Zu spät abtreten

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Nun ist Deutschland aus der Fußball-Europameisterschaft ausgeschieden. Viele Diskussionen gab es schon vor der EM, jetzt erst recht: Ist der Trainer der deutschen Nationalmannschaft, Jogi Löw, zu spät abgetreten?

Nun muss uns Fußball nicht interessieren. Aber manchmal hörte man auch: Ob es nicht sinnvoll wäre, wenn dieser oder jener seinen Dienst - ob örtlich oder überörtlich - abgeben würde? Er ist alt geworden, er versteht nicht mehr, was unsere Herausforderungen im Leben sind, usw.

Was finden wir dazu in Gottes Wort?

  • In Epheser 4,11 lesen wir, dass der Herr Diener als Gaben seiner Versammlung (Gemeinde, Kirche) schenkt. Er beruft sie in seinen Dienst, zum Segen für Gläubige und Ungläubige.
  • Wir lesen im Neuen Testament nicht, dass der Herr Diener wieder „abberufen" würde. Paulus diente bis an sein Lebensende. Von Petrus dürfen wir das auch annehmen. Und Johannes konnten noch in sehr, sehr hohem Alter vom Herrn benutzt werden. Die Offenbarung muss er über 60 Jahre nach dem Tod des Herrn geschrieben haben. Das zeigt, in was für einem Alter er gewesen ist.
  • Petrus spricht auch in seinem zweiten Brief davon, dass sein Abscheiden (nicht sein Abtreten) nahe ist und er die Gläubigen daher in dem Wort noch einmal befestigen möchte (2. Pet 1,12-15).
  • Das macht uns vorsichtig, den Gedanken eines Abtretens zu fordern oder zu vertreten.
  • Dennoch fällt uns auf, wenn man von den Aposteln einmal absieht, dass von Philippus oder Timotheus oder Apollos manches über ihren Dienst gesagt wird, uns aber nicht berichtet wird, was sie am Ende ihres Lebens noch in diesem Dienst getan hätten.
  • Das Alte Testament gibt uns in Bildersprache Hinweise für das praktische Leben des Neuen Testaments. Die Leviten sind hierbei ein bildlicher Hinweis auf unseren Dienst und Diener des Herrn. Bei ihnen heißt es ausdrücklich, dass sie ihren Dienst „von dreißig Jahren und darüber bis zu fünfzig Jahren" tun sollten (4. Mo 4,3). Das zeigt, dass eine gewisse geistliche Reife für einen Dienst für den Herrn nötig ist und dass es ein Alter gibt, an dem man in die zweite Reihe zurücktreten kann.
  • In diesem Sinn ist es weise, jedenfalls nicht zu früh in der Öffentlichkeit tätig zu werden, sondern die Schule Gottes im Leben zuzulassen. Und es ist auch weise, nicht über die Zeit hinauszugehen, wenn die geistigen und körperlichen Kräfte schwinden. Wir sind mit unserem Körper und Verstand Teil der ersten Schöpfung, die unter den Folgen des Sündenfalls seufzt (Röm 8). Es ist nicht verkehrt, das zu bedenken.
  • Das heißt natürlich nicht, dass nicht jüngere Brüder und Geschwister – beispielsweise vor dem 30. Lebensjahr – Sonntagschule halten oder am Büchertisch mitarbeiten oder ... tun könnten. Hier muss man sicher unterscheiden beispielsweise zwischen einem öffentlichen Lehrdienst und einem Dienst, der gerade für Jüngere geeignet ist, anzufangen, zu lernen und im Reich Gottes mit anzufassen. Man denke nur an Samuel, der früh erste Dienstschritt unternehmen durfte.
  • Die Leviten sollten dann, wenn sie über 50 Jahre alt waren, weiter beratend tätig sein und Jüngere einweisen und ihnen helfen. Es gibt auch im Alter noch viele Möglichkeiten, dem Herrn zu dienen. Aber man muss seine Grenzen kennen. Es ist immer schade, wenn man in dieser Hinsicht (und auch in anderer ...) über das Maß des Glaubens (Röm 12,3-8) hinausgeht. Und es ist wohltuend, wenn man Brüder und Geschwister sieht, die sich ihrer Grenzen (auch im Blick auf das Alter) bewusst sind und zugleich anderen eine Hilfe bleiben. Hier gibt es auch in der heutigen Zeit manche Vorbilder.
  • Es ist interessant, dass uns - soweit ich das übersehe - kein Beispiel für einen Leviten gegeben wird, der abgetreten wäre. Aber wir finden interessanterweise einen König, der anscheinend seinen Sohn schon vor dem eigenen Tod in seine Königswürde und -Aufgabe einführte: David im Blick auf Salomo. David war alt geworden, es ging offenbar schon manches schief inzwischen in seinem Königreich. Und dann machte er seinen Sohn zum König.

Summa summarum: Es gibt in Gottes Wort nicht so etwas wie „abtreten" oder „zurücktreten", schon gar nicht, einem Diener zu kündigen. Aber es gibt Weisheit, mit der geistigen und körperlichen Kraft recht umzugehen. Diese hat im Übrigen nichts (!) mit der geistlichen Kraft zu tun. Jemand kann alt und schwach sein und doch innerlich glücklich im Herrn und in der Macht seiner Stärke ruhen. Ein geistlicher Vater in Christus eben. Davon brauchen wir mehr.


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