Vorwort
Es ist kaum möglich, die Bedeutung der Kenntnis von Gottes Handeln mit Abraham und seinem Samen für das richtige Verstehen der Bibel zu überschätzen. Ihm sagte der HERR: „Ich will die segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde“ (1. Mo 12,3). Aus Galater 3 lernen wir, dass dieser Same „Christus“ war. Nur in Ihm werden die Segnungen des Bundes mit Abraham Wirklichkeit.
Abraham ist zudem einer der interessantesten Charaktere der biblischen Geschichte. Es gibt nur wenige Personen, die so oft in der Bibel erwähnt werden. Wenn man einmal in eine Bibelkonkordanz schaut, wird man feststellen, dass Abraham neben der vielfältigen Erwähnung im Alten Testament über 70 Mal im Neuen Testament genannt wird. Er besitzt die besondere Auszeichnung, „Freund Gottes“ genannt zu werden (Jak 2,23).
Damit Abraham für den Platz, den Gott für ihn vorgesehen hat, zubereitet wurde, erschien ihm der Gott der Herrlichkeit (Apg 7,2) und schenkte ihm großartige Visionen – Visionen des Herrn Jesus (Joh 8,56) und der himmlischen Stadt, „die Grundlagen hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist“ (Heb 11,10).
Die praktischen Lektionen, die wir aus seinem Leben ziehen können, werden in diesem Buch betont.
Auf der anderen Seite des Flusses (1. Mo 11,27–30)
Um die Geschichte Abrahams zu verstehen und einen wirklichen Nutzen daraus ziehen zu können, ist es notwendig, den Charakter der Welt zu bedenken, in der er damals lebte, und aus der er herausgerufen worden ist.
Der Hintergrund seines Lebens
Der Apostel Petrus bezieht sich auf die Zeit vor der Flut und nennt sie „die damalige Welt“ (2. Pet 3,6). Der Apostel Paulus spricht von der „gegenwärtigen bösen Welt“ (Gal 1,4) und schließlich von „dem zukünftigen Erdkreis“ (Heb 2,5) und meint die Welt im 1000-jährigen Reich. Das ist also die vergangene, die jetzige und die künftige Welt.
Die Welt vor der Flut wurde durch den Sündenfall ruiniert und im weiteren Verlauf vollkommen gesetzlos. Ungefähr 1650 Jahr ertrug Gott die zunehmende Verdorbenheit der Menschen, bis die ganze Welt vor Gott verdorben und voller Gewalttat war (1. Mo 6,11). Da antwortete Gott durch Gericht, durch welches „die damalige Welt, von Wasser überschwemmt, unterging“ (2. Pet 3,6).
Nach der Flut nahm die Welt, wie wir sie heute kennen, ihren Anfang. Dieser war durch vollkommen neue Elemente gekennzeichnet. Eine Regierung wurde eingeführt, so dass durch die Barmherzigkeit Gottes die Bosheit nicht mehr ungestraft ausgeübt werden sollte. Der Mensch wurde dafür verantwortlich gemacht, das Böse zu zügeln, indem er Gericht über die bösen Menschen ausüben sollte. Noah wurde gesagt: „Wer Menschenblut vergießt, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden“ (1. Mo 9,6).
Aber so, wie der Mensch in der Zeit der Unschuld versagt und die Welt vor der Flut zerstört hatte, so versagte der Mensch auch in der Ausübung der Regierung und zerstörte die gegenwärtige Welt. Wie immer, wenn dem Menschen Verantwortung übertragen wurde, hat er versagt, und zwar von Anfang an. Noah hatte den Auftrag zu regieren. Aber er versagte schon darin, sich selbst zu „regieren“. Er betrank sich, und sein Sohn machte sich lustig über ihn.
Im Großen und Ganzen haben diese Dinge leider immer die Regierungen dieser Welt gekennzeichnet. Diejenigen, die die Verantwortung übertragen bekommen haben, versagten in der Ausübung der Regierung. Und diejenigen, die sich auf der anderen Seite befanden, haben sich über dieses Versagen lustig gemacht. Zudem kann man feststellen, dass die Menschen im Verlauf der Zeit die Regierungsmacht dazu missbraucht haben, sich selbst zu erhöhen. Dann haben sie in Unabhängigkeit von Gott gehandelt. Sie sagen: „Wohlan, bauen wir uns eine Stadt ... und machen wir uns einen Namen“ (1. Mo 11,4). Schließlich fiel die Welt vollständig von Gott ab und praktizierte statt dessen Götzendienst, denn wir lesen: „So spricht der HERR, der Gott Israels: Eure Väter wohnten vor alters jenseits des Stromes, Tarah, der Vater Abrahams und der Vater Nahors, und sie dienten anderen Göttern“ (Jos 24,2).
Um das Böse des Menschen zurückzuhalten, wurde die Welt in verschiedene Familien aufgeteilt: So entstanden verschiedene Nationalitäten und verschiedene Sprachen.
Das also war der Anfang der gegenwärtigen Welt, und das ist der Charakter der gegenwärtigen, bösen Welt, die dem Gericht immer schneller entgegeneilt. Es ist eine Welt, in der die Regierung von Gott gegeben wird. Aber sie wird in den Händen der Menschen zerstört, da diese in Unabhängigkeit von Gott handeln, sich selbst erhöhen und schließlich ganz von Gott abfallen und zu Götzendienern werden.
Der Wendepunkt im Leben Abrahams
Gott ertrug diese Welt über 400 Jahre lang. Dann erscheint der Gott der Herrlichkeit einem Menschen auf dieser Erde und beginnt, auf einer ganz neuen Grundlage zu handeln: auf der einer souveränen Berufung Gottes. Dieses neue Handeln setzt nicht die Regierung dieser Welt beiseite. Es gibt auch keinen Vorschlag, diese Welt zu verbessern oder zu reformieren bzw. das Böse in der Welt zu korrigieren. Gottes Handeln lässt die Welt genau so, wie sie ist, macht aber Gottes vorrangigen Anspruch an eine Einzelperson geltend, die in souveräner Gnade ausgewählt und aus der Welt herausgerufen wird.
Wir können die Bedeutung dieser großen Wahrheit gar nicht übersehen, wenn wir aus der Lehre des Neuen Testaments erkennen, dass Gott auch heute noch nach demselben Prinzip handelt. Die Versammlung (Kirche, Gemeinde) besteht vollständig aus Individuen, die durch Gnade berufen worden sind. Der Apostel Paulus sagt deutlich, dass Gott uns nicht nur errettet, sondern auch berufen hat, und dass diese Berufung „mit heiligem Ruf .. nach seinem eigenen Vorsatz und der Gnade“ geschehen ist (2. Tim 1,9). Auch in seinem Brief an die Römer werden wir daran erinnert, dass Gläubige „nach Vorsatz berufen sind“ (Röm 8,28). So spricht der Apostel die gläubigen Hebräer als „Genossen der himmlischen Berufung“ (Heb 3,1) an. Der Apostel Petrus sagt uns, dass wir „aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen“ worden sind (1. Pet 2,9), und er fügt hinzu, dass „der Gott aller Gnade ... euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit“ (1. Pet 5,10).
Es ist also klar, dass die Gläubigen nicht nur „errettet“ worden sind, sondern auch „berufen“ wurden. Es ist natürlich das erste Anliegen einer ängstlichen Seele wie das des Gefängniswärters in Philippi (Apg 16,30): „Was muss ich tun, um errettet zu werden?“ Aber nachdem wir die Errettung durch den Glauben an Christus und sein vollbrachtes Werk gefunden haben, sind wir zu oft damit zufrieden, in dem Bewusstsein zu leben, dass unsere Sünden vergeben worden sind, so dass wir vor dem Gericht geschützt und von der Hölle gerettet worden sind. Wir sind träge darin zu erkennen, dass dasselbe Evangelium, das uns die gute Botschaft der Errettung von dem Gericht bringt, zugleich die Berufung Gottes zur Herrlichkeit Christi verkündigt. Der Apostel kann daher zu den Gläubigen in Thessalonich nicht nur sagen, „dass Gott euch von Anfang erwählt hat zur Errettung“, sondern er fügt sofort hinzu, dass „er euch berufen hat durch unser Evangelium zur Erlangung der Herrlichkeit unsers Herrn Jesus Christus“ (2. Thes 2,13.14).
