Gedächtnismahl in schwierigen Zeiten

Lesezeit: 6 Min.

Viele von uns sind zum ersten Mal in ihrem Leben mit Vorschriften konfrontiert, die Christen darin einschränken, sich zu versammeln. 1

Welche Möglichkeiten haben Christen, dem Wunsch des Herrn Jesus, wie er in Lk 22,14-20 zum Ausdruck kommt, in solchen Zeiten treu zu sein? Wie immer sollten wir sehen, was die Heilige Schrift sagt (Röm 4,3; Gal 4,30), und den Herrn bitten, "uns in allen Dingen Verständnis zu geben" (2. Tim 2,7).

Obrigkeit

Wichtig ist die Achtung vor der von Gott eingesetzten Obrigkeit (Röm 13), ebenso wie unser Zeugnis vor der Welt, das positiv sein sollte (Phil 2,15) und in der Regel die Unterwerfung unter die Obrigkeit und die von ihr erlassenen Gesetze einschließt (1. Pet 2,13-17). Wenn die beiden jedoch in Konflikt stehen, "sollten wir Gott mehr gehorchen als den Menschen" (Apg 5,29). Petrus' Worte beschränken sich nicht auf offenkundige Gesetze der Regierung, die darauf abzielen, das christliche Zeugnis zu unterdrücken. Vielmehr ist ihre Anwendung universell. Gott steht immer an erster Stelle.

Brotbrechen

Der Herr Jesus bittet jeden Gläubigen, sich beim regelmäßigen Brechen des Brotes an Ihn zu erinnern, bis Er kommt (Lk 22,14-20; 1. Kor 11,23-26). Der Herr kennt das Ende von Anfang an (Jes 46,9-10). Um es noch deutlicher zu sagen: Er wusste, dass sich COVID-19 im Jahr 2020 auf der ganzen Welt ausbreiten würde, als Er sein Abendmahl einsetzte und uns aufforderte, dem zu folgen, was damals geschah, nämlich

  • „Jesus nahm Brot und segnete es, brach es und gab es den Jüngern und sprach: Nehmet und esset, das ist mein Leib" (Mt 26,26). Ein einziges Brot, vom Herrn gebrochen und den Jüngern gegeben, von dem jeder aß.
  • „In gleicher Weise auch der Kelch" (Lk 22,20) - "Er nahm den Kelch und dankte und gab ihn ihnen und sprach: Trinkt alle daraus" (Mt 26,27), "und sie tranken alle daraus" (Mk 14,23). Ein einziger Kelch, aus dem alle Jünger tranken.

Die Worte des Herrn "dies tut" (Lk 22,19; 1. Kor 11,24.25) bestätigen, dass wir, wenn wir uns an Ihn erinnern, dem folgen sollen, was Er getan hat.

In größeren Zusammenkünften kann es (unter gewöhnlichen Umständen) notwendig sein, ein großes Brot in kleinere Portionen zu zerbrechen und aus praktischen Gründen Wein aus einem Gefäß in mehrere Becher auszuschenken. In diesen Fällen wird jedoch das vom Herrn festgelegte Muster (Geschwister, die an demselben Brot und demselben Kelch teilhaben) im Wesentlichen beibehalten. Obwohl wir Gott nicht versuchen sollten (Mt 4,7; Lk 4,12), ist es schwierig, sich Umstände vorzustellen, unter denen es für uns richtig wäre, nicht dem zu folgen, was der Herr und seine Jünger taten, als das Abendmahl des Herrn eingeführt wurde.

Der erste Tag der Woche

Das im Neuen Testament festgelegte Muster sieht vor, dass eine Versammlung zum Brechen des Brotes wöchentlich am ersten Tag der Woche abgehalten werden sollte (Apg 20,7). Wenn die Umstände vermuten lassen, dass dies nicht möglich ist, können wir in 4. Mose 9 Hilfe finden. Israel wurde befohlen, das Passahfest im ersten Monat eines jeden Jahres abzuhalten (V. 2-4). Einige Israeliten waren jedoch besorgt, dass die Erfüllung anderer Anforderungen des Gesetzes, nämlich die Notwendigkeit der Reinigung, bedeutete, dass sie sich nicht an der Feier des Passahfestes im ersten Monat beteiligen konnten (V. 6-7).

