Der Wert geistlicher Lieder

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An zwei Stellen lesen wir in den neutestamentlichen Briefen von „geistlichen Liedern". Paulus spricht davon in den beiden Briefen, die den ewigen Ratschluss Gottes über Christus und seine Versammlung (Gemeinde) vorstellen. Darüber hinaus gibt es weitere Stellen, die uns für das Singen der Gläubigen Hinweise geben.

Die Bibeltexte

  1. „Und berauscht euch nicht mit Wein, in dem Ausschweifung ist, sondern werdet mit dem Geist erfüllt, redend zueinander in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern, singend und spielend dem Herrn in eurem Herzen, danksagend allezeit für alles dem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus, einander untergeordnet in der Furcht Christi" (Eph 5,18-21).

  2. „Lasst das Wort des Christus reichlich in euch wohnen, indem ihr in aller Weisheit euch gegenseitig lehrt und ermahnt mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern, Gott singend in euren Herzen in Gnade" (Kol 3,16).

  3. Im 1. Korintherbrief spricht der Apostel Paulus dann noch über die Zusammenkünfte. In Kapitel 14 geht es um die Zusammenkunft zur Auferbauung. Dort sagt er: „Was ist es nun? Ich will beten mit dem Geist, ich will aber auch beten mit dem Verstand; ich will lobsingen mit dem Geist, ich will aber auch lobsingen mit dem Verstand" (1. Kor 14,15).

  4. Etwas später fügt er über die Beiträge der Brüder hinzu: „Was ist es nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder von euch einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Offenbarung, hat eine Sprache, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung" (1. Kor 14,26).

  5. Über den Herrn Jesus sagt der Schreiber des Hebräerbriefs: „Denn sowohl der, der heiligt, als auch die, die geheiligt werden, sind alle von einem; um welcher Ursache willen er sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen, indem er spricht: ‚Ich will deinen Namen meinen Brüdern kundtun; inmitten der Versammlung will ich dir lobsingen.‘" (Heb 2,11.12).

  6. Jakobus schließlich schreibt: „Leidet jemand unter euch Trübsal? Er bete. Ist jemand guten Mutes? Er singe Psalmen" (Jak 5,13).

Aus diesen Bibelversen können wir Folgendes lernen und auch wichtige Schlussfolgerungen ziehen:

Unterscheidung Psalmen, Loblieder, geistliche Lieder

  • Paulus unterscheidet Psalmen, Loblieder und geistliche Lieder. Es handelt sich um geistliche Kompositionen (inhaltlich und musikalisch), in der sich die Freude der Versammlung (Gemeinde) Gottes ausdrückt. Es sind somit heilige metrische Kompositionen von Christen. Wir drücken darin unsere Anbetung (Psalmen) und unser Lob (Loblieder) sowie unsere Wertschätzung der christlichen Wahrheit in ihrer praktischen Anwendung auf das Glaubensleben (geistliche Lieder) aus. „Geistlich" wird bei der niedrigsten Klasse der hier genannten Lieder hinzugefügt, um zu zeigen, dass diese Lieder dem Herrn geweiht sind und nicht einfach Reime einer menschlichen Überlegung darstellen.
    Bei „Psalmen" handelt es sich nicht um alttestamentliche Psalmen, sondern um erhabenes christliches Gedankengut. Es sind Anbetungslieder in höchster dichterischer Form. „Loblieder" sind solche Lieder, die zum Preis Gottes gesungen werden. Ihr Inhalt sind nicht unsere Umstände und Erfahrungen. Gott, unser Vater, wird in seiner Größe und Herrlichkeit und Gnade im Herrn Jesus gepriesen. „Geistliche Lieder" sind eben keine weltlichen Lieder. Sie haben als Inhalt die christliche Wahrheit in ihrer praktischen Verwirklichung. Man kann an das Leben in praktischer Heiligung denken, an christliche Erfahrungen, an das Vertrauen auf Gott, Gebet, an das Erforschen des Wortes Gottes, und allgemein denken wir an das geistliche Leben.

