Auf dem Berg der Verklärung

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Nur in Lukas wird der Grund erwähnt, weshalb der Herr auf den Berg stieg und diese drei Jünger mit sich nahm: Es geschah, „um zu beten". In diesem Evangelium wird der Herr Jesus in besonderer Weise als Mann des Gebets vor uns gestellt. Mehr als in den anderen Evangelien wird hier immer wieder berichtet, dass Er betete. Es ist uns bekannt, dass Er uns in Lukas als „Sohn des Menschen" gezeigt wird und als solcher ist Er für uns ein Vorbild, auch im Gebet. So lehrt uns auch diese Begebenheit, wie sehr es uns Not tut, in Seiner Gegenwart im Gebet vor Gott zu verharren.

Christus im Gebet

Der Herr nahm die Jünger mit auf einen hohen Berg. Sie mussten hinaufsteigen, und das war mühsam. Aber es war gesegnet, da oben Gemeinschaft mit Ihm zu haben im Gebet. Die Mühe lohnte sich. Die Frucht dieses Gebets auf dem Berge war kostbar: „Und indem er betete, wurde das Aussehen seines Angesichts anders und sein Gewand weiß, strahlend" (Vers 29). Diese Verwandlung geschah, „indem er betete". Das ist eine wichtige Lektion für uns. Je mehr und je näher wir den verherrlichten Herrn betrachten und im Gebet bei Ihm verharren, desto mehr werden wir in sein Bild verwandelt. Das wird uns auch in 2. Kor. 3,18 bezeugt: „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den Herrn, den Geist." Je völliger wir mit dem Herrn in Gemeinschaft leben, desto deutlicher wird seine sittliche Herrlichkeit in unserem praktischen Leben gesehen werden.

Sein Gewand wurde „weiß, strahlend". Das Gewand ist ein Bild vom äußeren Zeugnis des Christen. Jesus war der einzige Mensch hienieden, der in vollkommener Reinheit wandelte. Da gab es auch nicht den geringsten Flecken. Jesus Christus war der einzige sündlose, der einzige wahrhaft heilige Mensch auf dieser Erde. Für diese Tatsache gibt es im Worte Gottes viele Zeugnisse. Ich möchte nur auf drei hinweisen:

Christus ist sündlos

Petrus bezeugt: „Er tat keine Sünde" (1. Petr 2,22). Während seines ganzen Lebens auf der Erde tat Er keine Sünde. Das konnte sonst von keinem Menschen gesagt werden, auch nicht von den treuesten Gläubigen.

Johannes sagt: „Sünde ist nicht in ihm" (1. Joh 3,5). Das ist ein Zeugnis über das innere Leben des Herrn, während Petrus davon redet, wie es sich nach außen zeigte.

Paulus schließlich bezeugt: „der Sünde nicht kannte" (2. Kor 5,21). Für die heilige Natur Jesu war die Sünde etwas Fremdes. Davon also redet sein weißes, strahlendes Gewand.

Gewiss, die Beschreibung der Verklärung auf dem Berge gibt uns einen kleinen Einblick in seine Herrlichkeit im 1000jährigen Reich. Aber wir können doch auch diese praktische Lehre daraus ziehen: „Indem er betete, wurde … sein Gewand weiß, strahlend." Wir werden im Wort Gottes ermahnt, so zu wandeln, dass unsere Kleider, unser Äußeres, rein sind. So wird der Versammlung in Sardes zugerufen: „Aber du hast einige wenige Namen in Sardes, die ihre Kleider nicht besudelt haben; und sie werden mit mir eingehen in weißen Kleidern, denn sie sind es wert" (Offb 3,4). Solch reinen, weißen Kleider zu haben ist eine Würde. Diese Seelen sind hier in der Welt in Reinheit vorangegangen und werden mit weißen Kleidern bekleidet werden. Desgleichen ist es das Vorrecht eines jeden von uns, nahe beim Herrn zu leben und ein heiliges Leben zu führen.

Warum gerade Mose und Elia?

„Zwei Männer redeten mit ihm" (Vers 30). Es gab viele Heilige im Alten Testament, aber nur diese zwei, Moses und Elias, wurden auserwählt, um mit dem Herrn Jesus auf dem Berg der Verklärung zu erscheinen. Dafür gibt es verschiedene Gründe:

Wir alle wissen, dass Moses durch den Tod gehen musste, während Elias im Sturmwind gen Himmel fuhr, also entrückt wurde und vor dem Tode bewahrt blieb - ein Bild dafür, was mit den Gläubigen auf der Erde geschieht. Die einen werden beim Kommen des Herrn als Lebende verwandelt und entrückt; andere aber sind entschlafen; doch auch diese werden im selben Augenblick lebendig gemacht, verwandelt und entrückt werden.

