Weihnachten – ein christliches Fest?

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Frage/Kommentar

1) Weihnachten ist doch ein christliches Fest! Ich möchte nicht, dass der Rest christlichen Bewusstseins in unserem Land durch Ablehnung (Warum ich Weihnachten nicht feiere) weiter verloren geht.

2) Manche Christen und Nichtchristen werden die Begründung zur Ablehnung von Weihnachten nicht verstehen und beziehen dies dann auf eine fundamentalistische Speziallehre und Sekte.

3) Den rein weltlichen Jahreswechsel zu begehen und sich als Geschwister ein „gesegnetes neues Jahr“ zu wünschen, aber anlässlich der (falsch berechneten) Geburtsfeier des Herrn Jesus abzulehnen, sich ein „Christus ist geboren“ zuzurufen, ist widersprüchlich und mit einer irritierenden Signalwirkung nach außen verbunden.

4) Die Kinder einer christlichen Familie, die Weihnachten nicht feiert, müssen diese Entscheidung letztlich „ausbaden“. Sie werden, obwohl sie eine solche Entscheidung wohl kaum nachvollziehen können, dann als Teil einer extremen Sekte und als Opfer von extremen Eltern angesehen. Das führt nur dazu, dass unsere Mitmenschen unsere Botschaft nicht mehr akzeptieren, die gute Botschaft von Jesus Christus.

5) Es gibt Christen in den Kirchen, die wirklich an die Geburt Jesu denken bei der Weihnachtsfeier. Wollen wir ihnen deutlich machen, was sie falsch machen oder welchen Teil der Wahrheit in der Bibel sie nicht kennen? Gehen wir damit nicht über die Aussagen der Schrift hinaus, wenn wir fordern, man dürfe Weihnachten nicht feiern?

6) Macht man durch einen solchen Artikel nicht seine eigene Meinung zum Maßstab für andere? Gerade, wenn man eine solche Meinung in die Öffentlichkeit trägt und damit auch eine verbreitende Wirkung hat, kann man andere vor den Kopf stoßen. Römer 14 zeigt, dass das Halten von Tagen nichts ist, aber auch, dass man solche Themen nicht auf die Spitze treiben sollte. In der Wahrnehmung von Christen führen solche als gesetzlich empfundende Äußerungen zur Ablehnung der biblischen Belehrung. Man unterscheidet dann auch nicht mehr zwischen biblisch begründeten und persönlichen Auffassungen. Wenn ich selbst etwas für richtig oder falsch in meinem praktischen Glaubensleben halte, ist das nicht automatisch für meine Geschwister maßgeblich.

7) Kann man zu diesem Thema heute wirklich die Auffassungen der Brüder aus dem 19. Jahrhundert anführen? Wir sollten sehr vorsichtig sein, den Funken christlichen Bewusstseins durch solche Gedanken, die heute als extrem verstanden werden, auszulöschen. Daher sollte man mit der verbliebenen kirchlichen Frömmigkeit sehr vorsichtig umgehen. Arbeitet man nicht gegen diejenigen, die in diesen Tagen noch an die Geburt Jesu denken? Heute wendet man sich nicht aufrüttelnd an Namenschristen, sondern unterstützt durch eine solche Haltung Heiden.

Antwort

Die Frage, die man sich beantworten muss, ist, was an Weihnachten christlich ist. Was war an dem Verehren der ehernen Schlange (4. Mo 21; 2. Kön 18,4) „jüdisch“? Nichts. Man hatte ein Rettungssymbol in Israel genommen – durch das wirklich Rettung geschenkt worden war – und hatte es zu einem Götzen gemacht. War dadurch, dass das Symbol ursprünglich einmal mit der Wirklichkeit Gottes zu tun hatte, das Symbol noch „jüdisch“, von Gott? Überhaupt nicht, es war reiner Götzendienst. So ist es auch bei Weihnachten. Es ist das Bewahren einer Form, wenn man Weihnachten äußerlich beibehält (übrigens sehr jüdisch, das Festhalten an äußeren Formen).

Es gibt in meinem Haus und in meiner Erziehung vermutlich eine ganze Reihe von Dingen, die meine Kinder (noch) nicht nachvollziehen können. Aber sie sind meine Kinder. Und solange sie zu meinem Haushalt gehören, entscheide ich (zusammen mit meiner Frau) für meine Familie, selbst wenn meine Kinder manche Entscheidungen noch nicht begreifen können. Natürlich habe ich ihre Gedanken und Empfindungen zu berücksichtigen. Aber es gibt eben auch übergeordnete Aspekte.

