
I: Die Buße und Auferweckung des Überrests
II: Das gottlose Verhalten Ephraims und Judas
I: Die Buße und Auferweckung des Überrests (V. 1-3)
Der Bußaufruf (V. 1)
Das Kapitel 5 endet mit der Messias-Weissagung: „Ich werde davongehen, an meinen Ort zurückkehren, bis sie sich schuldig bekennen und mein Angesicht suchen“ (Hos 5,15). Diese Weissagung war zur Zeit Hoseas noch zukünftig. Dennoch nimmt der Prophet die Aussage „bis sie sich schuldig bekennen und mein Angesicht suchen“ zum Anlass, das Volk an die Hand zu nehmen und sie umgehend einzuladen: „Kommt und lasst uns zu dem Herrn umkehren“ (Hos 6,1). Es liegt ihm daran, dass das Volk unverzüglich Buße tut und seine Schuld bekennt. Er möchte die verstockten Herzen wieder für Gott gewinnen und in eine praktische und lebendige Beziehung zu Ihm zurückbringen.
Die Drangsalszeit - Das Mittel zur Umkehr
Aus den prophetischen Bücher des Alten Testaments geht jedoch hervor, dass das Volk jede von Gott gegebene Möglichkeit zur Umkehr ausschlägt und im Götzendienst verharrt. Erst in der Zukunft, wenn Gott das Volk durch schreckliche Drangsale1 führen wird, wird ein Überrest zur Buße und Einsicht seiner Schuld kommen.2 Dann werden sie sagen: „Kommt und lasst uns zu dem Herrn umkehren; denn Er hat zerrissen und wird uns heilen, er hat geschlagen und wird uns verbinden“ (Hos 6,1). Dann werden sie Ihn eifrig suchen, Ihm ihre Schuld bekennen und Heilung und Wiederherstellung finden.
Die Wiederbelebung und Aufrichtung Israels (V. 2)
Die Wiederherstellung des Überrests beschränkt sich dabei nicht nur auf die Vergebung ihrer Schuld als Ergebnis ihres Bekenntnisses, das sie ablegen werden, sondern umfasst auch ihre Auferweckung und das Vermitteln von Leben: „Er wird uns nach zwei Tagen wiederbeleben, am dritten Tag uns aufrichten; und so werden wir vor seinem Angesicht leben“ (Hos 6,2).
Nach zwei Tagen – Der tote Zustand vor Gott
Die zwei Tage stehen für den geistlich toten Zustand des Volkes Israels, wie es aktuell vor Gott ist. Die Zahl „zwei“ weist an einigen Stellen der Bibel auf die Bestätigung einer Sache durch Zeugen hin: „Auf zweier Zeugen Aussage oder auf dreier Zeugen Aussage hin soll eine Sache bestätigt werden“ (5. Mo 19,15; vgl. Mt 18,16). Somit sind die zwei Tage ein ausreichendes Zeugnis des Todes und der Unbrauchbarkeit des Volkes vor und für Gott.
Der dritte Tag – Leben aus den Toten
Der dritte Tag steht indessen für die Auferweckung des Volkes aus ihrem toten Zustand. Das betrifft den Überrest, der als „Repräsentant“ für „ganz Israel“ stehen wird (Röm 11,25). Dieser wird „national“ und „geistlich“ wiederhergestellt werden, um vor Gottes Angesicht zu leben.3 Dabei handelt es sich nicht um eine leibliche Auferstehung aus den Toten, sondern um eine nationale und geistliche, durch die sie wieder als Nation vor Gott bestehen und in Beziehung zu Ihm hier auf der Erde gebracht werden. Dann werden sie nicht mehr „Lo-Ammi“ (Nicht-mein-Volk), sondern „Ammi“ (Mein-Volk) sein.
Als Lebende aus den Toten (im geistlichen Sinn) werden sie das Verlangen haben, den Herrn zu erkennen und nach seiner Erkenntnis zu streben (Hos 6,3; Hes 37,1-14). Zur Zeit Hoseas gab es ein großes Defizit in der Erkenntnis des Herrn (Hos 4,6). Doch in der Zukunft wird das Volk wieder nach Erkenntnis trachten. Sie werden ein aufrichtiges Interesse an ihrem Retter haben.
