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Korinth

In Korinth lag ein sehr trauriger, chaotischer Zustand vor. Sogar Böses wurde geduldet und nicht Gott gemäß bereinigt. Paulus hatte dort eine vergleichsweise lange Zeit gedient. Daher muss es ihn sehr getroffen haben, wie schnell sich an diesem Ort die Dinge zum Negativen gewendet haben.

Nun gab es Gläubige dort, die dem Herrn dienten und auch weiterhin im Gegensatz zu anderen Korinthern den biblischen Lehren des Apostels folgen wollten. Eine Familie, die dazu gehörte, waren die Hausgenossen der Chloe. Diese besaßen die Freiheit, dem Apostel von den Missständen in Korinth etwas zu sagen. „Denn es ist mir über euch berichtet worden, meine Brüder, durch die Hausgenossen der Chloe, dass Streitigkeiten unter euch sind“ (1. Kor 1,12).

Zu seinem Wort stehen

Was diese Gläubigen nicht taten, war das Folgende: „Paulus, das ist wirklich schlimm hier. Du musst das wissen und in Deinem Dienst berücksichtigen. Aber sag bloß keinem, wer Dir von diesen bösen und chaotischen Dingen erzählt hat. Es geht uns ja um die Sache, da wäre es schädlich, wenn wir in den Mittelpunkt der Sache gerieten und man unseres Namens wegen nicht bereit wäre, sein Leben zu ändern.“ Nein, sie standen zu dem, was sie Paulus gesagt hatten. Und Paulus durfte sich auf sie berufen.

Das ist auch der biblische Weg. Epaphras stand zu dem, was er von den Kolossern an Fehlentwicklungen sah und sagte es – namentlich – Paulus. Der Apostel wiederum schrieb keinen anonymen Brief an die Galater, sondern stand als Person mit Namen hinter dem, was er sagte. Er verbarg sich nicht hinter einem scheinbar geistlichen Motiv, die Sache des Herrn solle im Vordergrund stehen. Was für manchen geistlich klingen mag, ist letztlich ein unbiblisches Vorgehen. Natürlich – wer zu Missständen offen steht, muss damit rechnen, dass er angegriffen wird. Und er muss auch damit rechnen, dass offenbar wird, dass seine Gedanken nicht in Übereinstimmung mit Gottes Wort sind. Dem kann man aus dem Weg gehen, wenn man sich anonym äußert.

Nicht feige

In Dingen, die beispielsweise eine örtliche Versammlung betreffen oder auch eine Person, über die Vorwürfe geäußert werden, sollte man anonyme Hinweise oder solche von Personen, die nicht bereit sind, mit ihrem Namen für die Sache einzutreten, schlicht ignorieren. Schon im Alten Testament musste ein Zeuge zu seiner Sache stehen. Denn wenn er falsch bezeugt hatte, wurde er dafür bestraft (5. Mo 19,16-21). Selbst die Feinde des Volkes Israel waren in dieser Hinsicht nicht feige, sondern hatten den Mut, zu ihren Meinungen zu stehen und stahlen sich nicht aus der Verantwortung (Neh 6,5.17.19).

Wir müssen, wenn wir selbst angesprochen werden, selbst wenn es auf unbiblische Weise geschieht, immer bereit sein, uns im Licht des Wortes Gottes zu prüfen. Wir sollten aber ein unbiblisches Vorgehen immer als solches verdeutlichen. Denn der Zweck heiligt nie die Mittel.

Mose

Es ist interessant, dass beispielsweise bei Mose genau dann, wenn er (zu Unrecht) angegriffen wurde und schwieg, Gott eingriff. Wenn wir uns selbst zu verteidigen suchen, können wir nicht objektiv sein. Wie oft hat sich gezeigt, dass man sich mit unlauteren Mitteln verteidigt hat bzw. versucht hat, Unbiblisches zu verteidigen.

Bei Paulus sehen wir, dass er sich manchmal tatsächlich verteidigen musste. Bei ihm stand als Apostel die neutestamentliche Wahrheit auf dem Spiel (Korinth, Galatien). Ansonsten finden wir, dass er sich sogar freuen konnte, wenn noch die Wahrheit verkündigt wurde, selbst wenn sie mit falschen Motiven gepredigt wurde (Phil 1,15-18). Noch viel mehr ist der Herr ein Beispiel. Bei Ihm konnte es nur falsche und unberechtigte Anschuldigungen geben. Aber Er nahm selbst solche Umstände aus der Hand seines Gottes an, der gerecht richtet (1. Pet 2,23).

Der Hebräerbrief

Nun könnte man denken: Aber der Hebräerbrief (und der 1. Johannesbrief usw.) ist doch nicht „unterzeichnet“ worden. Gerade bei dem Brief an die Hebräer ist das Argument, dass der Schreiber der Herrlichkeit des Herrn nicht im Wege stehen, sondern das ganze Licht auf diese eine Person richten wollte. Das ist auch wahr. Allerdings übersieht man, dass den Empfängern damals (!) natürlich die Schreiber bekannt waren. Wie sollte man sonst beispielsweise die Grüße richtig verstehen können am Ende des Hebräerbriefs?

Mit anderen Worten: Die damaligen Empfänger wussten genau, wer ihnen den Brief geschrieben hat (und auch für uns ist das ja nicht so kompliziert, wenn man die Schlussformel sich anschaut). Zudem ging es im Hebräerbrief um Belehrung und nicht falsche Lehren und um Anklagen, wie wir das beispielsweise im Galaterbrief finden. Nein, auch diese(r) Brief(e) zeigen, wie wichtig es ist, dass man seine Autorenschaft nicht verheimlicht.

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