Der leidende Knecht (7) - Jesaja 53,4

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Wieder hören wir die Worte des zukünftigen gläubigen Überrests, der sich mit dem früheren Zustand des Volkes Israels einsmacht. Sie werden dann erkennen, dass der Messias während seines Lebens auf der Erde ihre Leiden und ihre Schmerzen trug (Vers 4a). Zugleich drücken sie auch ihre damalige Fehleinschätzung aus, die sie in ihrer geistlichen Blindheit hatten (Vers 4b).

Sie hielten den Messias für einen von Gott geschlagenen und niedergebeugten Menschen. Damit war Er ihrer Meinung nach der Gegenstand des Missfallens Gottes. Wie tief muss das den Heiland getroffen haben.

Der Leidens- und Schmerzensträger

Die in diesem Vers erwähnten Leiden und Schmerzen sind Leiden, die der Herr während seines Lebens auf der Erde trug. Das geht aus den Worten des Matthäusevangelium klar hervor. Dort wendet der Geist Gottes sie auf die Zeit an, als Er auf der Erde seinen Dienst an den Menschen erfüllte und damit auf die Zeit vor seiner Kreuzigung. Sie sind nicht zu verwechseln mit den sühnenden Leiden, die Er ausschließlich in den drei Stunden der Finsternis am Kreuz erduldete.

„Als es aber Abend geworden war, brachten sie viele Besessene zu ihm; und er trieb die Geister aus mit einem Wort, und er heilte alle Leidenden, damit erfüllt würde, was durch den Propheten Jesaja geredet ist, der spricht: „Er selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten." (Mt 8,16.17).

Diese Leiden und Schmerzen waren die Leiden der Menschen, die sie als Folge des Sündenfalls zu tragen hatten. Dazu zählen etwa Krankheit und Tod, aber auch die Besessenheit von Dämonen. Wenn der Messias Kranke heilte, Besessene befreite und Tote auferweckte, dann geschah das nie ohne seine innere Anteilnahme daran. Voll innigen Mitgefühls nahm Er diese Krankheiten in seinem Geist auf sich. Infolgedessen war Er „innerlich bewegt" und „seufzte tief im Geist" (Mk 1,41; Joh 11,33; vgl. Mk 7,34). All jene Werke der Liebe und Barmherzigkeit waren für Ihn mit Leiden verbunden. Leiden, die Er während seines Lebens trug und die Ihn zutiefst berührt haben müssen.

Er trug nicht die Krankheiten aller

Wenn der Herr Jesus in seinem Leben Menschen heilte, betraf das Menschen aus seinem irdischen Volk. Daraus darf nicht abgeleitet werden, dass Christus die Krankheiten aller Gläubigen getragen hätte und es somit keine Krankheiten unter Gläubigen mehr geben könne. Auch heute können Gläubige krank werden. Das bestätigt uns das Neue Testament. Dort lesen wir beispielsweise von Epaphroditus, der krank geworden war - so krank, dass er dem Tod nahe stand (Phil 2,26.27).

Im dritten Johannesbrief lesen wir von Gajus, dem gewünscht wurde, dass es ihm wohl ergehe und er gesund sei (3. Joh 2). Das setzt voraus, dass man krank werden kann - auch als Gläubiger, wie es Gajus zweifellos war - ob seelisch oder körperlich. Auch heute können Gläubige immer noch krank werden. Es ist die Folge des Sündenfalls.

Die Fehleinschätzung des Volkes

Das Volk der Juden hatte in seiner geistlichen Blindheit die Vorstellung, der leidende Messias sei von Gott geschlagen und niedergebeugt worden. Ob es eine Parallele zu Männern des Alten Testaments zog und dabei an Gehasi oder Ussija dachten, die beide von Gott mit Aussatz bestraft und in diesem Sinne von Ihm geschlagen wurden, wissen wir nicht (2. Kön 5; 2. Chr 36). Wir wissen aber, dass Gott der Vater einen vollkommenen Wohlgefallen an seinem Sohn fand, sodass dieser die Himmel über Ihn öffnete und sprach: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe" (Mt 3,17; 17,5; 2. Pet 1,17). Einen solchen Blick hatte das Volk nicht. Sie hatten eine andere Vorstellung über Ihn. Für sie war Er der von Gott geschlagene und niedergebeugte Mann.

Dieses Fehlurteil wird der Überrest einmal anerkennen, sich damit einsmachen und in Buße und Umkehr zu einer Sinnesänderung kommen. Dann werden die gläubigen Juden sagen: „Doch er hat unsere Leiden getragen, und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen. Und wir, wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt" (Jes 53,4).


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