Der Bund (1937): Vermischung von Versammlung und Staat

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Staatliche Erlaubnis und Kontrolle

Der deutsche Staat hat es für angebracht gehalten, ein Verbot zu erlassen, das Verbot der Ausübung aller kirchlichen Funktionen durch „die Christliche Versammlung". Dieses Verbot wird nicht aufgehoben, es sei denn, es wird eine neue und andere Organisation gebildet. Sie ist zu uneingeschränktem Gehorsam gegenüber dem Staat verpflichtet. Dazu zählt auch die Unterwerfung unter die ständige Kontrolle seiner Angelegenheiten durch den Staat.

Die Akzeptanz einer solchen Beherrschung der Welt in geistlichen Dingen durch die Brüder steht nicht nur vollkommen im Gegensatz zu ihrer früheren Praxis (das wird auch zugegeben von denen, die sich zum Bund bekennen), sondern vor allem zu der durchgehenden Belehrung des Neuen Testaments.

Charakter der Welt

Die Welt (gr. kosmos) ist die geordnete oder organisierte Regierung des Menschen der menschlicher Angelegenheiten, wobei Gott und sein Wort nicht beachtet werden. Der Herr sagte von sich selbst: „Ich bin nicht von dieser Welt" (Joh 17,16), und von seinen Jüngern: „Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt bin" (Joh 17,16). Sein Reich ist nicht von dieser Welt (Joh 18,36). Satan ist sein Fürst (Joh 12,31; 14,30). Die Freundschaft der Welt ist Feindschaft gegen Gott (Jak 4,4). Die Welt hasst und verfolgt die Gläubigen (Joh 15,18; 1. Joh 3,13). Und alles, was in dieser Welt ist, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt (1. Joh 2,16).

Zudem wurde die Einstellung der Welt gegenüber der Versammlung unmittelbar nach seiner Gründung zu Pfingsten deutlich. Leben und Freiheit der Jünger wurden sofort bedroht durch das Synedrium. Die Gläubigen erkannten in diesen Drohungen den Geist der Welt, der Verbindung jüdischer und heidnischer Mächte, die den Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt hatten (siehe Apg 4,26-30). Wenn die regierende Körperschaft in Jerusalem den Aposteln verbot, im Namen Jesu zu sprechen oder zu lehren, weigerten sie sich, darauf mehr zu hören als auf Gott. Angesichts dieses Verbots sagten sie kühn, dass sie Gott mehr gehorchen müssten als Menschen (Apg 4,10; 5,29).

Das Vorbild von Daniel und seinen Freunden

Haben die drei jüdischen jungen Männer sich der Kontrolle ihrer Anbetung durch den Herrscher Babylons unterworfen? Oder Daniel dem medo-persischen Dekret, was sein Gebet betraf? Männer früherer Glaubensgenerationen, derer die Welt (oder der Staat) nicht wert war, irrten umher in Wüsten und versteckten Orten, als öffentliche Versammlungen verboten wurden (Heb 11,38). Sie litten für ihren Glauben an Gott und weigerten sich, ihren Glauben zu leugnen oder zu widerrufen, wenn der Staat dies befahl.

Jede Art von Koalition oder Kompromiss zwischen der Versammlung und dem Staat ist im Neuen Testament unbekannt. Selbst die Zuflucht zum Gericht wegen Streitigkeiten von Brüdern wird verurteilt (1. Kor 6,1.2). Der große Unterschied zwischen der Kirche und dem Staat wurde von Gallion, dem römischen Prokonsul, anerkannt, der sich weigerte, eine Frage zur christlichen Anbetung zu untersuchen. Er sah so etwas als eine ungeeignete Angelegenheit an für ein Zivilgericht (Apg 18,14.15).

Die feindliche Gesinnung der Welt gegenüber den Erlösten

Im Licht der genannten Bibelverse und anderer Schriften sollten Gläubige wegen der Feindschaft der Welt gegenüber Christus und den Seinen erwarten, dass Satan durch die organisierten Kräfte der Regierungen dieser Welt die öffentlichen Zusammenkünfte der Heiligen behindern möchte. Sie versammeln sich im Namen des Herrn Jesus wegen seiner Zusage, in der Mitte zu sein (Mt 18,20). Es ist für sie regelmäßige Praxis, sich zu versammeln, weil ihnen geboten worden ist, die Zusammenkünfte nicht zu versäumen (Heb 10,25).