Nachdem Mose die Angelegenheit vor Ihn gebracht hatte, traf Gott Vorkehrungen für diejenigen, die im ersten Monat unrein waren oder das Passahfest zu dieser Zeit aus Gründen der physischen/praktischen Unmöglichkeit nicht halten konnten: Sie durften das Passahfest im zweiten Monat halten (Vv. 8-12). Daraus lassen sich mindestens zwei Lehren ziehen. Erstens: Wenn etwas, von dem wir wissen, dass es richtig ist, unmöglich erscheint, dann bringe es vor den Herrn, denn Er kann einen Weg offenbaren, auf dem es uns noch möglich ist, das zu tun, worum Er uns gebeten hat. Gleichzeitig erkennt Er an, dass Umstände eintreten können, unter denen es für die Gläubigen unmöglich ist, sich an ihn zu erinnern. Dies führt dann jedoch zu der Frage, ob unsere gegenwärtige Situation mit der in 4. Mose 9,10 beschriebenen übereinstimmt. Man sollte auch Vers 13 in Betracht ziehen.

Zusammenkommen am Ort

Ein weiteres Muster, das wir im Neuen Testament finden, ist, dass Versammlungen an demselben Ort stattfinden sollten (Röm 16,5; 1. Kor 16,19; Kol 4,15; Phil 2). Sollte es nicht möglich sein, die Versammlungen am üblichen Ort stattfinden zu lassen, wollen wir uns daran erinnern, dass der Herr seine Gegenwart verheißen hat, wo immer Gläubige (an einem physischen Ort) zu seinem Namen versammelt sind, auch wenn sie nur zwei oder drei an der Zahl sind (Mt 18,20).

Keiner von uns weiß, warum Gott zugelassen hat, dass sich COVID-19 so schnell ausbreitet oder dass die Reaktionen der Regierungen so weit gehen, dass sie christliche Versammlungen einschränken. Es bleibt zu hoffen, dass zumindest diejenigen von uns, die in westlichen Ländern leben, dazu gebracht werden, Ihm für seine Gnade zu danken, die uns vor so vielen der Naturkatastrophen bewahrt hat, unter denen ein Großteil der Weltbevölkerung und zahllose Christen gelitten haben. Darüber hinaus täten wir gut daran, darüber nachzudenken, ob der Herr den Glauben seines Volkes auf die Probe stellt, wie er es mit Abraham in 1. Mose 22 getan hat (um nur ein Beispiel zu nennen).

Ihm vertrauen

Auch das Bekenntnis, Ihm zu vertrauen, kann Gegenstand einer Prüfung sein. In Esra 8 begaben sich Esra und seine Gefährten auf eine lange Reise von Babylon nach Jerusalem und brachten viele Schätze für den Tempel mit. Bevor sie Babylon verließen, hatten sie (zu Recht) das Bekenntnis abgelegt, dass "die Hand unseres Gottes zum Guten über allen liegt, die ihn suchen; aber seine Macht und sein Zorn richtet sich gegen alle, die ihn verlassen haben". Wegen dieses Bekenntnisses hatten sie auf die Schutzangebote von König Artaxerxes verzichtet. Sie wussten, dass die Annahme seiner Hilfe bedeuten würde, ihr Bekenntnis zu untergraben (siehe V. 21-23). Wenn wir zuvor den Herrn gebeten haben, unsere Versammlungen zu leiten und zu segnen, dann sollten unsere Handlungen in einer Zeit der Krise mit diesen Gebeten übereinstimmen.

