
Nach einem Vortrag (Januar 2025, Volmarstein: Hier als PDF)
Thema und Überschrift
Bei dem schönen anvertrauten Gut können wir an die christliche Wahrheit denken. Diese umfasst zunächst einmal die Person des Herrn Jesus und dann auch unser Heil, das wir in Ihm besitzen.
Aber dann gehört dazu natürlich auch das Thema Versammlung. Paulus sagt Timotheus, dass es sozusagen ein Schatz ist. „Sieh zu, dass du diesen Schatz nicht verlierst auf dem Weg, sondern bewahre das“. Und gleichzeitig gibt er den Schlüssel und sagt, wie wir ihn bewahren können: nicht durch Intellekt, durch eigene Kraft, sondern durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt.
Das Thema Versammlung, auch Beziehungen zwischen örtlichen Versammlungen, gehört zu diesem Glaubensgut und wir wollen uns damit befassen, um das schöne anvertraute Gut festzuhalten, es zu bewahren.
1. Gottes Meisterwerk – ein Haupt und ein Leib
Ich muss zu Beginn ein paar Worte über die Versammlung Gottes, weltweit gesehen, sagen. Warum ist das nötig für unser Thema? Aus zwei Gründen:
- Die Definition von „Versammlung“ ist notwendig für ein richtiges Verständnis der Beziehungen örtlicher Versammlungen.
- Wir sollten uns immer wieder die Schönheit der Versammlung und des Geheimnisses vor Augen führen (trotz aller Schwierigkeiten und Spannungen im praktischen Ausleben der Wahrheit).
An dieser Stelle müsste man eigentlich gründlich durch das Neue Testament gehen, um ein umfassendes Bild der Versammlung aufzuzeigen. Aufgrund der Zeit beschränken wir uns auf einige fundamentale Verse: „Da ist ein Leib“ (Eph 4,4). Das ist eine gewaltige Tatsache, an der weder Satan noch Menschen noch das Versagen irgendetwas ändern können. Das Erscheinungsbild mag nicht mehr da sein, aber die Wahrheit ist da. Da ist ein Leib, das ist unumstößlich.
Was war nötig, damit es diesen Leib Christi geben konnte?
(1) Der Herr Jesus musste mit Heiligem Geist taufen (Joh 1,33; Apg 1,4.5). Und das wird erwähnt, um die Größe seiner Person zu zeigen. Wer mit Geist taufen kann, muss eine göttliche Person sein.
(2) Der Heilige Geist musste kommen, eine göttliche Person auf der Erde wohnen.
(3) Der dritte Punkt berührt mich am meisten: Der Herr Jesus musste dafür leiden.
Christus musste leiden, um Einheit zu schaffen
Es ist auffällig, wie oft die Leiden des Herrn Jesus im Zusammenhang mit der Einheit der Versammlung erwähnt werden.
Matthäus 16
In Matthäus 16 sagt der Herr Jesus: „Auf diesen Felsen werde ich meine Versammlung bauen“ (Mt 16,18) Kaum hat Er von der Versammlung gesprochen, erwähnt Er seine Leiden: „Von da an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen, dass er nach Jerusalem hingehen müsse und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden und getötet und am dritten Tag auferweckt werden müsse“ (Mt 16,21).
Johannes 10
In Johannes 10 finden wir die Versammlung im Bild einer Herde. Der Herr Jesus sagt dort: „Und ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hof sind; auch diese muss ich bringen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte sein“ (Joh 10,16). Was hatte er kurz vorher gesagt? „Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe“ (Joh 10,11). Und was sagt er unmittelbar nach dem gelesenen Vers 16? „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse“ (Joh 10,17)!
Johannes 11
Ein Kapitel später weissagt Kajaphas, dass es „nützlich ist, dass ein Mensch für das Volk sterbe und nicht die ganze Nation umkomme“ (Joh 11,50). Johannes ergänzt, „dass Jesus für die Nation sterben sollte; und nicht für die Nation allein, sondern damit er auch die zerstreuten Kinder Gottes in eins versammelte“ (Joh 11,51.52). Das ist ein weiterer klarer Hinweis, sein Tod war notwendig, um diese Einheit zu schaffen.
Matthäus 13
Dann finden wir einen vierten Hinweis in Mt 13. Dort wird die Einheit in der Perle dargestellt. Christus (der Kaufmann) verkauft alles, was er hat, um diese Perle zu besitzen (Mt 13,46).
Kolosser 1
In Kolosser 1 schreibt Paulus von Christus als dem „Haupt des Leibes, der Versammlung“ und fügt in der nächsten Zeile hinzu, dass er „der Erstgeborene aus den Toten“ ist (Kol 1,18). Der Tod des Herrn Jesus war notwendig, um zu bewirken, was es noch nie gegeben hat: Menschen aus verschiedenen Völkern, Kulturen und Hintergründen werden zusammengefügt und bilden eine lebendige Einheit, einen Organismus – verbunden mit Christus als Haupt. Das wäre unmöglich gewesen ohne seinen Tod.
Apostelgeschichte 20
In Apostelgeschichte 20 ist die Rede von der Versammlung, die Gott sich erkauft hat durch das Blut seines Sohnes. Es ist „die Versammlung Gottes […], die er sich erworben hat durch das Blut seines Eigenen“ (Apg 20,28).
Ich meine, dass uns diese Verse etwas von der Schönheit und dem Wert der Einheit der Versammlung für den Herrn Jesus zeigen - Er hat sich selbst für diese Einheit hingegeben!
Untrennbare Verbindung von Haupt und Leib
Ich habe jetzt schon angedeutet, dass nicht nur ein Leib, ein Organismus, entstanden ist, sondern dass dieser Leib mit dem Herrn Jesus verbunden worden ist. Und vielleicht haben wir uns etwas an den Gedanken gewöhnt. Wenn das der Fall ist, ist die beste Medizin das Studium des ersten Gebets von Paulus im Brief an die Epheser. Dort bittet er, dass die Epheser drei Dinge verstehen würden. Und das Dritte davon ist eine gewaltige Kraft, die größte Kraft, die je gewirkt hat.
„… und welches die überragende Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke, in der er gewirkt hat in dem Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte; (und er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern, über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen, und hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben, die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt;)“ (Eph 1,19-23)
Diese Kraft hat gewirkt an dem toten Christus. Gott hat Ihn auferweckt und über alles erhöht. Über jedes Fürstentum, jede Macht, jede Autorität. Normalerweise kann keine Kraft der Erde einen Toten über irgendetwas setzen. Aber Gott hat das gemacht, den gestorbenen Christus genommen, auferweckt und über alles erhöht, sozusagen in eine atemberaubende Höhe, die wir uns nicht vorstellen können. Und dann hat Er die, die durch Ihn gerettet worden sind, lebendig als Organismus mit Ihm verbunden.
Das ist „in eins versammelt“ (Joh 11,52), das ist Christsein. Ich glaube, dass wir diesen wunderschönen Blick auf den einen Leib einmal brauchen. Die Versammlung ist tatsächlich ein wunderschönes Thema.
