Buchbesprechung: Weihnachten – Herkunft, Sinn und Unsinn von Weihnachtsbräuchen (Michael Kotsch)

Lesezeit: 8 Min.

Der Inhalt des Buches

In dem 247 Seiten langen Buch behandelt Michael Kotsch, Studienabsolvent der FETA Basel und Lehrer an der Bibelschule Brake, zunächst sehr ausführlich (57 Seiten) die Kritik, die immer wieder daran geäußert wird, dass Christen Weihnachten feiern. Er widmet sich 29 Einwänden, die gegen Weihnachten geltend gemacht werden. Danach geht er kurz auf Argumente ein, die für die Weihnachtsbräuche eingebracht werden. In einem weiteren Teil behandelt Kotsch Festbräuche und Weihnachten in der Bibel.

In einem zweiten, großen Teil geht Kotsch dann auf Advent, Weihnachten und Epiphanias sowie die vielfältigen Weihnachtsbräuche ein. In diesem Teil kommentiert er auch das Weihnachtsessen und entsprechende Zutaten wie Stollen, Spekulatius, Brezel, usw. Weihnachtsschmuck, weihnachtliche Zoologie, Flora und Farbenlehre fehlen ebenso wenig wie die vielen Festtage rund um Weihnachten, lokale Bräuche sowie eine Bewertung der Weihnachtsbräuche. Abschließend empfiehlt der Autor, Weihnachten zur Verkündigung des christlichen Glaubens einzusetzen.

Positive Elemente

Das Anliegen von Kotsch, sich dem immer wieder der Kritik ausgesetzten Brauch „Weihnachten“ zu widmen, ist anerkennenswert. Es gibt kaum zeitgemäße und umfassende Literatur zu diesem Thema in deutscher Sprache. Das Erklären der Herkunft der vielen Weihnachtsbräuche ist sehr hilfreich, weil man oftmals kaum weiß, woher die einzelnen Traditionen stammen. Zwar ist oft nicht genau nachvollziehbar, ob die Herleitung den historischen Tatsachen entspricht. Aber hier darf man sicher dem Autor vertrauen.

Besonders die Schlussfolgerung ist erwägenswert. Wie auch immer man zu der Thematik Weihnachten stehen mag, sollte sich jeder Christ überlegen, wie er die (ob er es gut findet oder nicht) Tatsache, dass Weihnachten in vielen Teilen der Erde mit Sympathie begangenes Fest ist, für eine evangelistische Aktion nutzt. Immerhin gehen gerade an diesen Tagen viele in die Kirche und sind mehr als an anderen Tagen empfänglich für die Bibel und eine biblische Botschaft.

Darüber hinaus ist das Buch gut geschrieben und leicht lesbar. Es enthält viele Details, die für viele Christen eher unbekannt sind.

Probleme

Damit bin ich bei dem kritischen Teil des Kommentars, den ich untergliedern möchte:

1. Die Einwände und ihre Behandlung

Es fällt auf, dass der Buchrücken – er stammt von Karl-Heinz Vanheiden – bereits sehr deutlich macht, dass ein Christ Weihnachten positiv gegenüberstehen kann. Dadurch wird die Zielrichtung des Buches deutlich: Es soll die vielen kritischen Einwände gegen das Feiern von Weihnachten entkräften. Das fällt leicht, wenn nachgewiesen werden kann, dass Weihnachtsgegner sich hauptsächlich auf zwei Quellen berufen: a) die Argumente der Zeugen Jehovas; b) die Propaganda der Nazis. „Es ist erstaunlich, wie viele fromm klingende Bedenken gegen Weihnachtsbräuche historisch falsch und logisch unsinnig sind.“

Schaut man sich die Argumente etwas näher an, die Kotsch aufbietet, kann man feststellen, dass viele von ihnen in der Tat von den Zeugen Jehovas verwendet werden. Sind aber Argumente dadurch falsch, dass sie „auch“ von den Zeugen Jehovas, eine in der Tat schlimme Sekte, eingesetzt werden? Jeder sieht sofort ein, dass dies natürlich unsinnig ist.

Sehen wir uns ein paar Punkte näher an:

Bräuche

a) Einwand: Bräuche sind leere Formen: Dem hält Kotsch entgegen, dass es auch in den ersten Tagen der Versammlung (Gemeinde, Kirche) Gottes auf der Erde solche Bräuche gegeben habe. Wenn man sich die Stellen anschaut, die zitiert werden (Apg 2,42; 3,1; 17,2; 28,17) sucht man Bräuche allerdings vergeblich. Die dort genannten Punkte sind keine Bräuche, die zu Festen wurden, sondern sind, wie es auch im Leben des Herrn Jesus solche gab, gute Gewohnheiten, die ein Fundament in der Bibel haben. Manches hat mit Brauchtum und dazu gehörenden Zeremonien überhaupt nichts zu tun!

