Auf getrennten Wegen (Buchbesprechung)

Lesezeit: 6 Min.
Auf getrennten Wegen

von Richard Kilian

Es ist sicher nicht so wichtig, ob man von einem „christlichen Roman“ oder von einem Roman mit Christen als Hauptpersonen sprechen sollte. Ein Roman ist in der Literaturwissenschaft ein „längerer erzählender Prosatext“ – im Gegensatz zur Kurzgeschichte oder lyrischer Dichtung. Viel spannender als solche technischen Fragen ist vielmehr, was der Roman „Auf getrennten Wegen“ zu bieten hat. Dieser Roman stellt das Erstlingswerk eines entschiedenen, vierzigjährigen Christen dar, der unter dem Pseudonym „Richard Kilian“ über das Leben zweier junger Freunde und Pflegebrüder schreibt: Erich und Hans.

Drei Jahre hat „Richard Kilian“ an diesem Roman gearbeitet. Oft bedarf es zur Entstehung eines Kunst-Werkes eines kleinen, nachhaltigen Erlebnisses. So auch hier. „Richard Kilian“ arbeitete in seinem Garten und wurde dabei von einem älteren Herrn angesprochen, den er weder vorher noch nachher je wieder gesehen hat. Dieser Mann erkundigte sich auf so merkwürdige Weise nach verschiedenen Dingen und Personen im Wohnort Kilians, die darauf schließen ließen, dass er den Ort kannte – andererseits wusste er manches nicht, was eigentlich jeder Einwohner wissen müsste. War dieser Mann vielleicht vor vielen Jahren hier aufgewachsen und jetzt nach langer Zeit das erste Mal in seine Heimat zurückgekehrt? Die Idee für den Roman um Erich und Hans war geboren …

Das Leben von Erich und Hans

Beide stammen aus dem (erfundenen) Dorf Waldstein, wo sie in der Vorkriegszeit des zweiten Weltkriegs aufwachsen. Erich Brunnhöfer ist etwas älter als Hans und ist nach dem Abitur zur Wehrmacht eingezogen worden. Aus Russland ist er lebend zurückgekommen – jetzt soll es nach Norwegen gehen. Erichs Vater ist schon länger tot, so dass der elterliche Betrieb eigentlich auf einen so fähigen jungen Mann wie Erich angewiesen wäre.

Sein Freund Hans bleibt in Burgenheim zurück. Er hat beide Eltern verloren und ist von Erichs Familie als Pflegekind aufgenommen worden. Beide verstehen sich gut – und doch trennt sie Entscheidendes. Während Erich an Jesus Christus glaubt, lehnt Hans diesen Glauben ab. Seine Eltern waren Christen gewesen, sind aber bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen. So wurde er zu einem Vollwaisen und ungläubigen Skeptiker.

Etwas anderes haben Hans und Erich gemeinsam: ihr Interesse für die Naturwissenschaften. Während aber Erich die verschiedenen Phänomene als Bestätigung des Schöpfergottes ansieht, beschäftigt sich Hans mit der Welt des Lichts, um zu beweisen, dass es Gott nicht geben kann.

Der 2. Weltkrieg und seine Folgen

Die Kriegswirren trennen die beiden Freunde. Erich erreicht Norwegen nie, da der Zug, in dem Er von Münster an die Front in Norwegen fährt, schon kurz hinter Münster von einer Staffel britischer Mosquito-Jagdbomber angegriffen und zerstört wird. Erich überlebt diesen Angriff im Gegensatz zu fast allen Zuginsassen durch die Fügung Gottes, verschwindet aber von der Bildfläche, so dass auch die eifrigsten Bemühungen seines Freundes Hans nicht dazu führen, Erich wiederzufinden. Während Hans in Frankreich seine Studien an einer bekannten Hochschule beginnen kann, beginnen für Erich harte Jahre in seinem Lebenslauf, aber auch in der Ausbildung Gottes.

Ob sich beide Freunde noch einmal treffen werden? Ob der Glaube Erichs Bestand haben wird? Ob Hans durch seine Lichtstudien wirklich einen Gegenbeweis gegen einen Schöpfer-Gott finden kann? Das alles kannst du selbst in diesem äußerst spannend geschriebenen Roman herausfinden. Über fast 500 Seiten lang hält Kilian den Leser in Spannung darüber, was für ein tragisches oder gutes Ende das Leben dieser beiden Jugendfreunde und das ihnen nahe stehender Personen nimmt.

Was hat mich an diesem Roman besonders beeindruckt? Auch wenn ich mir in den letzten Jahren nur wenig Zeit genommen habe, Romane zu lesen, hat mich dieses Buch fasziniert. In nur zwei Urlaubstagen waren die 499 Seiten verschlungen.

Warum empfehle ich diesen Roman?

· Das Buch ist spannend geschrieben. Man möchte nach jedem Kapitel am liebsten sofort weiterlesen.

· Dieses Buch entspricht nicht dem Muster mancher bekannter „Kitschromane“, die im christlichen Bereich sehr erfolgreich verkauft werden. Obgleich „Auf getrennten Wegen“ gegen Ende nicht ohne scheinbare Zufälle auskommt, die man wohl immer im Rahmen eines Romans braucht, halten sich diese im Vergleich zu anderen (christlichen) Romanen, wie ich von mehreren Seiten hörte, sehr im Rahmen.

