Tu das Werk eines Evangelisten! (2. Timotheus 4,5)

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Timotheus war Evangelist

Als ob der Apostel wollte, dass Timotheus die Arbeit eines Evangelisten verrichtet, obwohl er diese Gabe nicht hatte und folglich kein wirklicher Evangelist war! Für eine solche Auslegung gibt es nicht den geringsten nachvollziehbaren Grund!

Vielmehr bestand die Gefahr, dass die zunehmenden Schwierigkeiten und Probleme der Versammlung den jungen und sensiblen Arbeiter davon abbringen könnten von dem Dienst dessen, was wirklich seine Gabe war. Natürlich war der Dienst nach außen durchaus nicht seine einzige Aufgabe. Es gab auch Bedürfnisse innerhalb der Versammlung, denen er in seinem Dienst begegnen sollte. Die ihm vom Herrn ihm übertragene gesegnete Arbeit darf nicht unterbrochen werden. Der Evangelist ist nicht nur ein Prediger des Wortes: Das Werk des Glaubens und die Bemühung der Liebe auf der Suche nach Seelen zeichnen denjenigen aus, der die frohe Botschaft sowohl persönlich als auch öffentlich den Seelen nahebringt.

Evangelisten als besondere Gruppe von Dienern

Man beachte, dass es ein Fehler wäre zu übersehen, dass die Evangelisten eine besondere und unterschiedene Gruppe von Dienern bildeten. Diese Tatsache trifft auf sie sogar noch klarer zu als auf die Lehrer, denn in Epheser 4,11 verbindet der Apostel die Hirten mit den Lehrern in einer Weise, wie wir das bei keiner anderen Aufgabe finden. Dennoch wird der Lehrer an anderer Stelle ebenfalls als eine von anderen Aufgaben zu unterscheidende Gabe bezeichnet. In Epheser 4 allerdings verbindet Paulus den Lehrer mit dem Hirten.

Alle Gaben waren sicherlich denen der Apostel untergeordnet. Doch weder Evangelisten noch andere Diener als Gaben für die Versammlung waren Boten der Apostel. Der Herr selbst sandte sie aus. Er ist es, der Arbeiter in seine Ernte sendet, denn Er ist der Herr über sie. Die Apostel waren ebenfalls Diener, wobei Gott sie an die erste Stelle in der Versammlung stellte (1. Kor 12,28). Sie selbst waren nicht befugt, andere zu beauftragen. Noch weniger konnte die Versammlung in diesem Sinne Aufträge verteilen.

Evangelisten sind keine Boten der Apostel

Es ist auch nicht aus der Schrift abzuleiten, dass die Arbeit, zu der Timotheus berufen worden war, einfach nur die eines Abgesandten des Apostels war, als er mit den Aposteln reiste. Wahrscheinlich evangelisierte Timotheus, als er das Vorrecht hatte, den großen Apostel zu begleiten. Aber die ihm von dem Herrn übertragene Gabe selbst hatte keine Verbindung mit diesen Reisen. Im Gegenteil, Timotheus hatte es sicher auf dem Herzen, so viel wie möglich in diesen Missions-Umständen zu lernen. Ihm war es zweifellos eine große Freude, so viel wie möglich persönlich und im Dienst mitzuhelfen, dass der Dienst des geliebten und wertgeschätzten Anführers eine möglichst große Wirkung erzielte, wie wir aus Apostelgeschichte 16,3 und 19,22 lernen.