Das bestätigen drei Propheten des Alten Testaments:
- Jesaja: „Die Erde wird voll Erkenntnis des Herrn sein, wie die Wasser des Meeresgrund bedecken“ (Jes 11,9).
- Jeremia: „Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres legen und werde es auf ihr Herz schreiben; und ich werde ihr Gott, und sie werden mein Volk sein. Und sie werden nicht mehr jeder seinen Nächsten und jeder seinen Bruder lehren und sprechen: „Erkennt den Herrn“, denn sie alle werden mich erkennen von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten, spricht der Herr. Denn ich werde ihre Schuld vergeben und ihrer Sünde nicht mehr gedenken (Jer 31,33.34).
- Hosea: „Ich will mich dir verloben in Treue; und du wirst den Herrn erkennen“ (Hos 2,22).
Auch wir sollten in der Erkenntnis des Herrn wachsen. Petrus schreibt: „Wachst aber in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus“ (2. Pet 3,18).
Das Vorbild Jona
Von der Auferweckung des zukünftigen Überrests ist der Prophet Jona ein schönes Vorbild.4 Als dieser über „Bord“ geworfen wurde, schluckte ihn ein Fisch, während das „Schiff der Nationen“ seinen Weg fortsetzte.5 Die Zeit Jonas im Bauch des Fisches ist ein treffendes Bild des heutigen, toten Zustands des Volkes Israels.
Am dritten Tag kam Jona jedoch aus den Wassern der Todeserprobung hervor, indem der Fisch ihn ausspuckte. Ein eindrückliches Bild von der Auferweckung, die der zukünftige Überrest aus Israel einmal erleben wird.
Ein versteckter Hinweis
Ohne jeden Zweifel ist die zukünftige Auferweckung des Überrests nur möglich, weil Christus gestorben und aus den Toten auferweckt worden ist. So sehen eine Reihe von Auslegern in diesem Vers einen versteckten Hinweis auf die Auferstehung des Messias selbst.6
Die Auferstehung des Herrn Jesus wird im Alten Testament bereits mehrfach prophezeit bzw. angedeutet. Daher sagt Paulus im ersten Korintherbrief, dass Christus auferstanden ist „nach den Schriften“. Die Schriften sind hier ein Ausdruck für das gesamte Alte Testament, in dem Christus zu finden ist – auch mit Blick auf seine Auferstehung. Davon zeugen beispielsweise:
- Psalm 16,10: „Denn meine Seele wirst du dem Scheol nicht überlassen, wirst nicht zugeben, dass dein Frommer die Verwesung sehe“ (Apg 2,24-32).
- Jona 2,1: „Und der Herr bestellte einen Fisch, um Jona zu verschlingen; und Jona war im Bauch des Fisches drei Tage und drei Nächte (Mt 12,40).
- Jes 52,13: „Siehe, mein Knecht wird erhoben, erhöht werden und sehr hoch sein“ (vgl. Mk 16,9.19).7
Israels Segnungen im Tausendjährigen Reich (V. 3)
Der nationalen und geistlichen Auferweckung des Überrests wird Segen folgen, den sie im Tausendjährigen Reich empfangen werden. Dazu wird Christus erscheinen, indem Er aus dem Himmel „hervortreten“ wird (Hos 6,3) – dem Ort, an den Er sich zurückgezogen hat (vgl. Hos 5,15). Dieses „Hervortreten“ ist absolut sicher: „wie die Morgendämmerung“. Damit gibt der Prophet dem treuen Überrest Sicherheit. Der Charakter seines Kommens wird für den Überrest sein „wie der Regen, wie der Spätregen die Erde benetzt“ (Hos 6,3). Das weist auf den Segen hin, den der Überrest im Tausendjährigen Reich erhalten wird.
Der Spätregen
Dieser Segen wird ihnen durch das Ausgießen des Heiligen Geistes (symbolisiert durch den Regen) zuteilwerden. Es sind die Vorrechte des neuen Bundes, die der Überrest von Anbruch des Tausendjährigen Reiches an genießen wird. Dabei spricht die Bibel vom „Früh- und Spätregen“ (Jak 5,7):
- Der Frühregen stellt das Ausgießen des Heiligen Geistes über die Versammlung in Jerusalem zu Pfingsten dar, was eine teilweise Erfüllung der Prophezeiung Joels ist (Apg 2,1-4; Joel 3,1-4).
