Buchbesprechung: Als Christ in der Welt des Internets (Rudolf Ebertshäuser)

Lesezeit: 7 Min.

Das Buch

Rudolf Ebertshäuser widmet sich in ausführlicher Weise den modernen Medien in diesem Buch. Er versucht, für Christen einen guten, biblischen Weg in der Welt des Internets aufzuzeigen. In seinem 220 Seiten umfassenden Buch will Ebertshäuser Christen motivieren, geistlich mit Smartphones, sozialen Netzwerken und anderen digitalen Medien zurechtzukommen. Das Buch ist in diesem Jahr (2015) in seinem Verlag (Edition Nehemia) erschienen. Es kostet 6,20 Euro.

Gliederung

Nach einer Einleitung über die digitale Revolution behandelt der Autor in drei Kapiteln das Hauptthema des Buches. Er geht darin auf die Chancen und Gefahren des Computers, des Internets sowie von Videos, Computerspielen und Musik (abgespielt bzw. heruntergeladen über das Internet) ein. Im Anschluss folgen kleinere Abschnitte über Facebook, Smartphones und Internet-Pornographie. Abgeschlossen wird die Publikation durch eine Reihe von Ratschlägen für einen geistlichen Umgang mit den digitalen Medien. In einem Anhang folgen einige Worterklärungen. Ein Literaturverzeichnis rundet das Buch ab.

Die einzelnen Kapiteln folgen einem logischen Aufbau: Zunächst erklärt R. Ebertshäuser die jeweilige Technik und die Möglichkeiten der Nutzung einzelner Medien. Dann zeigt er die Gefahren, Herausforderungen und Vorteile auf, die für Christen bestehen. Abschließend versucht er einen Weg aufzuzeigen, auf dem Gläubige in verantwortungsbewusster Weise mit diesen Medien umgehen können.

Nutzen

Dieses Buch bietet dem interessierten Leser einen guten Überblick über die heute üblichen modernen Medien - oder muss man heute schon sagen: für die gestern benutzten Medien, da sich diese „Welt" sich sehr schnell ändert. Vor allem ältere Christen, die bis jetzt noch keinen Überblick über diese Medien besitzen, werden ausführlich informiert, was es für Möglichkeiten und Gefahren gibt. So rückt ihnen die „Welt der Jungen", von der sie sonst ausgeschlossen sind, ein stückweit näher.

Dieses Ziel erreicht der Autor dadurch, dass er eine einfache und gut verständliche Sprache spricht. So fällt es auch unwissenden Lesern leicht, diese komplexe Thematik zu erfassen. Allerdings ist für denjenigen, der diese Medien im Allgemeinen nutzt, manche Wiederholung und die übermäßige Ausführlichkeit etwas „nervig".

Die Gefahren der Medien werden ausführlich und gut nachvollziehbar beschrieben. Sie sollten bei jedem Leser zu dem Bewusstsein führen, dass die Anwendung moderner digitaler Medien mit erheblichen geistlichen Risiken verbunden ist.

Aber: nichts Neues unter der Sonne

Leider übersieht Ebertshäuser, dass es auch heute „nichts Neues unter der Sonne" gibt (Pred 1,9). Die Verpackung von Inhalten mag bei modernen Medien „neu" sein. Aber das, was sie verpacken, ist sehr alt. Wenn der Autor beispielsweise ausdrücklich davor warnt, die Bibel über ein elektronisches Medium zum Beispiel bei der Andacht oder in Zusammenkünften zu lesen (vgl. S. 201. 54), geht er zu weit. Entscheidend ist, dass man die Bibel liest - und die kann jeder in unterschiedlicher „Technik" lesen. Da gibt es Menschen, die der vorgelesenen Bibel zuhören. Andere Lesen sie auf einem „Kindle", wieder andere in gedruckter Form, andere auf dem Computer. Das eine ist nicht besser oder schlechter als das andere.

