Israel – ein gesegnetes Volk

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„… die Israeliten sind, deren die Sohnschaft ist und die Herrlichkeit und die Bündnisse und die Gesetzgebung und der Dienst und die Verheißungen; deren die Väter sind, und aus welchen, dem Fleische nach, der Christus ist, welcher über allem ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit. Amen“ (Röm 9, 4.5).

Es scheint mir, dass es uns Gläubigen heute, die zum allergrößten Teil aus den Nationen kommen, gut ansteht, einmal über diese Vorrechte Israels nachzudenken. Einerseits wird uns das vor einer geringschätzigen Haltung gegenüber diesem Volk bewahren und uns zu einer demütigen Gesinnung führen. Denn bedenken wir: Von all diesen Vorrechten, die hier der Apostel aufzählt, besaßen wir von Natur aus auch nicht eins (vgl. Eph 2,11.12). Andererseits werden uns auch die Unterschiede deutlicher, die zwischen dem Handeln Gottes mit Israel und der Berufung der Kirche bestehen. Denn die Gläubigen der Gnadenzeit sind aufgrund des Werkes Christi noch ungleich reicher beschenkt worden. Und so werden wir umso dankbarer.

Israeliten

Das erste nun, was uns von diesem Volk gesagt wird, ist: Sie waren Israeliten – Nachkommen dessen also, der einst an den Furten des Jabbok mit Gott und Menschen gerungen und obgesiegt hatte. Damals hatte Gott ihm den Namen Israel, Gottes Kämpfer, gegeben (1. Mo 32,22‑32). Als Jakob später aus Paddan‑Aram kam, erschien ihm Gott noch einmal und wiederholte die bereits erfolgte Namenänderung: „Dein Name soll fortan nicht Jakob heißen, sondern Israel soll dein Name sein. Und er gab ihm den Namen Israel.“ Und dann verband Gott mit Israel all die Verheißungen, die Er vormals Abraham und Isaak gegeben hatte (1. Mo 35,9‑15; 48,3.4). Nein, es war nicht etwas Gemeines, nichts Alltägliches, den Namen Israel zu tragen.

Dann folgt eine Kette von Segnungen, die für jene Zeit ohne Beispiel waren. In der sprachlichen Darstellung jeweils durch ein „und“ miteinander verbunden, hat jede einzelne ihr besonderes Gewicht, wird jede besonders akzentuiert.

Sohnschaft

Die Sohnschaft erinnert uns an das, was Gott einst zum Pharao gesagt hatte: „Mein Sohn, mein erstgeborener, ist Israel; und ich sage zu dir: Lass meinen Sohn ziehen, dass er mir diene“ (2. Mo 4, 2.2‑23). Nur dieses Volk hatte Gott von allen Geschlechtern der Erde erkannt (Amos 3,2), nur diesem Volk wurde Er zum Vater (Jes 63,16). Nur von diesem Volk konnte gesagt werden: „Denn welche große Nation gibt es, die Götter hätte, welche ihr so nahe wären, wie der Herr, unser Gott, in allem, worin wir zu ihm rufen?“ (5. Mo 4,7). Israel war die am meisten gesegnete Nation auf der Erde. Und trotzdem waren die Angehörigen dieses Volkes nicht Kinder Gottes im Sinne des Neuen Testaments. Die meisten von ihnen waren nicht von neuem geboren. Das müssen wir stets im Auge behalten, wenn wir ihre Stellung richtig verstehen wollen.

Herrlichkeit

Auch die Herrlichkeit Gottes war in ihrer Mitte sichtbar geworden, nicht nur in der „Wolke“, die sie durch die Wüste leitete (2. Mo 40,34‑38; 1. Kor 10,2), sondern auch in der Wolke über dem Sühnungsdeckel, in der Er alljährlich dem Hohenpriester erschien (3. Mo 16,2). Gewiss, diese sichtbare Herrlichkeit Gottes hatte sie wegen ihrer Untreue bald verlassen müssen. Der Prophet Hesekiel beschreibt in bewegender Weise, wie sich die Herrlichkeit Gottes zögernd, stufenweise vom Haus Gottes wegbegab (Kap. 10, 4.18; 11,23). Aber der Tag wird kommen, an dem die Herrlichkeit Gottes wieder in das Haus zurückkehren wird (Jes 4; Hes 43,4). Und auf welche Weise wird das geschehen? Dadurch dass der Herr Jesus in Macht und großer Herrlichkeit erscheinen und dem leidenden Überrest dieses Volkes zu Hilfe kommen wird (Mt 24,29‑41). Dann wird Er nicht nur in Jerusalem auf seinem Thron der Herrlichkeit sitzen (Mt 25,31), sondern auch den Tempel des Herrn bauen, „und er wird Herrlichkeit tragen“ (Sach 6,12.13).

