Vor einiger Zeit rief der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München) dazu auf, mit den biblischen Texten, in denen Gewalt vorkommt, selbstkritisch umzugehen. Als ob Gott hier etwas aufschreiben ließ, dessen wir uns heute schämen müssten. Weit gefehlt! Wenn Gott Gewalt und aus unserer Sicht Brutalität für notwendig erachtet, dann hat das konkrete Gründe!
Das Buch Mose ist voll solcher „Gewalttaten“. Mit Recht fragt man sich: Warum eigentlich? An dieser Stelle möchte ich einige Antworten auf diese Frage geben. Wir lesen beispielsweise im Buch Josua, dass Israel keinen Entronnenen übrig ließ. Gerade für viele Bibelkritiker ist das brutal und nicht nachvollziehbar, was Josua im Auftrag Gottes hier tat.
Auch manche empfindsamen Christen haben damit manche Mühe. Ist Gott doch ein Gott der Rache? Bei der Beurteilung der hier beschriebenen Dinge sollten wir nicht vergessen:
- Die hier lebenden Völker kannten Gott. Das wissen wir aus 1. Mose 14. Denn Melchisedek stammte aus Kanaan und kannte nicht nur Gott, sondern diente Ihm auch. Er war Priester Gottes, des Höchsten. Diese Menschen hatten also einmal eine besondere Beziehung mit Gott, hatten sich jedoch offensichtlich von Ihm losgesagt und sich dem Götzendienst hingegeben.
- Darüber hinaus dürfen wir nicht vergessen, dass Gott das Gericht in 1. Mose 15,16 angekündigt hatte. Gott hat aber nicht sofort dieses Gericht über die Kanaaniter gebracht, sondern viele Hundert Jahre gewartet, bis die Ungerechtigkeit der Kanaaniter voll geworden war. Die Langmut Gottes harrte auch hier. Aber diese Feinde Gottes waren an dieser Gnade nicht interessiert.
- Diese Kanaaniter waren nicht nur furchtbare Feinde Israels, sondern in erster Linie die schlimmsten Feinde Gottes. Ihre Gottlosigkeit und ihr Götzendienst waren sprichwörtlich, so dass sie sogar Menschenopfer brachten, um ihre Götter wohl zu stimmen (vgl. 5. Mo 18,9.10; 3. Mo 18,21; 1. Kön 11,7). Diese bewusste Gottlosigkeit konnte Gott nicht mehr dulden. Es waren seine Geschöpfe, das dürfen wir nicht übersehen.
- In Josua 11,19 lesen wir, dass sich keine Stadt ergab, den Frieden suchte oder wenigstens ins Ausland flüchtete. Sie wollten den Kampf gegen Israel, denn sie waren nicht bereit, das Land, das ihnen gar nicht gehörte, freiwillig zu räumen. Das war natürlich zugleich schon ein Gericht Gottes, der ihr Herz verhärtet hatte, nachdem sie – wie der Pharao in 2. Mose – ihr Herz vielfach selbst gegen Gott und Israel verhärtet hatten.
- Das Gericht Gottes ist ein Thema, von dem wir sowohl im Alten Testament als auch im Neuen Testament immer wieder lesen. Gerade das letzte Buch der Bibel zeigt, dass noch furchtbare Gerichte über diese Erde kommen werden, besonders über die Christenheit, die sich von Christus und seinem Wort losgesagt hat. Aber Gott hat diese Welt immer wieder gerichtet. Das wussten die Kanaaniter auch aus der Geschichte. Man denke an die Flut (1. Mo 7), an das Gericht nach dem Turmbau in Babel (1. Mo 11) usw. Jedes Mal handelte Gott in Übereinstimmung mit seinem Charakter, was ein Gericht der verdorbenen Welt nötig machte. So auch hier in Josua 11.
Für Israel (und damit auch für uns) hatte dieses Handeln Gottes noch eine besondere Botschaft. Es zeigt, wie Gott mit dem Bösen umgeht. Er würde auch sie nicht schonen, wenn sie Ihm nicht gehorsam sein würden – im Gegenteil, das Gericht Gottes beginnt immer bei seinem eigenen Volk, wie gerade auch dieses Buch hier zeigt. „Denn die Zeit ist gekommen, dass das Gericht anfange bei dem Haus Gottes“ (1. Pet 4,17). Das wollen auch wir uns heute auf Herz und Gewissen schreiben lassen.
Quelle: bibelpraxis.de/a3408.html