
„Und der Herr redete zu Josua und sprach: Rede zu den Kindern Israel und sprich: Bestimmt euch die Zufluchtsstädte, von denen ich durch Mose zu euch geredet habe, dass dahin fliehe ein Totschläger, der jemanden aus Versehen, unabsichtlich, erschlagen hat; und sie seien euch zur Zuflucht vor dem Bluträcher“ (Jos 20,1-3).
Wir verstehen leicht, warum es an dieser Stelle so wichtig war, noch einmal auf die Zufluchtsstädte und ihre Rolle hinzuweisen. Blutvergießen würde das Land verunreinigen. Die Zufluchtsstädte waren absolut nötig, um zu verhindern, dass durch einen Bluträcher unschuldiges Blut vergossen wurde. Daher mussten diese Städte korrekt genutzt werden, wenn Israel das soeben eroberte Land auf Dauer besitzen und genießen sollte.
Außerdem gibt Gott bei dieser Gelegenheit weitere Anweisungen, die über den Prozess Aufschluss geben, der in solchen Fällen eingehalten werden sollte: Wie war genau vorzugehen, sollte jemand eine Zufluchtsstadt aufsuchen, sich als Totschläger ausgeben und Schutz suchen? Sollte man ihm glauben?
„Und er soll in eine von diesen Städten fliehen und am Eingang des Stadttores stehen und vor den Ohren der Ältesten jener Stadt seine Sache vorbringen; und sie sollen ihn zu sich in die Stadt aufnehmen und ihm einen Ort geben, damit er bei ihnen wohne. Und wenn der Bluträcher ihm nachjagt, so sollen sie den Totschläger nicht in seine Hand ausliefern; denn er hat seinen Nächsten unabsichtlich erschlagen, und er hasste ihn vorher nicht. Und er soll in jener Stadt wohnen, bis er vor der Gemeinde zu Gericht gestanden hat, bis zum Tod des Hohenpriesters, der in jenen Tagen sein wird; dann mag der Totschläger zurückkehren und in seine Stadt und in sein Haus kommen, in die Stadt, aus der er geflohen ist“ (Jos 20,4-6).
Jetzt, wo das Volk sich im Land befand, wurde es „ernst“. Nun war es an der Zeit, auf Einzelheiten einzugehen. Die zitierten Verse ergeben folgendes Bild:
- Der Totschläger sollte seine Sache am Stadttor den Ältesten schildern.
- Diese sollten ihn anhören, ihm Asyl gewähren und einen Wohnort in der Stadt besorgen.
- Sie sollten ihn nicht dem Bluträcher ausliefern, sollte dieser ihn verfolgen.
- Der Totschläger sollte in der Stadt wohnen, bis er vor der Gemeinde zu Gericht gestellt würde (die die Kriterien von 4. Mose 35 anwenden würde).
- Sollte der Hohepriester noch zu Lebzeiten des Totschlägers sterben, durfte der Totschläger wieder in seine Heimat zurückkehren.
Der Rest des Kapitels informiert uns über die sechs Zufluchtsstädte und ihre geographische Lage. Zuerst werden die Städte im Land Kanaan genannt (V. 7):
- Kedes in Galiläa, im Gebirge Naphtali,
- Sichem im Gebirge Ephraim,
- Kirjat-Arba, das ist Hebron, im Gebirge Juda.
Dann folgt die Liste der Städte „jenseits des Jordan von Jericho, im Osten“ (V. 8):
- Bezer in der Wüste, in der Ebene, vom Stamm Ruben;
- Ramot in Gilead, vom Stamm Gad;
- Golan in Basan, vom Stamm Manasse.
Die Lage der Zufluchtsstädte
Die Zufluchtsstädte waren sehr gleichmäßig über das Land verteilt. Man konnte kaum mehr als 60 Kilometer von der nächsten Zufluchtsstadt entfernt sein und für die meisten Israeliten war die nächste Zufluchtsstadt noch viel näher gelegen. Gott hatte gnädig für den Totschläger Vorsorge getroffen.