· Ich glaube, dass es nur wenige „christliche Romane“ gibt, in denen so deutlich das Evangelium enthalten ist. Dieses Buch eignet sich daher auch zur Weitergabe an ungläubige Menschen, die sich weigern würden, ein christliches „Sachbuch“ anzunehmen.

· Sowohl Bibelverse als auch Glaubensüberzeugungen fließen im Laufe der Romans immer wieder mit ein, so dass niemand dieses Buch gelesen haben kann, ohne mit dem Evangelium auf eine angemessene Weise konfrontiert worden zu sein. Diese „geistlichen Appelle“ wirken dabei nicht künstlich aufgesetzt, sondern ergeben sich in aller Regel durch Personen und Handlungen.

· Für denjenigen, der während der Lektüre des Buches allerdings noch immer nicht angesprochen worden ist, was sein Gewissen und die grundsätzliche Frage der Bekehrung betrifft, gibt es auf der Schlussseite noch einen Schlussappell. Der ist nicht so gehalten, dass dem Leser die Pistole auf die Brust gehalten wird; dennoch wird er vor eine Entscheidung gestellt.

· Im Buch wird keine „heile Welt“ für Christen geschildert. Viele von ihnen müssen durch tiefe Glaubensprüfungen gehen. Andererseits dürften sich auch viele Ungläubige in ihren Lebensumständen von Erfolg und Misserfolg, von Argumenten gegen das Christentum usw. in den Romanfiguren wiederfinden.

· Auch für Christen enthält das Buch manche Botschaft zwischen den Zeilen. Auch wir erleben, dass Kinder gläubiger Eltern nicht auf dem Glaubensweg bleiben, den sie ihnen vorleben wollen und wofür sie den Herrn bitten. Auch die Gefahren für Familien solcher Gläubigen, die geschäftlich sehr erfolgreich sind, werden verschiedentlich sehr realitätsnah geschildert.

· Das Buch ist sehr vielfältig in seinen Botschaften. Es richtet sich – obwohl es in erster Linie ein Roman ist und bleibt und somit auch ohne diese „Botschaften“ lebendig zu lesen ist – sowohl an entschiedene Christen als auch an gleichgültige, sowohl an ungläubige als auch an gläubige Menschen, sowohl an arme als auch an reiche Christen, sowohl an erfolgreiche als auch an weniger im beruflichen Sinn erfolgreiche Gläubige, sowohl an solche, die nur die steile Karriere kennen als auch an solche, die einen Durchhänger oder sogar Absturz erleben, sowohl an Jugendliche als auch an Erwachsene, sowohl an Frauen als auch an Männer, sowohl an Deutsche als auch an Nicht-Deutsche.

· Durch alles hindurch sucht der Autor zu zeigen, dass im Leben immer die unsichtbare Hand Gottes zu spüren ist, der alle Dinge lenkt. Ob man an die Lebensgeschichte Hiobs, das Buch Esther oder das Buch Ruth denkt – Gott steht hinter allem. Diese Glaubensüberzeugung wird auch in diesem Buch vermittelt.

· Ich würde sagen: Es gibt kein klassisches Happyend. Es gibt in diesem Buch keine abschließende Glückseligkeit auf der Erde, wo sich alle bekehren und glücklich in Harmonie leben. Wie im realen Leben gibt es solche und solche – ein Ende ohne und mit Gott.

Der nächste Urlaub, die nächsten Ferien kommen bestimmt. Wenn du einmal ein geistreiches, spannendes und zugleich christliches Buch lesen möchtest, kann ich dir dieses Werk sehr empfehlen. Es lohnt sich, für dieses im Boas-Verlag erschienene Buch, das beim Herausgeber von „Folge mir nach“ käuflich erworben werden kann, den Preis von 12,95 Euro auszugeben. Es gibt einen kleinen Wermutstropfen: Der Druck ist nicht gerade bestechend. An mehreren Stellen ist die Druckschwärze leider inzwischen zu Klecksen geworden. Ansonsten aber: Nur zu! Ich jedenfalls freue mich auf das zweite Buch „Richard Kilians“ – zwei Urlaubstage sind dafür immer drin!

Das Buch kann beim Herausgeber von „Folge mir nach“ bezogen werden (siehe Impressum, www.csv-verlag.de).

Buchauszug (aus S. 180)

„Schuldig!“

Als der Hammer auf den Tisch krachte, zuckte Erich zusammen. Die Richter des Kriegsgerichts setzten sich und auch Erich sank langsam auf die Anklagebank. Sein Kopf fiel auf die Brust. Der Atem ging kurz und stoßartig. Er fühlte sich matt.

Natürlich hatte er nicht mit einem Freispruch rechnen können. Aber irgendwie hatte er doch noch auf ein Wunder, auf ein göttliches Eingreifen im letzten Moment gehofft.

„Der deutsche Gefreite Herbert Brunner wird wegen Beihilfe zur meuchlerischen Tötung von 18 US-amerikanischen Kriegsgefangenen zu lebenslanger Haft verurteilt.“

Fast wäre ihm ein Todesurteil lieber gewesen. Dann wäre dieses elende Leben endlich zu Ende. So musste er den Rest seines jämmerlichen Daseins in einem amerikanischen Militärgefängnis zubringen. Was sollte das noch für ein Leben sein?

(aus: Folge mir nach - Heft 1/2011)


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