Diese verschiedenen Bibelstellen machen deutlich, dass Gott uns berufen hat, weil Er ein Ziel in seinem Herzen hat, das Er befriedigen möchte. Darüber hinaus lernen wir, dass die „Berufung“ einschließt, dass wir aus einer Welt, die in Finsternis liegt und unwissend über Gott ist, herausgerufen wurden um in das wunderbare Licht dessen zu kommen, was Gott für Christus in einer anderen Welt vorgesehen hat. Und wenn wir zudem für den Himmel berufen worden sind, so deshalb, damit wir die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus erlangen. Das Ziel der himmlischen Berufung liegt darin, mit Christus und wie Christus zu sein.
Unser Interesse am Leben Abrahams
Das sind also einige der gesegneten Wahrheiten, die mit der Berufung Gottes verbunden sind, und die wir im Leben Abrahams illustriert finden. Die praktische Bedeutung der Erzählung des Lebens Abrahams liegt in der Tatsache, dass diese große Wahrheit der Berufung Gottes vor uns gebracht wird, und zwar nicht durch eine lehrmäßige Aussage, sondern sie wird durch das Leben eines Mannes gezeigt, der die gleichen Empfindungen hatte wie wir. So belehrt uns Gott in einer Weise, die auch der einfachste Gläubige verstehen kann.
Die Berufung Gottes (1. Mo 11,31–12,3)
Im ersten Teil des Lebens Abrahams sehen wir
* den Weg des Glaubens, der auf den Ruf Gottes antwortet,
* die Hindernisse, die es für diesen Weg gibt,
* den Glauben, der diesen Weg geht, und
* die Segnungen, die es auf diesem Weg gibt, genauso wie das Versagen, die Versuchungen sowie die Kämpfe auf diesem Weg.
Der Charakter der Berufung
Ein göttlicher Ruf
Die erste große Wahrheit, die wir aus dem einleitenden Teil der Geschichte Abrahams lernen, ist der gesegnete Charakter der Berufung Gottes. Aus der Rede von Stephanus, die uns in Apostelgeschichte 7 wiedergegeben wird, lernen wir, dass „der Gott der Herrlichkeit unserem Vater Abraham erschien, als er in Mesopotamien war“ (Vers 2). Hier entdecken wir, was diesen Ruf von jedem anderen unterscheidet: Er kommt von Gott – dem Gott der Herrlichkeit. In dieser Welt mit ihren Städten und Türmen, die bis zum Himmel reichen sollen, gibt es nichts, das von Gott spricht, sondern alles soll nur die Herrlichkeit des Menschen erhöhen und darstellen. „Der Gott der Herrlichkeit“ spricht von einer ganz anderen Szene, in der es nichts vom Menschen zu sehen gibt. Nur Gottes Herrlichkeit offenbart sich hier. Es ist der Gott, der dem Menschen, der in einer Gott entfremdeten Welt lebte und sogar in Götzendienst gefallen war, in wundervoller Gnade erscheint. Das ist also die Herrlichkeit des Einen, der Abraham erscheint, der dieser Berufung ihre Bedeutung verleiht. Diese Person gibt dem Glauben seine Autorität und Kraft, um dem Ruf in der rechten Weise zu folgen.
Ein trennender Ruf
Zweitens lernen wir, dass es sich bei der Berufung um einen trennenden Ruf handelt. Das Wort an Abraham lautete: „Geh aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und aus dem Haus deines Vaters“ (1. Mo 12,1). Abraham wird nicht gesagt, in Ur zu bleiben und sich mit der Bosheit des Menschen auseinander zu setzen. Er bekommt auch nicht den Auftrag, die sozialen Bedingungen zu verbessern oder die dort herrschende politische Situation zu reformieren, noch soll er die Welt verbessern oder strahlender machen. Er bekommt den Ruf, in jeder Hinsicht aus ihr herauszukommen. Er soll verlassen
* die politische Welt – „dein Land“,
* die soziale Welt – „deine Verwandtschaft“, und
* die familiäre Welt – „das Haus deines Vaters“.
Auch der heutige Ruf ist nicht weniger bestimmt. Die Welt um uns herum hat die Form von Gottseligkeit, ohne die entsprechende Kraft zu besitzen (2. Tim 3,5): Das ist die Welt der verdorbenen Christenheit. Und der Brief, der uns mitteilt, dass wir Teilhaber der himmlischen Berufung sind, ermahnt uns zugleich, uns von dem Verderben der Welt zu trennen. Wir sollen „zu ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, seine Schmach tragend“ (Heb 13,13). Nicht, dass wir die Regierung über uns verachten sollten – sie ist noch immer von Gott eingesetzt (Röm 13,1). Auch können wir die Familienbande nicht vernachlässigen – sie sind von Gott gegeben. Schließlich sollen wir auch nicht aufhören, höflich und nett zu sein und allen Menschen gegenüber Gutes zu tun, wie wir die entsprechende Gelegenheit haben (Gal 6,10). Aber als Gläubige sind wir dazu aufgerufen, keine Rolle zu spielen in den politischen Aktivitäten dieser Welt, in den sozialen Zirkeln und allen Bereichen, in denen unsere unbekehrten Verwandten ihre Freuden ohne Gott genießen. Wir sind nicht dazu aufgerufen, die Welt zu reformieren oder zu versuchen, ihren Zustand zu verbessern. Nein, wir sollen aus ihrer Mitte herausgehen. Auch uns gilt noch immer das Wort: „Geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen; und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige“ (2. Kor 6,17.18).
Ein zusichernder Ruf
Drittens ist dieser Ruf Gottes, der Abraham von dieser gegenwärtigen Welt trennte, eine Berufung im Blick auf das Einführen in eine andere Welt, „das Land, das ich dir zeigen werde“ (1. Mo 12,1), wie Gott es nennt. Wenn der Gott der Herrlichkeit Abraham erschienen war, dann deshalb, um ihn in die Herrlichkeit Gottes zu bringen. So endet die beeindruckende Rede von Stephanus, die mit dem Gott der Herrlichkeit beginnt, der einem Mann auf der Erde erscheint, mit einem Menschen, der in der Herrlichkeit Gottes im Himmel erscheint. Am Schluss seiner Worte schaut Stephanus unverwandt zum Himmel und sieht „die Herrlichkeit Gottes, und Jesus zur Rechten Gottes stehen“ (Apg 7,55). Er sagt darauf: „Siehe, ich sehe die Himmel geöffnet und den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen!“ (Vers 56). Wenn wir auf Christus in der Herrlichkeit schauen, erkennen wir die wunderbare Absicht, die Gott in seinem Herzen hatte, als Er uns aus dieser gegenwärtigen Welt herausrief. Er hat uns zur Herrlichkeit berufen, um Christus gleich zu sein und mit Christus in einem Bereich zu leben, in dem alles von Gott spricht und davon, was Er in der unfassbaren Liebe seines Herzens ist.
Gott sagt nicht zu Abraham: „Wenn du meinen Ruf beantwortest, werde ich dir sofort den Besitz des Landes geben!“ Aber Er sagt zu ihm: „Ich werde dir das Land zeigen.“ So schenkt uns Gott – sozusagen zusammen mit Stephanus –, wenn wir auf seinen Ruf hören, dass wir den König in seiner Schönheit sehen und auch das Land, das weit entfernt ist. Wir schauen auf und sehen Christus in der Herrlichkeit.
Ein vorteilhafter Ruf
Viertens gibt es einen großen Segen für denjenigen, der auf den Ruf hört. Gott sagt zu Abraham als solchem, der von der bösen, gegenwärtigen Welt getrennt war: „Und ich will dich zu einer großen Nation machen und dich segnen, und ich will deinen Namen groß machen“ (1. Mo 12,2). Die Menschen dieser Welt suchen sich selbst einen großen Namen zu machen. Sie sagen: „Machen wir uns einen Namen“ (1. Mo 11,4). Aber Gott sagt zu dem abgesonderten Mann: „Ich will dich segnen, und ich will deinen Namen groß machen.“
Die Neigung unserer natürlichen Herzen ist immer, uns selbst einen Namen zu machen. Und das Fleisch wird alles zum Anlass nehmen, sogar die Dinge Gottes, um sich selbst zu erhöhen. Diese Neigung konnte man sogar unter den Jüngern des Herrn sehen, als sie sich stritten, wer von ihnen für den Größten zu halten sei.
Die Zerstreuung der Menschen in Babel und die Spaltungen in der Christenheit sowie jeder Streit innerhalb des Volkes Gottes kann auf diese eine Wurzel zurückgeführt werden: Die Eitelkeit des Fleisches will sich selbst groß machen.