Nun gibt es tatsächlich Gefahren, wenn man die Bibel mit Hilfe eines Smartphones liest. Mails und andere Arten von Mitteilungen können die Aufmerksamkeit ablenken. Man steht auch in Gefahr, sich parallel dem Internet und weiteren Applikationen zu widmen. Das aber ist eine Frage der persönlichen Disziplin, nicht des Mediums.

Ebertshäuser übersieht, dass es auch Zeiten gab, wo man einem Vorleser zugehört hat und nicht „in der Bibel lesen" konnte (vgl. Off 1,3). Die Bibel selbst hat auch verschiedene „Gestalten" angenommen (Ton, Pergamente, Buchrolle). Entscheidend ist somit nicht das „Medium", in dem dieselbe (!) Bibel „angeboten" wird, sondern die Haltung, mit der ich die Bibel lese, die Ruhe, die ich mir nehme. Keine Frage: Die Gefahr der Ablenkung usw. ist größer bei digitalen Medien, aber es gibt Menschen, die damit geistlich umgehen können.

Damit verbindet sich ein grundsätzlicher Punkt, den der Autor zwar anspricht, verschiedentlich aber nicht zu berücksichtigen scheint. Die digitalen Medien produzieren im Allgemeinen keine neuen, „eigenen", bisher unbekannten Gefahren. Diesen Eindruck aber gewinnt man beim Lesen des Buches, was aus meiner Sicht ein Hauptproblem dieses Werkes im Blick auf eine positive Aufnahme vonseiten gläubiger, digitaler Nutzer ist. Dieselben Risiken gab und gibt es schon sehr lange, auch als es noch keinen Computer und keine Smartphones gab. Allerdings werden bestehende moralische Bedrohungen in der digitalen Welt in verdichteter, geballter Form zusammengeführt. Pornographie gab es schon sehr lange, aber jetzt ist sie per Klick abrufbar, ohne dass man in einen Kiosk laufen muss. Die Zeit konnte man auch bislang mit Büchern und nichtigen Dingen vergeuden. Jetzt aber geht diese Vergeudung gewissermaßen von selbst, ohne dass man dafür etwas aktiv tun muss. Spiele laufen einfach lange - und auf einmal sind 4 Stunden einfach „weg". Gewalt gab es von Kain an, aber jetzt kann man sie digital verbrämen. Das zeigt: Die Medien wechseln, die Gefahren aber bleiben prinzipiell dieselben. Sie treten allerdings in gehäufter, intensivierter und aufdringlicher Form auf. Darauf hätte stärker eingegangen werden müssen.

Zu negativ

Zu Beginn des Buches weist Rudolf Ebertshäuser darauf hin, dass es sowohl Chancen und Nutzen als auch Gefahren und Fallstricke in der digitalen Welt gibt. Dem ist beizupflichten. Im weiteren Verlauf aber sind seine Empfehlungen im Übermaß einschränkend und ablehnend. Man hat dadurch manchmal den Eindruck, dass es aus Sicht des Autors gar keinen Nutzen mehr beim Einsetzen dieser Medien gibt. Manche „Auswirkungen" sind leider auch deutlich überzogen (digitale Demenz). Denn schon immer hat sich „die Welt der Arbeit" verändert - sicher nicht so schnell wie heute. Aber immer mussten sich der Mensch und damit auch sein Gehirn auf diese Veränderungen einstellen. Das, was heute als Totengräber des Kopfes gesehen wird, könnte morgen schon wieder ganz anders beurteilt werden. Natürlich bleibt die zunehmende Dekadenz in allen Bereichen des Lebens zu beklagen.

Durch die Übertreibungen im Buch besteht aufseiten der Leser die Gefahr, dass sie die im Buch beschriebenen berechtigten Gefahren nicht mehr ernst nehmen. Wenn man das im Blick auf die Forderungen und Empfehlungen täte, müsste man letztlich aus der Welt herausgehen. Das aber ist das Gegenteil von dem, was der Herr Jesus in seinem Gebet zum Vater sagt (vgl. Joh 17,15).