Warum? Nicht weil wir so großartig wären, gar nicht. Aber weil es um Christus geht. Weil die Versammlung sein Leib genannt wird und seine Fülle ist! Ich würde nicht wagen, das zu sagen, wenn es nicht hier stehen würde: dass die Versammlung Ihn als Menschen sozusagen komplettiert. Sie ist die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt. Warum? Weil sie das Gefäß ist, an dem seine Gnade und Liebe gesehen werden kann wie an sonst keinem anderen. Gottes Meisterwerk, ein Haupt und ein Leib miteinander verbunden – das ist ein gewaltiges Geheimnis! Jemand hat mal gesagt, dass Gott nicht alles auf einmal offenbart hat. Er hat sich das Beste aufgehoben bis zum Schluss. Genau das hier ist das Geheimnis des Christus.
2. Adel verpflichtet
Mein zweiter Punkt ist, dass Adel verpflichtet. Das ist ein Gedanke, den wir eigentlich recht gut kennen und der sich besonders durch das NT zieht. Wir sollen immer dem entsprechen, was wir sind – und uns dementsprechend verhalten. Wir sind Kinder Gottes, also sollen wir uns verhalten und leben als Kinder Gottes. Und dieser Grundsatz gilt auch für diejenigen, die zusammengefügt worden sind zu einem Leib.
Das hat praktische Konsequenzen. Ich gebe ein paar Beispiele. „Deshalb, da ihr die Lüge abgelegt habt, redet Wahrheit, jeder mit seinem Nächsten, denn wir sind Glieder voneinander“ (Eph 4,25). Also eine total praktische Wahrheit, gegründet auf die Tatsache, dass wir einen Leib bilden. Es heißt vorher, dass es in diesem einen Leib Gaben und Gelenke der Darreichung gibt (Eph 4,16). Auch das ist ganz praktisch. Die Gaben haben die Aufgabe dazu beizutragen, dass der Leib Christi auferbaut wird. Die Gelenke der Darreichung erleichtern das, tragen mit dazu bei. Und auch das Befleißigen, „die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens“ wird mit der Wahrheit verbunden „da ist ein Leib“ (Eph 4,3.4). Das alles sind praktische Folgen aus dieser Tatsache.
In 1.Korinther 12 schreibt Paulus von der Verschiedenartigkeit der Glieder und Gaben im Leib Christi. Doch weil alles vom Haupt ausgeht und jede Gabe aus Gnade gegeben wird, soll sich keine Gabe überschätzen oder für zu gering halten - jeder hat seinem Platz im Leib Christi.
Das sind nur einige wenige Beispiele, die zeigen, dass „Leib Christi“ kein theoretisches Konstrukt ist, irgendwas für Hobby-Theologen, die sich gern einmal Gedanken drüber machen möchten. Nein, Leib Christi betrifft unseren Alltag. Adel verpflichtet.
3. Was ist eine örtliche Versammlung?
Mein dritter Punkt berührt jetzt die Frage, was eine örtliche Versammlung ist. Wir lesen zu Beginn des ersten Korintherbriefes davon: „Paulus, […] der Versammlung Gottes, die in Korinth ist“ (1.Kor 1,1.2).
Jetzt stellt sich eine wichtige Frage: Wir haben gesehen, dass alle Gläubigen durch den Heiligen Geist zusammengefügt worden sind zu einem Leib (1.Kor 12 ,13). Der Jesus hatte davon gesprochen, gerade vor seiner Himmelfahrt. Zehn Tage später passierte es, am Pfingsttag. Und seitdem gibt es den einen Leib, von dem wir gesagt haben, das ist die eine Versammlung (Eph 1,23).
Das bedeutet doch, dass die Versammlung global ist. Aber was ist dann „die Versammlung Gottes, die in Korinth ist“? Ist das jetzt eine zweite Sache? Irgendwie etwas ganz anderes? Oder was ist gemeint damit? Man könnte viele weitere Stellen lesen, wo die Rede von mehreren Versammlungen ist. Erst haben wir gesagt, es gibt nur eine – ein Haupt, ein Leib. Und es kann für ein Haupt auch nur einen Leib geben. Dennoch ist die Rede von mehreren Versammlungen und von der Versammlung Gottes in Korinth.
Es hat tatsächlich die Auffassung gegeben (nicht nur jemand, der sich vertan hat, sondern eine wirkliche Lehrauffassung), dass das zwei vollkommen verschiedene Sachen wären, dass Gläubige auf der einen Seite zu einer universellen Kirche gehören und auf der anderen Seite zu einer örtlichen, und dass diese beiden Dinge etwas ganz Verschiedenes sind, sozusagen die Vorstellung einer „dualen“ Versammlung. Vergesst das bitte wieder ganz schnell.
Aber was ist die örtliche Versammlung in Wirklichkeit?
Die örtliche Versammlung ist nichts anderes als die Versammlung Gottes, nur eben eingeschränkt auf den einen Ort. Ich würde gerne eine kleine Serie von Bibelstellen angeben, wo man das sehr schön sieht.
Matthäus 16,18; 18,15-17
Wenn ihr gedanklich mal kurz nach Matthäus 16 und Matthäus 18 geht, dann stellt ihr fest, dass der Herr Jesus diesen fundamentalen Satz sagt: „Auf diesen Felsen werde ich meine Versammlung bauen“ (Mt 16,18). Das ist die globale Versammlung: ein Fels (seine Person), eine Grundlage, eine Versammlung. Dann kommt man nach Matthäus 18 und ihr lest: „Wenn aber dein Bruder gegen dich sündigt […] wenn er aber nicht auf sie hört, so sage es der Versammlung“ (Mt 18,15-17). Was ist das jetzt? Wie kann ich eine Mitteilung machen an die globale Versammlung? Das geht nicht! Es kann nur die Versammlung am Ort sein. Aber, und das ist mein Punkt, der Herr Jesus sagt nicht: „Passt einmal auf, ich habe euch da schon was über die globale Versammlung gesagt und jetzt habe ich ein ganz anderes Thema“. Stattdessen spricht Er einfach weiter von der Versammlung, weil es dasselbe ist, weil die örtliche Versammlung ihrem Wesen nach Versammlung Gottes ist.
Apostelgeschichte 20,28
Jetzt gehe ich nochmal nach Apostelgeschichte 20. Dort heißt es: „Habt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat, die Versammlung Gottes zu hüten, die er sich erworben hat durch das Blut seines Eigenen“ (V. 28).
Ihr habe alle das Wort „Versammlung“ gefunden in diesem Vers. Aber welche ist es? Welcher Aspekt der Versammlung ist gemeint?
- Er spricht zu den Ältesten von Ephesus. Er sagt, „Habt acht auf die Herde“, und Älteste haben einen Dienst am Ort, in einer Stadt, in diesem Fall in Ephesus. Also ist es die örtliche Versammlung.
- Und dann sagt er weiter: „… die Gott sich erkauft hat, durch das Blut seines Eigenen“. Und was ist das? Das ist die ganze Versammlung. Gott hat nicht nur die Versammlung in Ephesus erkauft durch das Blut seines Eigenen, sondern tatsächlich die ganze Versammlung Gottes.
Auch diese Stelle zeigt, dass die örtliche Versammlung ihrem Wesen nach nichts anderes ist als „Versammlung Gottes“.
1.Korinther 12,27
Paulus sagt zu den Korinthern: „Ihr aber seid Christi Leib“ (1.Kor 12,27). Paulus spricht jetzt wieder zu der Versammlung Gottes, die in Korinth ist. Ich hoffe, wir haben hier alle eine gute Übersetzung in der Hand, in der hier kein Artikel steht. Paulus sagt nicht: Ihr seid DER Leib Christi. Das waren sie nicht, aber sie waren Christi Leib.
