Das Wort - der Sohn Gottes (1)

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„Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns ... voller Gnade und Wahrheit" (Joh 1,14).

„Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht" (Joh 1,18).

Das Johannesevangelium stellt uns den Herrn Jesus als den ewigen Sohn Gottes vor. Dabei gebraucht der Schreiber einfache Worte, mit denen er tiefe Wahrheiten über Ihn ausdrückt. Diese Wahrheiten lassen uns Herrlichkeiten des Sohnes Gottes erkennen.

Über den Begriff „das Wort"

Bevor wir uns dem ersten Vers zuwenden, müssen wir uns zunächst über den Begriff „das Wort" Gedanken machen.

Der Geist Gottes gebraucht den Begriff „das Wort" nicht ohne Grund. Wie ein Wort die Fähigkeit besitzt, einen Gedanken, etwas Inneres, auszudrücken, so ist das auch wahr bei „dem Wort". Das Wort offenbart.

Der verwendete Begriff für „Wort" ist im Grundtext das griechische Wort „logos". Das ist an dieser Stelle nicht unwichtig zu beachten, weil es noch einen weiteren Begriff in dieser Sprache gibt, der auch mit Wort übersetzt werden kann: „rhema". Ein wesentlicher Unterschied dieser beiden Begriffe ist, dass „rhema" das gesprochene Wort bedeutet, während „logos" darüber hinaus auch etwas Inneres bzw. Wesenhaftes ausdrücken kann. Der Begriff „das Wort" wird also verwendet, weil es der Ausdruck des Wesens Gottes ist. Mit anderen Worten ist „das Wort" die volle Offenbarung Gottes. Alles das, was von Gott offenbart wurde, geschah durch „das Wort". Darin sehen wir den ersten wesentlichen Verwendungszweck dieses Begriffes. Darüber hinaus dürfen wir „das Wort" auch als einen Titel für den Sohn Gottes verstehen.

Die Herrlichkeiten des Sohnes Gottes

Zu Beginn des Johannesevangeliums werden verschiedenen Herrlichkeiten mit „dem Wort" verbunden:

1. Ewige Existenz

„Im Anfang war das Wort" (Joh 1,1). Das Johannesevangelium beginnt mit den Worten: „Im Anfang". Vor „Anfang" gibt es keinen bestimmten Artikel. Es wird damit auch kein bestimmter Anfang vorgestellt. Es handelt sich also um eine charakteristische Bezeichnung und meint irgendeinen Anfang, den man sich vorstellen kann: Da war das Wort. Wir befinden uns gedanklich damit in der Ewigkeit.

Durch den Begriff „war" wird uns die Tatsache vor Augen gestellt, dass „das Wort" „im Anfang" bereits schon sein Bestehen, seine Existenz hatte. Vielleicht lässt sich dies an einem schwachen Beispiel verdeutlichen: Wir stellen uns einen Zeitstrahl vor, gehen viele, viele Jahre auf diesem Strahl zurück und setzen einen Punkt - da „war" „das Wort". Jetzt nehmen wir diesen Punkt und gehen noch weiter zurück und setzen ihn erneut - auch da „war" „das Wort". So könnte man den Punkt weiter und weiter zurückbewegen und würde nie einen Punkt finden, an dem „das Wort" nicht da gewesen wäre. Es besteht von Ewigkeit her.

Einen weiteren Beleg für die ewige Existenz „des Wortes" bekommen wir, wenn wir einen Vergleich mit dem Anfang in 1. Mose 1,1 machen. Wir lesen dort: „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde". Es ist der Anfang der Schöpfung, der Anfang der Zeit. In diesem Anfang „schuf" Gott - Er war tätig. Der Sohn Gottes war der Ausführende, durch den Gott alles geschaffen hat (Kol 1,16). Das bestätigt uns die Tatsache, dass der Sohn, „das Wort" bereits vor dem Beginn der Schöpfung sein Bestehen hatte. Er wurde nie erschaffen oder gezeugt, sondern besteht in Ewigkeit!

2. Eigene Persönlichkeit

„Und das Wort war bei Gott" (Joh 1,1). Nun tritt eine weitere Herrlichkeit „des Wortes" vor unsere Augen. Wir lesen in diesem Versteil, dass „das Wort" „bei" Gott war. „Bei" jemandem zu sein bedeutet, dass man sich von der Person, bei der man ist, unterscheidet. So ist es mit „dem Wort". „Das Wort" ist eine eigene unterscheidbare Person - eben der Sohn. Zugleich schließt es mit ein, dass „das Wort" eine Beziehung zu Gott hat, da es ja „bei" Ihm ist.

3. Wesenhaft Gott

„Und das Wort war Gott" (Joh 1,1). Schnell kann der Zweifel entstehen, ob „das Wort" denn Gott sein kann, wenn es eine unterscheidbare Person innerhalb der Gottheit ist. Doch mit diesem Versteil wird dieser Zweifel sofort entkräftet, denn „das Wort war Gott" (Joh 1,1). In diesen wenigen Worten wird die Tatsache beschrieben, dass „das Wort" wesenseigen Gott ist. Es ist von seiner Natur und in seinem Wesen vollkommen Gott.

Zugleich wird uns hier in diesen Worten mitgeteilt, dass sich die Gottheit nicht nur auf „das Wort" allein beschränkt. In dem vorigen Versteil steht im Grundtext vor Gott der Artikel („war bei dem Gott") und nach diesem Versteil steht vor Gott wieder der Artikel („war im Anfang bei dem Gott"). In diesem Versteil fehlt der Artikel vor Gott („das Wort war Gott"). Würde der bestimmte Artikel dort stehen, würde die Gottheit nur auf „das Wort", auf den Sohn beschränkt werden - der Vater und der Heilige Geist wären davon ausgeschlossen. Das aber sind sie nicht. Darüber hinaus macht das Fehlen des Artikels auch deutlich, dass es sich um ein Charakteristikum „des Wortes" handelt - es ist wahrhaftig GOTT!

