Buchbesprechung: Meinen Weg alleine weitergehen (Christine Koenig)

Lesezeit: 4 Min.

Scheidung unter Gläubigen?

Man sollte denken, dass es Ehescheidung unter Gläubigen nicht geben kann. Wir glauben an den Herrn Jesus. Er hat für uns sein Leben in den Tod gegeben. Also wollen wir Ihm nachfolgen und Ihm gehorsam sein, oder? Er hat in seinem Wort unmissverständlich klargemacht, dass wir uns nicht für eine Zeitlang, sondern für unser Leben lang, bis vielleicht der Tod uns scheiden mag, verheiraten.

Wie kommt es dann, dass auch unter Gläubigen so viele Ehen kaputt gehen und geschieden werden? Wir können nur bekennen, dass wir oft nicht als Christen leben, sondern unseren eigenen Begierden nachgeben, egoistisch leben, statt einander zu lieben, egal, was das mit unserem Ehepartner und den Familienangehörigen „macht“. Egal, was Gott dazu sagt.

Als Christen wollen wir diesen unnormalen Zustand nicht als normal deklarieren. Und doch kann man nur dankbar sein, dass es auch für Betroffene dieses „unnormalen“ Zustands, für den sie nichts können, Hilfestellungen gibt (damit will ich nicht sagen, dass es immer allein die Schuld des sich trennenden Ehepartners ist – aber Hurerei lässt sich durch nichts entschuldigen und erklären, das sollten wir festhalten!).

Allein sein – allein weiterleben

Nun ist das Ergebnis der Sünde, einen Ehepartner mit seinen Kindern (für eine andere Person) zu verlassen, dass ein Ehepartner übrig bleibt. Aktuell ist es dann in den häufigsten Fällen so, dass, wenn es die Ehefrau ist, die verlassen wird, sie selbst die meiste Zeit die Kinder hat. Wenn es der Mann ist, muss er oft regelrecht darum kämpfen, überhaupt die Kinder regelmäßig sehen zu können. Hier werden oft Vorwürfe wegen Religiosität und andere Druckmittel eingesetzt, auch Terminschwierigkeiten usw., um dem gläubigen Ehemann den Zugang zu Kindern zu erschweren.

Dennoch geht das Leben weiter. Es muss weitergehen. Und zwar mit allen Gefühlen, Enttäuschungen, Resignationen, Depressionen usw. Auch mit der Verantwortung, allein und zusammen mit Kindern das Leben weiterzuführen.

Das Buch

Genau hier setzt das Buch von Christine Koenig an. Sie selbst hat erleben müssen, wie ihr Mann sie in und nach mehreren (sündigen) Etappen verlassen und am Ende auch von ihr geschieden wurde. Übrigens, indem er sich mit einer (sogenannt) gläubigen Frau verband …

Das Buch ist so aufgebaut, dass Koenig ihre eigenen Erfahrungen im Trennungsvorgang und dann vor allem danach in den 43 Kapiteln beschreibt (oder aufarbeitet …) und im zweiten Teil der jeweils kurzen Kapitel einige Sachhinweise gibt, was sie selbst aus diesen Situationen, Gefühlswelten und Herausforderungen gelernt hat und anderen in etwas allgemeingültigerer Form weitergibt.

Kinder

Ein wichtiger Teil der „Belehrung“ des Buches ist, auch in solchen Situationen nicht gegen den in Sünde lebenden Ehepartner zu arbeiten, sondern vor allem an das Kind / die Kinder zu denken und seinen Zorn, seinen Ärger, seine Enttäuschung zu verarbeiten, ohne dass die Umgebung ständig und dauerhaft darunter leiden muss.

Das Leben geht weiter. Auch da hat es jeder selbst „in der Hand“ – natürlich an der Hand des Herrn –, wie er mit diesen Lebenssituation umgeht und fertig wird.

Zusammenfassung

Die einzelnen Kapitel des Buches sind sehr gut lesbar geschrieben. Man kann sich sehr gut in die Lage von Christine Koenig hineinversetzen und lernt daraus viel über die Situation von solchen Alleinerziehenden. Zweifellos wird jeder Weg individuell und damit „anders“ sein. Dennoch lassen sich aus den einzelnen Ableitungen sicherlich viele nützlichen Schlussfolgerungen für Betroffene ziehen.

Es ist auch sehr hilfreich, dass Christine Koenig offen über ihre eigenen Gefühle und Gefahren in der ersten Nach-Trennungszeit schreibt. Wie leicht kommt man in einer Zeit, wo innerlich und äußerlich alles drunter und drüber geht, in Gefahrensituationen, wo man sich falsch verhalten kann, z.B. eine neue Beziehung eingeht oder eingehen möchte, weil man Geborgenheit sucht und braucht. Auch hier gibt das Buch eine gute Hilfestellung.

Die Perspektive des Mannes

Vielleicht müsste man noch ein entsprechendes Buch aus der Perspektive eines Mannes lesen, um die spezifischen Herausforderungen von Männern widergespiegelt zu bekommen. Aber ich glaube, dass dieses Buch für alle Betroffene zumindest ein guter Einstieg ist, um sich mit seinen eigenen Gefühlen und der eigenen Situation wirklich auseinanderzusetzen.

Es bringt nichts, vor diesen Gefühlen wegzulaufen – sie sind schneller und holen Betroffene früher oder später wieder ein.

Nicht nur für Betroffene

Da es sich nicht um ein Lehrbuch handelt, habe ich nicht vor, auf einzelne Aussagen weiter einzugehen, die bei einem gründlichen Studium des Wortes Gottes vielleicht anders zu beurteilen sind. Aber das betrifft ohnehin nur Kleinigkeiten.

Das Ziel des Buches, „nach einer Scheidung eine neue Perspektive finden“, ist jedenfalls sehr wichtig für Betroffene. Ich habe den Eindruck, dass dieses Ziel mithilfe des vorliegenden Buches, das bei GerthMedien erschienen ist und 171 Seiten umfasst, erreicht werden kann. Ich halte das Buch für hilfreich: für Betroffene und für solche, die mit Betroffenen zu tun haben. Gerade für uns ist es wichtig, nicht in jedes Fettnäpfchen hineinzutreten …

Das Buch kostet 14,99 Euro.

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