Versuchen wir, das durch ein Beispiel zu illustrieren. Ich sage einfach einmal, ihr seid Deutsche. Ich könnte nicht sagen, ihr seid DIE Deutschen. Es gibt noch viele andere. Ihr seid Teil des Ganzen, Teil der Deutschen, habt die Charakterzüge der Deutschen. Aber ihr seid nicht DIE Deutschen.
Und genauso ist es mit dem Leib Christi. Die Versammlung Gottes am Ort ist Teil des ganzen Leibes Christi. Sie trägt die Charakterzüge des Leibes Christi, besonders die zwei herausstechenden Charakterzüge des Leibes Christi (seit Jahren habe ich kein besseres Beispiel als einen Körper gefunden, wo es diese beiden Charakterzüge gibt): Vielfalt und Einheit. Viele verschiedene Körperteile arbeiten harmonisch zusammen.
Und das ist jetzt der Punkt: Prinzipiell ist das wahr, aber es soll auch in der Praxis wahr sein – im Blick auf die Versammlung global gesehen und im Blick auf die Versammlung am Ort, also lokal gesehen.
Matthäus 18,18
In dem Leib ist eine große Vielfalt, aber alle Glieder sollen in Einheit zusammenwirken. Wir lesen noch einen weiteren Satz aus Matthäus 18. Der ist zumindest nochmal ein Hinweis darauf, dass die Versammlung Gottes am Ort ihrem Wesen nach nichts anderes ist als die Versammlung Gottes: „Wahrlich, ich sage euch: Was irgend ihr auf der Erde binden werdet, wird im Himmel gebunden sein, und was irgend ihr auf der Erde lösen werdet, wird im Himmel gelöst sein“ (Mt 18,18).
Der Herr Jesus hatte gerade von der Versammlung am Ort gesprochen. Aber die Tatsache, dass ihr Handeln weltweit gilt und sogar im Himmel anerkannt wird, zeigt, dass wenn Versammlung Gottes am Ort gehandelt hat, die Versammlung Gottes aus seiner Sicht gehandelt hat. Warum? Weil es eben keine andere Sache oder Entität ist, die neben der Versammlung stehen würde.
4. Beziehungen zwischen örtlichen Versammlungen am Anfang
Wir haben darüber gesprochen, was die Versammlung Gottes ist, was die Folgen davon sind und was die örtliche Versammlung im biblischen Sinn bedeutet. Jetzt fragen wir uns, wie die Beziehungen zwischen Versammlungen am Anfang aussahen. Wir schauen also in den Rückspiegel und fragen, wie es vor etwa 2000 Jahren aussah.
Es war eine andere Zeit. In mancher Hinsicht war es kirchlich gesehen einfacher. Aber man kann dort Grundsätze finden, die heute immer noch gültig sind. Wenn ich ein schnelles Porträt malen sollte, dann würde ich sagen, es hatten sich sehr schnell viele Leute bekehrt, 3000 bei der ersten Predigt in Jerusalem. Dann lesen wir davon, dass sich diese Gläubigen in den Häusern versammelten (Apg 2,46). Es gab also sehr schnell verschiedene Orte, verschiedene Gebäude, wo man zusammenkam. Aber das dort beschriebene Bild zeigt sehr klar, dass alles zu dem einen christlichen Weg gehörte, den es damals gab. Wenn jemand an einem Ort als ein Christ aufgenommen worden war, empfahlen die Brüder ihn in einem Schreiben ihren Geschwistern an anderen Orten, wenn er dorthin reiste (vgl. Apg 18,27).
Und selbstverständlich wurde er aufgrund dieses Briefes an dem anderen Ort aufgenommen. Ebenso später bei Phöbe (Röm 16,1). Man versammelte sich an verschiedenen Orten, aber wer in X in Gemeinschaft war, war auch in Gemeinschaft in Y. Man war in glücklicher Gemeinschaft miteinander. Wenn grobe Sünde auftrat und jemand ausgeschlossen wurde, dann war er selbstverständlich nicht nur in Korinth ausgeschlossen, sondern auch in Thessalonich oder wo immer auch sonst. Schon das Bild eines sich ausbreitenden Sauerteiges macht klar, dass es völlig absurd wäre, den Sauerteig zur Tür auszufegen nur um ihn dann zur anderen Tür wieder hineinzulassen. Es war eindeutig ein Ausschluss aus der ganzen christlichen Gemeinschaft.
Selbst der Apostel Paulus schrieb an die Korinther (sinngemäß): „Passt auf, ich habe schon erkannt, dass dieser Mann, den ihr damals unter Zucht stellen musstet, wiederhergestellt ist. Und es ist jetzt Zeit, Liebe zu betätigen“ (vgl. 2. Kor 2,5-11). Aber er sagt nicht: „Schade, dass ihr es nicht gemerkt habt, aber ich mache schon mal Gemeinschaft mit ihm“, sondern er schreibt den Korinthern, damit sie vergeben würden. Paulus, der große Apostel der Nationen, sagt (sinngemäß): „Ich möchte, dass ihr das Richtige tut und dann möchte ich im Einklang mit euch handeln“ (s. 2. Kor 2,10).
Wenn man sich ein bisschen weiter umschaut in der frühen Geschichte der Versammlungen, dann merkt man etwas von dieser Harmonie, die damals wirklich gelebt wurde. „Leib Christi in Aktion“, kann man sagen. Und man merkt auch sehr schnell, dass es ganz wichtig war, dass noch nicht mal der Eindruck aufkam, dass ein Ort dieses tut und ein anderer Ort jenes, oder dass es sogar verschiedene Kirchen (oder unabhängige Versammlungen) gäbe.
Ich gebe ein paar Beispiele dazu. Die Apostelgeschichte liefert uns viel Anschauungsmaterial, das uns zeigt, wie die Beziehungen unter Gläubigen aussah, die an verschiedenen Orten wohnten.
Wie war das in Apostelgeschichte 8, als Menschen sich in Samaria bekehrt hatten? Gab es nicht eine starke Rivalität zwischen Jerusalem und Samaria? Jetzt war in Samaria das Evangelium gepredigt worden und Menschen hatten sich bekehrt. Ich hätte gedacht, dass jetzt wahrscheinlich dasselbe wie am Pfingsttag in Jerusalem passieren würde, dass der Heilige Geist auf die Neubekehrten fällt, weil sie geglaubt haben. Genau das passiert aber nicht. Erst müssen Petrus und Johannes nach Samaria reisen und für diese Gläubigen beten, damit sie den Heiligen Geist empfangen. Warum? Weil sonst der Eindruck entstanden wäre, es gebe schon eine Kirche in Jerusalem und daneben jetzt plötzlich eine zweite in Samaria. Das wäre der absolut falsche Eindruck gewesen, weshalb Gott diesen besonderen Weg geht, indem Er zuerst Johannes und Petrus dorthin schickt.
