
Lieber Bruder,
ich habe mich sehr über Deine Nachricht gefreut, und darüber, dass der Herr bis jetzt geholfen hat. Ich bin der Überzeugung, dass wir zwar gerne ein Wachstum an Zahlen lieben, wir aber angesichts der Lage in Italien bei der Aufnahme in die Gemeinschaft mit sehr gottesfürchtiger Vorsicht handeln sollten – nicht mit Misstrauen! So mögen einige zurückbleiben, die eigentlich dazugehören sollten, aber das Zeugnis für Christus wird so in seiner Integrität bewahrt.
Die Befreiung vom Papsttum ist ein großer Segen, und anfangs konnte man das auch wirkliche erkennen. Ich bezweifle nicht, dass es viele verstreute bekehrte Seelen gibt, aber zusammenzukommen ist eine andere Sache: „Wer nicht mit mir sammelt, zerstreut“ (Mt 12,30). Sehr unwissende Seelen können mit Recht aufgenommen werden, wenn sie gottesfürchtig, aufrichtig und bescheiden sind. Aber wir sind aufgerufen, [nur] mit denen zusammen zu gehen, die den Namen des Herrn aus reinem Herzen anrufen.
Hier hat der Herr einen weiteren Namen zu der Liste von Orten hinzugefügt, an denen sich der Durst nach dem Wort bemerkbar gemacht hat. Wir haben auf ihren Wunsch hin an drei Abenden in der Woche Wortbetrachtungen abgehalten, die sehr gut besucht waren. Hier haben wir Freiheit unter den Gläubigen erlebt. Wir haben das Johannesevangelium mit ungebrochenem Interesse gelesen. Ich denke, der Segen lag vor allem darin, dass es der gesegnete Herr selbst war, der vor uns stand, nicht die natürlich kostbaren Vorrechte der Versammlung, wie sie im Epheserbrief genannt werden, usw. Diese Vorrechte sind sehr wertvoll und zu seiner Ehre, aber sie gelten letztlich uns und nicht Ihm selbst. Es gibt nichts Kostbareres als Ihn selbst. Leben, Gerechtigkeit, Kraft, alles ist in Ihm, aber sie sind uns geschenkt worden. Aber wenn Er vor unseren Herzen steht, dann ist es allein Er selbst.
Du weißt, dass ich in Pau für mich selbst das Johannesevangelium studiert und darüber geschrieben habe. Das hat mein Verständnis sehr erweitert, aber selbst das war vergleichsweise stark die Lehre und hat mich vielleicht zu dem geführt, was wir hier genossen haben. Vieles von dem, dessen wir uns erfreut haben, war alte Wahrheit.
Möge Er Dich – uns – in seiner Nähe halten!
Dublin, 1880.
Entnommen aus: Briefe (Band 3)
Quelle: bibelpraxis.de/a9202.html
