Es ist zum Weinen

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Auf die Frage eines Sünders, was er tun müsse, um errettet zu werden, antwortete der Apostel Paulus: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus." (Apg 16,31) War das aber die gesamte Botschaft, die der Apostel diesem Gefängniswärter mit auf den Lebensweg gab? „Und sie redeten das Wort des Herrn zu ihm samt allen, die in seinem Haus waren." Paulus sprach also über mehr als nur über den Glauben.

Natürlich kann man nicht in jeder Evangelisation über alle Einzelheiten sprechen, die mit Sünde, Buße, Vergebung, Glauben, Kreuz, Schuld, Gericht, Hölle, Verdammnis, Gnade usw. verbunden sind. Kann es aber eine längere Predigt geben, die nicht mindestens von der Last der Sünden und der Schuld spricht? Eine Evangeliumsreihe, die sich nicht mit der Hölle, mit dem verdorbenen, sündigen Zustand des Menschen auseinandersetzt? Es ist außerordentlich bedauerlich, dass fast nur noch in einem Übergabegebet - was auch immer man davon halten mag - kurz der Begriff „Sünde" erwähnt wird. Und ansonsten (fast) überhaupt nicht. Es ist zum Weinen, wenn man nicht mehr dringlich die Frage der Sünden und der Schuld thematisiert. Wir haben nicht zu drohen oder Angst zu machen. Aber es ist immer noch besser, dass sich jemand aus Angst bekehrt, als dass man ihm die Sündenschuld nicht deutlich macht und er sich gar nicht bekehrt.

Der Apostel Paulus spricht in dem Brief an die Galater von einem anderen Evangelium, zudem sie sich umwendeten. Er tadelt, dass es solche gab, die das Evangelium des Christus verdrehen wollten. Er verfluchte diejenigen, die ein falsches Evangelium bringen (Gal 1,6-9). Soweit darf man natürlich nicht gehen, wenn man beklagt, dass viele Aspekte an manchen Evangelisationen heute unerwähnt bleiben. Es handelt sich dann nicht um ein anderes, falsches Evangelium, sondern um eine Predigt, die diese gute Botschaft außerordentlich verkürzt. Schade!

Den Schaden haben nämlich diejenigen zu erleiden, die das Evangelium hören. Ihnen wird nicht deutlich gesagt, dass sie als Sünder Gott überhaupt nichts anzubieten haben. Sie sind vollkommen böse. Das waren wir alle! Aber wer nicht erkennt, dass er ein Sünder ist, dass er Sündenschuld auf sich geladen hat, dass Gott ihn ewig verdammen muss, der ist sich des Werkes des Herrn Jesus gar nicht richtig bewusst.

Ohne dieses Bewusstsein stellt sich die Frage, ob jemand sich im wirklichen Sinn des Wortes „bekehrt", wenn er sich gar nicht bewusst ist, dass er umkehren muss. Zu Jesus zu kommen - das ist schon recht. Aber warum komme ich zu Ihm? Nur, weil mein Leben sonst keinen Sinn ergibt? Das ist deutlich zu wenig. Denn so fehlt mir das Empfinden, dass ich ohne die Gnade Gottes ewig verloren gegangen wäre.

Wir haben keine Vorschriften zu machen, welche Einzelheiten in einem evangelistischen Vortrag alle enthalten sein müssen. Und doch empfinden wir sehr schnell, ob ein äußerst flaches Evangelium oder die wahre, gute Botschaft einem Sünder vorgestellt wird.

Es ist zum Weinen, dass außerordentlich begabte, im guten Sinne charismatische Evangelisten, denen man auch die Botschaft vom Kreuz, die sich an einen verlorenen Sünder richtet, abnehmen würde, immer wieder ein so verkürztes Evangelium predigen. Letztlich machen sie sich dadurch schuldig, denn die „Karriere" derer, die sie nach einer Predigt zum Beispiel nach vorne bitten - was auch immer man davon halten mag - wird dadurch ungemein erschwert. Vielleicht bekommt man in einem ersten Schritt mehr Menschen, die sich durch einen emotionalen Eindruck von Predigt und Musik derart angesprochen fühlen, dass sie sich zu denen gesellen, die sich bekehren oder ein Zeugnis ablegen wollen. War das dann aber eine echte Bekehrung? Gott gebe es!

Und wir wollen uns gegenseitig motivieren, das ganze Evangelium zu verkündigen. Uns aktivieren, ein echtes Zeugnis von dem Herrn Jesus Christus, seinem Werk am Kreuz abzulegen, damit sich die Menschen, die ewig verloren gehen, wenn sie sich nicht bekehren, bekehren können, indem sie ihre Sünden bekennen und an Jesus Christus als ihren Retter glauben.

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