Wie war das in Kapitel 10? Da bekehren sich Leute aus den Nationen. Jetzt bestand die Gefahr, dass wenn die den Heiligen Geist bekommen, die Juden in Jerusalem sagen: „Wir glauben nicht, dass Gott Menschen aus den Nationen, von diesen Heidenvölkern, genauso segnet wie uns“. Und deshalb führt Gott es so, dass Petrus mit einigen aus der Beschneidung (Juden) vor Ort war. Als sie sahen, „dass auch auf die Nationen die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen worden war“, staunen sie, ja sie „gerieten außer sich“ (Apg 10,45). Sie erkannten, dass wenn auch diese Nichtjuden die Gabe des Heiligen Geistes bekamen, Gott hier ein Werk getan haben musste – und dass sie somit alle zu der einen Versammlung gehören.
Dann bekehrten sich Menschen in Antiochien und fingen an, sich zu versammeln. Jetzt könnte man meinen, dass nach den Situationen in Samaria und Thessalonich klar ist, dass alle zu der einen Versammlung gehören – ob in Jerusalem oder Samaria, aus den Juden oder den Heiden. „Dann braucht man sich doch nicht mehr um die anderen Orte kümmern“, könnte man meinen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall:
„Und die Hand des Herrn war mit ihnen, und eine große Zahl glaubte und bekehrte sich zu dem Herrn. Die Kunde über sie kam aber zu den Ohren der Versammlung, die in Jerusalem war, und sie sandten Barnabas aus, dass er hindurchzöge bis nach Antiochien;“ (Apg 11,21.22)
Die Versammlung in Jerusalem hört von Bekehrungen in Antiochien, weshalb sie Barnabas dahinschicken. Barnabas tut das, sieht das Wirken der Gnade Gottes und freut sich von Herzen darüber. Das alles sind Beispiele, die zeigen, dass man am Anfang nicht gegeneinander, sondern miteinander ging.
In Kapitel 15 zeigt sich aber noch eine große Klippe. Einige aus Jerusalem kommen nach Antiochien und bringen eine Verfälschung des Evangeliums. Sie lehren: „Wenn ihr nicht beschnitten werdet nach der Weise Moses, so könnt ihr nicht errettet werden“ (Apg 15,1). Eine völlig neue Gefahr entstand. In Antiochien hatte man Klarheit in der Frage, in Jerusalem hingegen nicht. Ein Keil drohte zwischen den Gläubigen in Antiochien und Jerusalem getrieben zu werden.
Und jetzt stelle ich zwei Fragen:
- Was wäre der einfachste Weg gewesen?
Der einfachste Weg wäre der „agree to disagree“-Weg gewesen. Das würde bedeuten, dass man sagt: „Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind, mache es jeder so, wie er es für richtig hält. Das muss man manchmal einfach aushalten.
- Welchen Weg ist man gegangen?
Man beschloss, die weite Reise nach Jerusalem anzutreten, um diese Frage unter Gebet und intensivem Austausch zu besprechen. Das war keine Sache von 10 Minuten, sondern eine aufwendige Reise. Aber sie führte aber dazu, dass man wieder Einmütigkeit hatte und die Gläubigen sich freuten (Apg 15,31). Ich sage nicht, dass das einfach war, aber das Ergebnis war gut. Es gab wieder Einmütigkeit, und zwar auf dem Boden der biblischen Wahrheit. Das war ein gutes und wunderschönes Ergebnis.
Mein letzter Satz zu diesem Punkt betrifft Apostelgeschichte 9,31:
„So hatte denn die Versammlung durch ganz Judäa und Galiläa und Samaria hin Frieden und wurde erbaut und wandelte in der Furcht des Herrn und mehrte sich durch die Ermunterung des Heiligen Geistes“ (Apg 9,31)
Ich wünsche mir, man könnte das heute so einfach so schreiben, dass man für unsere Regionen, sei es Westfalen oder Bayern, Sachsen oder sonst wo, einsetzen könnte. Ein wunderschönes Bild, die Beziehungen von Versammlungen am Anfang.
5. Beziehungen zwischen örtlichen Versammlungen heute
Und damit komme ich jetzt zum fünften Punkt. Das ist die Frage, wodurch die Situation heute schwieriger und so anders als am Anfang ist. Was ist überhaupt anders heute?
Nun müssen wir versuchen, kurz durch die Kirchengeschichte zu gehen. Es hat natürlich angefangen mit einer einzigen Versammlung am Pfingsttag. Und das ist heute auch nicht anders! Aber es dauerte nicht sehr lange, dann setzte der Klerikalismus ein und es gab schließlich eine Organisation, die sich „Kirche“ nannte. Anfang des vierten Jahrhunderts war dann der römische Kaiser das Haupt dieser sogenannten Kirche, woraus sich das Papsttum entwickelte. Es folgte die große Trennung zwischen Ost und West, also Katholizismus und orthodoxe Kirche. Ab dem 15./16. Jahrhundert kam eine ganz andere Dynamik auf, durch die Reformation und durch Bewegungen wie die Wiedertäufer usw. Das waren oft Gegenreaktionen gegen etwas Falsches, die aber vielfach in das entgegengesetzte Extrem verfielen. Plötzlich bildeten sich ganz viele verschiedene Wege heraus: Katholiken, Protestanten, Baptisten, Methodisten, usw.
Heute spricht man nicht von Hunderten, sondern von Tausenden von verschiedenen christlichen Wegen. Der große Unterschied zwischen heute und damals liegt also darin, dass es nicht nur einen christlichen Weg gibt, sondern eine erschreckende Vielzahl.
Damit stellt sich jetzt die Frage, wie man mit dieser komplexen und unübersichtlichen Situation umgehen soll. Wir haben in den Rückspiegel geschaut und gesehen, wie wunderschön es zu Beginn der Versammlung war. Jetzt schauen wir uns um und sehen eine ganz andere Welt, die nichts mehr mit dem Zustand des Anfangs zu tun hat.
Was machen wir jetzt?
- Die ganz Optimistischen meinen, man müsse das Rad zurückdrehen, den ganzen Verfall rückgängig machen. Ein nobles Ansinnen, aber es wird nicht funktionieren. Denn Gott zeigt in den vier letzten Briefen in Offenbarung 2-3, dass dieses Nebeneinander bis zum Kommen des Herrn bestehen bleiben wird.
- Dann gibt es die ganz Pessimistischen. Sie sagen, dass man Versammlung Gottes angesichts der Zerrissenheit heute gar nicht mehr praktizieren kann. Die Grundsätze haben ihren Platz zur Zeit der Apostelgeschichte gehabt, aber die Vielzahl an Organisationen, Kirchen und Benennungen verhindert ihr Befolgen heute völlig.
Gott sei Dank - die Bibel sagt etwas ganz anderes. Das Wort Gottes sagt, dass es keine Zeit gibt, in der die Grundsätze Gottes nicht mehr befolgt werden können. Das Alte Testament illustriert das sehr schön. Da hätte man genau dasselbe sagen können, wie ich es eben gesagt habe (die „Pessimisten“). Die nach Babylon weggeführten Juden waren nach 70 Jahren Gefangenschaft nach Jerusalem zurückgekehrt. Sie hätten bei der Ankündigung des Rückzugs auch sagen können: „Es geht nicht mehr. Es ist nicht mehr wie früher. In Jerusalem steht überhaupt kein Tempel mehr, wir sind weit weg und sind hier aufgewachsen. Wir fühlen uns wohl hier und sprechen die Sprache Babylons - was sollen wir in Jerusalem?“
Sie hätten auch vorschlagen können, etwas ganz Neues auf einer grünen Wiese anzufangen.
