So viel Leid in dieser Welt – Warum?

Lesezeit: 7 Min.

Ein Blick in diese Welt 1

Wenn der Mensch in diese Welt schaut, sieht er einerseits immer häufiger auftretende (Natur-) Katastrophen wie Flugzeugabstürze, Erdbeben und Tsunamis. Gleichzeitig sieht er viel moralisch Böses wie Lüge, Hass und Verbrechen aller Art. Er sieht gescheiterte Ehen und kaputte Familien.

Andererseits sieht er aber auch schöne Dinge in der Schöpfung wie herrliche Landschaften, erstaunliche Himmelskörper und schöne Blumen. Er vernimmt Harmonie und Liebe unter den Menschen, er sieht glückliche Familien mit glücklichen Kindern.

Im Ergebnis aber überwiegt doch meist das Leid und es bleibt immer die eine entscheidende Frage zurück: Warum ist das Leid in dieser Welt? Dabei geht der Mensch oft noch einen Schritt weiter und sucht die Schuld bei Gott. Er fragt ebenso hilflos wie anklagend: Wo ist Gott im Leid?

Der Mensch sucht Antworten - vergeblich

Der natürliche Mensch quält sich seit Jahrhunderten mit dieser Frage nach dem „Warum". Das Leid und Gott - wie passt das zusammen? Beim Nachdenken werden viele hypothetische Fragen gestellt:

  • „Hätte Gott nicht verhindern können, dass ..."
  • „Sollte/könnte Er nicht als der liebende Gott ..."
  • „Müsste Er nicht Einhalt gebieten ...wie kann Er schweigen und dies alles zulassen?"

Diese Ungewissheit und auch Verzweiflung des Menschen wird u.a. bei David Hume 2 deutlich, der die sog. Theodizee 3-Frage in Anlehnung an Epikur folgendermaßen formulierte: „Wenn Gott das Böse wegtun kann, aber nicht will, ist er boshaft; wenn er das Böse wegtun will, aber nicht kann, ist er nicht allmächtig; wenn er aber das Böse wegtun kann und will, warum dann all dies Leid?"

Mit diesen Fragen und Gedankenmodellen kommt der Mensch allerdings nicht ans Ziel, nie zu einer zufriedenstellenden Antwort. Warum nicht? Weil die Antwort in Jesus Christus liegt, dem Sohn Gottes: Solange der Mensch Jesus Christus nicht kennt, wird er nie eine dauerhafte, tragbare Antwort auf seine ihn quälende Frage finden.

Nur Jesus Christus gibt Antworten!

Was macht ein Kind, wenn es von seinen Eltern oder seinem Lehrer keine ausreichende und zufriedenstellende Antwort auf seine Frage bekommt? Meistens gibt es sich nicht damit zufrieden und/oder stellt dann eine andere Frage. Was machen Wissenschaftler, wenn sie mit einer Frage (Hypothese) nicht weiterkommen? Sie stellen eine andere Frage, werfen eine neue Hypothese auf.

So muss es der Mensch auch hinsichtlich seiner Frage nach der Ursache des Leids tun: Er darf eine andere Frage stellen. Nicht die Frage „Warum das Leid?" und nicht die Frage „Hätte Gott nicht..." und womöglich die Behauptung „Gott ist schuld". Nein, er muss zu der Frage geführt werden: „Bin ich schuld? Liegt es vielleicht auch an mir?" Er muss erkennen, dass er schuldig ist. Dann zeigt Gott ihm, dass Er eine Lösung für ihn hat: Jesus Christus, Gottes Sohn am Kreuz von Golgatha. Die Folge wird sein, dass er fragen wird: „Was macht Gottes Sohn an dem Kreuz von Golgatha?"

Auf den ersten Blick scheint diese Frage zwar noch schwieriger zu sein als die Frage nach dem Leid. Aber das ist sie nicht, denn der Fragende bekommt eine klare Antwort auf diese Frage.