Hier besitzen sie die göttliche Autorität, sich zu versammeln, und den göttliche Beweggrund dazu, d. h. die Anwesenheit des Herrn selbst. Wenn der Staat (die weltliche Macht) diese Zusammenkünfte verbietet und Strafe für Ungehorsam ankündigt, sind diese Strafen die Art von Verfolgung, welche die ersten Christen erduldeten, weil sie Christus angehörten. Sie fühlten sich dann für würdig erachtet, um des Reiches Gottes wegen zu leiden. Sind wir besser als sie? Ist es ein konsequentes Verhalten der Gläubigen heute, solchen Strafen durch unwürdige Kompromisse mit den weltlichen Regierungen zu entgehen? Kann ein solches Ausweichen als Treue zu Christus angesehen werden?

Aus diesem allen ziehen wir den Schluss, dass das öffentliche Versammeln der Heiligen im Namen des Herrn auf der Schrift beruht. Sie zeigt, dass dieses Versammeln der Wille des Herrn ist, geheiligt durch seine Anwesenheit und illustriert durch die in der Apostelgeschichte und den Briefen mitgeteilten Beispiele. Wir sollen damit nicht aufhören. In dieser Angelegenheit sollten wir mehr dem Herrn gehorchen, der es befiehlt, als dem Staat, der es verbietet.

Die Autorität der Regierung

Natürlich gibt es zweitrangige Angelegenheiten, bei denen die Regierung eine Kontrolle ausüben kann. Hier werden die Gläubigen in den heiligen Schriften ermahnt, gehorsam zu sein. Registrierung von Geburten, Todesfälle, Wohnsitz, sowie Vorkehrungen wie sanitäre Anlagen und Brandschutzmaßnahmen in öffentlichen Gebäuden, Steuern usw. Solche staatlichen Vorschriften werden in Schriftstellen wie Römer 13; 1. Petrus 2,13.14 behandelt und stellen keine Gewissensfrage gegenüber Gott dar. Wir sollen uns ihnen ohne Widerstand unterwerfen, auch wenn einige der Auflagen als ungerecht oder übertrieben angesehen werden.

Aber es scheint nun so zu sein, dass eine genaue Einhaltung solcher Vorschriften als nicht ausreichend angesehen wird. Nun fordert die Regierung die rückhaltlose Teilnahme am politischen Dienst der Brüder ...

Autorität des Staates über die Versammlung?

Der Staat behauptet, Autorität über die Brüder nicht nur im Blick auf sie als einzelne Bürger zu besitzen, sondern auch im Blick auf ihr gemeinschaftliches Teil als solche, die zu dem einen Leib Christi gehören. Wir wissen, dass Christus als Haupt über alle Dinge der Versammlung gegeben ist, die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt (Eph 1,22.23). Der Heilige Geist wiederum ist die Quelle aller Energie und Aktivität im Leib Christi (1. Kor 12). Wie unpassend, die Autorität der Welt in einen solchen Bereich hineinzubringen und zuzulassen! Babylon, die falsche Kirche, und das erste Tier (Off 13) sind miteinander verbunden, was das künftige Gericht in der apokalyptischen Vision betrifft (Off 17). Der Keim dieser unheiligen Allianz scheint schon jetzt die Basis der vorgeschlagene Organisation in Deutschland zu sein (des „Bundes").

Die Veränderung der geistlichen Wahrheiten für politische Zwecke

Eine neue Organisation ist auf einem vollkommen veränderten Fundament gebildet worden. Früher bestand die Versammlung gemäß den Anweisungen der Schrift aus den Gliedern des Leibes Christi. Es waren diejenigen, die von ihren Mitgläubigen aufgrund ihrer gesunden Lehre und ihres gottesfürchtigen Lebenswandels als solche anerkannt wurden.

Für die neue Organisation werden andere Qualifikationen politischer Natur eingeführt, die der Schrift unbekannt sind. Durch diese Neuerungen findet eine grundlegende Veränderung statt, wer zu denen gehört, die die Versammlung bilden. Die neue Organisation kann nicht als biblische Versammlung angesehen werden.