4. Ewige Persönlichkeit

„Dieses war im Anfang bei Gott" (Joh 1,2). In diesem Vers sind zwei Gegenstände enthalten, die wir bereits vor uns hatten: „Im Anfang" und „bei Gott". „Im Anfang" beschreibt hier wieder den frühesten Anfang oder Beginn, den die Bibel kennt. Wie in Vers 1 fehlt auch hier der Artikel vor „Anfang". Der zweite Gegenstand „bei Gott", den wir auch schon vor uns hatten, ist ebenfalls völlig in seinem Wortlaut mit dem des vorherigen Verses identisch. Doch die Zusammenfügung der beiden eigentlich schon bekannten Wahrheiten stellt uns über „das Wort" eine vierte, neue Herrlichkeit vor. Wir bekommen hier mitgeteilt, dass „das Wort" im Anfang bereits als eigene, unterscheidbare Person eine Beziehung zu Gott besaß und genossen hat. Mit anderen Worten: „Das Wort" ist nicht zu irgendeinem Zeitpunkt aus der Gottheit hervorgegangen.

5. Schöpferherrlichkeit

„Alles wurde durch dasselbe" (Joh 1,3). Jetzt wird uns zeigt, dass „das Wort" der Schöpfer ist. In jedem der bereits betrachteten Teilverse haben wir gesehen, was „das Wort" „war" - nun sehen wir, was durch „das Wort" „wurde". Es wird dabei deutlich, dass „das Wort", der Sohn Gottes, die ausführende Person ist. Wenn wir es in Ehrfurcht sagen dürfen, dann war Er das Instrument, durch das Alles ins Dasein gerufen wurde. An anderer Stelle lernen wir, dass es zugleich in Ihm (in seiner Kraft) und für Ihn geschah (Kol 1,16). Wenn auch der Sohn der Ausführende war, wollen wir festhalten, dass dennoch alle drei Personen der Gottheit an der Schöpfung beteiligt waren (siehe 1. Mose 1,1; Gott - Elohim ist eine Pluralform).

„Alles" beinhaltet die Erschaffung des Himmels und der Erde, die der Himmelskörper, die der Tiere, die der Menschen, die der Throne, die Fürstentümer, die Gewalten, die Zeitalter ... (1. Mo 1; Kol 1,16; Heb 11,3). Wenn also durch „das Wort" Alles geschaffen wurde, dann wird dadurch noch einmal bestätigt, dass „das Wort" selbst kein Geschöpf ist.

„Und ohne dasselbe wurde auch nicht eins, das geworden ist" (Joh 1,3). Als nächstes verwendet Johannes ein besonderes rhetorisches Stilmittel mit dem er einen bestimmten Zweck verfolgen möchte. Vorher hieß es: „Alles wurde durch dasselbe" und nun heißt es „und ohne dasselbe wurde auch nicht eins". Dadurch findet eine Betonung, eine Verstärkung der Aussage statt, dass „auch nicht eins" ohne den Sohn Gottes geschaffen wurde. Ohne Ihn konnte kein Leben, konnte eben nichts entstehen. Das steht im Widerspruch zu der Evolutionstheorie.

Darüber hinaus bringt Gott durch die Perfektform „das geworden ist" zum Ausdruck, dass das, was gegenwärtig in der ganzen Schöpfung existiert, genau das ist, was in der Vergangenheit geschaffen wurde. Die Schöpfung hat also nie einen Schöpfungsprozess, wie es in den Gedanken der Evolutionstheorie zum Ausdruck kommt, durchgemacht und sich dabei entwickelt, sondern sie ist heute immer noch das Ergebnis dessen, was in der Vergangenheit geschaffenen wurde. Wenn wir also heute einen Blick in die Schöpfung werfen, sei es in die Pflanzenwelt, die Tierwelt, auf den Menschen, die Sonne, den Mond, die Planeten, die Sterne ... - alles dies ist durch „das Wort", den Sohn Gottes, geschaffen worden.

An dieser Stelle wollen wir den Gedanken beachten, dass die Sünde, das Böse nicht von Gott geschaffen wurde, weil Er vollkommen Licht ist. Licht ist die Natur Gottes (Joh 1,5) - wie auch „Liebe" - und aus dieser kann nichts Böses hervorkommen (Hab 1,13). So ist leider auch die Schöpfung durch die Sünde in Mitleidenschaft gezogen worden (Röm 8,20-22).

6. Besitz von Leben

„In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen" (Joh 1,4). Nun wird uns eine weitere Herrlichkeit „des Wortes" vorgestellt, nämlich die, dass es Leben ist. Dabei fällt auf, dass wir keinen bestimmten Artikel vor „Leben" haben. Dadurch können wir erkennen, dass „Leben" für „das Wort" charakteristisch ist - das, was „das Wort" kennzeichnet, ist „Leben". „Das Wort" ist also im Besitz von Leben. Dieses Leben beschreibt nicht nur den Ursprung des physischen Lebens, sondern vielmehr das ewige Leben, das in dem Sohn ist (1. Joh 5,11).

Dieses, das ewige Leben, war das Licht der Menschen. Dort, wo es sich entfaltete, wurde der Mensch in das Licht Gottes gestellt. Es war kein anderes Licht, als das des Lebens. Aber damit dieses Leben als Licht sichtbar werden konnte, musste der Sohn Gottes Mensch werden. Nur dann konnte das Licht den Menschen ins Licht stellen.

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