- Der Spätregen spielt mehr auf den vom Himmel auf die Erde herabkommenden Segen an. Er zeugt vom erneuten Ausgießen des Heiligen Geistes zum Segen des wiederhergestellten und aufgerichteten irdischen Volkes Gottes (Überrest). Hierbei handelt es sich jedoch nicht länger um das Wohnen des Heiligen Geistes als göttliche Person in den Gläubigen, sondern um Segnungen, die mit der „Unterstützung“ des Heiligen Geistes der Erde zufließen werden – zum Segen des Volkes.
Arno C. Gaebelein bemerkt: „Dann wird der Spät- und Frühregen wieder auf ihr Land fallen, sodass sie als von Ihm – ihrem Retter und König – Gesegnete vor seinem Angesicht leben werden.“8
Fußnoten
- 1 Der Ausdruck „Bedrängnisse“ weist im Propheten Hosea auf die Drangsalszeit hin, durch die das Volk einmal gehen muss, nachdem die Versammlung Gottes entrückt und im Himmel sein wird (Hos 5,15; Off 3,10).
- 2 Gott gebraucht die zukünftige Drangsalszeit als Mittel, den Überrest zur Buße zu führen, und um die Erde für die Ankunft des Herrn Jesus „vorzubereiten“.
- 3 William Kelly merkt in diesem Zusammenhang an: „Damit liefert Gott zunächst ausreichende Beweise, um zu zeigen, wer das Volk ist, um dann am dritten Tag zu beweisen, wer Er ist.“ (www.stempublishing.de)
- 4 Jona ist auch ein Vorausbild auf den Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus (Mt 12,39.40).
- 5 Der Beginn des toten Zustands des Volkes Israels war, als Israel Christus gekreuzigt und den letzten Zeugen Stephanus ermordet hatte. Sie hält an, bis Israel auferweckt und lebendig gemacht werden wird. Das wird vollständig der Fall sein, wenn Christus aus dem Himmel erscheint.
- 6 William Kelly merkt an: Auf ihn (Christus) bezieht sich die Aussage Hoseas insofern, als der Heilige Geist ihn überall in der Bibel hinbringen kann. Ganz gleich, worüber Er sprechen mag - seien es Dachs- oder Widderfelle, Säulen, Vorhänge oder irgendetwas anderes - die Offenbarung muss sich immer auf Christus beziehen … zu dem uns der Geist Gottes immer führt. (www.stempublishing.com)
- 7 „Erhoben“ deutet die Auferstehung des Herrn Jesus an. „Erhört“ dessen Himmelfahrt und „hoch erhoben“ sein Sitzen zur Rechten Gottes. Dieselbe Reihenfolge kann dem Markusevangelium entnommen werden. Sie bildet eine gewisse Parallele zu dem Vers aus dem Propheten Jesaja. In Kapitel 16,9 spricht der Evangelist von der Auferstehung des Herrn Jesus. In Vers 19a von dessen Himmelfahrt und in Vers 19b von dessen Sitzen zur Rechten Gottes.
- 8 „Kommentar zur Bibel“
Quelle: bibelpraxis.de/a7983.html

Artikelreihe: Der Prophet Hosea
- Einleitung (1)
- Einleitung (2)
- Hos 1.1
- Hos 1.2
- Hos 1.3
- Hos 2.1
- Hos 2.2
- Hos 2.3
- Hos 2.4
- Hos 3
- Hos 4.1
- Hos 4.2
- Hos 5,1-7
- Hos 5,8-15
- Hos 6,1-3
- Hos 6,4-11
- Hos 7,1-7
- Hos 7,8-12
- Hos 7,13-16
- Hos 8,1-7
- Hos 8,8-14
- Hos 9,1-9
- Hos 9,10-17
- Hos 10,1-8
- Hos 10,9-15
- Hos 11,1-7
- Hos 11,8-11
- Hos 12,1-7
- Hos 12,8-15
- Hos 13,1-8
- Hos 13,9-15
- Hos 14,1-4