Die demütige Gesinnung des Herrn Jesus war von einer Art, sich keinen Ruf zu erarbeiten. „Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist“ (Phil 2,9). Gott hat seinen Namen groß gemacht. Und demjenigen, der die demütige Gesinnung Christi hat und Ihm außerhalb des Lagers folgt, indem er auf Gottes Ruf hört, sagt Er: „Ich will deinen Namen groß machen.“ Gott kann einem Gläubigen in seiner Welt der Herrlichkeit einen viel größeren Namen machen, als wir ihn uns selbst in dieser gegenwärtigen, bösen Welt zu machen imstande sind.
Ein ehrliches Bekenntnis vorausgesetzt, würden manche zugeben, dass der wahre Beweggrund für sie, in einer falschen Stellung zu bleiben, der verborgene Wunsch ist, groß zu sein. Daher schrecken sie vor einem Weg in der Unbekanntheit außerhalb der religiösen Welt dieser Tage zurück. Können wir in der Schrift nicht erkennen, wie wir es auch aus unserer tagtäglichen Erfahrung heraus wissen, dass diejenigen, die geistlicherweise groß inmitten des Volkes Gottes waren, immer abgesonderte Menschen waren – Menschen, die auf den Ruf Gottes hörten. Jedes Abweichen von dem Weg der Absonderung dagegen hat zu einem verminderten Einfluss und einem Verlust an geistlicher Größe inmitten des Volkes Gottes geführt.
Ein Ruf mit segensreichen Auswirkungen
Fünftens sagt Gott zu Abraham: „Du sollst ein Segen sein!“ (1. Mo 12,2). Was seinen äußerlichen, sichtbaren Weg betrifft, würde Abraham nicht nur selbst gesegnet werden, sondern zugleich ein Segen für andere sein. Wir sollten die Bedeutung dieser Wort gut bedenken. Wie oft bleibt ein Gläubiger in einer Verbindung, von der er zugibt, dass sie nicht in Übereinstimmung mit dem Wort Gottes ist. Er versucht dann geltend zu machen, dass er anderen nützlicher sei, als wenn er sich nach außen hin an einen Platz der Absonderung begibt. Wir müssen aber bedenken, dass Gott nicht zu Abraham sagt. „Wenn du in Ur in Chaldäa bleibst oder auf halber Strecke in Haran stoppst, wirst du ein Segen sein.“ Abraham wird vielmehr als jemandem gesagt, der auf Gottes Ruf gehorcht: „Du wirst ein Segen sein.“
Ein bewahrender Ruf
Sechstens wird Abraham gesagt, dass er an diesem Platz, außerhalb der von ihm gekannten Welt, die bewahrende Fürsorge Gottes erleben würde. Er würde zwar Widerstand und Prüfungen erleben, denn es bleibt immer wahr, dass derjenige, der „das Böse meidet, sich der Beraubung aussetzt“ (Jes 59,15). Aber Gott sagt zu diesem abgesonderten Mann: „Ich will die segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen“ (1. Mo 12,3). Der abgesonderte Mann wird vor manchen Prüfungen bewahrt, die einen Gläubigen treffen, der in der Gemeinschaft mit dieser Welt bleiben möchte. Die Barmherzigkeit des HERRN rettete Lot vor dem Schicksal Sodoms. Aber durch diese falsche Verbindung verlor er alles – Frau, Kinder, Wohlstand und auch seinen Namen.
Ein wirksamer Ruf
Nachdem Abraham im Glauben an Gottes Wort handelt, wird ihm siebtens gesagt: „In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde!“ Wir kennen die Anwendung, die der Geist Gottes von dieser Verheißung macht. Er sagt. „Die Schrift aber, voraussehend, dass Gott die Nationen aus Glauben rechtfertigen würde, verkündigte dem Abraham, die gute Botschaft zuvor: ‚In dir werden gesegnet werden alle Nationen‘“ (Gal 3,8). Abraham sah nicht voraus, und er konnte auch nicht wissen, welch weitreichende Folgen sein Handeln im Glauben als Antwort auf Gottes Berufung haben würde. Aber Gott sah voraus, dass dieses Handeln der einzige Weg des Segens für alle Familien der Erde war. So kann auch in dem kleinen Maß, das wir verwirklichen können, nur Gott den weitreichenden Segen für andere voraussehen, der von einer Seele ausgehet, die in einfachem und tiefem Glauben auf den Ruf Gottes hört.
Das Hindernis für das Hören auf Gottes Ruf
Wir haben die gesegneten Verheißungen gesehen, die mit dem Ruf Gottes verbunden sind, und wir werden lernen, wie Glaube auf den Ruf hört. Zuerst wird uns jedoch in dieser so lehrreichen Geschichte erlaubt zu sehen, wie oft der Mann des Glaubens für eine Zeit daran gehindert werden kann, dem Ruf Gottes Folge zu leisen.
Aus der Rede von Stephanus, die uns in Apostelgeschichte 7 wiedergegeben wird, lernen wir, dass dieser Ruf Abraham ereilte, „als er in Mesopotamien war, ehe er in Haran wohnte“ (Vers 2). Das Hören auf diesen Ruf wird bei Abraham durch die natürlichen Bindungen behindert. Abraham wurde gerufen, aber der natürliche Mensch kann offensichtlich eine Zeitlang einen großen Eifer zeigen als Antwort auf einen solchen Ruf. Ja, er kann sogar die Führung übernehmen, denn wir lesen: „Und Tarah nahm seinen Sohn Abram ...; und sie zogen miteinander aus Ur in Chaldäa, um in das Land Kanaan zu gehen“ (1. Mo 11,31). Der natürliche Mensch mag versuchen, den Weg des Glaubens zu betreten. Und zunächst kann er sogar die richtigen Dinge mit den besten Absichten tun. Aber der natürliche Mensch wird in seinem Selbstvertrauen immer mehr tun wollen, als das, wozu er die Kraft besitzt. So kommt es, dass Tarah Ur zwar verlässt, „um in das Land Kanaan zu gehen“, dieses Land jedoch nie erreicht. Die menschliche Natur hält auf halbem Weg in Haran an, und dort wohnt Tarah bis zu seinem Tod.
Und was passiert mit Abraham, dem Mann Gottes? Er lässt eine Zeitlang zu, daran gehindert zu werden, dem Ruf Gottes vollständig Folge zu leisten. Es war ja nicht einfach so, dass sein Vater mit ihm ging, sondern Abraham gestattete seinem Vater, die Führung zu übernehmen, denn wir lesen: „Tarah nahm seinen Sohn Abraham.“ So ist das Ergebnis, dass er das Land zunächst nicht erreicht, für das er berufen wird. Wir lesen in dem Bericht über die Rede von Stephanus: „Da ging er aus dem Land der Chaldäer und wohnte in Haran; und von dort siedelte er ihn um, nachdem sein Vater gestorben war, in dieses Land“ (Apg 7,4).
Wie viele von uns sind eine Zeitlang durch geliebte Verwandte daran gehindert worden, den Weg der Absonderung zu wählen, der in Übereinstimmung mit der Berufung Gottes ist. Der Ruf erreicht den Gläubigen, er erkennt dessen Wahrheit an; und doch verschiebt er das Befolgen, weil ein naher Angehöriger nicht bereit ist, diesen Schritt der äußerlichen, sichtbaren Trennung zu vollziehen. Die Seele hängt der Hoffnung nach, dass durch ein wenig Warten auch der nahe Verwandte dazu gebracht wird, diesen Ruf zu erkennen, damit beide zusammen handeln können. Der Glaube dagegen kann das Natürliche nicht zu der Höhe des Glaubens erheben, auch wenn das Natürliche den Mann des Glaubens nach unten ziehen und behindern kann. Viele Gründe könnten angeführt werden, diesen halbherzigen Schritt zu entschuldigen. Aber letztlich bedeutet das nichts anderes, als die Ansprüche der Natur über den Ruf Gottes zu stellen. Dann mag Gott – wie in der Geschichte Abrahams – einen Todesfall in den Familienbereich hineinbringen müssen, um denjenigen, der uns daran hinderte, dem Ruf Gottes Folge zu leisten, zu entfernen. Abraham jedenfalls folgte dem Ruf Gottes erst dann vollständig, als sein Vater gestorben war.
Glaube und Unglaube (1. Mo 12,4-20)
Abraham war nun von den natürlichen Bindungen befreit worden, auch wenn dies schmerzhaft auf Kosten des Todes war, der in seine Familie hineinkam. Nachdem sein Vater gestorben war, gehorcht Abraham dem Ruf, denn wir lesen: „Und Abram ging hin, wie der HERR zu ihm geredet hatte“ (1. Mo 12,4).