Wo? Nicht bei Hume, nicht bei Epikur oder sonstigen Denkern. Nein, nur in der Bibel, in Gottes Wort, ist die Antwort zu finden. Und wie lautet die Antwort? In gewisser Weise ist diese Frage nach Jesus Christus am Fluchholz die Antwort auf die Frage nach dem Leid. Der Mensch wird feststellen, dass seine ablehnende Haltung als Geschöpf gegenüber dem Schöpfer, seine Sünden und die in ihm wohnende Sünde der Ursprung allen Leids sind. Und er wird erkennen dürfen, dass Jesus Christus gerade an dieses schändliche Kreuz ging, um durch seinen Tod und seine Auferstehung Antworten für die Fragen des Menschen zu erwirken. Nicht Hume, nicht Leibniz, sondern nur Gott in Christus gibt eine zuverlässige, ehrliche und schonungslose Antwort auf die Fragen des Leids.

Warum müssen Kinder Gottes noch leiden?

Und wie ist es bei Kindern Gottes? Haben wir nicht noch viel eher ein Recht, diese Fragen nach dem „Warum" zu stellen? Warum trifft auch uns so viel Leid, die wir doch erkauft, erlöst, errettet, Kinder unseres liebenden Vaters sind? Wir könnten mit Gideon fragen: „Bitte, mein Herr, wenn der Herr mit uns ist, warum hat denn dieses alles uns betroffen? Und wo sind alle seine Wunder, die unsere Väter uns erzählt haben?" (Ri 6,13).

Auch Kinder Gottes können Antworten nur bei dem Herrn und unserem Gott und Vater finden: Römer 8,32; Jesaja 55,9; Psalm 77,14.15.20; Sprüche 30,18 - diese Bibelverse sind wertvoll und wir kennen sie. Sie geben uns Halt. Aber kennen wir das nicht alle:

  • Wenn wir selbst betroffen sind, fällt es uns oft schwer, Gottes Wege mit uns zu verstehen. Wir haben diese Zusicherungen vielleicht schon oft gehört und lassen sie nicht mehr in ihrer ganzen Wirkung zur Entfaltung kommen, wenn wir selbst Schwierigkeiten haben.
  • Wenn andere betroffen sind, kommen uns diese Bibelverse vielleicht manchmal zu leicht über die Lippen, wenn wir sie in Not trösten wollen.

Immer dürfen wir dabei wissen, dass es Gottes Pläne mit uns sind und somit ein Sinn dahintersteht. Wir dürfen wissen, dass der Herr Mitgefühl mit uns hat. Dieses Bewusstsein kann ein Mensch ohne Gott nicht haben.

„In all ihrer Bedrängnis war er bedrängt."

Gott sagt dem Volk Israel, dass Er in all ihrer Bedrängnis bedrängt 4 war (Jes 63,9). Wir dürfen das auch für uns in Anspruch nehmen. Wir sind ja Gottes Kinder. Und wir fragen: Könnte der große Gott, der Schöpfer des Universums, je bedrängt sein? Die Antwort ist einfach: Nein! Aber das Unbegreifliche ist: Er hat sich dennoch mit unserer Bedrängnis einsgemacht. Er kann nicht erschüttert oder bedrängt werden, aber Er macht sich mit unseren Nöten eins.

Damit uns Gottes Fürsorge durch seine Gegenwart begreiflicher wird, sehen wir uns im Folgenden drei Beispiele in Seinem Wort an:

  1. Der Herr im Dornbusch: „Ich kenne seine Schmerzen und ich bin herabgekommen" (2. Mo 3,7.8; 5.Mo 33,16).

    Gott brauchte eigentlich nicht aus dem Himmel herabkommen, um dem Volk zu helfen. Ein Machtwort hätte genügt. Aber Er wollte bei seinem Volk in seiner Not sein. Er wohnte im Dornbusch, Er war in ihrer Bedrängnis.

  2. Der Sohn Gottes im Feuerofen: „Das Aussehen des vierten gleicht einem Sohn der Götter" (Dan 3,25).

    Auch hier hätte ein Machtwort gereicht. Aber der Sohn Gottes rettet nicht aus der Distanz. Nein, Er war der vierte Mann im Feuerofen, Er kam mitten in die Bedrängnis.