Aber der richtige Weg war die Rückkehr nach Jerusalem. Menschlich mochte vielleicht tatsächlich nichts mehr für diesen Ort sprechen. Aber es gab ein positives Argument, das alle menschlichen Überlegungen in den Schatten stellte: Jerusalem war der Ort, den Gott erwählt hatte, „um seinen Namen dahin zu setzen, dass er dort wohne“ (5.Mo 12,5). Wie immer es da aussieht, auch wenn dort nur noch Schutt ist, der Glaube sagt: „Wir wollen an diesem Ort sein, weil Gott ihn ausgesucht hat“.
Was bedeutet ein „Ort“ in der Bibel? Ein Ort steht für bestimmte Grundsätze. Der Ort, den Gott ausgewählt hat, steht für die christlichen, biblischen Grundsätze. Dieses Beispiel veranschaulicht mir, dass auch wenn wir in Babylon sind (weit weg von biblischen Grundsätzen), auch wenn Jerusalem in Trümmern liegt (biblische Grundsätze oft nicht praktiziert werden), es immer noch möglich ist zu fragen, was Gott möchte. Das bedeutet zurückzukehren, einfach zu praktizieren, was Er gesagt hat.
6. Welchen Weg zeigt die Bibel für unsere Zeit?
Zwei Leitplanken
Glücklicherweise gibt es eine ganze Reihe von Stellen im Neuen Testament, die genau das thematisieren. Wir haben die Apostelgeschichte, die uns die Verhältnisse im Anfang beschreibt. Aber wir haben auch zu Anfang aus einem Brief gelesen, in dem Paulus über die letzten Tage spricht. Und gerade in diesem Brief gibt er Hinweise dazu, wie Timotheus und wir uns verhalten sollen, in einer Zeit, wo es komplexer wird, wo es schwieriger wird, wo es ein weitverbreitetes Abweichen vom Wort Gottes gibt.
Jetzt schulde ich noch eine Antwort. Man kann sagen „Mit Jerusalem das ist schön und gut, da brauchte man sich nur nach der Sonne richten - aber was sind denn heute die Grundsätze?“ Muss man dazu das ganze Neue Testament studieren, vielleicht noch das Alte, und ist das alles nicht sehr kompliziert“? Es ist sicher gut, wenn man das ganze Neue und Alte Testament studiert. Aber ich versuche, es auf zwei Leitplanken herunterzubrechen, die jetzt besonders diese Frage betreffen: Leib Christi, Beziehungen zwischen Versammlungen und Einheit zu leben in einer modernen Welt, in der es viele christliche Wege gibt.
„Da ist ein Leib“
Die erste Leitplanke haben wir eigentlich schon angesprochen: „Da ist ein Leib“ (Eph 4,4). „Denn ein Brot, ein Leib sind wir, die Vielen“ (1.Kor 10,17). Und das ist wunderschön! Diese Leitplanke sagt uns, dass wir nichts Neues anzufangen brauchen. Ich sprach kürzlich mit einem Bruder, über den ich mich sehr freue. Er ist noch nicht lange bekehrt und sagte mir, dass er unbedingt an seinem Ort eine Gemeinde gründen möchte. Wir haben darüber gesprochen. Ich weiß, was er meinte, es war ein gutes Ansinnen. Aber mein Punkt ist, dass wir keine Organisation gründen müssen. Wir brauchen keine Mitglieder zu werden oder zu werben, wir sind schon Glieder am Leib Christi. Wenn wir das Brot brechen, dann brechen wir das Brot nicht, weil wir Mitglieder einer Brüdergemeinde oder irgendeiner Benennung, Gemeinde, Versammlung oder Organisation wären, sondern wir brechen das Brot als Glieder am Leib Christi. Ein Brot, ein Leib sind wir die vielen.
Absonderung vom Bösen
Die zweite Leitplanke ist uns auch geläufig. Wenn die Versammlung verbunden ist mit Christus und wenn sie zur Herrlichkeit des Herrn Jesus sein soll, wenn die Engel, wie Epheser 3 sagt, die mannigfaltige Weisheit schauen in der Versammlung (Eph 3,10) und wenn der Herr Jesus gesagt hat: „Da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,20), dann darf nichts damit kombiniert werden, was nicht zu seiner Ehre ist. Also insbe sondere alles, was seine Person schmälert, böse Lehre, über seine Person, über sein Werk, über das Heil. Oder moralisch verwerfliche Dinge, Böses. Oder böse Dinge, mit denen wir in Berührung wären, schlechte Verbindungen, die Paulus besonders in 1.Korinther 10 und 2. Timotheus 2 thematisiert. Das sind Dinge, die nicht passen würden zur Gegenwart des Herrn Jesus. Und das ist eigentlich diese zweite vielleicht nicht so populäre, aber dennoch wichtige Leitplanke: die Absonderung vom Bösen.
Natürlich hören wir oft Sätze wie: „Ihr meint wohl, ihr wärt etwas Besseres“? Ich denke da immer an 4. Mose 5. Gott gibt die Anweisung, dass jeder Aussätzige in Israel aus dem Lager hinausgeschickt werden sollte und zwar mit folgender Begründung: „… damit sie nicht ihre Lager verunreinigen, in deren Mitte ich wohne“ (4. Mo 5,3). Darum geht es – was gefällt dem Herrn Jesus, was akzeptiert Er in seiner Gegenwart und was muss gerichtet oder ferngehalten werden.
Aber wie funktioniert das an einem Ort und auch überörtlich? Damit sind wir mitten in diesem Thema der Beziehungen zwischen Versammlungen angekommen.
Zuerst einmal sind Beziehungen zwischen Versammlungen ein positives Thema. Ich gehe nochmal nach Apostelgeschichte 11, wo wir die Versammlung in Antiochien finden. Paulus besucht diesen Ort (Apg 11,25.26), und später kommen Propheten von Jerusalem, von denen die Gläubigen in Antiochien profitieren. Sie erfahren, dass eine große Hungersnot kommen sollte, und möchten den Brüdern, die in Judäa wohnen, „etwas zur Hilfeleistung“ zu senden (Apg 11,27-30). Ist diese enge Beziehung zwischen Versammlungen nicht wunderbar? Ist es nicht herrlich, dass wir nicht nur mit den Gläubigen verbunden sind, die in demselben Dorf oder derselben Stadt wohnen, sondern auch mit Gläubigen weltweit? Wir können uns gegenseitig in geistlicher und materieller Weise helfen und ermutigen.
Dann gibt es natürlich andere Fragen, die verbunden sind mit der Aufnahme von Gläubigen. Zur Zeit der ersten Christen nahm man diejenigen auf, wo man zur Überzeugung gekommen war, dass sie echte Gläubige waren. Die Schwester Phöbe zum Beispiel war als eine gläubige Schwester bekannt. Sie reiste nach Rom, bekam einen Brief mit, in dem sie den Geschwistern dort empfohlen wurde. Selbstverständlich wurde sie dann auch von ihnen aufgenommen. Und wie ich schon angedeutet habe, galt dasselbe auch im negativen Fall – auch dann respektierte man die Entscheidung der Versammlung an einem anderen Ort.
