Spaltungen in Korinth

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In Korinth

Schon in Korinth finden wir das Problem von Spaltungen: „Ich ermahne euch aber, Brüder, durch den Namen unsers Herrn Jesus Christus, dass ihr alle dasselbe redet und nicht Spaltungen unter euch seien, sondern dass ihr in demselben Sinn und in derselben Meinung vollendet seiet. Denn es ist mir über euch berichtet worden, meine Brüder, durch die Hausgenossen der Chloe, dass Streitigkeiten unter euch sind. Ich sage aber dies, dass jeder von euch sagt: Ich bin des Paulus, ich aber des Apollos, ich aber des Kephas, ich aber des Christus. Ist der Christus zerteilt?“ (1. Kor 1,10-13).

Oft wird gefragt, wer schuld ist an Spaltungen. Diese haben fast immer mehr als nur eine Ursache. Es ist nützlich, sich an die Situation in Korinth zu erinnern. War es die Gruppe von Apollos, die an den Spaltungen schuld war? Oder die des Kephas? Oder die von Paulus? Nein – sie alle hatten gemeinsam die Verantwortung für diese Fehlentwicklung zu übernehmen.

Am schlimmsten waren diejenigen, die sich auf Christus beriefen. Natürlich ist es richtig, sich auf seine Seite zu stellen. Aber Christus ist nicht das Haupt einer Spaltung, einer Gruppe im Unterschied oder sogar im Gegensatz zu anderen Gläubigen. Christus ist das Haupt des Leibes, das Haupt der ganzen Versammlung (Gemeinde). Nicht diejenigen sind "im Recht", die sich für die Treuen, die Entschiedenen halten, sondern diejenigen, die das tun, was Christus in seinem Wort gesagt hat (das bezeichne ich als das "was"), und die auch so handeln, wie Christus gehandelt hat (das nenne ich das "wie").

Heute

Die Situation und das Problem Korinths ist nicht grundsätzlich anders als das, was heute immer wieder in örtlichen Zusammenkommen festzustellen ist. Zwar ist es wahr, dass Paulus in 1. Korinther 11 im Blick auf Parteiungen – das sind also schon regelrechte Trennungen, nicht mehr nur Gruppierungen innerhalb einer örtlichen Versammlung (Gemeinde), sondern vollzogene Trennungen – sagt, dass diese nötig seien, damit die Bewährten offenbar werden. Diese Bewährten waren aber dann Gläubige, die sich auf keine der beiden oder mehr Seiten schlugen. Das war in Korinth nicht die Gruppe, deren Haupt Christus im Gegensatz zu Paulus, Kephas und Apollos war. Sondern es waren diejenigen, die sich von keiner Gruppe vereinnahmen ließen, sondern schlicht das Wort Gottes zu verwirklichen suchten.

Müssen wir heute nicht häufig beklagen, dass Spaltungen nicht nur von einer Seite verursacht werden? Die einen mögen aufgrund lehrmäßiger Probleme eine Gruppierung bilden, die anderen aufgrund der Art und Weise, wie mit Schwierigkeiten umgegangen wird. Aus Epheser 4,2.3 lernen wir, dass man das eine nicht gegen das anderen ausspielen kann, dass Paulus nicht die Frage des „was“ als wesentlich und die Frage des „wie“ als nachrangig bezeichnet oder umgekehrt, sondern dass er beide Seiten betont, wobei er mit dem „wie“ beginnt.

Beide Seiten tragen Verantwortung

Man macht es sich zu leicht, wenn man eine Seite für Spaltungen verantwortlich macht. Jeder muss sich selbst fragen, ob er durch (s)eine lehrmäßige Positionierung oder durch die Art und Weise, wie er mit unterschiedlichen Überzeugungen umgeht, den Weg für eine Spaltung bereitet haben könnte. Es ist immer leichter, mit dem Finger auf „die anderen“ zu zeigen. Es währe ehrlich und gerecht, wenn man zunächst mit dem Finger auf sich selbst zeigt und sich selbst fragt, in welcher Weise man an einer Spaltungsbewegung mitgewirkt hat. "Bin ich wirklich ohne Verantwortung im Blick auf ...?"

Wer bereit ist, sich so ins Licht des Wortes Gottes zu stellen und dann vor Gott und vor Menschen sein Fehlverhalten zu bekennen und zu korrigieren, kann mithelfen, solche Spaltungen zu überwinden. Das Überwinden der Spaltungen war der Wunsch von Paulus damals - das sollte auch unser Bestreben sein. Nur wer solch eine Haltung zeigt und verwirklicht, offenbart, dass er wirklich keine Spaltung und erst recht keine Parteiung will. Wer leichtfertig eine Spaltung als gegeben akzeptiert, unterstützt diese und beweist damit, dass er selbst nicht frei davon ist.

Wer in der Spur des Herrn Jesus laufen möchte, wird ein „Friedensstifter sein (Mt 5,9). Er wird alles daran setzen, die Personen sich gegenüberstehender Gruppierungen zusammenzubringen. Er wird den Gesprächsprozess zwischen beiden Seiten wieder in Gang bringen, wenn dieser ins Stocken geraten ist. Und er wird den anderen höher achten als sich selbst, arm im Geist, sanftmütig und demütig sein. Gott sucht solche, die zusammenführen. Ob Er uns unter diesen finden und benutzen kann?

Epheser 4 im örtlichen Sinn

In Epheser 4 werden wir ermahnt, "mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander ertragend in Liebe, euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens". Es ist wahr, dass diese Ermahnung eine wichtige überörtliche Komponente hat. Zunächst aber richtet sie sich an mein Verhalten an dem Ort, wo ich wohne und lebe, wo ich die Zusammenkünfte besuche. Habe ich "allen Fleiß“ unternommen, die "anderen" Geschwister zu gewinnen? Habe ich das mehrfach und mit Ausharren wirklich in persönlichen Gesprächen versucht, wenn ich weiß, dass sie auf der Suche nach Erklärungen auf der Grundlage der Schrift sind? Habe ich darin Fleiß angewandt, auch in der richtigen Gesinnung, Haltung, Art und Weise?

In aller Regel besteht noch ausreichend Zeit und Raum, dieses "alles" und diesen "Fleiß" zu unternehmen. Wir müssen vor dem Herrn und vor den Gläubigen dazu bereit sein, selbst wenn wir meinen, es wäre doch inzwischen alles klar, die "anderen" müssten es doch inzwischen längst verstanden haben. Schon das Denken in "wir" und "die anderen" zeigt, dass nicht nur eine Spaltung vorhanden ist, sondern dass ich selbst einer Gruppierung davon angehöre.

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