Er nimmt Lot, seinen Neffen, mit. Aber Lot wird sich mit seiner weltlichen Gesinnung als eine Last erweisen. Im Fall seines Vaters Tarah war es so: Abraham wurde von Gott berufen, aber er erlaubte der menschlichen Natur, die Führung zu übernehmen, denn wir lesen: „Und Tarah nahm seinen Sohn Abram.“ Das wurde zu einem Hindernis mit dem Tod als Folge. Im Fall seines Neffen übernimmt dagegen Abram die Führung, denn wir lesen hier: „Und Abram nahm ... Lot“ (1. Mo 12,5). Wenn diese Begleitung auch eine Last für ihn werden würde, konnte sie seinen Glaubensschritt als Antwort auf den Ruf Gottes nicht hindern.
Als der natürliche Mensch die Führung übernommen hatte, hieß es: „Und sie zogen miteinander aus Ur in Chaldäa, um in das Land Kanaan zu gehen“ (1. Mo 11,31). Nun, nachdem der Glaube die Führung übernommen hat, lesen wir erneut: „Und sie zogen aus, um in das Land Kanaan zu gehen; und sie kamen in das Land Kanaan“ (1. Mo 12,5).
Ein Gegensatz
Als sie in Kanaan angekommen waren, stellten sie fest: „Die Kanaaniter waren damals im Land“ (1. Mo 12,6). Das ist sehr bedeutsam. Von Abraham hatte Gott gesagt: „Ich will dich segnen.“ Von dem Mann Kanaan hatte Gott gesagt: „Verflucht sei Kanaan!“ (1. Mo 9,25). Wenn Gott Abraham, den Mann des Segens, in das Land der Verheißung bringt, muss dieser sofort entdecken, dass der Teufel den Mann des Fluches bereits in genau dieses Land hineingeführt hat. Auf diese Weise sucht der Teufel den Plan Gottes zu vereiteln und den Mann des Glaubens daran zu hindern, in den Besitz dieses Landes zu kommen.
Ein Vergleich
Dasselbe gilt für den Christen. Er ist aus der gegenwärtigen Welt herausgerufen worden. Er ist Teilhaber der himmlischen Berufung. Er ist mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern gesegnet worden. Aber wenn er auf die Berufung Gottes hört und die Welt hinter sich lässt, stellt er fest, dass er Widerstand erfährt durch „die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern“ (Eph 6,12). Der Gläubige, der die geistlichen Segnungen genießen möchte, wird feststellen, dass sich gegen ihn die geistlichen Mächte der Bosheit aufstellen, um ihn daran zu hindern, den himmlischen Boden in Besitz zu nehmen, der das einzig wahre und richtige Teil der Versammlung (Kirche, Gemeinde) Gottes ist.
Für Abraham stellt Ur in Chaldäa die Vergangenheit dar. Der Besitz des Landes war aber noch Zukunft. In der Zwischenzeit besaß er weder die Welt, die er hinter sich gelassen hatte, noch die bessere „Welt“, die für ihn vorgesehen war. Auch das ist die Stellung des Christen, der auf den Ruf Gottes hört. Er hat die gegenwärtige Welt hinter sich gelassen, aber noch nicht die künftige Welt erreicht.
Wir mögen daher fragen: Was ist dann das Teil dessen, der auf den Ruf Gottes hört, und was wird ihn in dieser Stellung außerhalb der Welt erhalten? Die Geschichte Abrahams gibt hierzu reichhaltige Belehrung und Ermutigung.
Der Gehorsam des Glaubens
Zuerst müssen wir erkennen, dass der großartige Grundsatz, auf dessen Grundlage Abraham handelte, der Grundsatz des Glaubens ist. Es ist offensichtlich, dass er, nachdem er die eine Welt verlassen und die andere noch nicht in Besitz genommen hat, nichts für das natürliche Auge besaß. Nicht, dass er diese Welt nicht gesehen hätte. Aber das, was er sah, sah er im Glauben. Daher lesen wir: „Durch Glauben war Abram, als er gerufen wurde, gehorsam, auszuziehen an den Ort, den er zum Erbteil empfangen sollte“, und: „Durch Glauben hielt er sich auf in dem Land der Verheißung“, und: „Diese alle sind im Glauben gestorben“ (Heb 11,8.9.13).
Der Weg des Glaubens
Zweitens wurden Abraham und diejenigen, die mit ihm gingen, nachdem sie auf den Ruf Gottes auf dem Grundsatz des Glaubens gehört hatten, „Fremdlinge und Beisassen“. Der Heilige Geist sagt von ihnen im Neuen Testament: „Sie bekannten, dass sie Fremdlinge und ohne Bürgerrecht auf der Erde seien“ (Heb 11,13). Das sehen wir sehr deutlich in dem Bericht über Abraham. In Haran wurde Abraham, wie wir gesehen haben, für eine Zeit aufgehalten. Dort lesen wir, dass er dort wohnte (1. Mo 11,31). Nachdem er dann in das Land Kanaan gekommen ist, lesen wir: „Und er schlug sein Zelt auf“ (1. Mo 12,8). Das tat er als jemand, der keinen sicheren Wohnplatz dort besaß. Wir lesen sogar weiter, dass Abraham das Land durchzog (Vers 6). Als ein Ausländer besaß er in dieser Welt nichts als ein Zelt. Als ein Pilger (Beisasse) durchlief er das Land hin zu einer anderen Welt.
Das Teil des Glaubens
Drittens lernen wir, was Abraham auf diesem Weg des Wanderers aufrecht erhielt. Uns wird gesagt: „Und der HERR erschien Abram und sprach: Deiner Nachkommenschaft will ich dieses Land geben“ (1. Mo 12,7). Bedenke diese beiden Dinge gut:
1. Zweimal lesen wir: „Der HERR erschien“ ihm.
2. Das Land wird ihm als ein künftiger Besitz vorgestellt.
Abraham sieht den König in seiner Schönheit und das Land, das weit entfernt ist. Er führt seine Reise als ein Ausländer und als ein Wanderer im Licht der Herrlichkeit des Gottes durch, der ihn berufen hat, und im Licht des Landes, dem er entgegen ging. So lesen wir im Neuen Testament: „Denn er erwartete die Stadt, die Grundlagen hat“, und: Er trachtete „nach einem besseren, das ist himmlischen“ Land (Heb 11,10.16).
Auch bei uns ist das nicht anders. Nur, wenn wir Christus selbst in seiner Herrlichkeit vor uns haben und den Segen der himmlischen Heimat, der wir entgegen gehen, werden wir wenigstens in kleinem Maß den Charakter von Fremdlingen und Wanderern tragen. Es ist nicht genug, die Lehre des Christus und den Himmel, der vor uns am Ende der Reise liegt zu kennen. Wir müssen wie der Apostel in unserem Herzen den Wunsch haben: „Um ihn zu erkennen“, und: „Ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möge, indem ich auch von Christus Jesus ergriffen bin“ (Phil 3,10.13).
Einen Platz außerhalb der Welt als Antwort auf unsere Berufung einzunehmen, macht es uns möglich, in der persönlichen Gemeinschaft mit unserem Herrn selbst zu wachsen. Denn Er hat gesagt: „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden; und ich werde ihn lieben und mich selbst ihm offenbaren“ (Joh 14,21).
Die Antwort des Glaubens
Nachdem der HERR Abraham erschienen ist, lesen wir sofort: „Und er baute dort dem HERRN, der ihm erschienen war, einen Altar“ (1. Mo 12,7). Das spricht zweifellos von Anbetung. Im Brief an die Hebräer tragen die, die zu Christus außerhalb des Lagers gehen, nicht nur den Charakter von Wanderern als solche, die keine bleibende Stadt haben, sondern sie werden Anbeter, die „Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen“ (Heb 13,13– 5).
Abraham wurde sich somit nicht nur der Herrlichkeit des Landes in einer fernen Zukunft bewusst, sondern begriff etwas von der Herrlichkeit dessen, der ihm erschienen war. Das Geschenk des Landes mag wirklich Dank hervorbringen. Aber die Größe des Gebers machte ihn zu einem Anbeter. So ist es immer. Denn Anbetung ist der Ausfluss eines Herzens, das mit der Herrlichkeit der Person erfüllt ist, die wir bewundern.
