Aufnehmen unbekannter Gläubiger und das Miteinander von Versammlungen (Albert Winterhoff; Karl Müller)

Lesezeit: 5 Min.

Eines erstaunte Wilhelmine Winterhoff: Ihr wurden Brot und Kelch nicht gereicht. - „Ja, man kennt mich ja auch nicht," dachte sie. So ging sie erfüllt von dieser Stunde nach Hause und erzählte alles ihrem Albert (Winterhoff), der dann am nächsten Sonntag auch mitging. Auch er war beeindruckt, obschon viele Fragen auf traten.

Zu Beginn der Stunde wurde z. B. ein Empfehlungsbrief vorgelesen; das war ihm gänzlich fremd. Fragen über Fragen stiegen in ihm auf, und sicher würde jemand der Brüder so lieb sein und sie ihm beantworten.

Während er über dies und das nachdachte, trat ein Bruder auf ihn zu und fragte ihn, ob er ein Gotteskind sei. „Ja", antwortete Albert. „Könnte ich denn etwas mehr über diese Art des Zusammenkommens erfahren?" - „Selbstverständlich, Sie können mich jederzeit in der Schmiede und zu Hause besuchen."

Dieses Erlebnis beeindruckte Albert tief, und so ging er fast täglich zu Bruder Karl Müller nach Hagen-Haspe in die Schmiede ... Während der Hammer auf das rotglühende Eisen fiel, blätterte Albert fleißig in der Bibel. Ab und zu wischte Karl sich den Schweiß von der Stirn und gab Albert Antwort.

Albert: „Wie kommt ihr dazu, euch so zu versammeln?"

Karl: „Weil die Schrift uns so belehrt. Die ersten Christen verharrten nach Apostelgeschichte 2,42 in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten; sie brachen später wohl an jedem ersten Wochentag das Brot (Apg 20,7) und sammelten Geld für die Bedürftigen (1. Kor 16,2)."

A.: „Warum habt ihr keinen gewählten Prediger?"

K.: „In Römer 10,14 und 2. Petrus 2,5 wird das Wort ,Prediger' in einem ganz anderen Zusammenhang gebraucht als gemeinhin üblich. Prediger sind nicht von Menschen bestimmt, ordiniert oder auserwählt. Nach Epheser 4,11 gibt der Herr Jesus den Menschen Gaben zur Auferbauung des Leibes Christi; nach 1. Korinther 12 gibt es Dienste, Gnadengaben und Wirkungen, aber Gott wirkt alles in allen. Auch in Römer 12,5-8 finden wir keine Anweisungen, Prediger zu wählen. Wir müssen also fragen, ob die Wahl von Predigern biblisch begründbar ist."

A.: „Ich vertrete den gleichen Gedanken, Bruder Müller ... Da ist noch eine Frage: Warum darf ich eigentlich nicht in Haspe am Brotbrechen teilnehmen, wo die Schrift doch sagt: ,Ein jeder prüfe sich selbst' (1. Kor 11,28)?"

K: „1. Korinther 11,28 bezieht sich auf die Versammlung in Korinth, auf alle Gläubigen, die in Korinth als Christen an einem Ort zusammenkamen und sich dementsprechend auch kannten. Sie nahmen also schon regelmäßig am Brotbrechen teil. Der Apostel forderte sie nun wegen der Unordnung in ihrer Mitte auf, sich selbst zu prüfen. Diese Stelle kann man also nicht auf Fremde an wenden.

Wir verkünden den Tod des Herrn beim Brotbrechen und geben dabei aber auch der Einheit des Leibes Christi Ausdruck (1. Kor 10,15-17; 11,23-34). Es ist unser Wunsch, das zu bewahren, was der Geist gewirkt hat, nämlich die Einheit des Geistes im Bande des Friedens. Und was hat der Geist gewirkt? Die Antwort lautet in 1. Korinther 12,13: ,Denn auch in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden', und in Epheser 4,4: ,Da ist ein Leib', und in Epheser 4,16, dass der ganze Leib wohl zusammengefügt ist. Schließlich heißt es noch in Römer 12,5: ,So sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, einzeln aber Glieder voneinander.' Wir lehnen also alle Benennungen, Kirchen usw. ab, wenn sie nicht einzig und allein auf dieser Grundlage zusammenkommen. Natürlich lieben wir die einzelnen Gläubigen und wünschten sehnlichst, mit ihnen zusammen den biblischen Weg dem Lamm nach zu gehen.

Es ist unser Wunsch, in Absonderung zu unserem Herrn hin und getrennt von den Ungläubigen gemäß 2. Korinther 6,14-18, getrennt von jedem organisierten, religiösen Gottesdienst jüdischer oder jüdisch-christlicher Art (Heb 13,13.14), getrennt von Irrlehren, die den Glauben zerstören (2. Tim 2,16-22; 2. Joh 7-10), und getrennt von offenbar moralisch Bösem (1. Kor 5) den Weg hinter dem Herm Jesus herzugehen, denn 1. Korinther 3,17 sagt: ,Der Tempel Gottes ist heilig, und solche seid ihr.' Bruder Winterhoff, noch eins: Der Tisch des Herm wird in 1. Korinther 10,18.21 mit dem Altar verglichen. Dieser Altar, auf dem die Friedensopfer dargebracht wurden, wird in Maleachi 1,7.12 ,Tisch des Herrn' genannt. Aus 3. Mose 7,21 lernen wir dann, dass jede Verbindung mit Unreinem unrein macht. Wenn wir das auf den Tisch des Herrn anwenden, so ist es deutlich, dass es doch sehr wichtig ist, genauestens zu prüfen, mit wem man am Tisch des Herrn Gemeinschaft hat. Ja, wir werden hier in 1. Korinther 10 geradezu auf gefordert, auf Israel nach dem Fleisch zu sehen, damit wir diese wichtige Lehre gut begreifen. 4. Mose 5,1-4; Haggai 2,13; 3. Mose 22,4-7; 2. Johannes 10; Offenbarung 18,4 und Epheser 5,11 sollten wir auch noch gut lesen.”

