Der leidende Knecht (20) - Jesaja 53,12 (2)

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Im ersten Teil von Vers 12 sahen wir, dass Gott das Werk seines Sohnes nicht unbeantwortet lässt und Ihn dafür belohnt. Nun schauen wir uns den zweiten Teil dieses Verses an, in dem Gott noch einmal nach Golgatha zurückblickt, wo der Messias litt und starb, um die Sünden vieler tragen.

In diesem Schlussvers begründet Gott, warum Er seinen Sohn belohnt, und Ihm Anteil an den Vielen geben und mit Gewaltigen die Beute teilen wird. Die Antwort ist eindeutig. Gott belohnt seinen Sohn für das, was auf Golgatha geschah! Vier Gründe nennt der Prophet.

  1. „Dafür, dass er seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod“
    Der erste Grund ist, dass der Messias seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod. Dies hat Er von sich aus getan. Diese Wahrheit findet sich auch im Neuen Testament wieder. Dort heißt es: „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse“ (Joh 10,17). Eine andere Stelle sagt: „Jesus aber schrie wieder mit lauter Stimme und gab den Geist auf“ (Mt 27,50; vgl. Joh 19,30). Hier steht nicht die Verantwortung der Menschen vor uns, die den Herrn Jesus gekreuzigt haben, von der die Apostelgeschichte berichtet (3,15; 4,10; 5,30), sondern das liebende Herz des Messias, der bereit war, sich selbst in den Tod zu geben (Gal 2,20).
    In dem Augenblick, als Er seine Seele in den Tod ausschüttete, schmeckte Er die ganze Bitterkeit des Todes (Heb 2,9). Dieses Ausschütten gleicht einem Prozess, der eine Zeit lang dauert, bis er vollzogen ist. Einer solchen Ausdrucksweise bedient sich der Heilige Geist hier, um uns empfindsam dafür zu machen, wie sehr der Messias leiden musste, als Er seine Seele in den Tod gab.
  2. „Den Übertretern beigezählt worden ist“
    Nun spricht der Prophet davon, dass der Messias den Übertretern beigezählt worden ist. Diese Aussage bezieht sich auf Golgatha, wo der Messias zwischen zwei Übeltätern gekreuzigt wurde. Während der eine zur Rechten und der andere zur Linken hing, bestimmte man das Kreuz des einzig vollkommenen gerechten Menschen in der Mitte. Damit wollte man demonstrieren, dass Er der Schlimmste von allen sei. Diese Tatsache, dass man Ihn zwischen zwei Übeltätern hängte, findet sich ebenfalls im Neuen Testament wieder (Lk 22,37).
  3. „Er aber hat die Sünde vieler getragen“
    Der Messias wurde der Sündenträger für „die Vielen“. In diesen Augenblicken legte Gott die Sünden „der Vielen“ auf den Messias (1. Pet 2,24). Er trug sie stellvertretend im Gericht Gottes. Kein Mensch kann je die Menge an Sünden erfassen, die der Heiland dort auf sich legen ließ und trug.
    Dabei trug er nicht die Sünden aller Menschen. Es waren ausschließlich die Sünden der „Vielen“. Das ist ein wesentlicher und nicht zu verwechselnder Unterschied.
    Exkurs: Sühnung - Stellvertretung
    Durch das Werk des Herrn Jesus von Golgatha wurde Gott vollkommen verherrlicht und in seinen heiligen Ansprüchen befriedigt. Als Folge dessen kann Er allen Menschen das Heil anbieten. Jeder Sünder kann zu Ihm kommen (1. Tim 2,4). Das ist Sühnung. Das Werk des Herrn reicht wirklich für jeden aus, der kommen will.
    Aber nur derjenige, der sich im Glauben an den Herrn Jesus wendet, Buße tut und Ihm seine Sünden bekennt, gehört zu den „Vielen", deren Sünden der Messias tatsächlich im Gericht Gottes getragen hat. Das ist die Seite der Stellvertretung. Diese Seite wird jedoch nur denen zuteil, die glauben. In Jesaja 53 bezieht sich das in erster Linie auf den zukünftigen Überrest. Im weiteren Sinn auf alle Gläubigen.
  4. „Und für die Übertreter Fürbitte getan“
    Zum Schluss dieser letzten großen Messias Weissagung wird noch einmal betont, dass der leidende Knecht kein Übertreter war. Nein, Er hat vielmehr für die Übertreter Fürbitte getan und sich am Kreuz für sie im Gebet verwendet. So bat Er unter schwersten körperlichen Leiden den Vater für seine Feinde: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk 23,34). Wie einzigartig steht der Messias am Ende dieser Weissagung vor uns!

Diese vier Aussagen finden sich in erstaunlicher Weise – zum Teil wortwörtlich – im Neuen Testament wieder. Das bestätigt die vollkommene Einheit und Harmonie der ganzen Heiligen Schrift. Was im Alten Testament angekündigt wurde, bestätigt sich im Neuen Testament.

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