Da müssen wir natürlich fragen, wie das heute in unserer Zeit funktionieren kann. Die Antwort ist: Es funktioniert im Grunde genommen genauso wie damals. Natürlich haben wir heute die Komplikation, dass es viele Christen gibt, die an Orten sind, wo das nicht praktiziert wird, was die Schrift sagt. Das können wir nicht ändern, können das Rad nicht zurückdrehen. Aber wenn wir an einem Ort Gläubige kennen, wo wir die Überzeugung haben, dass sie versammelt sind zum Namen des Herrn Jesus hin, gilt genau dasselbe wie früher. Dann sind wir bei den alten biblischen Grundsätzen. Und wenn sie im Namen des Herrn Jesus versammelt sind und sie schicken uns einen Empfehlungsbrief, brauchen wir nicht von Null anzufangen und den Fall noch einmal zu prüfen. Umgekehrt, wenn wir eine Mitteilung bekommen, Bruder X musste leider ausgeschlossen werden, dann werden wir doch nicht sagen, das glauben wir nicht.
Welche Beschlüsse sind für uns bindend?
Wir müssen nun die Frage untersuchen, welche Beschlüsse (Aufnahme in die Gemeinschaft oder Ausschluss von der Gemeinschaft) für uns heute bindend sind – und ob es so etwas heute überhaupt noch gibt.
Ja, so etwas gibt es auch heute noch, absolut. Die Basis dafür ist immer noch dasselbe wie damals. In Matthäus 18 haben wir gelesen: „Wahrlich, ich sage euch: Was irgend ihr auf der Erde binden werdet, wird im Himmel gebunden sein, und was irgend ihr auf der Erde lösen werdet, wird im Himmel gelöst sein“ (Mt 18,18). Der einzige Unterschied ist, dass es heute nicht nur solche Orte gibt, wo Christen so versammelt sind, dass wir das Vertrauen haben können, dass sie zum Namen des Herrn Jesus hin versammelt sind (wo diese Autorität zu binden und zu lösen vorhanden ist, weil der Herr dort zugesagt hat, in der Mitte zu sein). Es gibt auch Orte, wo wir das nicht sagen können.
Ich benutze manchmal dieses vielleicht etwas krasse Beispiel und sage, wenn jemand von der katholischen Kirche exkommuniziert würde, weil er ein Buch gegen das Papsttum geschrieben hat, wäre das für uns kein Problem. Warum? Weil wir uns nicht gebunden fühlen an das, was dieses System tut. Aber wenn ein Ausschluss vorgenommen wird von Christen, die sich zum Namen des Herrn Jesus hin versammeln, dann sind wir daran gebunden, jedenfalls zunächst einmal.
Warum sage ich das? Ich habe gesagt, die Versammlung hat Autorität hat – nicht in sich selbst, sondern weil der Herr Jesus in ihrer Mitte anwesend ist, wenn sie versammelt ist zu seinem Namen hin. Dann kann sie handeln, indem sie Beschlüsse fasst – und diese Beschlüsse werden selbstverständlich zuerst einmal akzeptiert. Das ist der Normalfall, von dem wir grundsätzlich ausgehen bei solchen, die sich auf dieser biblischen Weise versammeln.
Umgang mit fragwürdigen Beschlüssen - zwei Optionen
Was passiert aber in einem Fall, dass eine solche Entscheidung sehr fragwürdig erscheint? Nehmen wir ein sehr krasses Beispiel: Ein Bruder wird an einem Ort ausgeschlossen, weil man sich in irgendeinem nebensächlichen Punkt nicht einig war und die Sache eskaliert ist, oder aus sonst einem unbiblischen Grund. Wie reagiert man auf diesen Beschluss, wo man nicht verstehen kann, warum dieser Bruder ausgeschlossen wurde?
Es hat verschiedene Wege gegeben, auf denen man solchen Situationen begegnen wollte. Manche plädieren dafür, einen derartigen Beschluss nicht zu akzeptieren, weil er ihrer Ansicht nach falsch war. Sie möchten die Sache für sich entscheiden, möchten keine Rücksprache nehmen mit der Versammlung, die den Beschluss gefasst hat, sie stören sich einfach nicht daran. Das wäre der Weg der Unabhängigkeit. Sie handeln, als wenn örtliche Versammlungen unabhängig voneinander wären. Dieser Weg ist einfach und pragmatisch. Man kann tun, was man persönlich für richtig hält, das Urteil anderer Versammlungen zählt nicht, man stört sich nicht daran, sondern fällt sein eigenes Urteil.
Der andere Weg ist schwieriger. Bleiben wir bei der Situation: Bruder X wird an Ort Y ausgeschlossen, aber es ist nicht ganz klar, warum. Der einfache Weg wäre, ihn aufgrund der unklaren Situation einfach bei uns aufzunehmen. Der schwierige Weg ist, Kontakt aufzunehmen mit Ort Y und zu sagen: „Liebe Geschwister, wir würden gerne verstehen, was ihr getan habt, könnt ihr uns das bitte einmal erklären“.
Das gehört mit zu diesem Thema, was ich eben gestreift habe: „die Einheit des Geistes zu bewahren im Band des Friedens“ (Eph 4,3). Diese Einheit des Geistes ruht eigentlich auf denselben beiden Säulen oder Leitplanken, die wir schon angesprochen haben:
- „Da ist ein Leib“ (Eph 4,4)
- Es ist die Einheit des Geistes, und der Heilige Geist will keine Einheit fördern oder bewirken, die Verbindungen mit Bösem beinhaltet
Das sind genau diese beiden Säulen. Aber Paulus schreibt auch, dass es zur Bewahrung dieser Einheit des Geistes bestimmte Voraussetzungen gibt. Diese sind uns nicht angeboren, mir jedenfalls nicht. Man braucht Demut, Sanftmut und Langmut, gegenseitiges Ertragen in Liebe – Eigenschaften. Da verstehen wir, dass man sich wirklich befleißigen muss, die Einheit des Geistes zu bewahren und warum diese Eigenschaften dafür so dringend benötigt werden.
Es ist nie leicht, wenn wir eine Entscheidung getroffen haben, es dann an der Tür klopft und jemand fragt, ob wir ihm die unsere Entscheidung erklären können. Da braucht es Demut und Sanftmut auf beiden Seiten, manchmal muss man es auch ertragen.
Aber das ist der Weg, den das Wort Gottes zeigt und der auch heute noch der Weg ist, den der Herr uns führen möchte. Die Versammlung hat Autorität, wenn sie zum Namen des Herrn hin versammelt ist. Aber das bedeutet eben nicht Unabhängigkeit oder Unfehlbarkeit. Wenn dabei Fehler aufkommen, haben wir nicht nur das Recht, sondern viel mehr die Pflicht, Kontakt aufzunehmen, den Schulterschluss zu wahren und zu versuchen, die Sache im Licht der Schrift und nach den Gedanken des Herrn zu klären.
Und eigentlich müssten ja beide Seiten ein gemeinsames Interesse haben, denn eigentlich wollen ja beide Seiten, dass der Wille des Herrn getan wird! Nur eine Seite sieht es offensichtlich noch nicht so wie die andere.
Wir haben also gesagt, dass Zucht universell gilt, weil die Versammlung Autorität durch den in ihrer Mitte anwesenden Herrn hat. Wir haben auch gesagt, dass damit gegenseitige Anerkennung einhergeht und nicht Unfehlbarkeit gemeint ist.