Quelle des Glaubens
Fünftens rief Abraham „den Namen des HERRN an“ (1. Mo 12,8). Das spricht von seiner Abhängigkeit von dem HERRN. Was auch immer seine Bedürfnisse gewesen sein mögen, die Entbehrungen seiner Wanderschaft und die Versuchungen, die seinen Weg kreuzten, welcherart auch immer der Widerstand gewesen sein mag, auf den er traf: Er besaß eine unerschöpfliche Quelle, denn er konnte den Namen des HERRN anrufen.
Gottesfürchtige finden ihre Hilfsquellen immer im Herrn Jesus, wie schwierig die Tage auch sein mögen. In den Tagen des Ruins vor der Flut gab es solche, die wie Kain „weg vom Angesicht des Herrn“ gingen. Aber es gab auch gottesfürchtige Menschen, die anfingen, „den Namen des HERRN anzurufen“ (1. Mo 4,16.26). So gab es auch in den dunklen Tagen des Propheten Maleachi gottesfürchtige Menschen, die ihre Hilfsquelle in dem HERRN fanden, denn wir lesen: „Da unterredeten sich miteinander, die den HERRN fürchteten“ (Mal 3,16).
In den frühen Tagen der Versammlung (Kirche, Gemeinde) waren die Gläubigen als solche bekannt, „die diesen Namen anrufen“ (Apg 9,21). Inmitten der Verfolgungen wandten sie sich zu ihrem Herrn. Und inmitten des Ruins der letzten Tage der Christenheit wird uns versichert, dass es immer noch solche geben wird, „die den Herrn anrufen aus reinem Herzen“ (2. Tim 2,22).
Wie beeindruckend allerdings der Glaube von Abraham auch war, sollen wir dennoch erkennen, dass er ein Mensch mit gleichen Empfindungen war wie wir. Keiner kann den Weg des Glaubens gehen, ohne geprüft zu werden. Diese Prüfung wird zugelassen, damit wir auf der einen Seite unsere Schwachheit erkennen, aber auch auf der anderen Seite die Gnade und Treue Gottes.
Die Untreue Abrahams
In Abrahams Leben kam der Test in der Form einer Hungersnot. Es war ein harter Test, „denn die Hungersnot war schwer im Land“ (1. Mo 12,10). Wenn der HERR eine Hungersnot erlaubte, konnte Er zweifellos auch alle Bedürfnisse der Seinen inmitten einer solchen Hungersnot stillen. Leider ließ es Abraham unter dem Druck seiner Bedürfnisse zu, dass die Umstände zwischen seine Seele und den HERRN traten. Anstatt den HERRN erneut anzurufen, folgte er dem Diktat einfacher Überlegungen oder dem sogenannten gesunden Menschenverstand. Dadurch geriet er für eine Zeit von dem Weg des Glaubens ab und „zog nach Ägypten hinab“ (1. Mo 12,10). Anstatt auf Gott zu vertrauen, damit dieser ihn aufrecht erhielt, ging Abraham „hinab“ zur Welt, um dort Hilfe zu suchen.
Und nachdem er diesen falschen Schritt unternommen hat, stellt er fest, dass zwar seine unmittelbaren Bedürfnisse gestillt werden, er aber zugleich mit neuen Schwierigkeiten konfrontiert wird, die durch diese falsche Stellung, in die er sich gebracht hat, hervorgerufen werden. Er hat Angst, durch die Begierden der Ägypter, die seine Frau Sarai begehren könnten, getötet zu werden.
Nachdem er sich in eine Position gebracht hat, in der er nicht länger darauf bauen kann, dass Gott ihn bewahrt, bleiben ihm nur noch seine Anstrengungen, um dieser neuen Schwierigkeit zu begegnen. Sich selbst überlassen sinkt er sogar noch unter das Niveau der Welt und handelt als ein Lügner. Mit seiner doppeldeutigen Aussage – also einer ganzen Lüge – versucht er, sich selbst auf Kosten seiner Ehefrau zu schützen.
Der Unglaube trägt die Beurteilung der eigenen Tat gleich in sich und führt in der Regel zu jeder Art des Bösen, die man eigentlich vermeiden will, wie jemand gesagt hat: „Sie Söhne der Menschen wollten einen Turm bilden, damit sie nicht über die ganze Erde zerstreut würden. Aber der HERR zerstreute sie, weil sie ihn bildeten (1. Mo 11,4–9). Abraham fürchtete, dass der Pharao seine Frau nehmen könnte und sagt, sie sei seine Schwester (als ob Gott ihn nicht bewahren könnte), und deshalb nimmt der Pharao sie in sein Haus auf“ (John Nelson Darby). So ist es nochmals später in ähnlichen Umständen. Elimelech verlässt das Land Gottes, um der Furcht des Todes durch eine Hungersnot zu entgehen, wird aber von dem Tod im Land Moab ereilt (Rt 1,1–3).
Abraham bekommt tatsächlich durch diesen falschen Schritt Hilfe in Bezug auf sein unmittelbares Bedürfnis. Ja, er kann sogar Reichtümer erwerben. Aber auf welche Kosten! Denn in Ägypten kann er weder ein Zelt aufschlagen noch einen Alter bauen. Und auch den Namen des HERRN kann er dort nicht anrufen.
Die Treue des Gottes Abrahams
Aber trotz des Versagens ist Gott den Seinen gegenüber treu. „Die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar“ (Röm 11,29). Gott gibt sein Volk nicht auf, wenn es gescheitert ist. Er handelt zu unseren Gunsten, wenn wir auch in seinen Regierungswegen aufgrund unserer Torheit leiden müssen. So handelte Gott auch hier zugunsten seines versagenden Knechtes. Wir lesen: „Und der HERR schlug den Pharao und sein Haus mit großen Plagen um Sarais willen, der Frau Abrams“ (1. Mo 12,17).
Nachdem der Betrug Abrahams entdeckt worden ist, wird er als Folge von der Welt weggeschickt. Der Pharao sagt: „Und nun siehe, da ist deine Frau, nimm sie und geh hin“ (1. Mo 12,19). Und der Pharao sorgt auch dafür, dass Abraham tatsächlich geht, denn er „entbot seinetwegen Männer, und sie geleiteten ihn und seine Frau und alles, was er hatte“ (1. Mo 12,20). Es ist traurig, wenn die Welt Gläubige wegschickt, nicht weil sie treue Zeugen für Gott gewesen sind, sondern weil sie ein beschämendes Verhalten gezeigt haben.
So bewirkt die Güte Gottes, dass sein armer Knecht wieder aus dieser falschen Stellung herauskommt, aber nicht ohne Vorwürfe und Schande.
Abgeben und Wählen (1. Mo 13)
Die Wirklichkeit der Wiederherstellung Abrahams auf dem Weg des Glaubens wird sehr schnell einem Test unterzogen. Umstände kommen auf, die offenbar machen, dass er wieder in dem Licht des himmlischen Landes seinen Lebenswandel führt. So kann er es sich leisten, die gut bewässerte Ebene, die von seinem weltlich gesonnenen Neffen gewählt wird, an diesen abzugeben.
Wiederherstellung nach Versagen
Abraham ist aus Ägypten weggeschickt worden. Wohin er geht, interessiert diese Welt nicht. Abraham dagegen ist ein echter Mann des Glaubens, wenn er auch – wie wir – zuweilen auf dem Weg des Glaubens versagt. Nachdem er den Segen dieses Platzes außerhalb der Welt geschmeckt hatte, konnte seine Seele durch nichts anderes zufrieden gestellt werden als dadurch, wieder zu diesem Platz des Segens zu kommen, von dem aus er sich verirrt hatte. So lesen wir: „Und Abram zog herauf aus Ägypten ... in den Süden ... Und er ging auf seinen Zügen vom Süden bis Bethel, bis zu dem Ort, wo im Anfang sein Zelt gewesen war ... zu der Stätte des Altars“ (1. Mo 13,3.4).
Wie es bei jeder wahrhaft wiederhergestellten Seele ist, geht er denselben Weg Schritt für Schritt zurück, bis er wieder seinen Charakter als Fremdling und Wanderer mit seinem Zelt und als Anbeter mit seinem Altar gefunden hat. Und bis er der von Gott abhängige Mann ist, der den Namen des HERRN anruft.
Folgen des Versagens
Die Wiederherstellung Abrahams ist vollständig, aber die Ergebnisse seines Versagens werden in anderen gesehen. Ein Gläubiger versagt nie, ohne andere zum Negativen zu beeinflussen, auch wenn er selbst wiederhergestellt sein mag. Die Folge des Versagens Abrahams kommt bei Lot sofort zum Vorschein. In Tarah haben wir den natürlichen Menschen gesehen, der ein gutes Bekenntnis ablegen kann, aber nicht in der Lage ist, den Weg des Glaubens außerhalb der Welt zu gehen. In Abraham haben wir den Glaubensmenschen gesehen, der in Übereinstimmung mit dem Wort des HERRN handelt und seinen Platz außerhalb der Welt einnimmt, wenn er auch von Zeit zu Zeit auf diesem Weg versagen mag.