Ein anderer Grund dafür, dass hier diese beiden Männer erschienen, war der, dass Moses der Vertreter des Gesetzes und Elia der Typ der Propheten war. Sowohl das Gesetz als auch die Propheten redeten von Jesu und führten zu Ihm hin. Damit wird uns gleichsam gesagt: Alle die vielen Opfer im Alten Testament konnten keine Sünden wegnehmen. Zwischen den Opfern des Gesetzes und dem Opfer Jesu Christi ist ein großer Unterschied. - Auch Elia baute einen Altar und brachte für die zwölf Stämme des Volkes Israel ein Opfer dar, das durch Feuer vom Himmel verzehrt wurde. Aber dieses Opfer konnte den Verfall des Volkes Gottes nicht verhindern. Die einzige Hoffnung für die Wiederherstellung Israels war das Opfer Jesu Christi.

Moses und Elias haben in gewisser Beziehung Ähnlichkeit mit dem Herrn Jesus. Moses fastete zweimal je vierzig Tage (2. Mo 24,18 + 34,28). Auch Elia hat vierzig Tage gefastet (1. Kö 19,8). Aber zwischen ihrem Fasten und dem Fasten des Herrn Jesu bestand ein großer Unterschied. Sie fasteten, um für die Gegenwart des Herrn vorbereitet zu sein. Der Herr aber fastete als der zweite Mensch, um zu zeigen, dass Er in der Versuchung dem Feind widerstehen konnte.

Der erste und der zweite Mensch

Wie groß war der Gegensatz zwischen dem ersten und dem zweiten Menschen! Der erste Adam war in Eden von der Fülle und Herrlichkeit des Gartens umgeben. Aber er fiel und verlor die Herrschaft über die Erde, die Gott ihm anvertraut hatte. Der Herr Jesus aber, der letzte Adam, hat in der Wüste, umgeben von Not und wilden Tieren, gesiegt. Er war im Begriff, seinen öffentlichen Dienst anzutreten und dabei auch Dämonen auszutreiben; und als Er fastete und vom Feind versucht wurde, da konnte Er ihn besiegen, weil Er der Mächtigere war. Das war geschehen, um der ganzen Schöpfung zu zeigen, dass Er der Einzige war, der, selbst im Zustand des Hungers den Feind bezwingen konnte.

Die beiden letzten Namen am Schluss des Alten Testamentes sind die des Mose und Elia (Mal 4,4.5). Aber wir sehen dort, dass beide Männer nicht fähig waren, den Frieden auf die Erde zu bringen; vielmehr wird dem Volke angedroht, dass das Land mit dem Bann geschlagen würde. Aber am Ende des Neuen Testamentes lesen wir von der Gnade des Herrn Jesus Christus. Durch seinen Tod ist Er die einzige Hoffnung, die alleinige Grundlage des Segens für die heutigen Gläubigen geworden.

Obwohl Mose und Elia in der Herrlichkeit waren, besprachen sie mit Christus seinen leidensvollen Ausgang, den Er in Jerusalem erfüllen sollte (Vers 31). Inmitten der Herrlichkeit gedachten sie des Todes des Herrn. Was die Herrlichkeit ausmacht, sind die Leiden des Christus.

Mose sprach einst mehr als einmal den Wunsch aus, ins verheißene Land eingehen zu dürfen, aber er wurde ihm nicht gewährt. Gott sagte ihm schließlich: Rede mir nicht mehr davon. Wegen seines Versagens am Felsen von Meriba war es ihm unter dem Gesetz unmöglich, ins Land zu kommen. Aber in der Gegenwart Jesu Christi, auf Grund Seiner Gnade, war es ihm nun geschenkt, auf dem Berge der Verklärung dieses Land zu betreten.

Die Ohnmacht des Menschen vor der Herrlichkeit Christi

Wie wunderbar war diese Szene der Unterredung der drei Männer! Aber eigenartigerweise waren Petrus und die anderen beiden Jünger in diesem kostbaren Augenblick vom Schlafe beschwert. Auch im Garten Gethsemane schliefen sie. Sie schliefen in dieser Stunde der Herrlichkeit des Herrn, wie auch in der Stunde Seines ringenden Kampfes, als Er bis zum Tode betrübt war. Das ist menschliche Schwachheit. „Als sie aber völlig aufgewacht waren, sahen sie seine Herrlichkeit und die zwei Männer, welche bei ihm standen" (Vers 32).

Da sagte Petrus zu Jesu: „Meister, es ist gut, dass wir hier sind; und lass uns drei Hütten machen, dir eine und Moses eine und Elias eine; und er wusste nicht, was er sagte" (Vers 33). Er wollte die erste Hütte für Jesum machen. War das der Wille Gottes, dass man seinem Sohn nur den ersten Platz gab? Nein, der Herr Jesus soll in den Herzen der Seinen den ersten und letzten Platz haben. Er muss für das Herz der Seinigen alles bedeuten. Es mochte den Jüngern als ein Verlust erscheinen, dass Mose und Elias weggingen. Aber im Gegenteil, es war für sie ein großer Gewinn, dass sie nur noch Jesum allein sahen. So ist es auch für uns. Wenn uns Gott in der Welt etwas wegnimmt, das wir liebten, und uns die Person des Herrn dadurch um so größer wird, so ist dies kein Verlust, sondern ein großer Gewinn.