Gegenseitige Anerkennung
Aber was meint gegenseitige Anerkennung? Wer hätte denn das Recht, eine Gruppe von Gläubigen „anzuerkennen“ als zum Namen des Herrn hin versammelt? Wer fährt denn dahin und drückt den Stempel auf? Wer hat diese Autorität? Jetzt gibt es die scheinbar sehr demütige Auffassung, dass sich so ein Urteil darüber, wer zum Namen des Herrn hin versammelt ist, niemand anmaßen könnte. Das klingt total vornehm, man überlässt die Sache einfach dem Herrn.
Aber denken wir diesen Ansatz einmal zu Ende: Der Herr Jesus sagt in Matthäus 18,18, dass eine Handlung verbindlich ist, die von solchen vorgenommen wird, die in seinem Namen versammelt nimmt. Wenn ich jetzt vollkommen agnostisch vorgehe (d.h. vorgebe, unwissend zu sein) und sage: „Ich weiß gar nicht, wer in meiner Region überhaupt versammelt sein könnte zum Namen des Herrn hin“, dann weiß ich überhaupt nicht, wessen Beschlüsse ich anerkennen muss. Wenn dann jemand mit einem Empfehlungsbrief zu mir kommen würde, nützt dieser Brief gar nicht. Er hätte nur dann Autorität, wenn er von Christen käme, die sich zum Namen des Herrn hin versammeln. Wenn ich aber glaube, das nicht wissen zu können, ja gar nicht beurteilen zu dürfen, dann nützt der beste Empfehlungsbrief nichts.
Wir merken, dass es wohl doch möglich sein muss, andere Versammlungen anzuerkennen und dass wir dieses Urteil in vielen Fällen alle längst auch gefällt bzw. akzeptiert haben. Dabei muss man bedenken, dass wir nicht von einer Anerkennung sprechen, die einen Status verleiht oder „zertifiziert“. Stattdessen können wir „anerkennen“ mehr im Sinn von „wiedererkennen“ verstehen. Wenn ich durch Volmarstein laufe und auf der Straße Frank sehe, dann erkenne ich: „Das ist Frank“. Aber er ist nicht deshalb Frank, weil ich ihn erkannt habe. Ich habe ihn einfach wiedererkannt. Ich habe die Gesichtszüge erkannt. Ausnahmsweise hat meine Gesichtserkennung funktioniert, sodass ich wissen kann: „Jawohl, das ist Frank“.
Genauso ist es mit einer Versammlung, die zum Namen des Herrn Jesus hin versammelt ist. Erkennen wir da die biblischen Charakterzüge einer neutestamentlichen Versammlung versammelt zu seinem Namen? Wenn das der Fall ist, haben wir das Recht und die Pflicht, sie als solche anzuerkennen. Und damit haben wir dann auch ihre Beschlüsse anzuerkennen – und wollen sie gerne respektieren, denn wir gehen doch davon aus, dass sie im Namen des Herrn gefasst wurden (und wenn wir Bedenken hätten, sprechen wir mit ihnen).
„Circle of Fellowship“
Das wirft jetzt noch eine Frage auf. Bedeutet dieses Thema Anerkennung denn dann, dass wir in einem „circle of fellowship“, in einem festen Gemeinschaftskreis sind? Keine ganz leichte Frage. Darüber ist auch viel geschrieben worden. Die biblisch richtige Antwort hängt davon ab, was mit „Gemeinschaftskreis“ gemeint ist, wie man ihn definiert:
- Was ich eben erklärt habe, zeigt eigentlich unmittelbar, dass es einen festen Kreis der Gemeinschaft gibt, in folgendem Sinne: Es gibt einen festen Kreis der Gemeinschaft, von dem wir aufnehmen ohne Rückfragen. Weil wir gewisse Orte und ihre Situation kennen und wir die Überzeugung haben, dass man dort zum Namen des Herrn Jesus hin versammelt ist, sind Briefe von ihnen grundsätzlich bindend.
- Aber es gibt keinen festen Kreis der Gemeinschaft in dem Sinn, dass nie jemand am Brotbrechen teilnehmen könnte, der von außerhalb dieses Kreises kommt. Denn teilnehmen kann jeder, der die biblischen Kriterien erfüllt.
7. Ein Beispiel aus der Geschichte
Ich glaube, dass unter anderem da die Hauptschwierigkeit liegt, die es heute an manchen Orten gibt. Wie haben wir uns zu verhalten, wenn an einem anderen Ort etwas schiefläuft? Haben wir da eine Verantwortung oder nicht?
Ich möchte das kurz erklären aus geschichtlicher Sicht. Manche werden den bekannten Fall von Benjamin Wills Newton (1807-1899) kennen. Newton war ein Mann unter den sogenannten „Brüdern“ in England. Er wohnte in Plymouth an der Südküste, hatte dort unter den Gläubigen großen Einfluss und war als Lehrer bekannt geworden. Aber es stellte sich heraus, dass sich schlimme Dinge in seine Lehre eingeschlichen hatten, bis hin zu gravierenden falschen Lehren, die die Person des Herrn Jesus angriffen.
Daraufhin stellten sich für die Versammlungen in England zwei Fragen:
- Was ist mit Benjamin Newton zu tun? Kann er teilnehmen?
In dieser Frage herrschte große Einigkeit - unmöglich konnte solch ein Irrlehrer am Brotbrechen teilnehmen.
- Was ist mit denjenigen, die sich mit ihm in Plymouth versammeln?
An der zweiten Frage schieden sich die Geister. Es gab eine Gruppe von Brüdern, die meinten, dass man solche, die sich in Plymouth mit Newton versammelten, aufnehmen könnte, solange sie seine Lehren nicht selbst übernommen hatten und verbreiteten. Das war der eigentliche Beginn einer Bewegung, die unter dem Namen „Offene Brüder“ bekannt geworden ist. Man findet dort im Wesentlichen zwei Hauptkennzeichen:
- Unabhängigkeit: Versammlungen werden als voneinander unabhängig (autonom) gesehen - man fühlt sich nicht an Beschlüsse anderer Versammlungen gebunden.
- Offene Zulassung: Man lehnt ab, dass Verbindungen mit bösen Personen (z.B. Irrlehrer wie Benjamin W. Newton) verunreinigen
Was wir heute erleben, sind also keine neuen, modernen Lehren. Wir müssen uns aber fragen, was das Wort Gottes zu diesen Dingen sagt. Den ersten Punkt haben wir bereits ausführlich besehen: Die Schrift zeigt uns sehr deutlich, dass Versammlungen nicht autonom und unabhängig voneinander sind.
Der zweite Punkt wird genauso deutlich im Wort Gottes behandelt. Insbesondere Stellen wie 1. Korinther 10,14-22; 2. Timotheus 2,19-21 und 2. Johannes 9-11 zeigen eindeutig, dass auch Verbindung mit Bösem verunreinigt.
Wir stehen vor der Frage, welchen Weg wir gehen wollen, den Weg der Unabhängigkeit, der letztlich Neutralität im Blick auf Christus, sein Werk und die Wahrheit bedeutet, oder den Weg der Einheit in Absonderung vom Bösen?
Ich meine, dass aus dem, was wir heute Abend gesehen haben, der Weg eigentlich klar ist. Unabhängigkeit zerstört die praktische Darstellung dieses wunderschönen Bilds der Einheit, für die Christus gelitten hat. Und nicht nur das: Unabhängigkeit ist letztlich auch Gleichgültigkeit gegenüber Christus, wie man an dem Newton-Beispiel sehr deutlich sieht. Weil man es nicht verurteilt, wenn jemand einen Weg mit einem Bösen geht, der die schlimmsten Dinge über Christus verbreitet.