Die neue Aufnahmebedingung für Glieder des Leibes

Der Herr übertrug ausschließlich den „Seinen" die Verantwortung, in ihre Gemeinschaft aufzunehmen bzw. aus ihr auszuschließen (Mt 18,18 ; Joh 20,23). Die Anweisungen für die Ausführung dieser Aufgabe findet sich in den späteren Mitteilungen des Heiligen Geistes an die Versammlung. Nun aber hat der Staat eine neue Bedingung eingeführt, von der es in der Schrift nicht einmal irgendeinen Hinweis gibt. Es wird nun festgelegt, dass nur solche Christen in die Gemeinschaft aufgenommen werden, die sich zu uneingeschränktem Gehorsam gegenüber dem Staat verpflichten. Es wird betont, dass diese Loyalität keinen neutralen, negativen, passiven Charakter tragen darf.

Alle Kräfte und Fähigkeiten jedes einzelnen Gliedes der neuen Organisation müssen für das Wohl des deutschen Volkes eingesetzt werden. In der neuen Organisation müssen daher Zeit, Kraft und Fähigkeit der Gläubigen dazu benutzt werden, die Interessen der deutschen Nation zu fördern. Nicht dagegen ist die Rede davon, den Sündern das Evangelium zu predigen und den Heiligen mit dem Wort zu dienen, wie es den Gläubigen in der Schrift aufgetragen wird, dass sie es mit größter Energie und in vollem Umfang tun sollen.

Himmlische Berufung!

Auch ein neuer Maßstab für das Ziel und die Art des Lebens in der neuen Organisation wird aufgezeigt. Unser himmlisches Bürgerrecht wird geleugnet. Die Ermahnungen in den Briefen, unserer himmlischen Berufung würdig zu wandeln, werden ignoriert. Es wird darauf bestanden, die Ziele und Beschäftigungen dieses Lebens von ganzem Herzen zu verfolgen wie Kunst, Wissenschaft, Sport usw. Man versucht, eine gewisse Stütze aus der Schrift für diesen Wechsel vom geistlichen Ideal zu bekommen. Man sagt dann, dass der Herr mit den Worten, „trachtet zuerst nach dem Reich Gottes", nicht meinte, „trachtet nur nach dem Reich Gottes". Deshalb könnten wir auch nach irdischen Dingen trachten.

Aber der Heilige Geist sagte: „Sucht was oben ist ... Sinnt auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist " (Kol 3,1,2). Gott fordert von uns, dass „euer ganzer Geist, Seele und Leib" geheiligt werde (1. Thes 5,23). Der Herr sagte auch: „Kein Hausknecht kann zwei Herren dienen ... Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon" (Lk 16,13). Wir können nicht Christus und der Welt dienen, die Ihn gekreuzigt hat und die Ihn noch immer hasst und verachtet. Daher wird die Änderung der vorgeschlagenen Lebensweise nicht von Matthäus 6,33 gestützt, wie die Verfechter „des Bundes" es sagen. Sie hätten das aus einem Vers, der direkt vor diesem Abschnitt kommt, erkennen können (V. 24) ...

Untersteht die Versammlung der staatlichen Gerichtsbarkeit?

Die neue Organisation unterscheidet sich grundlegend, nicht nur von dem, was die Brüder früher kannten und genossen haben, sondern - was viel ernster ist - von der Schrift selbst. Indem die Versammlung unter eine direkte und fortwährende staatliche Gerichtsbarkeit gestellt wird und die Heiligen den himmlischen Charakter leugnen und der politischen Welt dienen, wird die Organisation in der Tat „neu" sein, nicht nur im Sinne eines Neuanfangs, sondern in dem Sinn, dass sie einen Charakter trägt, der dem früheren direkt entgegen steht. Es ist nicht die Hinzufügung des Judentums zur Gnade, wie in den Versammlungen von Galatien, sondern die Hinzufügung der weltlichen Politik zur Gnade. Gerade durch diese Verschmelzung entgegengesetzter Grundsätze ist der Zustand der Versammlung daher ähnlich dem des genannten frühen Abweichens von der Wahrheit.

Umkehren zu einem „anderen" Evangelium

Der Tadel des Apostels an die Gläubigen Galatiens gilt sicherlich jedem, der die Bedingungen des deutschen Staates akzeptiert: „Ich wundere mich, dass ihr euch so schnell von dem, der euch in der Gnade Christi berufen hat, zu einem anderen Evangelium umwendet, das kein anderes ist; nur dass einige da sind, die euch verwirren und das Evangelium des Christus verdrehen wollen." (Gal 1,6.7). Möge der Herr all den Seinen Weisheit und Treue schenken während der „kurzen Zeit", die noch vor der Erfüllung der gesegneten Hoffnung seiner Versammlung verbleibt.

 

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