Dass es sich hier nicht um die Arbeit als Untergebene und Boten der Apostel handelt, wird durch den Fall des einzigen Evangelisten noch deutlicher, dessen Weg in der Apostelgeschichte verfolgt wird. Philippus war offiziell einer „der Sieben“ (Apg 6,5). Aber der Herr hatte ihn als Gabe der Versammlung geschenkt, und zwar als Evangelist. So wird er ausdrücklich genannt (Apg 21,8). Nachdem sein Amt durch die Zerstreuung aller, die die Versammlung in Jerusalem bildeten, erlosch, finden wir ihn im aktiven Einsatz seine Gabe als Evangelist (Apg 8). Im aktiven Einsatz bringt er sowohl einer ganzen Stadt als auch einer Einzelperson Segen. In keinem Fall sieht man Philippus zusammen mit einem Apostel reisen. Vielmehr ist er eher Teil einer besonderen und separaten Gruppe. Als die Apostel erfuhren, dass Samaria das Wort Gottes angenommen hatte, schickten sie Petrus und Johannes, die das Werk von Philippus mit dem Siegel des Geistes bestätigten (Apg 8,14-17). Tatsächlich wurde hier die Demut der Liebe sichtbar, die in allen Beteiligten wirkte. Rivalität war dem Evangelisten genauso fern wie den Aposteln.

Gottes souveräne Leitung

Das Kennzeichen dessen, was beschrieben wird, ist die freie und souveräne Handlung des Herrn. Wie die beiden Apostel Petrus und Johannes es nicht unter ihrer erhabenen Stellung ansahen, während ihrer Rückkehr nach Jerusalem „viele Dörfer“ der Samariter zu evangelisieren, so ging Philippus seinen Weg in persönlicher Verantwortung unter der Leitung des Herrn und evangelisierte „alle Städte“, bis er nach Caesarea kam. Es gab hier überhaupt nicht die Frage nach einer Begrenzung des Tätigkeitsbereichs von Philippus durch die An- oder Abwesenheit eines Apostels. Dem Grundsatz nach ist die Welt das Gebiet des Evangelisten. Reisen oder Bleiben ist für ihn eine Frage seiner Unterordnung unter den Herrn.

W.K.

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"Tu das Werk eines Evangelisten". Wir dürfen aus diesen Worten nicht schließen, dass dies nicht die eigentliche Gabe des Timotheus war. Aber das Evangelisieren musste hier speziell erwähnt werden, weil die Aufgabe, die der Apostel in diesem Brief Timotheus vor das Herz stellt, das Verhalten im Haus Gottes war. Und dieser zweite Brief zeigt uns, dass die Gnade ihn dort als Zeugen für einen gottgefälligen Weg inmitten des Verderbens hingestellt hatte. Der Zustand des Hauses erforderte aber inzwischen, dass die Predigt sogar den Charakter der Evangelisation annahm. Es gab im großen Haus inzwischen eine große Anzahl von Seelen, heute sind es die meisten, die keinen Bezug zur Gnade hatten und die durch das Evangelium zu Christus gebracht werden sollten. Hier galt es, diejenigen zu überzeugen, die nur durch ein lebloses Bekenntnis am Christentum festhielten.

H.R.

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Als Nächstes lesen wir: „Tu das Werk eines Evangelisten." Er sollte also nicht nur das Wort lehren und predigen, wie wir bereits in Kapitel 2,2; 3,15 und 4,2 gesehen haben, sondern auch das Evangelium verkündigen. Es wäre jedoch falsch, hieraus ableiten zu wollen, dass Timotheus eigentlich keine Gabe als Evangelist gehabt hätte. Eher bestand die Gefahr, dass der junge Diener des Herrn durch die verschiedenen Probleme, mit denen er sich innerhalb der Versammlung zu befassen hatte, von seiner eigentlichen Aufgabe, der Verkündigung des Evangeliums, und den damit verbundenen Überlegungen abgehalten wurde. Evangelisten werden von dem verherrlichten Herrn gegeben und haben immer einen besonderen, eigenen Platz eingenommen. Das sehen wir an den beiden anderen Stellen im NT, wo das Wort „Evangelist^ vorkommt. Der Diakon Philippus ist der einzige Mann, der ausdrücklich so genannt wird (Apg 21,8), und in Epheser 4,11 werden die Evangelisten deutlich von den Aposteln und Propheten (die es nur am Anfang der Versammlungen gab) sowie von den Hirten und Lehrern unterschieden. Aber alle zusammen sind erforderlich „für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes des Christus, bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes ..."

A. R.

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