In Lot sehen wir einen wahren Gläubigen, der seinen Platz außerhalb der Welt einnimmt, aber nicht im Glauben zu Gott, sondern durch menschlichen Einfluss. Wir habe schon gelesen, dass, als Abraham von Haran wegzog, „Lot mit ihm ging“ (1. Mo 12,4). Auch als Abraham jetzt von Ägypten wegzog, ging „Lot mit ihm“ (1. Mo 13,1). Und nun (in Vers 5) lesen wir zum dritten Mal von Lot, dass er „mit Abram zog“.
Lot ist ein Vertreter der großen Gruppe von Christen, die die richtige Stellung außerhalb der Welt einnehmen, es aber unter dem Einfluss eines Freundes oder Verwandten tun, anstatt durch persönliche Glaubensübung vor Gott diesen Platz zu wählen. Von Anfang seines Weges an, wie wir ihn in der Schrift finden, war Lot durch einen Lebenswandel im Licht einer anderen Person gekennzeichnet. Leider gleichen auch wir oft, in unterschiedlichem Maß und in unterschiedlicher Weise, diesem Lot. Dann handeln wir wie solche, die Glauben besitzen, ohne dass wir selbst diesen Glauben verwirklichen. Und dann müssen wir feststellen, dass wir nicht standhalten können, wenn wir durch eine Versuchung geprüft werden.
Wenn eine solche Prüfung kommt, werden Gläubige, die in dem Licht eines anderen ihren Lebenswandel führen, zusammenbrechen und den Weg aufgeben, der für das Fleisch nicht attraktiv ist und dessentwegen sie keine persönliche Glaubensübung hatten. Sie hatten ihn eben nicht im persönlichen Glauben gewählt.
Der Fallstrick durch Reichtümer
Wie oft gleicht die Prüfung in unseren Tagen der, von der wir in der Geschichte Abrahams und Lots lesen. Wir lesen: „Und es gab Zank“ (1. Mo 13,7). Wir lesen auch, dass der unmittelbare Grund für den Streit in ihrem jeweiligen Besitz lag. Wir tun gut daran, die zweimal wiederholte Aussage zur Kenntnis zu nehmen, dass sie nicht in der Lage waren, zusammen zu wohnen (Vers 6). Und die so bedeutsame Ursache der Trennung war: „Denn ihre Habe war groß“ (Vers 6). Wie oft haben sich Gläubige seit jenen Tagen aufgrund von Neid wegen geistlicher Gaben oder zeitlicher Reichtümer eines anderen getrennt. Der Missbrauch von geistlichen Gaben war die Ursache der Spaltung in der Versammlung in Korinth. Der Apostel kann dieser Versammlung sagen: „Ihr seid in ihm in allem reich gemacht worden, in allem Wort und aller Erkenntnis“. Aber gerade diese Reichtümer wurden die Ursache für Streit und Spaltung, denn der Apostel sagt: „Denn da Neid und Streit unter euch ist“ Und er fügt hinzu, dass sie „aufgebläht [waren] für den einen, gegen den anderen“ (1. Kor 1,5; 3,3; 4,6). Armut hätte sie dazu gebracht, sich einer an den anderen zu klammern. Ihr Reichtum dagegen wurde zu einem Anlass, sich zu spalten.
Im Fall von Abraham und Lot wurde der zeitliche Reichtum zum Anlass für eine Trennung. Wir mögen wohl fragen: „Wo hatten sie diesen zeitlichen Reichtum her?“ Als Abraham am Anfang auf den Weg des Glaubens gekommen war und Lot mit ihm ging, lesen wir: Sie nahmen „all ihre Habe“ mit sich. Aber das war kein Anlass für einen Streit (1. Mo 12,5). In Ägypten dagegen hatte Abraham großes Vermögen erworben, so dass wir nach seiner Wiederherstellung lesen: „Abraham war sehr reich an Vieh, an Silber und an Gold“ (1. Mo 13,2).
So wurde der Reichtum, den Abraham dadurch erwarb, dass er von dem Weg des Glaubens abkam, zu einem Anlass des Streits und der Trennung zwischen Brüdern. Indem sie miteinander stritten, hörten die beiden Brüder auf, Zeugen Gottes vor den Kanaanitern und Perisitern zu sein, die im Land wohnten (Vers 7).
Die Haltung des Glaubens
Wir dürfen bei alledem nicht vergessen, dass Abraham ein wiederhergestellter Mann in der richtigen Stellung und mit den richtigen Beweggründen war, während sich Lot zwar in der richtigen äußeren Stellung befand, aber nur als Nachläufer von anderen. So wird der Streit nicht nur der traurige Anlass dafür, die weltliche Gesinnung Lots zu offenbaren. Er bringt auch die himmlische Gesinnung von Abraham ans Licht, der bereit ist, auf die sichtbaren Dinge zu verzichten. Abraham ist es, der sagt: „Lass doch kein Gezänk sein zwischen mir und dir ...; denn wir sind Brüder!“ (Vers 8). Derjenige, der sich in einer Stellung befindet, für die er eigentlich gar keinen Glauben besitzt, wird letzten Endes zum Anlass von Streitigkeiten unter Brüdern. Er hätte sich besser von dem Mann getrennt, dessen Glauben er nicht nachahmen kann.
Abraham sah ein himmlisches Land vor sich. So kann er es sich leisten, auf die Dinge der gegenwärtigen Welt mit ihren Aussichten auf Bequemlichkeit und Reichtum zu verzichten. Lot darf die Wahl treffen. Und wenn er das Beste wählt, was das Natürliche und Sichtbare betrifft, ist Abraham damit zufrieden, den Weg zu wählen, den Gott für ihn wählt, sei es ein rauer oder ein glatter Weg. Er weiß, dass dieser im Land der Verheißung mit all seinem Segen enden wird.
Die Wahl des Fleisches
Durch den Einfluss anderer ist Lot den Weg äußerlicher Absonderung mitgegangen. Als er dann auf die eigene Wahl angewiesen ist, zeigt er, dass sich die Welt in seinem Herzen befand (Verse 10–13). Ohne die Führung Gottes zu suchen, wählt er seinen Wohnort gemäß dem, was er sieht. „Und Lot erhob seine Augen und sah die ganze Ebene des Jordan“ (Vers 10). Es war ein attraktiver, ja verführerischer Blick, der Bequemlichkeit und Reichtum versprach. Überall war Wasser für seine Herden, ohne dass er die Arbeit des Grabens von Brunnen hätte auf sich nehmen müssen. Die Ebene war sogar so fruchtbar, dass es heißt, „gleich dem Garten des HERRN“ (Vers 10). Aber sehr bedeutsam ist der Zusatz: „wie das Land Ägypten“ (Vers 10). Leider war Lot dadurch, dass er Abraham nach Ägypten folgte, auf den Geschmack des Vergnügens von Ägypten gekommen. So war in ihm das Verlangen nach weltlicher Bequemlichkeit und nach Reichtum verstärkt worden.
So wählte Lot die ganze Ebene des Jordan und gab den Weg der Absonderung auf, für den er nie persönlichen Glauben besessen hatte. Für immer verlässt er das Land Kanaan. Eine bewässerte Ebene zu wählen, war an sich nicht schlimm oder verkehrt. Aber es bewies, dass das Herz nicht auf das nicht sichtbare Land der Verheißung Gottes gerichtet war. Zudem bestand die konkrete Gefahr der gut bewässerten Ebenen darin, dass Satan Sodom in deren Mitte aufgebaut hatte.
Abraham bleibt im Land Kanaan, während Lot in den Städten der Ebene wohnt. Nachdem er den Weg des Glaubens verlassen und den der natürlichen Augen gewählt hat, wird er immer weiter nach unten gehen. Denn als nächstes lesen wir, dass er „Zelte aufschlug bis nach Sodom“ (Vers 12). Wir lesen von der Stadt, dass „die Leute von Sodom sehr böse und große Sünder vor dem HERRN waren“ (Vers 13). Und wir werden noch zu lernen haben, dass es für Lot keine Wiederherstellung gab. Tiefer und tiefer sinkt er herab, bis er zuletzt aus unseren Augen in einer Wolke von Schande und Unehre verschwindet.
