Handschriftenfunde des Alten Testaments (1) Die Schriftrollen vom Toten Meer - Qumran

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Einige dieser wertvollen Funde wollen wir uns ansehen. Dabei beginnen wir mit den womöglich ältesten: den Schriftrollen von Qumran. Sie bestätigen uns die einzigartige Qualität der Überlieferung des Alten Testaments über einen Zeitraum von mehr als 1 500 Jahren.

Die Schriftrollen von Qumran

Von 1947 bis 1956 wurden im südlich von Jericho am Toten Meer gelegenen Qumran die bedeutendsten alttestamentlichen Schriftfunde gemacht.

In elf Felshöhlen entdeckte man etwa 800 Handschriften, von denen ca. 250 biblischen Inhalt aufweisen. Unter diesen Funden befanden sich elf Schriftrollen, die noch mehr oder weniger vollständig erhalten waren. Eine davon ist die bekannte Jesaja-Rolle (A).

An vielen anderen Schriftrollen hatte bereits der Zahn der Zeit genagt. Sie sind heute nur noch bruchstückhaft vorhanden. Zwar versuchte man Zehntausende der Fragmente über viele Jahre hinweg mühsam zusammen zu puzzeln, aber den Ursprungszustand erreichte man nicht.

Dennoch wurden von jedem Buch des Alten Testaments Fragmente in Qumran gefunden - mit Ausnahme des Buchs Esther 1. Vom Buch Jesaja sogar eine komplette Rolle.

Die wesentlichsten biblischen Funde

In diesem Artikel wollen wir uns mit den wesentlichsten biblischen Schriftfunden in Qumran beschäftigen. Diese wurden in den Höhlen I, IV und XI gemacht.

1947 entdecke man in Höhle I eine vollständig erhaltene Jesaja-Rolle (A) in Hebräisch aus der Zeit um ca. 150 v. Chr. Auch der bekannte Habakuk-Kommentar mit seinen Vers-für-Vers-Erklärungen, die der Schreiber damals als die „verborgene Bedeutung" bezeichnete, hatte dort sein Versteck. Zudem beherbergte die Höhle noch eine weitere Jesaja-Rolle (B), die allerdings unvollständig ist.

Der größte Fund wurde in Höhle IV gemacht. Dort stieß man im September 1952 auf tausende verfilzte und zerfallene Fragmente von fast 600 Handschriften. Teile von fast allen Büchern des Alten Testaments lagerten dort, sodass man einen großen Teil der Bücher Mose, Teile des Buches Josua, Stücke des Buches Richter, einen weitgehend erhaltenen Teil einer Samuel-Rolle, Jesaja-Fragmente, zwei Jeremia-Fragmente usw. fand. Man hatte die „Hauptader" Qumrans getroffen.

Die letzte große Entdeckung von biblischem Gut in Qumran wurde 1956 in Höhle XI gemacht, der sogenannten Fledermaushöhle. Dort fand man nicht nur Fragmente, sondern größere Schriftrollenfragmente: z.B. die große Psalmen-Rolle mit 40 Psalmen. Zudem fand man neben einigen nur zum Teil erhaltenen Sektenschriften eine aramäische Übersetzung (Targum) des Buches Hiob (Kap. 17-42) und Fragmente einer Abschrift des 3. Buches Mose (Kap. 4-27) in Althebräisch.

Das Alter der Funde

Mit Hilfe der Radiokarbonmethode und der Paläographie konnten die Forscher das Alter jener Schriften ermitteln. Man stellte fest, dass sie alle aus der Zeit vor 70 n. Chr. stammen und zum Teil bis ins 3. Jahrhundert v. Chr. zurückgehen.

Die wohl ältesten gefundenen biblischen Texte sind Bruchstücke einer Handschrift des 1. Buches Samuel aus Leder. Die Wissenschaft datierte sie zunächst um das Jahr 225 v. Chr., wobei man heute davon ausgeht, dass sie um 250 v. Chr. geschrieben wurden.

Durch die Funde von Qumran hatte man nun Texte an der Hand, die über 2 000 Jahre alt und damit 1 000 Jahre älter sind als die älteste vollständige Handschrift des Alten Testaments: der Codex Leningradensis (1008 n. Chr.). Die letztgenannte Handschrift dient heute noch als Grundlage für wissenschaftliche Grundtextausgaben des AT.

Fazit

Mit den über 1 000 Jahren älteren Funden vom Toten Meer stellte sich durch einen Vergleich die große Zuverlässigkeit des masoretischen Textes heraus, der mit den Funden größtenteils übereinstimmt und nur an wenigen Stellen in geringem Maß abweicht. Das lässt sich zum Beispiel anhand der Jesaja-Rolle (A) belegen. Bei ihr stellte man eine Übereinstimmung zum masoretischen Text von 95% fest. In nur 5% der Abschrift gibt es kleine Unterschiede in der Buchstabierung sowie andere belanglose Kleinigkeiten.

Für ungläubige Menschen ist schwer zu verstehen, dass über so viele Jahre des Abschreibens eine derartig hohe Qualität und Zuverlässigkeit erreicht werden konnte. Doch gerade das bestätigt uns immer wieder, dass es sich um Gottes Wort handelt und Gott über die Überlieferung seines Wortes gewacht hatte.

Deswegen konnte der Herr Jesus sagen: „Bis der Himmel und die Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist" (Mt 5,18).

Fußnoten

  • 1 Dass das Buch Esther in Qumran fehlt, kann daran liegen, dass das in Esther erwähnte Purimfest unter den Qumranbewohnern nicht gefeiert wurde. Das würde einen theologischen Hintergrund bedeuten. Dass es in hebräischer Sprache bereits existierte, ist unumstritten, da es sich schon in der Septuaginta, die etwa im 2. Jahrhundert v. Chr. entstandenen ist, wiederfindet. Demnach musste den Übersetzern schon in dieser Zeit eine Handschrift des Buches Esther vorgelegen haben.
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