Christus kam, um zu sterben

War es die Absicht Jesu, auf dem Berge zu bleiben, wie es Petrus gewünscht hatte? Nein, Er wollte durch diese Szene den Jüngern und uns nur einen Einblick in die Herrlichkeit seines künftigen Reiches geben. Die Entfaltung seiner Herrlichkeit war nicht der Hauptzweck seines ersten Kommens. Als Er nachher von dem Berge herabstieg, da bat Ihn ein Mann aus dem Volk, Er möge doch seinen mondsüchtigen Sohn heilen. Wie konnte der Herr auf dem Berge bleiben, wenn es auf der Erde solche Not gab? Anbetungswürdige Liebe! Der Hauptzweck seines ersten Kommens bestand darin, am Kreuz für uns zu sterben und dadurch die Grundlage zum Heil der Menschen zu schaffen.

Da „kam eine Wolke und überschattete sie. Sie fürchteten sich aber, als sie in die Wolke eintraten; und es geschah eine Stimme aus der Wolke, welche sagte: Dieser ist mein geliebter Sohn, ihn höret" (Verse 34,35). Diese Begebenheit hinterließ im Herzen des Petrus einen nachhaltigen Eindruck. In seinem zweiten Briefe, kurz vor seinem Märtyrertod, redete er noch davon.

Petrus „erinnert" sich

Es gab unter anderen zwei Ereignisse, die auf Petrus einen besonders tiefen Eindruck machten:

1. Die Unterredung des Herrn mit den Jüngern in Matthäus 16,13-20. Dort fragte Er sie: „Ihr aber, wer saget ihr, dass ich sei? Simon Petrus aber antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." Da antwortete ihm der Herr: „Glückselig bist du, Simon, Bar Jona… Aber auch ich sage dir, dass du bist Petrus; und auf diesem Felsen", (nicht auf Petrus; dieser war nicht „der Fels", sondern nur Petros, „ein Stein"; der Fels war Christus, der Inhalt des soeben abgelegten Bekenntnisses des Petrus), „werde ich meine Versammlung bauen." Daran anknüpfend spricht Petrus in seinem ersten Briefe vom geistlichen Hause Gottes, in welchem jeder Gläubige — auch Petrus - als lebendiger Stein aufgebaut wird; Christus selbst aber ist darin der „lebendige, auserwählte und kostbare Stein", der „Eckstein" (1. Pet 2,4-10).

2.Das Erlebnis auf dem Berge der Verklärung. Von dieser Wolke, die sie hier überschattete, sagt Petrus in seinem zweiten Briefe: „Er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Herrlichkeit, als von der prachtvollen Herrlichkeit eine solche Stimme an ihn erging: ‚Dieser ist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe‘" (Kap. 1,16-19). Jene Wolke war also die prachtvolle Herrlichkeit der Gegenwart Gottes. Von dort her kam die Stimme. Gott wollte nicht zulassen, dass die Herrlichkeit Seines Sohnes geschmälert wurde. Gott ist eifersüchtig auf die Herrlichkeit des Herrn. - Die Christen haben erstens geistliche Ohren, um diese Stimme des Vaters bezüglich Seines Sohnes zu vernehmen, und zweitens geistliche Augen, um Jesum allein zu sehen. Und wenn wir hienieden in der Nähe Jesu vorangehen, schmecken wir schon etwas vom Himmel. Möchten wir doch in der Wertschätzung Jesu Christi mit Gott Gemeinschaft haben, Gemeinschaft mit dem Vater über seinen Sohn und geöffnete Augen für Jesum allein! Dann verwirklicht sich das schon angeführte Bibelwort von 2. Korinther 3,18 auch an uns: „Wir… werden verwandelt nach demselben Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den Herrn, den Geist."

Das also sind unsere Vorrechte auf der Erde: Im Glauben des Vaters Stimme hören und Jesum sehen. Der Augenblick ist nicht mehr fern, wo wir Ihn sehen werden, wie Er ist, und wo wir - Ihm gleich - für immer bei Ihm bleiben werden. Lasst uns allezeit in dieser lebendigen Hoffnung vorangehen!

Und Du?

Jesus allein - Jesus allein hat für dich am Kreuze gelitten, und war an deiner Stelle im Gericht vor Gott — kein anderer, kein zweiter. Willst du Ihm nicht dein Herz schenken, ihm allein, ganz und ungeteilt? Er allein ist deiner Sünden wegen gestorben. Willst du ihn nicht lieben und Dem leben, der für dich gestorben ist? Du liebst vielleicht eine auf Erden dir nahestehende Person mit der ganzen Kraft deiner Seele. ist dieser Mensch für dich in die Kelter des Zornes Gottes geworfen worden? Hat er den bitteren Kelch für dich getrunken? Wenn nicht, so stelle deinen Heiland über diesen Menschen und wache darüber, dass der Herr Jesus nicht etwa erst an zweiter Stelle stehe.

Er allein gibt dir für den Weg aus Seiner Fülle Gnade um Gnade … Er allein ist bei dir alle Tage, und zu ihm allein kannst du zu jeder Zeit und an jedem Orte kommen.

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Mit freundlicher Genehmigung des Beröa Verlages
Halte Fest Jahrgang 1963 - Seite: 356

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