Das Bekenntnis des Glaubens
Nachdem Abraham von der Last seines weltlich gesinnten Neffen befreit ist, spricht der HERR erneut zu ihm. Lot hatte sich durch den Blick seiner Augen leiten lassen und keinen Wert auf die Führung des HERRN gelegt. Das Ergebnis war, dass der Blick seiner Augen die Begierden seines Herzens anstachelte, so dass seine Füße der Wahl seines Herzens folgten.
Nun benutzt Abraham seine Augen, aber unter der Führung des HERRN. Denn nachdem sich Lot von ihm getrennt hatte, sagte der HERR: „Erhebe doch deine Augen und schaue von dem Ort, wo du bist“ (Vers 14). Er soll in jede Richtung auf das Land schauen, das der HERR ihm gegeben hat. Und auch für uns ist es gut, wenn wir von der Last derer befreit sind, die keinen Glauben für den Platz äußerer Trennung haben, unser Herz auf die Dinge zu richten, die droben sind, „indem wir nicht das anschauen, was man sieht, sondern das, was man nicht sieht“ (2. Kor 4,18). Wir sollten uns an jedem Teil der Offenbarung erfreuen, die Gott uns aus der künftigen Welt geschenkt hat, aus dem himmlischen Land mit seiner Stadt, die Grundlagen hat (Heb 11,10).
In diesem Sinn können wir noch immer der Anweisung des HERRN an Abraham Folge leisten, als Er zu ihm sagte: „Mache dich auf und durchzieh das Land nach seiner Länge und nach seiner Breite; denn dir will ich es geben“ (1. Mo 13,17). Nachdem Abraham von dem, der nur ein Nachahmer war, befreit worden war, und sich über jede Eifersucht erheben konnte, erlaubte er dem HERRN, seinen Weg zu bestimmen. Und so erfreute er sich der reichhaltigen Entfaltung der künftigen Welt, auf die er in Geduld wartete. In der Zwischenzeit bewegte er sich durch das Land hindurch – mit seinem Zelt und seinem Altar.
Sieg und Niederlage (1. Mo 14)
In 1. Mose 12 haben wir den Segen auf dem Weg des Glaubens, der die Antwort Abrams auf den Ruf Gottes war, verfolgt. Wir haben auch feststellen müssen, wie man hinfallen kann, wenn uns nicht die Kraft des Herrn aufrecht erhält.
In 1. Mose 13 haben wir gesehen, dass der Gläubige auf die Vorzüge dieser Welt verzichtet, wenn er den Weg des Glaubens gehen möchte. Im Gegensatz dazu steht die traurige Wahl der Welt durch den Gläubigen, der sich durch seine natürlichen Augen regieren lässt.
1. Mose 14 stellt uns die Konflikte der Welt vor: Nationen kämpfen gegen Nationen. In diesen Auseinandersetzungen erringt der Gläubige, der die Angebote der Welt zurückgewiesen hat, den Sieg. Der Gläubige dagegen, der allein mit seinen natürlichen Augen sein Leben führt, gerät unter die Macht dieser Welt. Darüber hinaus lernen wir, dass die Kämpfe in dieser Welt am Ende unter den Gerichten Gottes in die Befreiung des Volkes Gottes münden, aber auch in die Aufrichtung der Herrschaft Christi als Priester und König. Das wird vorbildlich in Melchisedek vorgestellt, dem König von Salem.
Konflikt (Verse 1–11)
Das Kapitel beginnt mit dem ernsten Bild dieser gegenwärtigen, bösen Welt. Es handelt sich um eine Szene, in der die Nationen sich selbst in Gruppen aufteilen und Allianzen bilden, um ihre Ausdehnungspläne ausführen zu können. Zugleich wollen sie sich so vor Angriffen schützen.
Zudem handelt es sich um eine gesetzlose Welt, in der die Menschen gezwungen werden, Regierungen gegen ihren Willen zu dienen, oder gegen diese Regierungen zu rebellieren, um ihre Freiheit wieder zu erhalten (Vers 4).
So wird die gesamte Welt, ob es sich um die höheren oder die niedrigeren Sphären handelt – der Berg oder die Wüste (Vers 6) – zu einem Platz von kriegerischen Interessen und selbstsüchtigen Konflikten.
Gefangennahme (Vers 12)
Der Bericht dieser Auseinandersetzungen in der Welt führt zu dem, was so tiefgreifend lehrreich ist – dem Kontrast zwischen dem Gläubigen, der durch seine Augen geleitet wird, und dem, der durch Glauben sein Leben führt. Im Verlauf dieser Kämpfe wird der Mann der Augen, Lot, von der Welt gefangen genommen. Abraham dagegen, der Mann des Glaubens, erringt Siege über die Welt.
So lesen wir, dass die siegreichen Könige „Lot nahmen, den Sohn von Abrams Bruder, und seine Habe, und zogen davon; denn er wohnte in Sodom“ (Vers 12). Es ist sehr lehrreich zu erkennen, dass Lot, von dem wir in Kapitel 13,12 gelesen haben, dass er die Ebene des Jordan wählte „und Zelte aufschlug bis nach Sodom“, inzwischen einen weiteren Schritt nach unten gegangen ist, denn wir lesen hier: „Er wohnte in Sodom“. Wir können sicher sein, dass es nicht die Absicht von Lot war, in Sodom zu wohnen, als er seine Zelte in Richtung dieser Stadt aufstellte. Aber ein falscher Schritt führt zum nächsten. Sich der Welt anzunähern führt schnell dazu, in der Welt zu wohnen. Und dadurch, dass Lot in der Welt wohnt, wird er auch in ihre Konflikte involviert und durch ihre Herrschaft gefangen genommen.
Es ist noch immer wahr, dass der Gläubige, der sich in dieser Welt niederlässt, keine Kraft gegen die Welt besitzt. Wo der Glaube fehlt, der die kommende Herrlichkeit im Blick hat, gibt es auch keinen Glauben, die gegenwärtige, böse Welt zu überwinden. Genau das ist der Fall bei Lot. Er hat die Welt nie überwunden, sondern wird immer wieder von einem bösen Einfluss nach dem anderen überwunden. Er akzeptierte den Platz äußerer Absonderungen durch die Führung von Abraham, nicht so sehr durch Glauben an Gott. Und als die Prüfung kam, fällt er unter dem Einfluss von den scheinbar guten Aussichten, die er vor Augen hatte. Nachdem er der Welt näher gekommen ist, kommt er immer mehr unter ihren Einfluss und lässt sich in Sodom nieder. Schließlich wohnt er in Sodom und muss feststellen, dass er am Tag des Kampfes ein sehr einsamer Mann geworden ist, der keine Kraft hat und auch keinen Menschen, der ihm hilft. Zudem ist er nicht in der Lage, mit der Hilfe Gottes zu rechnen. Kraftlos am Tag des Kampfes wird er von seinen Feinden gefangen genommen.
Der Gegensatz (Verse 13-16)
Im Gegensatz zu Lot, der die Welt für sich gewählt hat und damit ihr Gefangener geworden ist, wird uns jetzt der Mann vorgestellt, der auf die Vorzüge der Welt verzichtet hat und die Welt dadurch überwand. Lot war, wie wir gesehen haben, für den Tag des Kampfes unvorbereitet. Abraham dagegen, der abgesondert von der Welt lebte, war auf den Konflikt vorbereitet. Er hat in seinem Haushalt solche, die für den Kampf geübt haben. Und so ist auch er selbst in der Lage, den guten Kampf zu kämpfen – aber in der Tat nicht mit dem Ziel, sich selbst zu vergrößern, oder die Reichtümer dieser Welt zu erwerben, sondern um einen Bruder zu befreien, der in der Macht der Welt gefangen ist.
Die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich. Und wir kämpfen auch nicht gegen Fleisch und Blut (Eph 6,12). Nichtsdestoweniger ist der christliche Kampf sehr real. Wir verteidigen die Wahrheit und versuchen solche zu befreien, die in Gefahr stehen, in die religiöse Welt hineinzufallen, oder die bereits von ihr gefangen genommen wurden.
Paulus lebte in dem Licht einer anderen Welt und rühmte sich des Kreuzes unsers Herrn Jesus Christus, durch den ihm die Welt gekreuzigt war und er der Welt. Er kämpfte den guten Kampf und entkam so den Fallstricken derer, die reich werden wollten und sich dadurch selbst mit vielen Leiden durchstochen (vgl. 1. Tim 6,10). Er kämpfte einen großen Kampf für diejenigen, die in Gefahr standen, unter die Macht der religiösen Welt zu fallen (Kol 2,1).