  3. Hiob: „Mit dem Gehör des Ohres hatte ich von dir gehört, aber nun hat mein Auge dich gesehen" (Hi 42,5).

    Bei Hiob lernen wir, dass Gott Sich auch durch Leiden verherrlichen kann. Das geht mit der Erkenntnis einher, dass wir aus uns selbst nichts sind. Wir können nicht nachvollziehen, was Hiob alles durchmachen musste. Am Ende überwog aber die Gnade und das Mitgefühl des Herrn: „Das Ende des Herrn habt ihr gesehen, dass der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist" (Jak 5,11).

Und wenn es mich trifft? - Theorie und Praxis

Diese Beispiele geben uns Kraft. Sie öffnen uns Fenster. Sie geben Mut. Und was ist, wenn ich oder jemand aus meiner Familie morgen in einen schlimmen Unfall verwickelt wird? Was ist, wenn meine Frau morgen eine schlimme, aussichtslose Diagnose bekommt? Dann merke ich, wie schwer es ist und dass ich an meine Grenzen komme. Bin ich dann sofort auf der Höhe Hiobs, der sagte: „Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen, der Name des Herrn sei gepriesen." (Hiob 1,21)? Sehr wahrscheinlich nicht! Aber ich darf mich auf Gottes Zusagen und Beispiele beziehen und Ihn beim Wort nehmen!

Was ist, wenn dein Verstand Dir sagt, dass der Herr bei Dir ist, Du aber nichts davon fühlst? Vielleicht können hier zwei Gedankenanstöße weiterhelfen:

  • Im Unterschied zu den Gläubigen des Alten Testaments kennen wir den Herrn Jesus, Gott und Mensch in einer Person. Er hat Mitleid mit unseren Schwachheiten wie kein anderer (Heb 4,15). Er, der am Grab des Lazarus weinte, fühlt und leidet mit uns - mit Dir und mir.
  • Im Unterschied zu Pflegekräften muss der Herr sich nicht zu einem gewissen Teil innerlich distanzieren, um selbst stabil zu bleiben. Der Herr kann alles mittragen, keine Belastung ist Ihm zu groß oder auch zu klein.

Zum Schluss

„Gedenkt eurer Führer, die das Wort Gottes zu euch geredet haben, und, den Ausgang ihres Wandels anschauend, ahmt ihren Glauben nach. Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit" (Heb 13,7.8). Ja, es stimmt: Wir müssen heute ohne diese damaligen Vorbilder leben. Sie sind nicht mehr da. Wir müssen ohne Mose auskommen und ohne Daniel. Wir haben keine Möglichkeit, direkten Anschauungsunterricht bei Hiob zu nehmen.

Und es stimmt doch: Wir können ihren Glauben nachahmen. So wie Mose, Daniel und andere alttestamentliche Gläubige in ihrem Leben nicht vollkommen waren, so sind es unsere Mitgeschwister heute auch nicht.

Deshalb halte ich fest: Der Herr ist immer noch da! Er ist mein Vorbild. Er ändert sich nicht, Er bleibt und trägt mich im Leid!

„Der Schmelztiegel für das Silber und der Ofen für das Gold, aber Prüfer der Herzen ist der Herr" (Sprüche 17,3).

Fußnoten

  • 1 Dieser Artikel hat nicht die Absicht, dieses Thema umfassend zu behandeln. Es sollen nur einige Gedanken geäußert werden, die uns helfen können, ein wenig mehr von Gottes Größe - auch im Leid - zu erfassen.
  • 2 Schottischer Denker des 18.Jahrhunderts
  • 3 Theodizee: „Rechtfertigung Gottes“. Zentrale Problemstellung: Wie kann man das Leiden in der Welt mit der Annahme vereinbaren, dass Gott sowohl allmächtig als auch gut ist?
  • 4 Wir lesen nicht, dass Gott unsere Bedrängnis „nachvollziehen“ oder „verstehen“ könnte, nein, es geht viel weiter.
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