Mauern und Tore

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Wenn wir versuchen, einen Überblick über das besondere Wirken des Geistes Gottes in diesen letzten Tagen zu erhalten, können wir dann nicht erkennen, dass die Erweckungen denen der Tage Esras und Nehemias gleichen? In der Erweckung am Anfang des 19. Jahrhunderts gebrauchte Gott geistlich und verstandesmäßig besonders begabte Werkzeuge, Männer von großer Charakterstärke, die auf manchem Gebiet des Lebens Führer der Menschen gewesen wären. Durch diese Männer wurden die großen Wahrheiten in Bezug auf die Kirche oder Versammlung wieder auf den Leuchter gestellt. Auch traten solche in den Vordergrund, die dem Studium der prophetischen Wahrheit ungeheuren Antrieb verliehen. Durch ihren Dienst fand die glückselige Hoffnung auf die Wiederkunft Christi für die Seinen mit all den damit verbundenen Herrlichkeiten eine Wiederbelebung. Ferner traten solche hervor, deren Dienst mehr priesterlichen Charakter hatte. Sie stellten den Heiligen ihre himmlische Berufung vor mit dem Vorrecht, Gott zu nahen, zu seinem Wohlgefallen. Sie zeigten aber auch die sich daraus ergebende Notwendigkeit einer heiligen Absonderung von allem Bösen in der Christenheit.

In der neueren Zeit hat Gott Diener gebraucht, die keine hervorragende Bedeutung als Führer, Propheten oder Priester haben. Man könnte sie vielleicht, wie Nehemia es war, als Männer aus dem Volk bezeichnen, die in den meisten Fällen einen irdischen Beruf ausüben und daneben dem Herrn dienen. Ihre besondere Aufgabe ist, wie die Nehemias, der Bau der Mauer, das Aufrichten der Tore und die Verteidigung der Autorität des Wortes Gottes. Mit andern Worten, sie versuchen das Licht und die Vorrechte, die dem Volk Gottes durch die vorangegangenen Führer, Propheten und Priester geschenkt wurden, zu erhalten.

Im weiteren Verlauf der damaligen Geschichte wird die Notwendigkeit und der Gebrauch der Mauer und der Tore klar werden. Und wenn wir das gesehen haben, wird es uns leicht fallen, die symbolische Bedeutung, die sie für uns heute haben, zu begreifen. Hier ist es nur nötig zu bemerken, dass die Mauern und Tore in Verbindung mit dem Haus Gottes aufgerichtet wurden - die Mauern, um das Böse und böse Personen vom Haus Gottes auszuschließen; die Tore, um allen aus dem Volk Gottes, die in Aufrichtigkeit zum Haus Gottes kamen, freien Zugang zu gewähren.

Heute ist das Problem unter denen, die aus den menschlichen Systemen herausgeführt wurden, nicht so sehr die Erläuterung der Wahrheit selbst, als vielmehr die Handhabung der Mauern und Tore, durch welche die Wahrheit erhalten werden soll. Wenn heilige Absonderung, von der die Mauer ein Bild ist, und die Anwendung göttlicher Sorgfalt in der Zucht und Zulassung zu den Vorrechten des Hauses Gottes - vorgestellt in den Toren - nicht festgehalten werden, geht die wiedererlangte Wahrheit bald verloren. Und wie in Nehemias Tagen, so ist es auch in den unsrigen: Die Bemühung, die Mauer zu bauen und die Tore aufzurichten, ruft Widerspruch hervor. Heute wie damals begegnet man energischem Widerstand von innen und außen. Wie damals so auch heute wird jeder mögliche Einwand gegen die Aufrechterhaltung von Mauern und Toren ins Feld geführt.

Das tolerante Fleisch ist immer bereit, die Erfordernisse im Dienst für den Herrn, die Freiheit des Dieners, die Hilfe für die Gläubigen in den menschlichen Systemen, die Verkündigung des Evangeliums an die Sünder - alles Dinge, die an sich recht sind - als Argumente für den Widerstand gegen Mauern und Tore vorzubringen. Lasst uns anderseits aber beachten, dass das gesetzliche Fleisch genauso in der Lage ist, Mauern und Tore für sektiererische Zwecke  und Parteiungen zu missbrauchen.

Aus: Lasst uns die Mauer Jerusalems aufbauen! (von Hamilton Smith)

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