht schwanger. Und Geduld ist – wie häufig auch bei uns – nicht Abrams Stärke. Deshalb geht er auf den Vorschlag seiner Frau bereitwillig ein und nimmt Sarais Magd zur Nebenfrau, damit er mit ihr einen Sohn zeugen kann (1. Mo 16). Eine Vorgehensweise, die damals möglich und vielleicht auch üblich war, aber nicht Gottes Absicht entsprach.

Als die Magd schwanger wird, scheint der Plan aufzugehen. Aber es fangen auch viel größere Probleme an: Die Magd erhebt sich über ihre Herrin, es gibt Unfrieden unter den Eheleuten, Sarai ist verbittert und handelt dadurch hart mit ihrer Magd. Schließlich flüchtet die schwangere Magd. Gott geht ihr nach und bringt sie wieder zurück. Aber durch dieses Verhalten hat Abram später einen Sohn im Haus, der ebenfalls für Ärger sorgt. Auf lange Sicht wird dieser Sohn sogar der Vorfahre der Feinde des Volkes Israel.

Wieder kommen mehrere Menschen durch Abrams Irrweg zu Schaden. Und Abram muss die Folgen ein Leben lang tragen – Ismael bleibt sein Sohn, auch wenn Hagar und Ismael das Haus später verlassen. Die Nachkommen Abrams leiden sogar bis heute unter dieser Sünde.

Wir fragen uns vielleicht, warum Abram in dieser Angelegenheit keinen Glauben (mehr) zeigte. Natürlich wusste er, dass Sarais „biologische Uhr tickte“. Aber nicht lange Zeit vorher hatte Abram doch Gott sein Leid über die Kinderlosigkeit geklagt und Gott hatte ihn zum Himmel, zu den unzähligen Sternen schauen lassen und gesagt: „So (zahlreich) wird deine Nachkommenschaft sein!“ (Kap. 15,5). Und dann stellt er Abram das Zeugnis aus: „Er glaubte dem Herrn!“ Ihm fehlte es einfach an Geduld und das veranlasste ihn, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Er suchte selbst eine Lösung und meinte, sie gefunden zu haben.

Geht es uns nicht in machen Situationen ähnlich? Wir haben Gott unser Problem vorgestellt. Vielleicht haben wir sogar durch einen Bibelvers eine Ermunterung speziell für unsere Situation erhalten. Dann aber passiert nichts. Und recht schnell verlieren wir die Geduld und suchen nach einer eigenen Lösung. Wir nehmen die Sache also selbst in die Hand, aber das kann sehr schief gehen. Manchmal müssen wir die Folgen unseres Irrwegs für sehr lange Zeit tragen.

Wir können daraus Folgendes lernen:

  1. Wenn wir ein Problem haben und es Gott im Gebet vortragen, dann wollen wir auch darauf vertrauen, dass Er eine Lösung hat und diese auch verwirklicht.
  2. Wenn das Problem länger andauert und wir keine Lösung sehen, wollen wir weiter beten und nicht die Geduld verlieren.
  3. Unser Fehlverhalten, mag es menschlich gesehen auch noch so vernünftig sein, hat schädliche Auswirkungen auf uns und auch auf andere.
  4. Gott hat eine Lösung, auch wenn es noch so unwahrscheinlich sein mag.

Hinter der Überschrift „Ein Glaubensheld auf Irrwegen“ steht nicht nur ein Ausrufezeichen, sondern auch ein Fragezeichen. War Abram in beiden Situationen denn nun auf einem Irrweg? Ja, denn er ist in beiden Situationen schwach geworden und hat etwas von seinem Glauben vermissen lassen. Aber er hat den Glauben an seinen Gott nie aufgegeben. Das bezeugen Hebräer 11 und anderen Stellen im neuen Testament ganz deutlich. 

Folge mir nach – Heft 4/2022      

© Verstoßung der Hagar von Claude Lorrain (1668)
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