Die Leviten und die Zufluchtsstädte
In Josua 21 kommen die Leviten nach Silo, wo die Wohnung Gottes aufgestellt worden war (Kap 18,1). Sie haben ein berechtigtes Anliegen, das sie Eleasar, dem Priester, Josua und den anderen Führern vortragen: Sie hatten kein Erbteil im Land bekommen; es heißt so schön, dass der Herr ihr Erbteil war (s. 5. Mo 10,9; 18,1.2; s. 4. Mo 18,24). Aber Gott hatte angeordnet, dass man ihnen Städte zum Wohnen und Weideland für ihr Vieh geben sollte (s. 4. Mo 35,1-8). Darauf beziehen sich die Leviten nun Josua gegenüber: „Der Herr hat durch Mose geboten, uns Städte zum Wohnen zu geben und deren Bezirke für unser Vieh“ (V. 2).
Daraufhin werden den Leviten insgesamt 48 Städte zugeteilt (V. 41), darunter auch die sechs Zufluchtsstädte, jeweils zwei für jede der drei Familien, die den Stamm Levi bildeten:
- Für die Kehatiter:
- Hebron: für die Söhne Aarons (V. 11-13)
- Sichem: für die übrigen Kehatiter (V. 20-21)
- Für die Gersoniter
- Golan in Basan (V. 27)
- Kedes in Galiläa (V. 32)
- Für die Merariter
- Bezer (V. 36)
- Ramot in Gilead (V. 38)
Der Umstand, dass die Zufluchtsstädte von Leviten bewohnt wurden, war eine besondere Gnade von Seiten Gottes, einerseits für die Leviten und andererseits für das gesamte Volk. Der Stammvater Levi hatte zusammen mit seinem Bruder Simeon schwer gesündigt, als sie sich wegen ihrer Schwester Dina rächten (s. 1. Mo 34,25 ff.). Als Folge davon sollten ihre Nachkommen zerstreut werden: „Verflucht sei ihr Zorn, denn er war gewalttätig, und ihr Grimm, denn er war grausam! Ich werde sie verteilen in Jakob und sie zerstreuen in Israel“ (1. Mo 49,7).
Diese Strafe erfüllt sich jetzt. Die 48 Städte waren unter die 12 Stämme zerstreut. Aber Gott verfolgte damit Segensabsichten. Auf diese Weise waren die Leviten über das ganze Land verteilt und gut erreichbar, sodass sie das Volk lehren konnten (s. Mal 2,7). Außerdem bekamen sie das Vorrecht, die von Gott angeordneten Zufluchtsstädte zu verwalten.1 Das lernen wir in Josua 21: Sechs ihrer Städte wurden als Zufluchtsorte bestimmt.
In 1. Chronika 6 wird rückblickend noch einmal darauf Bezug genommen (V. 42.52). Hier erfahren wir insbesondere, dass Hebron nicht nur eine Levitenstadt wurde, sondern sogar eine Priesterstadt:
„Den Söhnen Aarons von der Familie der Kehatiter (denn für sie war das erste Los), ihnen gaben sie Hebron im Land Juda und seine Bezirke rings um dieses her … Und sie gaben den Söhnen Aarons die Zufluchtsstadt Hebron; und Libna und seine Bezirke, und Jattir, und Eschtemoa und seine Bezirke“ (1. Chr 6,39-42).
Entnommen aus: Die Zufluchtsstädte – Bild und Bedeutung, S. 34-41. Ernst-Paulus Verlag.
Fußnoten
- 1 Leviten hatten - wenn die Dinge gut standen - Unterscheidungsvermögen und konnten dem Volk durch entsprechende Belehrung eine große Hilfe bei der Anwendung des Gesetzes sein. In der Anwendung auf Christen hat dieser Umstand sicher eine geistliche Bedeutung, gerade wenn es um die Frage geht, ob eine Zuchtmaßnahme (wie z. B. ein Ausschluss nach 1. Korinther 5) erforderlich ist.
Quelle: bibelpraxis.de/a9159.html