Dass man mit der Ablehnung von Götzendienst dahin kommt, zu einer Sonderlehre zu gehören, musste schon Gideon erleben. Als er den Götzenaltar umriss, wollte die Stadt (die vorgab, aus Gott-gläubigen Juden zu bestehen) ihn umbringen. So verdrehen sich die Maßstäbe für unser Leben, und wir sind sogar bereit, uns ihnen anzupassen. Das ist es ja, was Frederick Charles Jennings in seinem Kommentar schreibt (Zitate zu Weihnachten). Zur Zeit von John Nelson Darby, William Kelly und F. C. Jennings herrschte sicherlich noch eine andere Gottesfurcht als bei uns. Das beziehe ich nicht auf andere, sondern auf mich selbst. Wenn man dann darüber nachdenkt, warum J. N. Darby und andere Weihnachten ablehnten, dann ist das nicht allein wegen der Entstehungsgeschichte, sondern weil sie Weihnachten als Götzendienst ansahen. John Nelson Darby bezieht sich dabei auf den Galaterbrief, den vielleicht ernstesten und schärfsten Brief im Neuen Testament. Geht es hier um Römer 14 oder haben wir es mit 1. Korinther 10 zu tun, das ist doch die Frage.

Noch ein weiterer Punkt: Nur, weil Menschen etwas falsch verstehen (könnten), sollen wir unbiblisch handeln? Nein, das will keiner von uns. Ich bin unbedingt dafür, dass man das Thema evangelistisch nutzt. Wir machen uns seit Jahren Gedanken, wie wir den „öffentlichen Adventskalender“ in unserer Stadt evangelistisch nutzen können. Bislang haben wir keinen guten Weg gefunden. Aber am 24.12. eine Evangelisation zu machen, ist (fast) aussichtslos, weil dort Menschen, wenn sie etwas Kirchliches unternehmen, in „ihre“ Kirche gehen.

Wir dürfen unter keinen Umständen über die Schrift hinausgehen. Aber diese muss schriftgemäß angewendet werden. Es ist zwar wahr, dass ich von meiner persönlichen Überzeugung spreche in diesem Artikel. Aber mir ist das Ganze durchaus ernster, als dass es nur ein persönlicher Bericht über meine Entscheidung wäre. Sonst hätte ich ihn nicht öffentlich gemacht. Es ist für mich schwer nachzuvollziehen, wie so viele Christen einem solch unchristlichen Fest anhängen. Nur dadurch, dass man sich auf etwas beruft, was jemand vom Heidentum ins Christentum ein- bzw. überführt hat (obwohl es „Weihnachten“ vorher und so überhaupt nicht gegeben hat), wird es doch nicht christlich und doch auch nicht durch einen christlichen Deckmantel. Dadurch, dass man vom Tod auf die Geburt Jesu ablenkt (die übrigens für uns Menschen in erster Linie eine Bedrohung ist, weil sie uns umso schuldiger gemacht hat), führt man viele Menschen in die Irre.

In der Schrift gibt es nicht den kleinsten Hinweis dafür oder irgendeine Aufforderung, etwas aus der Geburt Jesu zu machen. Sie hat stattgefunden zu einer anderen Zeit. Das, was bei dem Weihnachtsfest mit der Geburt verbunden wird (Mt 2), hat mit der Geburt unseres Herrn nichts zu tun, sondern fand rund zwei Jahre später statt. So machte auch Jerobeam ein Fest, zu einer anderen Zeit mit anderen Inhalten. Dadurch, dass er es Fest nannte, wurde es doch nicht richtig und gut! Ich halte es für eine offenbar fruchtbare List Satans, dass er sogar gläubigen Menschen einredet: Da ist doch was Christliches dran – man kann gar nicht gegen sein. Dabei ist der Inhalt falsch – wir sollen den Tod und nicht die Geburt verkünden –, die Form ist falsch, das Ganze ist zu einem Götzen geworden, was sogar viele Menschen zugeben. Nur wir Christen meinen noch, dadurch einen Zugang zu Menschen zu bekommen. Nimmt nicht Satan gerne die Gestalt eines Engels des Lichts an (2. Kor 11,14)?

Weihnachten ist eben nicht der Rest christlichen Bewusstseins, sondern eine im besten Fall leere, wenn nicht götzendienerische Hülle, die Menschen vom wahren Christentum ablenkt, was nichts mit äußeren Dingen wie Baum, Kirche, Kleidung etc. zu tun hat, sondern mit einer inneren Bekehrung, einem inneren Glauben, einer inneren Kraft. Es ist das Einladen zu einem „Fest“, bei dem Emotionen geweckt werden, leider aber nicht ein Appell an das Gewissen der Menschen zur Umkehr. Ist man mit dem Ablehnen eines solchen „Fests“ wirklich extrem und gesetzlich?

Ich will anders sein als die Welt, auch als die gleichgültige Christenheit, auch als diejenigen, die sich als Gläubige mit der Welt einsmachen. Nicht, weil ich besser wäre, das bin ich nämlich in keiner Weise. Und bestimmt nicht dadurch, dass ich eine Form bewahre oder ablehne um der Form willen. Sondern weil ich nicht zulassen kann, dass mein Retter hier in einer Weise behandelt wird, die Er nicht will und die mit dem Christus der Bibel nichts zu tun hat. Es gibt nichts, was für mich mit der Person meines Herrn vergleichbar ist. Daher lesen wir im zweiten Johannesbrief, dass an keiner anderen Stelle so scharf geurteilt wird wie bei der Person Christi und der Lehre des Christus. Das macht mich auch bei dem Weihnachtsfest so argwöhnisch.

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