Erlösung

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Antwort:

Das erste Vorkommen in der Schrift

Bei der ersten Frage kann man die alte "Regel" anwenden, daß, will man die Bedeutung eines Begriffs verstehen, man am besten sein erstes Vorkommen in der Heiligen Schrift aufsucht. Das Hauptwort Erlösung erscheint erst relativ spät in der Bibel, in den Psalmen nämlich: "Denn kostbar ist die Erlösung ihrer Seele" (Ps 49, 8). Das dazugehörende Tätigkeitswort dagegen begegnet uns schon in der Geschichte des Patriarchen Jakob: .. der Engel, der mich erlöst hat von allem Übel, segne die Knaben" (1. Mo 48, 16). Dieser Satz "der mich erlöst hat von allem Übel" umschreibt treffend, was im Wort Gottes mit Erlösung im allgemeinen Sinn gemeint ist: die Befreiung von allem Bösen von allem, was einem entgegenstehen kann.

Die hebräische Wurzel (AT)

Dieser Gedanke ist im Alten wie im Neuen Testament grundsätzlich derselbe, wenn sich auch das entsprechende hebräische Wort (im AT) und das griechische Wort (im NT) jeweils von einer anderen Wurzel herleitet. Das hebräische gaál war ursprünglich ein familienrechtlicher Begriff mit der Bedeutung: einen Menschen oder eine Sache zurückfordern, auslösen, lösen. Er wurde verwendet zum Auslösen oder Zurückkaufen eines Hauses (3. Mo 25, 33), zum Zurückkaufen von Gegenständen, die Jehova zu gefallen waren (Kap. 27, 13.15.19), zum Freikaufen eines in Sklaverei geratenen Menschen (K ap. 25, 48ff.), zum "Erlösen" einer Witwe von ihrer Kinderlosigkeit durch den nächsten männlichen Verwandten ihres verstorbenen Mannes, den "Blutsverwandten" (Rt 4, 4.6; 3. Mo 25, 25ff.; 1. Kön 16,11). Boas war solch ein Blutsverwandter oder Löser Rt. 2, 20; 3, 9.12 usw., vgl.. 4. Mo 5,8). Im höchsten Sinn wird das Wort von Gott gebraucht, der Israel und den Frommen erlöst. Daß mit dem Erlösen ein Für sich Beanspruchen verbunden ist, machen Stellen wie 2. Mose 6, 6ff., 15, 13; Jes 43, 1 und viele andere deutlich.

Die griechische Wurzel (NT)

Das griechische Wort für Erlösung im Neuen Testament, apolytrosis leitet sich vom Tätigkeitswort lyo = ablösen, losmachen, entlassen, freisprechen, befreien ab und bedeutet Loskaufung, Befreiung, Freihebung für Lösegeld. Das ist der zugrundeliegende Gedanke im Neuen Testament: zur Befreiung oder Loslösung muß ein Lösegeld bezahlt werden. An manchen Stellen steht mehr der Gedanke im Vordergrund, wovon man befreit wird, z.B. in Lukas 21, Vers 28. In Epheser 1, Vers 7, werden beide Gedanken miteinander verbunden: Wahre Christen haben die Erlösung durch Sein Blut, und sie bedeutet für sie die Befreiung von ihren Sünden und deren Folgen (vgl. auch 1. Pet 1, 18.19; Heb 9, 12.15).

Erlösung - weit mehr als Befreiung von Gericht

Daß Erlösung im Neuen Testament mehr einschließt als die Befreiung vom Gericht Gottes, daß sie vielmehr die Befreiung von jeder entgegenstehenden Macht umfaßt, machen viele Stellen deutlich. Wahre Gläubige werden kraft des Werkes Christi nicht allein "errettet von dem komnienden Zorn" (i. Thes 1, 10), sondern sie sind gerechtfertigt, sind mit Gott versöhnt, haben Frieden mit Gott, haben Zugang zu Gott, rufen Ihn an als ihren Vater in Christus. Sie sind Seine Kinder, weil sie von neuem, aus Gott geboren sind. Sie stehen nicht mehr unter der Macht Satans, des Todes, der Sünde. Sie besitzen den Heiligen Geist und sind lebendige Steine, Glieder des Leibes Christi. Als Erben Gottes und Miterben Christi besitzen sie ein ewiges Erbteil in den Himmeln. So rühmen sie sich in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes. Selbst ihr Leib wird an der Erlösung teilhaben (Röm 8, 23; 1. Kor 1, 30; Eph 1, 14; 4, 3 0). Der Herr wird ihn umgestalten zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leib der Herrlichkeit (Phil 3, 21).

Wenn wir uns vor Augen halten, welche unermeßlichen Segnungen verknüpft sind mit der "Erlösung, die in Christus Jesus ist (Röm 3, 24), wird rasch deutlich, daß das Passah nicht als das eigentliche Vorbild der Erlösung angesehen werden kann. Das Blut des Passahlammes schützte zwar die schuldigen Israeliten vor dem verdienten Gericht Gottes, aber sie waren keineswegs von allen ihren Feinden errettet. Erst als sie auf der anderen Seite des Roten Meeres standen und der Pharao mit seinen Heeren in den Fluten untergegangen war, konnten sie das Lied der Erlösung anstimmen: "Meine Stärke und mein Gesang ist Jah, denn er ist mir zur Rettung geworden ... Du hast durch deine Güte geleitet das Volk, das du erlöst..." (2. Mo 15, 2.13). Erst jetzt hören wir von Errettung und Erlösung.

Das Passah in Ägypten entspricht für uns dem Errettet Werden vom Zorn Gottes. Das ist keinesfalls eine geringe Sache, aber es ist durchaus nicht die ganze Segnung. Daß das Blut des wahren Passahlammes (l. Kor 5, 7) die Grundlage fürjede Segnung ist, steht dabei völlig außer Frage.

Aber was gezeigt worden sollte, ist, daß das Passah als solches nicht über die Seite der Errettung vorn Zorn Gottes hinausgeht. Erst im Durchzug der Kinder Israel durch das Rote Meer finden wir das eigentliche Vorbild der Erlösung. Auf dieses Geschehen wird später in den Psalmen und Propheten immer wieder zurückgewiesen als auf jenen Punkt, von dem an sie ein erlöstes Volk waren.

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