Gemütliches Beisammensein

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So manches mal ist gefragt worden, ob ein Gläubiger, wenn er zu einem gemütlichen Beisammensein mit Studienkameraden („Feten"), Ausbildungs- oder Arbeitskollegen oder Nachbarn eingeladen wird, dort auch mit gutem Gewissen hingehen kann - in Übereinstimmung mit den Gedanken des Herrn.

Der Besuch bei Ungläubigen ist etwas „Besonderes"

1. Korinther 10 hilft bei der Beantwortung dieser Frage weiter. Man lernt aus diesem Vers, daß es sich bei dem Besuch von Ungläubigen um keine Gewohnheit handeln kann, sondern daß es etwas Besonderes ist. Es wird nämlich vorausgesetzt, daß man hingehen will. Das setzt voraus, daß man einen Auftrag vom dazu Herrn hat. Man nimmt die Einladung eines Ungläubigen also nicht an, weil man sich bei ihm wohl fühlt, sondern weil der Herr es will.

Will Er mich vielleicht benutzen, um jemandem das kommende Gericht und die Gnade des Herrn vorzustellen? Wenn wir einen solchen Auftrag haben, dann brauchen wir nicht ständig ein schlechtes Gewissen zu haben, sondern dürfen darauf vertrauen, daß der Herr uns benutzen möchte - möglicherweise nur durch unser stilles Gebet vor dem Essen, durch das wir ein Zeugnis sind.

Der Herr Jesus aß mit Zöllnern und Sündern

Unserem Heiland wurde verschiedene Male zum Vorwurf gemacht: „Warum ißt und trinkt er mit den Zöllnern und Sündern?" (Markus 2,16). Dürfen wir dann doch ohne weiteres mit Ungläubigen zusammensein, da doch auch der Herr Jesus dies häufig praktizierte?

Die Antwort auf diese Frage wird direkt im Anschluß an Vers 16 gegeben, wenn der Herr Jesus sagt: „Nicht die Starken brauchen einen Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder." Der Herr Jesus war nie mit Sündern zusammen, ohne sie auf die Notwendigkeit von Buße und Umkehr aufmerksam zu machen und ohne als Arzt der Seelen tätig zu sein. Wenn Er in das Haus eines Zachäus kam, dann um ihm Errettung zu bringen (Lukas 19,8). Wenn Er in das Haus des Simon kam, dann weil Er wußte, daß diese Sünderin kommen würde, die in Ihm Vergebung der Sünden finden würde (Lukas 7,48).

So dürfen auch wir Menschen besuchen, um ihnen von dem Herrn Jesus zu berichten, um ihnen die gute Botschaft zu verkünden, die am Kreuz beginnt, wo die Sünden derer, die an den Herrn Jesus glauben, gesühnt worden sind. Derjenige, der seine Besuche zu einer solchen Verkündigung benutzt, gehört zu den „Helden Davids" (2. Samuel 23,8), des wahren David, unseres Herrn Jesus Christus, denn dazu gehört heute sehr viel Mut. Diesen möge der Herr uns schenken, da Er so viel für und an uns getan hat und tut. Natürlich muß ein solches Thema auch zu unserem Leben passen - in der Regel kennen uns ja zumindest einige der anwesenden Leute. Ein künstliches geistliches Gespräch, um unser Gewissen zu beruhigen oder um anderen Menschen - möglicherweise von oben herab - schnell ins Gewissen zu reden, wird sicherlich schlecht angenommen.

Um an dieser Stelle Mißverständnissen vorzubeugen: Wenn wir in der Unimensa, in der Kantine eines Unternehmens oder bei Geschäftsessen mit Ungläubigen zusammen sind, dann fällt das nicht unter die Rubrik „Besuch", denn es gehört sozusagen zu unseren irdischen Pflichten, denen wir uns nicht entziehen können. Aber auch da können wir ein Zeugnis für den Herrn Jesus sein - allein durch unser Gebet.

Gibt es keine Verbindung zwischen Gläubigen und Ungläubigen?

Wenn man in dieser Weise über einen Besuch bei „Kameraden" nachdenkt, dann fragt man sich, ob es denn überhaupt keine Gemeinsamkeit zwischen einem Ungläubigen und einem Gläubigen gibt. „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen. Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit?... Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen?... Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen; und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige" (2. Korinther 6,14-18).

Tatsächlich ist ein Gläubiger von einem Ungläubigen genauso weit entfernt wie Gerechtigkeit von Gesetzlosigkeit. Es gibt in den Augen Gottes keine Verbindung, keine Gemeinschaft. Das Lebensprinzip, der „Herr" und der Charakter eines Gläubigen sind denjenigen eines Ungläubigen diametral entgegengesetzt. Wir haben kein gemeinsames Teil, nichts, was uns mit Ungläubigen verbinden könnte. Kann man sich dann bei ihnen wohl fühlen?

Freundschaft der Welt?

Wenn man die Schriftstellen vergleicht, die mit diesem Thema zu tun haben, hat man den Eindruck, daß sie in der Konsequenz hart für uns sind. So auch eine Botschaft, die uns Jakobus in seinem Brief (Kapitel 4,4) mitgibt: „Wißt ihr nicht, daß die Freundschaft der Welt Feindschaft gegen Gott ist?" Wenn wir zu einem gemütlichen Beisammensein zu Ungläubigen gehen, wenn wir uns bei ihnen wohlfühlen, dann fühlen wir uns bei Menschen wohl, die den Herrn Jesus und damit auch Gott ablehnen. Genau das aber ist das Kennzeichen von „Welt". Dann pflegen wir eine Freundschaft mit der Welt, die zugleich Feindschaft gegen Gott ist. Wer jedoch „Freund Gottes" wie Abraham (Jakobus 2,23) genannt werden möchte, der muß wie Abraham getrennt von dieser Welt leben, ohne dabei aus dieser Welt herauszugehen - sozusagen in ein Kloster.