Datierung von Weihnachten

b) Einwand: Unsichere Daten. Kotsch verweist darauf, dass das Datum des 25. Dezember zumindest unsicher ist. Ich habe an anderer Stelle schon darauf hingewiesen, dass das Geburtsdaten Jesu sehr wahrscheinlich im September/Oktober liegt (vgl. Das Matthäusevangelium - Eine Auslegung, Kapitel 2,7.8). Es mutet schon eigenartig an, wenn Kotsch die Weihnachtsfeier ohne Hinweis auf eine solche Feier in der Bibel damit zu rechtfertigen sucht, dass wir in der Bibel ja auch nichts vom Zähneputzen läsen (S. 16) und dennoch unsere Zähne (sogar täglich) putzten. Man muss schlicht fragen: Versteht der Autor nicht, dass ein weltweit gefeiertes Fest, was angabegemäß christlich ist, etwas anderes ist als die notwendige Reinigung der Zähne, um diese zu erhalten? Gerade die angeführten Bibelverse: Galater 4,10 und Kolosser 2,16 sind eine direkte Warnung davor, einen Tag (wie Weihnachten) wichtiger zu nehmen als andere Tage.

Heidnische Herkunft

c) Einwand: Ähnlichkeit mit heidnischen Bräuchen. Kotsch versucht an dieser (und anderer) Stelle, die Tatsache von terminlichen und äußeren Ähnlichkeiten mit heidnischen Bräuchen dadurch zu entkräften, dass es deren viele (und nahezu an jedem Tag ein heidnisches Fest) gäbe, so dass das Feiern von Weihnachten an keinem Tag und mit keinem Brauch dann möglich wäre. Man möchte darauf antworten: So soll es wohl sein! Offenbar ist es Kotsch entgangen, dass die katholischen Führer das Fest deshalb auf diesen Tag und auch mit derartigen Bräuchen verband, um den Heiden, die nicht bereit waren, sich auf das Christentum einzulassen, ein verbindendes Element zu geben. Es ist genau das, was in Offenbarung 2 und 3 mit Nikolaitentum bezeichnet wird. Es ist schon auffällig genug, dass es sich bei dem Weihnachtsmann eigentlich um den Nikolaus handelt. Die Bedeutung dieses Nikolaitentums ist es, geistliche Dinge und fleischliche Dinge miteinander zu verbinden. Genau das geschieht an Weihnachten. Die Geburt Jesu wird mit dem Sonnenwendfest, einer nachgewiesenermaßen heidnischen Einrichtung verbunden, um den Heiden ihre Feste zu belassen, diese aber christlich umzudeuten. Dass dies nicht gelingen kann auf einer fleischlichen Basis, ist offensichtlich. Denn, wie Kotsch zu Recht an anderer Stelle schreibt, werden wir aufgefordert, den Tod des Herrn zu verkündigen – nicht die Geburt.

Der Weihnachtsmann

d) Einwand: Weihnachtsmann: Der Leser reibt sich die Augen, dass die Einführung des Weihnachtsmanns als vollkommen unproblematisch gesehen wird. Dieser sei eben die Erfindung von Werbestrategen (ob diese Tatsache die christliche Botschaft Weihnachtens unterstreicht, wird nicht weiter gesagt) und eine Anlehnung an den „christlichen Bischof Nikolaus“. Dass allein die Tatsache, dass es um einen Bischof über Kirchengemeinden geht, der zudem „Heiliger“ genannt wird, im Widerspruch zur Bibel steht, wird nicht weiter erörtert. Stattdessen wird empfohlen, unter anderem das Christkind zur Dekoration zu verwenden. Welch eine Verunehrung des Sohnes Gottes, der als Mensch hier auf diese Erde kam!

Es ist unmöglich, in dieser Weise jedes einzelne Argument durchzugehen. Dass diese Punkte zum Teil von den Zeugen Jehovas genannt werden, ist keine Berechtigung, sie per se als unbiblisch abzutun. Dass der Autor selbst den Charakter wahren Christentums nicht verstanden zu haben scheint, wird aus mehreren anderen Bemerkungen auch deutlich. Auf zwei möchte ich hier eingehen:

2. Feste im Alten Testament, also auch Feste im Neuen Testament?

a) Auf Seite 48 verweist Kotsch darauf, dass es im Alten Testament jährlich wiederkehrende Feste gab, die Gott selbst angeordnet hatte. „Wenn Gott im Alten Testament solche Feste nicht nur zulässt, sondern sogar anordnet, wird er im Neuen Testament kaum etwas dagegen haben, zumal die meisten Christen der ersten Gemeinde einen jüdischen Hintergrund hatten und viele der jüdischen Bräuche und Feste weiterhin praktizierten, ohne dass das kritisiert oder verboten wird (Apg 3,1; 17,2; 28,17; Röm 14,5).“

