Die Aufforderung des Herrn, dem Bösen nicht zu widerstehen, ist manchmal falsch gedeutet worden. Sie bedeutet nicht, das Böse oder den Bösen in der Versammlung (Gemeinde) Gottes zu dulden. In der Bergpredigt, zu der diese Worte Jesu gehören, geht es nicht um die Versammlung Gottes. Hier stellt der Herr Jesus die Grundsätze seines Königreichs vor. Darin gibt es für uns keine kollektive Verantwortung.
Dieser Vers steht auch nicht im Widerspruch zu Jakobus 5,7: „Widersteht aber dem Teufel". Er ist zwar der Böse schlechthin, aber Jakobus bezieht sich auf ein moralisches Widerstehen, in Matthäus 5 dagegen geht es darum, bewusst auf ein Aufbegehren gegen solche Menschen zu verzichten, die uns Böses tun (wollen). Wir sollen nicht gegen den Bösen vorgehen, sondern sein Unrecht in Demut ertragen.
„Wer dich auf die rechte Wange schlägt, dem halte auch die andere hin." Der Herr Jesus meint mit dieser Aufforderung nicht, dass wir tatsächlich unsere linke Wange hinhalten sollen. Bei dem Schlag auf die rechte Wange handelte es sich übrigens um eine direkte Beleidigung. Denn ein Rechtshänder schlägt normalerweise auf die linke Wange.
Offenbar ist hier also das Schlagen mit dem Handrücken gemeint, ein Ausdruck einer bewussten Beleidigung. Die soll ein Jünger klaglos erdulden, ohne zurückzuschlagen oder aufzubegehren. Das Hinhalten der anderen Wange zeigt: Der andere wollte zwar beleidigen, aber durch mein Leben in Gemeinschaft mit dem himmlischen Vater lasse ich mich nicht beleidigen, sondern erdulde im Namen Jesu, um seiner Gerechtigkeit willen. - Ob wir so die Beleidigungen von Ungläubigen, aber auch von Christen ertragen?
Quelle: bibelpraxis.de/a1876.html