Im familiären Kreis ist uns das völlig klar. Wie würde ich reagieren, wenn jemand die die schlimmsten Räubermärchen erzählen würde über meine Frau? Oder wenn er der beste Freund ist von einem, der das tut? In unseren natürlichen Beziehung ist dieses Prinzip selbstverständlich. Aber wenn es den Herrn betrifft, dann sollte es uns genauso klar sein.
8. Drei aktuelle Fragen
In Bezug auf unser Thema werden zuweilen Ansichten vertreten, die letztlich dahin führen, die genannten Säulen „anzubohren“ bzw. die genannten Leitplanken aus dem Weg zu räumen. Dabei geht es insbesondere um die folgenden drei zentralen Bibelstellen:
- Timotheus 2.
- Korinther 10
- Epheser 4
(1) Wer ist ein Gefäß zur Ehre bzw. zur Unehre?
Man hört die Ansicht, die Gefäße zur Unehre in 2. Timotheus 2 bezögen sich nur auf Hymenäus und Philetus. Diese seien Irrlehrer gewesen und folglich müsse man sich NUR von Irrlehrern absondern. Der Zusammenhang zeigt etwas anderes, nämlich, dass Paulus den Fall von Hymenäus und Philetus aufgriff, um einen Grundsatz vorzustellen (genau wie er in 1. Korinther 5 den Fall des Hurer benutzt, um allgemeine Belehrungen zu geben, die in diesem Fall – aber eben nicht nur in diesem Fall – greifen).
Paulus schreibt: „Wenn einer sich von diesen reinigt, wird er ein Gefäß zur Ehre sein“ (2.Tim 2,21). Beachten wir: WENN einer sich von diesen reinigt, dann WIRD er ein Gefäß zur Ehre sein. Das ist eine Bedingung. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass einer, der sich nicht von Gefäßen zur Unehre reinigt, selbst verunreinigt und damit kein Gefäß zur Ehre mehr sein kann.
Manchmal wird gesagt, Gefäße zur Unehre können nur solche sein, die entweder Böse im Sinne von 1. Korinther 5 sind oder Irrlehrer im Sinne von 2. Johannes 9-11. Hier gilt derselbe Punkt. Nicht nur „Böse“ und „Irrlehrer“ sind Gefäße zur Unehre, sondern auch die, die sich nicht von ihnen „wegreinigen“ (s. die Fußnote1 zu 2. Tim 2,21).
(2) Ist der Tisch des Herrn vereinbar mit schlechten Verbindungen?
In Bezug auf die Belehrungen zum Tisch des Herrn (1. Kor 10,14-22) wird versucht, die Aussage des Abschnitts darauf zu reduzieren, dass Paulus hier vor Götzendienst warnt. Natürlich warnt Paulus vor Götzendienst, wenn er sagt „Darum, meine Geliebten, flieht den Götzendienst“ (1.Kor 10,14). Aber er zeigt gerade, dass nicht nur Götzendienst ein Problem ist, sondern auch die Verbindung damit. Er zeigt, dass es nicht funktioniert, am Sonntag Gemeinschaft am Tisch des Herrn auszudrücken, und dann an einem anderen Tag Gemeinschaft mit einer Sache zu haben, die nicht dazu passt.
Auch hier greift Paulus ein praktisches Beispiel auf – den Götzendienst in Korinth – um einen Grundsatz zu verdeutlichen, nämlich dass äußere Teilnahme innere Gemeinschaft ausdrückt und dass deshalb auch eine äußere Verbindung mit Bösem verunreinigt.
(3) Wie kann man die Einheit des Geistes bewahren?
Im Blick auf Epheser 4 gibt es ebenfalls einen Erklärungsansatz, der nicht ungefährlich ist. Man sagt: „Die Einheit des Geistes bewahrt man, indem man Gemeinschaft pflegt mit allen, die zur Einheit des Leibes gehören“. Das hört sich erst einmal gut und freundlich an, aber da fehlt die zweite „Leitplanke“, die auch aus anderen Stellen vollkommen klar wird, die Absonderung vom Bösen. Die Einheit des Heiligen (!) Geistes kann unmöglich der Heiligkeit Gottes entgegenlaufen.
Wir bewahren die Einheit des Geistes, indem wir unsere Beziehungen zu allen Kindern Gottes ausleben – gemäß den Gedanken des Heiligen Geistes.
Eine Ermutigung: „Halte fest, was du hast“
Und damit komme ich zu meinem Schlussvers aus dem Sendschreiben an Philadelphia:
„Ich komme bald; halte fest, was du hast, damit niemand deine Krone nehme!“ (Off 3,11)
Wir haben angefangen mit dem schönen anvertrauten Gut. Ich hoffe, dass wir etwas gesehen haben von der Schönheit des Themas Versammlung aus der Sicht Gottes und von dem Wert der Einheit. Wir haben etwas gesehen von den Herausforderungen, diese Einheit zu leben, auch überörtlich, wenn es einmal Schwierigkeiten gibt.
Aber ist an uns, das schöne anvertraute Gut zu bewahren, das festzuhalten, was wir haben. Der Herr Jesus sagt nicht, dass das einfach ist. Aber er sagt: „Ich komme bald“. Wenn wir daran denken, dass Er bald kommt, dann wollen wir nach Möglichkeit das tun, was Er von uns wünscht.
Lasst uns festhalten an den Grundsätzen. Natürlich in dem Bewusstsein, dass wir Fehler machen, dass wir Schwachheit haben, dass wir zweifellos Dinge zu bekennen haben.
Auf der anderen Seite müssen wir bedenken: Wenn wir uns (bildlich gesprochen) in Jerusalem befinden, dabei aber in einem schlechten Zustand sind, liegt die Lösung nie darin, Jerusalem zu verlassen. Die Lösung ist vielmehr, den schlechten Zustand zu bekennen und zu verändern. In diesem Sinn hoffe ich, dass uns das Thema, auch wenn es etwas problembeladen ist, motiviert zu sagen: Es lohnt sich!
Das hängt zusammen mit einem Ort, wo wir den Herrn Jesus erleben, wo Er zugesichert hat: „Da bin ich in ihrer Mitte“ – das ist das Großartige. Der Ort seiner Gegenwart ist ein Ort der Freude. „Und du sollst dich vor dem Herrn, deinem Gott, freuen, … an dem Ort, den der Herr, dein Gott, erwählen wird, um seinen Namen dort wohnen zu lassen.“ (5. Mo 16,11).
Das wollen wir festhalten. Und der Herr Jesus sagt sogar, dass es dafür noch eine Krone gibt: „Damit niemand deine Krone nehme!“
Wenn wir an unsere Praxis denken, müssen wir sagen, dass wir das nicht verdient haben. Das wäre das Letzte, worauf wir gekommen wären, aber der Herr Jesus sagt: „Doch, ich möchte euch belohnen und ich möchte euch wirklich ermutigen.“
„Ich komme bald; halte fest, was du hast, damit niemand deine Krone nehme!“ (Off 3,11)
Fußnoten
- 1 Elberfelder Übersetzung, Edition CSV.
Quelle: bibelpraxis.de/a9151.html