A.: „Bruder Müller, das ist wirklich ein sehr hoher Anspruch und ein sehr hohes Bekenntnis. Wenn die Praxis diesem Bekenntnis entspricht, dann wird der Heilige Geist inmitten eines solchen Zusammenkommens wunderbar wirken können, und der Herr Jesus wird verherrlicht. Gibt es eigentlich noch mehr solcher Versammlungen?"

K.: Ja!"

A.: „Wie wisst ihr voneinander, und wie nehmt ihr einander auf?"

K.: „Nun, am letzten Sonntag wurden Empfehlungsbriefe vorgelesen, die den Besuchern aus den Heimatversammlungen mitgegeben worden sind. Das sind Versammlungen, von denen wir wissen, dass sie auf der gleichen Grundlage zusammenkommen. Wir sind davon überzeugt, dass diese Praxis schriftgemäß ist, auch wenn viele unserer Mitgeschwister aus den christlichen Benennungen das nicht ganz einsehen können. So wurde Phöbe der Versammlung in Rom empfohlen (Röm 16,1.2); Apollos erhielt einen Empfehlungsbrief für die Versammlungen in Achaja (Apg 18,27), und Aristarchus wurde den Kolossern empfohlen (Kol 4,10). Wenn wir wirklich den Wunsch haben, dass die Versammlung Gottes rein bleibt und auch vor Bösem, das von außen eindringen kann, bewahrt bleibt, dann müssen wir sorgfältig darauf achten, mit wem wir Gemeinschaft haben. In Apostelgeschichte 20,29.30 spricht der Apostel Paulus die Prophezeiung aus, dass verderbliche Wölfe hereinkommen und die Herde nicht schonen werden, und andererseits, dass Männer aus der eigenen Mitte aufstehen, die die Jünger hinter sich herziehen. Heute - in der Zeit größter Verwirrung - ist es sehr wichtig, solchen Empfehlungsbriefen Platz inmitten der Versammlung einzuräumen.

Übrigens zeigen auch die Schriftstellen in 1. Korinther 14,33.34; 11,16 und 16,19, dass es eine echte Verbindung zwischen den Versammlungen des Urchristentums gab. Sie waren eins in der Lehre (1. Kor 1,2; 1. Kor 4,17; 11,16) und in den Ordnungen (1. Kor 7,17; 14,33). Es ist also wichtig, dass ein ausreichendes Zeugnis (mindestens zwei oder drei) über eine Person, die mit uns das Brot brechen möchte, bekannt ist, damit wir uns nicht mit Bösem verbinden."

entnommen aus: Das Leben Albert Winterhoffs (CSV, Hückeswagen)

Beitrag teilen

Verwandte Artikel

Die Versammlung Gottes (67) - gastweise Aufnahme (8) Manuel Seibel Epheser 4 zeigt uns, was wir im Blick auf die Gemeinschaft der Versammlung (Gemeinde) Gottes für eine Aufgabe haben: die Einheit des Geistes zu bewahren. Das ist im Blick auf das Thema der gastweisen Aufnahme von grundlegender Bedeutung und weist ... Podcast anhören
Die Versammlung Gottes (68) - gastweise Aufnahme (9) Manuel Seibel Im 2. Timotheusbrief spricht der Apostel Paulus über die Zeit, in der wir leben. Da hat sich die Christenheit zu einem großen Haus entwickelt, in dem es große Vermischung gibt. Daher hilft uns auch ein wichtiger Abschnitt im zweiten Kapitel, ... Podcast anhören
Die Versammlung Gottes (65) - gastweise Aufnahme (6) Manuel Seibel Eine wichtige Bibelstelle zum Verständnis der Aufnahme von Geschwistern in der Versammlung Gottes, was unsere Verantwortung betrifft, ist 1. Korinther 10,16-22. Podcast anhören
Die Versammlung Gottes (69) - gastweise Aufnahme (10) Manuel Seibel Manche fragen sich: Wie haben denn die ersten Christen "aufgenommen" in die Gemeinschaft der Versammlung? Gab es dort einen formalen "Prozess", oder wie lief das ab? Und daraus kommt dann die nächste Frage hervor, ob es "genauso" dann auch ... Podcast anhören
Die Versammlung Gottes (75) - gastweise Aufnahme (16) Manuel Seibel Es geht weiter um Einwände gegen die biblische Lehre. Beispielsweise meinen manche, Epheser 4 könnte man auf diese Frage gar nicht anwenden. Denn dort gehe es gar nicht um Versammlungsstunden wie die Zusammenkunft zum Brotbrechen. Wie ist dieser ... Podcast anhören
Die Versammlung Gottes (70) - gastweise Aufnahme (11) Manuel Seibel Gerne suchen wir konkrete Anhaltspunkte, wie man bei einer besuchsweisen Aufnahme vorgehen kann. Hier sind ein paar Hinweise im Blick auf ein Gespräch, das wir in einem solchen Fall mit Dankbarkeit führen sollten. Podcast anhören