Schließlich wird sich alles am Richterstuhl Christi offenbaren (2. Kor 5,10) - Motive ebenso wie Handlungen. Dieser Artikel ist nicht dazu gedacht, jemanden zu kritisieren oder anzudeuten, dass ein Gläubiger gegen sein Gewissen oder die Freiheit, die der Herr uns gewährt hat, handeln sollte. Der Herr ist ein gerechter Richter (2. Tim 4,8), und Sein Urteil über uns in der Zukunft wird zweifellos alle unsere Umstände berücksichtigen. Lasst uns jedoch danach streben, an jenem Tag die folgenden Worte zu empfangen: "Wohl, du guter und treuer Knecht!" (Mt 25,21). Die Bewährung unseres Glaubens in Prüfungen ist kostbar für den, den wir lieben, den Herrn Jesus Christus (1. Petr 1,6-7).

Anmerkung des Autors:

Dieser Aufsatz soll nicht für eine offene Ablehnung von Gesetzen oder eine unüberlegte Missachtung von Ratschlägen im Bereich der öffentlichen Gesundheit plädieren, noch gibt es irgendeinen Hinweis darauf, dass wir als Christen die Umstände ignorieren oder so weitermachen sollten, als ob sich um uns herum nicht eine ernste Krise entfalten würde. Wir sollten alles in unserer Macht Stehende tun, um die Bemühungen der Regierungen und Gesundheitseinrichtungen in den Ländern, in denen wir leben, zu unterstützen. Sie kämpfen gegen eine gefährliche und ansteckende Krankheit, und wir sollten Ratschläge beherzigen, wann Selbstisolation notwendig ist und dergleichen mehr. Einzelpersonen in Hochrisikogruppen und diejenigen, die mit ihnen zusammenleben, werden besonders auf den Rat von medizinischen Fachleuten achten (wofür wir im Übrigen auch dem Herrn danken können). Wir sollten weder unnötige Risiken eingehen oder Regeln und Ratschläge ignorieren, noch das christliche Vorrecht zu leichtfertig aufgeben - sondern in all diesen Fragen vor dem Herrn geübt sein.

Fußnoten

  • 1 Zur Zeit der Abfassung (und Übersetzung) des Artikels bestanden in England - anders als in Deutschland - nicht nur Kontaktbeschränkungen, sondern strenge Ausgangssperren.
Beitrag teilen

Verwandte Artikel

"Dieses tut zu meinem Gedächtnis" Ernst-August Bremicker Unendliche, unbegreifliche Liebe spricht aus den Worten des Heilandes, die Er an Seine Jünger richtete. Als Er ihnen das Gedächtnismahl einsetzte, hatte jene denkwürdige Nacht, in der Er überliefert wurde, bereits ihren Anfang genommen. Artikel lesen
… diese Antwort möchte ich meinem Retter geben! Manuel Seibel Vor einiger Zeit las ich einen Artikel, der überschrieben war: „… da will ich nicht fehlen!“ Thema war das Abendmahl des Herrn. Dieser Wunsch hat mich angesprochen und mir noch einmal den Blick geöffnet, wie wichtig unserem Herrn dieses Mahl ... Artikel lesen
Gefahren in der Nach-Corona-Zeit Manuel Seibel Vielfach haben wir uns in der letzten Zeit mit Herausforderungen beschäftigt, die in der heutigen Zeit zu bewältigen sind, wo uns viele soziale Kontakte untersagt werden. Wir dürfen aber nicht aus den Augen verlieren, dass es auch Gefahren gibt, ... Artikel lesen
Klimawandel und die Rivalität der Großmächte Manuel Seibel In der Arktis kann man unter anderem zwei Phänomene nebeneinander erleben: Einerseits finde dort sichtbar der Klimawandel statt. Andererseits kämpfen dort zwei rivalisierende Parteien um die Vorherrschaft: USA und Russland. Übersehen wird leicht, ... Podcast anhören
Israel und die Zeiten der Nationen Manuel Walter Gott hatte Israel als Nation einen besonderen Platz verliehen. Nicht, dass es mächtiger oder größer als andere Völker gewesen wäre. Im Gegenteil. Es war das geringste unter allen Völkern. Artikel lesen
Der König der Zeitalter - eine Andacht Christian Achenbach „Dem König der Zeitalter aber, dem unvergänglichen, unsichtbaren, alleinigen Gott, sei Ehre und Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ (1.Tim 1,17) Artikel lesen