Belohnung (Verse 17–24)
Abraham ist jedoch nicht nur siegreich über die Feindschaft der Welt, sondern er bewährt sich auch gegenüber ihren Schrecken und ihren Geschenken. Wir mögen erhaben sein über die Feindschaft der Welt und doch ihrer Liebenswürdigkeit zum Opfer fallen. Und wir stehen nie mehr in Gefahr zu fallen als gerade in dem Moment eines Sieges. Das weiß der Feind sehr gut. Und so kommt er mit Versuchungen gerade zu dem Zeitpunkt, wenn wir nicht auf der Hut sind. So war es bei Abraham: „Der König von Sodom zog aus, ihm entgegen, .... als er zurückgekehrt war“ (Vers 17) von dem Triumph über die feindlichen Könige.
Aber wenn der König von Sodom kommt, um Abraham zu versuchen, ist der König von Salem schon da, um Abraham zu stützen. Der Heilige Geist hat uns in dem Brief an die Hebräer die geistliche Bedeutung dieser schönen Szene gegeben. Dort wird Melchisedek eingeführt als ein Vorbild der Herrlichkeiten des Herrn Jesus. Sein Name und der seines Landes bedeutet, dass er König der Gerechtigkeit und König des Friedens war. Zudem war er „Priester Gottes, des Höchsten“ (Heb 7,1–3). Als ein König bringt er Gerechtigkeit und Frieden zu seinen Untertanen. Als Priester führt Er den Lobgesang seines Volkes zu Gott. Als der Vertreter Gottes vor den Menschen segnet Melchisedek Abraham im Namen Gottes. Als der Stellvertreter des Menschen vor Gott segnet, das heißt preist er Gott, den Höchsten, im Namen Abrahams.
So wird Gott in den kommenden Tagen des 1000-jährigen Reiches bekannt sein als der Höchste, der sein irdisches Volk von den Feinden befreien wird und im Gericht mit jeder feindlichen Macht handeln wird. Dann wird Christus in der Tat als König und Priester hervorleuchten. Das wird uns in direkter Weise durch Prophetie mitgeteilt: „Und er wird Herrlichkeit tragen; und er wird auf seinem Thron sitzen und herrschen, und er wird Priester sein auf seinem Thron; und der Rat des Friedens wird zwischen ihnen beiden sein“ (Sach 6,13). Er wird der wahre König der Gerechtigkeit, der König des Friedens und der Priester Gottes, des Höchsten, sein.
Nachdem Melchisedek Brot und Wein herausgebracht hatte, sind die Bedürfnisse Abrahams gestillt, und seine Freude ist sichergestellt. So kann er auf die Geschenke dieser Welt verzichten. Abraham hat seine Hand zum Herrn, Gott, dem Höchsten, gehoben. Das ist der Eine, der alle Fülle im Himmel und auf Erden besitzt. Nachdem er von Gott gesegnet worden ist, will er von dieser Welt nichts annehmen, damit die Welt nicht sagen kann: „Ich habe Abram reich gemacht“ (1. Mo 14,23).
Mit allen geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern gesegnet und reicht gemacht mit den unergründlichen Reichtümern des Christus kann sich der Gläubige über die Verführungen dieser Welt erheben und ihre Geschenke und Ehren zurückweisen. Er verfolgt das Leben des Glaubens auf einem Weg der Absonderung – und genießt dabei den Frieden in seinem Herzen. Der Glaube geht diesen Weg in dem Licht der künftigen Welt. Der Glaube weiß, dass alle Kämpfe dieser Welt zu einem Ende kommen werden in der herrlichen Herrschaft Christi, wenn Er sein armes, verirrtes Volk von seinen Feinden befreien wird und Gerechtigkeit sowie Friede auf dieser Erde eingeführt werden. So lesen wir: „Er wird dein Volk richten in Gerechtigkeit, und deine Elenden nach Recht. Die Berge und die Hügel werden dem Volk durch Gerechtigkeit Frieden tragen“ (Ps 72,2.3).
Sohnschaft und Erbe (1. Mo 15)
In 1. Mose 11 bis 14 haben wir das öffentliche Zeugnis von Abraham vor Menschen gesehen. Im zweiten Teil seiner Geschichte, die wir in den Kapiteln 15 bis 21 finden, haben wir die persönlichen Übungen seiner Seele vor Gott vor uns. Es ist klar, dass Abrahams Weggang von Haran, sein Zelt, sein Altar, sein Verzicht auf die Dinge dieser Gesellschaft und sein Sieg über die Könige alles Dinge waren, die öffentlich bekannt waren. Sie zeigen sein Leben des Glaubens und das herrliche Ziel, zu dem dieser führt. Nun müssen wir lernen, dass seine inneren Empfindungen hinter diesem öffentlichen Zeugnis zurückfielen.
Es ist sehr wichtig zu erkennen, dass wir nicht nur dazu berufen worden sind, Zeugen von wahren Tatsachen zu sein, sondern auch Wahrheiten zu bezeugen, die unsere eigenen Seelen beeinflusst haben.
In diesen wunderbaren Begebenheiten finden wir den persönlichen Umgang zwischen Gott und einem Mann, der dieselben Empfindungen hat wie wir (vgl. Jak 5,17). Gott erscheint Abraham in Visionen und durch persönliche Besuche, in denen Er mit Abraham spricht und sogar dessen Gastfreundschaft annimmt. In diesen Gesprächen offenbart Gott das Ziel seines Herzens, soweit es Abraham und seine Nachkommen betrifft. Er behandelt Abraham als einen Freund und zeigt ihm seine Gedanken über diese Welt.
Eine Offenbarung Gottes (Vers 1)
Abraham kann, was ihn betrifft, vor Gott in vollem Vertrauen seine Nöte ausbreiten, auch seine Schwierigkeiten sowie seine Bitten für andere. Solch eine herablassende Gnade vonseiten Gottes und das bedingungslose Vertrauen vonseiten Abrahams sind für uns sehr lehrreich. Im Licht der vollen Offenbarung Gottes als unser Vater ist es für Gläubige möglich, noch größere Vertrautheit mit Gott zu genießen, wenn auch in einer weniger bekannten Weise. Wir mögen unsere Herzen wirklich einmal untersuchen: Bringen wir jede Schwierigkeit zu Gott? Breiten wir Ihm unsere Nöte aus? Und bitten wir in vertrauensvoller Liebe für andere? Wir werden durch diese lieblichen Szenen zumindest ermutigt, diese Vertrautheit mit Gott neu zu pflegen.
Der Anlass für diese neuen Mitteilungen Gottes ist ebenfalls sehr lehrreich. Abraham hatte soeben die Geschenke und Ehren dieser Welt zurückgewiesen. „Nach diesen Dingen erging das Wort des HERRN an Abram in einem Gesicht, und er sprach: Fürchte dich nicht, Abram; ich bin dir ein Schild, dein sehr großer Lohn“ (1. Mo 15,1). Nachdem Abram sich über die Feindschaft der Welt erhebt, über die er einen Sieg errungen hatte, hat er einen Schild nötig. Nachdem er die Geschenke dieser Welt zurückgewiesen hat, bekommt er eine Belohnung von Gott. Und Gottes Schutz, Gottes Belohnungen übertreffen alles, was diese Welt uns anbieten könnte. Wenn Gott unser Schild ist, brauchen wir Vergeltungsschläge besiegter Feinde nicht zu fürchten. Mit Gott als unserer Belohnung können wir auf die Geschenke dieser Welt verzichten.
Die Antwort des Glaubens (Verse 2.3)
Die Antwort auf diese Mitteilung Gottes ist schön, da sie uns das schlichte Vertrauen Abrahams zeigt. Gott hatte gesagt: „Ich bin ... dein sehr großer Lohn.“ Abraham nimmt Gott mit dem größten Vertrauen beim Wort und fragt: Wenn das so ist, was willst du mir geben? Zudem breitet er seine Bedürfnisse vor Gott aus. Er sagt die Dinge so, wie sie sind: „Du hast von meinen Nachkommen gesprochen. Du hast mir das Land verheißen. Aber ich bin kinderlos und mein ganzer Besitz geht auf meinen Knecht Elieser über. Du hast mir das Land gegeben und von meiner Nachkommenschaft gesprochen. Aber siehe, du hast mir keine Nachkommen geschenkt, so dass ein Knecht mein Erbe sein wird.“
Der Lohn der Gnade (Vers 4)
Der HERR antwortet Abraham und – wie es immer bei
Quelle: bibelpraxis.de/a1297.html