Bündnisse

Auch von Bündnissen konnten sie reden. Den ersten Bund, den vom Sinai (2. Mo 24), hatten sie allerdings gebrochen, kaum dass er geschlossen war. Einen zweiten Bund, der nicht an Bedingungen geknüpft war, schloss Gott mit Mose und dem Volk Israel. Kraft dieses Bundes brachte Gott das Volk in das verheißene Land (2. Mo 34,10‑26). Einen dritten Bund schloss Gott mit Israel im Land Moab. Er

stützte sich auf den ersten Bund vom Sinai, und seine Beobachtung würde ihnen das Verbleiben im Land der Verheißung sichern (5. Mo 2,9). Aber dann wird es noch einen vierten Bund geben. Er wird erst nach der Drangsal Jakobs mit den beiden Häusern Israels (d.h. mit den zehn und mit den zwei Stämmen) geschlossen werden, wie die folgenden Worte deutlich machen: „Siehe, Tage kommen, spricht der Herr, da ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund machen werde ...“ (Jer 34,31‑34; vgl. Heb 8,10.16‑18). Auf diesen neuen Bund bezog sich der Herr Jesus bei der Einsetzung des Abendmahls: „Dieses ist mein Blut, das des neuen Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“ (Mt 26,28). Sein Blut ist die alleinige Grundlage zur Vergebung von Sünden. Wir dürfen die Vergebung der Sünden schon heute besitzen (Eph 1,7; Kol 1,14), Israel dagegen wird diese Segnung erst in Verbindung mit dem neuen Bund „nach jenen Tagen“ erhalten.

Gesetzgebung

Auch die Gesetzgebung war das Teil des Volkes Israel gewesen. Mit hörbarer Stimme hatte Gott die zehn Gebote zu ihnen geredet, so dass von ihnen gesagt werden konnte: „Denn wer ist von allem Fleische, der die Stimme des lebendigen Gottes mitten aus dem Feuer hätte reden hören, wie wir, und wäre am Leben geblieben?“ (5. Mo 5,26).

Dienst

Gemeint ist der von Gott eingesetzte levitische Gottesdienst, durch den das Volk mit Gott in Verbindung treten und Ihm Anbetung darbringen konnte. Dass die Verordnungen für den levitischen Dienst auch eine unerschöpfliche Fülle von Vorbildern auf den Herrn Jesus und sein Opfer und auch auf den Dienst der Gläubigen in der christlichen Epoche enthalten, war zu jener Zeit allerdings nicht bekannt. Wie glücklich dürfen wir uns jedoch heute schätzen, dass wir im Licht des Neuen Testaments die eigentliche prophetische Bedeutung des zeremoniellen Dienstes von Priestern und Leviten des alten Bundes erkennen können. Doch wird auch einmal die Zeit der Wiederherstellung Israels kommen (Apg 3,19‑21). Und dann wird der zeremonielle Dienst im Tempel des Tausendjährigen Reiches wieder aufgenommen werden und seine Vollendung in Herrlichkeit finden (Hes 40‑47).

Verheißungen

Keinem anderen Volk auf der Erde waren auch von Gott derart weitreichende Verheißungen gegeben worden. Sie werden alle, weil Christus ihre Grundlage und ihr Ziel ist, zu ihrer Zeit ihre Erfüllung finden. Zum Teil haben sie sich bereits erfüllt, als der Herr Jesus das erste Mal auf die Erde kam.

Väter

Auch konnten sie auf die Väter zurückblicken, auf Abraham, Isaak, Jakob und so weiter. Von ihnen leiteten sie ihre Herkunft als Nation ab – nicht ohne Stolz, wie uns Johannes 8,33 zeigt. Aber aus derselben Linie kam der menschlichen Abstammung nach der, der die Krönung von allem ist, der lange verheißene Messias.

Christus

Christus war seiner menschlichen Herkunft nach aus dem Samen Davids gekommen (Röm 1,3; 2. Tim 2,8). Doch war Er unendlich mehr als nur ein Mensch, selbst mehr als nur der Messias: Er war und ist „Gott, gepriesen in Ewigkeit.“ Die Juden hatten Ihn gekreuzigt, weil Er gesagt hatte, Er sei Gottes Sohn (Lk 22,70.71; Joh 19,7). Und wenn sie sein Zeugnis auch nicht annahmen, gerade als solcher hatte Er sich erwiesen, wie uns Römer 1,4 sagt: „als Sohn Gottes in Kraft erwiesen dem Geist der Heiligkeit nach durch Toten‑Auferstehung.“

Die krönende Segnung für Israel war also, dass der Christus gerade aus diesem Volk kam und dass dieser Christus Gott war. Sie mochten es noch nicht so sehen, aber das war die Wahrheit.

auch in: Folge mir nach – Heft 2/2025

als Buch zu kaufen: CSV-Verlag: Von Gott verstoßen?

 

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