
I: Der moralische Zustand des Volkes (V. 1-5)
In den ersten drei Kapiteln lag die Botschaft des Propheten auf dessen Ehe, die symbolische Bedeutung hatte und den Zustand Israels widerspiegelte. Ab Kapitel vier folgen die eigentlichen prophetischen Worte.
Die Anklage
Das Kapitel beginnt mit einer Zustandsbeschreibung des Volkes Israels. Wie in einer Anklage werden die „Kinder Israel“ aufgerufen, das „Wort des Herrn“ zu hören (Hos 4,1). Es folgte eine lange und belastende Liste, die die Untreue und die Sünden des Volkes enthält.
Zunächst beginnt der Prophet, dem Volk zu zeigen, was nicht mehr unter ihnen vorhanden war: „keine Wahrheit und keine Güte und keine Erkenntnis Gottes“ (Hos 4,1). Durch das Entfernen von Gott und seinem Gesetz hatte das Volk „Wahrheit“, „Güte“ und „Erkenntnis“ verloren. Dabei stand Israel in einer besonderen Verantwortung, weil ihnen „die Aussprüche Gottes“ anvertraut worden waren. Doch sie hatten absichtlich die Erkenntnis verworfen und das Gesetz vergessen, sowie den Herrn, um sich toten Götzen hinzugeben (Röm 3,2; Hos 4,12; 2,7).
Dann setzt der Prophet die Anklage fort und listet auf, was unter dem Volk vorhanden war und was ihr Leben bestimmte: „Schwören und Lügen und Morden und Stehlen und Ehebrechen“, und „Blutschuld reiht sich an Blutschuld“ (Hos 4,2).1 Diese Sünden waren das Kennzeichen Israels, der zehn Stämme – einem Volk, das sich „Volk Gottes“ nannte.
Ein Ausleger schreibt sinngemäß dazu: Indem das Volk sich vom Herrn entfernte, hatte es Wahrheit, Güte und die Erkenntnis Gottes verloren. Die Folgen dieser Preisgabe waren Verdorbenheit (Lüge und Ehebruch) und Gewalt (Mord, Diebstahl und Blutschuld). Dies liefert ein erstaunlich aktuelles Bild von der Welt, in der wir heute leben.2
Ein anderer Ausleger bemerkt: „Wenn das Herz Gott verlässt, so verschwinden augenblicklich Liebe und Wahrheit, die Züge des göttlichen Charakters, um durch die Früchte des natürlichen Herzens: Gewalttat, Entartung und Lüge, ersetzt zu werden.“3
Der Zustand der bekennenden Christenheit
Die Zustandsbeschreibung Israels lässt dabei an die Beschreibung des Apostels Paulus denken, der von der bekennenden Christenheit sagt: „Dieses aber wisse, dass in den letzten Tagen schwere Zeiten da sein werden; denn die Menschen werden eigenliebig sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, ohne natürliche Liebe, unversöhnlich, Verleumder, unenthaltsam, grausam, das Gute nicht liebend, Verräter, verwegen, aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott, die eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen“ (2. Tim 3,1-5).
Das Urteil
Dann kommt der Prophet von der Anklage zum Gerichtsurteil. Es ist ein „Todesurteil“, das er aussprechen muss, indem er sagt: Darum trauert das Land und verschmachtet alles, was darin wohnt, sowohl die Tiere des Feldes als auch die Vögel des Himmels; und auch die Fische des Meeres werden weggerafft“ (Hos 4,3). Demzufolge würde das Gericht alle, sogar das Land treffen, sodass obendrein auch die geschaffene Tierwelt von den Folgen der Sünde Israels betroffen war.
Keine Hoffnung mehr auf Umkehr
Schließlich fordert der Prophet auf: „Niemand rechte und niemand tadle“ (Hos 4,4). In Kapitel 2 wurde ein treuer Überrest noch dazu aufgerufen: „Rechtet mir eurer Mutter (Israel), rechtet“ (Hos 2,4). Doch nun ist es zu spät. Niemand soll das Volk mehr zurechtweisen noch es tadeln. Die Hoffnung auf Umkehr ist verloren. Das Schicksal der Zehn Stämme entschieden.
Inmitten dieses Zustandes verweigerte das Volk sogar den Priesterdienst, durch den es sich jeder göttlichen Bewahrung beraubte. Die Priester wären als einzige im Stande gewesen, ein Sühnopfer für das Volk zu stellen. Doch das Volk „rechtete“ mit ihnen, sodass es sich jede Möglichkeit nahm, Opfer für ihre Sünden zu bringen.
Gericht als Folge der Untreue
Dann spricht Hosea wieder von Gericht, indem er über Israel, der Mutter, sagt: „Und ich werde deine Mutter vertilgen“ (Hos 4,5). Dieses Gerichtsurteil würde sie bald treffen. Gott würde es an ihnen vollziehen.
Das gilt auch mit Blick auf die bekennende Christenheit. Diese wird einmal ein schweres Gericht treffen (Off 17.18).
Fußnoten
Quelle: bibelpraxis.de/a7836.html

Artikelreihe: Der Prophet Hosea
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