Der Autor hat offenbar nicht verstanden, dass es einen grundlegenden Unterschied zwischen dem Alten Testament und dem Neuen gibt. Das Alte stellt, wie der Schreiber des Hebräerbriefes zeigt, den Schatten dar. Nachdem die Wirklichkeit in dem Herrn Jesus gekommen ist, brauchen wir den Schatten nicht mehr. Ja, nach Römer 15 und 1. Korinther 10 gibt uns das Alte Testament viele Bilder, die uns die Lehre des Neuen Testaments erklären. Aber währen wir im AT einen materiellen Gottesdienst finden, zeigen uns Paulus und Petrus, dass wir es mit einem geistlichen zu tun haben. Während in Israel jedes Jahr Feste zu begehen waren, zeigt uns Paulus, dass unser Passah geschlachtet worden ist. Daher soll unser ganzes Leben eine geistliche Festfeier darstellen.

Wer heute noch mit Jahresfesten und materiellen Opfern kommt, verkennt, dass diese das Kennzeichen des Alten sind. Mit dem Christentum haben sie nichts zu tun. Tatsächlich zeigt Paulus in Galater 4,10 nicht, dass das Halten von Tagen nur dann abzulehnen ist, wenn es um die Frage des Heilsplans geht. Diejenigen, die nie etwas mit dem Judentum zu tun hatten, tadelt er, weil sie jetzt auf einmal jüdisch (und nicht christliche), gesetzlich und nicht auf der Grundlage der Gnade handelten. Anders ausgedrückt: Wer einen Tag wie Weihnachten feiern möchte, begibt sich wieder in die Zeit des Gesetzes zurück und verlässt die Gnade. Das mag sich sehr hart anhören (und ist es auch). Es ist die Botschaft des Galaterbriefes!

3. Weihnachten in der Bibel

b) Weihnachten in der Bibel: Es ist schade, dass heute nur noch so wenig Klarheit über die Unterschiede zwischen den Berichten von Matthäus und Lukas existiert. Allein schon der Hinweis, der Herr Jesus sei in einem Stall untergekommen (mit Verweis auf Lukas 2,7), findet keinen Anhaltspunkt in der Schrift. Wir lesen, dass kein Platz in einer Herberge war und dass der Herr Jesus in eine Krippe gelegt wurde. Von einem Stall ist keine Rede! Wir sollten grundsätzlich bei den Aussagen der Schrift bleiben!

Dass die Weisen im Geburtshaus Jesu eintreffen (S. 95), kurz nachdem der Herr Jesus zur Welt gekommen ist, kann man in Matthäus 2 nicht finden. Allein die Tatsache, dass den Weisen ein Stern erschien und sie dann nach Jerusalem gehen müssen, lässt darauf schließen, dass sie mindestens ein Jahr später in Jerusalem auftauchen. Man darf sich diese Begebenheit nicht so vorstellen, dass dort zwei, drei Leute ankamen. Ihr Erscheinen wurde in Jerusalem sehr beachtet, so dass sogar Herodes auf sie aufmerksam wurde. Auch die Tatsache, dass Herodes alle Knaben mit einem Alter bis zu zwei Jahren töten ließ, legt nahe, dass der Herr zwischen einem Jahr und zwei Jahren alt war. Wahrscheinlich waren Maria und Joseph bei einem der jüdischen Feste wieder nach Jerusalem gekommen und am Geburtsort Jesu zur Übernachtung geblieben. Dort ist (Vers 11) von einem Haus die Rede – nicht von einem Stall!

Am Rande soll die eigentümliche Farbenlehre erwähnt werden, die an den meisten Stellen mit der biblischen Lehre nicht viel zu tun hat. Dass beispielsweise die grüne Farbe in der Bibel mit Hoffnung verbunden wird, erschließt sich dem Leser nicht; auch nicht durch die Erklärungen des Buches.

Schlussfolgerung

Summa summarum liefert dieses Buch eine ganze Reihe von Einzelheiten über manche Hintergründe weihnachtlicher Aspekte. Wer gerne mit seinen Arbeits- oder Studienkollegen über den einen oder anderen Punkt reden möchte, findet eine Reihe von interessanten Hinweisen. Zu einer Beurteilung, was der Christ mit Weihnachten zu tun haben kann, taugt dieses Werk jedoch nicht. Dazu fehlt an vielen Stellen das nüchterne Zugrundelegen des biblischen Textes und der Aussagen der Schrift.

Gleichwohl möchte ich am Ende noch einmal auf den äußerst wertvollen Punkt hinweisen, dass man – was auch immer man von Weihnachten hält – diese Tage sehr gut evangelistisch nutzen kann. An vielen Büchertischen wird das bereits getan. Aber warum soll man nicht Menschen bewusst zu einer Veranstaltung in die örtliche Gemeinde einladen, um mit ihnen über Christus zu sprechen. Es gibt vermutlich keine Zeit im Jahr, in der Menschen so bereit sind zuzuhören. Das allein dürfte Anlass genug sein, das Thema aufzugreifen

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