In diesem Zusammenhang ist Ebertshäuser teilweise auch nicht konsequent. Einerseits führt er zum Beispiel den Gedanken des Netzwerkes (Internet) auf Gedanken des New Age zurück. Andererseits verbietet er Gläubigen die Nutzung nicht vollständig. Das aber wäre notwendig, wenn New Age der prägende Gedanke und Einfluss im Internet wäre. Hier wünschte man sich ein ausgewogeneres, differenzierteres Urteil.

Treibt Alt und Jung auseinander

Nach meinem Eindruck wird dieses Buch ältere und jüngere Christen nicht zusammenführen. Dazu atmet dieses Werk zu wenig Verständnis für die jüngere Generation. Es ist heute jungen Menschen nicht zu vermitteln, dass sie keine Computerspiele machen dürfen, und wenn doch, nur wenige, die sie als langweilig empfinden. Wer sich komplett gegen Gewalt wendet, sollte nicht übersehen, dass früher solche „Gewaltspiele" im Freien durchgeführt wurden. Keine Frage - die Kreativität leidet unter Computerspielen. Aber diese sind nicht per se „böse" und „sündig". Hier muss man deutlich stärker differenzieren.

Wenn also jetzt Gläubige, die kaum oder gar nicht Zugang zu dieser „digitalen Welt" haben, das Buch von Rudolf Ebertshäuser lesen und sagen: Junge Menschen sollten ihr Smartphone abgeben oder dürfen nur „Mensch ärgere dich nicht" auf dem PC spielen!, wird die Beziehung zwischen Alt und Jung vergiftet. Das nützt keinem. Daher wäre es wünschenswert gewesen, dass der Autor sich um eine nuanciertere Sicht des Themas bemüht hätte. Die junge Generation braucht die Medien schon im Schulalter. Sie müssen auch, um beruflich auf der Höhe der Zeit sein zu können, digitales Know-How aufbauen. Das nimmt die Gefahren nicht weg, relativiert aber die zuweilen extreme Sichtweise des Autors.

Gesuchte Bibelstellen

Vor allem wirken die durchaus vielfältigen Bibelstellen, die Rudolf Ebertshäuser anführt, oftmals gesucht und sogar deplatziert. Als (kritischer) Leser fragt man sich, warum sie sich jetzt auf das Nutzen digitaler Medien beziehen sollen.

Das ist für uns alle, die wir zur „schreibenden Zunft" gehören, eine große Herausforderung. Viele aktuelle Phänomene werden nicht konkret und nicht in dieser Form in der Bibel angesprochen. Daher suchen wir Grundsätze in der Schrift, die auf konkrete Fälle anwendbar sind. Und hier fällt es uns oft sehr schwer, Bibelstellen zu finden, die sich auch für andere nachvollziehbar auf den konkreten Sachverhalt beziehen (könnten). In diesem Buch ist mir das vielfach so gegangen, dass ich mich gefragt habe: Was hat das mit dieser Problemstellung zu tun?

Fazit

Alles in allem hat das Buch durchaus seinen Wert. Es stecken sehr viele Informationen darin, die nützlich sind. Und wenn man die Bewertung des Autors mit der nötigen kritischen Distanz überdenkt, wird man für sich zu den richtigen Schlussfolgerungen kommen. Das wird nicht dazu führen, dass man PC, Laptop, Tablet und Smartphone zur Seite legt. Dazu sind diese Geräte, die weder gut noch schlecht sind, sondern einfach technische Hilfsmittel darstellen, viel zu stark in unsere Arbeitsprozesse eingebunden. Aber wir werden uns (und unsere Kinder) mehr und kritisch hinterfragen in der Häufigkeit, Intensität und Länger der Nutzung. Es muss auch heute noch ein Teil-Leben unabhängig von digitalen Medien geben.

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