Nun mag man einwenden, daß man ja eine Einladung nicht annimmt, um zu einem Ungläubigen als „Ungläubigen" zu gehen. Man möchte sich einfach mit ihm unterhalten. Man dürfe ja auch keinen Anstoß geben (1. Korinther 10,32) und unhöflich sein. Und das ist wahr, so lange wir nicht das Wort des Herrn dadurch ungültig machen. Dort heißt es: „Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit" (1. Johannes 2,15-17).

Wenn sich ein Gläubiger in dieser Welt wohl fühlt, dann hat dies mit der vergänglichen und sündigen Lust des Fleisches zu tun, denn nur das Fleisch kann Sympathie für diese Welt empfinden. Der Christ aber sagt - sollte sagen: „Durch Jesus Christus ist mir die Welt gekreuzigt, und ich der Welt" (Galater 6,14). Wir haben in dieser Hinsicht nichts mehr mit dieser Welt gemein, außer, daß wir in ihr leben. Dafür aber haben wir das Vorrecht, den Willen des Herrn Jesus zu tun - etwas, das positive Folgen hat, die bis in die Ewigkeit reichen.

Christus wurde von dieser Welt gekreuzigt

Diese Gedanken darüber, ob Christen an einem geselligen Beisammensein von Ungläubigen teilnehmen sollen, mögen auf den ersten Blick hart erscheinen. Durch die persönliche Beschäftigung mit den Aussagen der Schrift zu diesem Thema wird man sich jedoch bewußt, welche Bedeutung solchen Handlungen zukommt.

Wir wollen nicht vergessen, daß der Herr Jesus von den Fürsten dieser Welt, dieses Zeitlaufs, gekreuzigt worden ist (1. Korinther 2,8). Wie können wir dann gemeinsame Sache mit der Welt machen? Petrus mußte an dem bekannten Kohlenfeuer erkennen (Johannes 19,18), daß schon das Wärmen an den Orten dieser Welt und das „dabei stehen" zum Verhängnis werden kann. Wenn wir mehr bedenken, daß Christus von dieser Welt, zu der wir alle vor unserer Bekehrung in gleicher Weise gehörten, gekreuzigt wurde, dann werden wir den Mut haben, „nein" zu sagen, es sei denn, wir haben den Auftrag des Herrn hinzugehen.

Ablehnen - aber wie?

Wenn man sich nach 1. Korinther 10,27 entschieden hat, eine Einladung nicht anzunehmen, dann gibt es immer noch einen schwierigen Punkt: Wie ablehnen. Hier gilt sicherlich auch für uns das Sprichwort: Der Ton macht die Musik. „Seid bedacht auf das, was ehrbar ist vor allen Menschen. Wenn möglich, soviel an euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden" (Römer 12,17-18). Auch in Titus 3,2 heißt es: „Erinnere sie daran ..., milde, alle Sanftmut erweisend gegen alle Menschen." Es liegt also an uns, auch in solchen schwierigen Situationen darauf zu achten, daß wir mit der Absage unsere Mitmenschen nicht verärgern, indem wir unhöflich sind. Jemand, der nicht an den Herrn Jesus glaubt, wird eine Erklärung im Sinne dieses Aufsatzes sicherlich nicht verstehen. Daher glaube ich nicht, daß es angebracht ist, ihn auf diese Weise zu überzeugen.

Andererseits wollen wir auch nicht lügen. Es kommt auf den Einzelfall an, welche Begründung man geben will - sie muß natürlich zu unserem sonstigen Leben passen. Für Feiern an einem Samstagabend kann man beispielsweise auf den Gottesdienst am Sonntag, dem ersten Tag der Woche verweisen, zu dem man ausgeruht erscheinen möchte.

Aber hier gibt es kein Gesetz. Wir sollten nur darauf achten, daß wir die Einladenden nicht von vornherein zu Feinden machen, indem wir auf unhöfliche und kurze Art und Weise ablehnen, so daß sie merken, daß es um etwas anderes geht. Gerade das kann im übrigen zum Anlaß werden, sich einmal bei einer anderen Gelegenheit über den Herrn Jesus zu unterhalten. Eine persönliche Unterhaltung ist im übrigen oft einfacher, als in der Gruppe über ein solches Thema zu sprechen.

Die Liebe des Christus drängt uns

Man sieht also, daß es kein Gesetz gibt, ja oder nein zu sagen. Wir brauchen darin eine klare Leitung durch unseren Herrn und durch den Heiligen Geist - in Übereinstimmung mit Seinem Wort. Wahrscheinlich müßten wir einfach öfter in diesen Fragen geübt sein, dann würden wir schneller Seinen Weg mit uns erkennen.

Es ist die Gnade des Herrn, die uns Seine Liebe zum Sünder schenkt, um diesen vor dem Verderben zu retten, und es ist das Bewußtsein Seiner Liebe, das uns davor bewahrt, die Welt zu lieben. Beides haben wir nötig, und beides wird im Vordergrund stehen, wenn wir zu gelegener und ungelegener Zeit zum Wort Gottes stehen und es predigen (2. Timotheus 4,2).

„Denn die Liebe des Christus drängt uns... So sind wir nun Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi Statt: Laßt euch versöhnen mit Gott! Den der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm„ (2. Korinther 5,14.20-21). Wenn wir mehr von der Entschiedenheit des Paulus kennen würden, der jede Gelegenheit suchte, Menschen zum Herrn Jesus zu führen, dann würden wir häufiger seinem Auftrag nachkommen: „Tu das Werk eines Evangelisten." (2. Timotheus 4,5)

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