Schlussfolgerung: Echte geistliche Lieder enthalten die christliche Wahrheit und führen zur Anbetung Gottes. Sie sind inhaltsreich und nicht inhaltsarm. Anbetung ist das Gegenteil von dem heutigen „Worship" oder „Lobpreis". Es geht um Gott und um den Herrn Jesus. Solche Lieder enthalten neutestamentliche Inhalte und stellen nicht uns Christen, weder den Schreiber oder Komponisten noch unsere Musik in den Mittelpunkt, sondern Gott. Wenn am Ende wir Christen oder die Autoren vor Augen stehen, gehören diese Lieder nicht zu der Kategorie, von der Paulus spricht.

Kein Gefühlsrausch

  • „Berauscht euch nicht mit Wein" ist der Gegensatz zu den geistlichen Liedern und Psalmen ... Das heißt, geistliche Lieder haben es mit geistlicher Nüchternheit und Besonnenheit zu tun. Sie sprechen nicht in erster Linie unsere Gefühle an, obwohl wir mit Geist, Seele und Leib diese Lieder singen und hören wollen. Auch unsere Emotionen sind somit eingeschlossen im Singen und Zuhören. Es geht nicht um ein (gefühlsmäßiges) Berauschen, sondern um ein wirkliches Erfülltsein mit dem Geist Gottes, der heilig ist. Unsere Herzen und Gewissen werden auf das Wort Gottes, auf Christus und Gott, den Vater, gelenkt. Wir dürfen geistliche Erfahrungen aufgreifen, um sie dankbar für Gott zu singen.

Schlussfolgerung: Geistliche Lieder erfüllen unsere Herzen und Gedanken mit Dankbarkeit und dem Lob Gottes. Sie sind schriftfundiert und sprechen unsere Gefühle nicht losgelöst vom Verstand an. Wenn man in erster Linie Reaktionen erhält, die gefühlsorientiert sind und auf die Gefühle abstellen, sollte man sich überlegen, warum ein solches Lied nicht den biblischen Kriterien entspricht. Das kann sich auf Inhalt, Musik (und Vortragen und Darstellung, wenn es aufgenommen worden ist) beziehen.

Es gibt Christen, die mal engagiert inmitten der Gläubigen und im Blick auf Ungläubige tätig waren, diesen Dienst aber komplett eingestellt haben, ja den Glauben über Bord warfen. Einige gaben als Grund dafür an, dass sie auf Rockkonzerten dieselbe seelische Erhebung erlebt haben wie beim Worship in der Gemeinde. Und dann haben sie sich gefragt: Warum brauche ich dann den Glauben? Die Wirkung des Geistes ist anders und hat immer mit Herz und Gewissen zu tun.

Inhaltsreiche Lieder

  • „Redend zueinander": Damit wird deutlich, dass Lieder eine Botschaft haben sollten. Wir reden zueinander, wollen uns gegenseitig ermutigen und ermahnen, Gott im Herrn Jesus die Ihm würdige Anbetung bringen und in Dank für seine Führung uns durch die christliche Wahrheit gegenseitig ermuntern. „Redend" unterstreicht noch einmal, dass wir bei den Liedern nicht „abheben", sondern auf dem Boden bleiben. Dass es um eine nüchterne Ansprache handelt, wie gesagt, die unsere Gefühle nicht ausschaltet, diese aber nicht in den Mittelpunkt stellt.

Schlussfolgerung: Geistliche Lieder haben Inhalt. Sie sind nicht - wie im charismatischen Bereich - einfach die ständige Wiederholung von Ausdrücken und Versatzstücken. Sie kreisen nicht um unsere Gefühle, sondern um den Herrn und sein Wort, auch seine Zuwendung zu uns Gläubigen.

Tiefgründige Lieder zur Verherrlichung des Herrn

  • „Singend und spielend dem Herrn in euren Herzen": Dieser Hinweis verdeutlicht, dass es nicht nur um Gedanken und Worte geht, sondern wirklich um „Lieder". Sie kommen aus dem Herzen. Das heißt, es geht nicht in erster Linie um das Äußere, obwohl es Gottes Wille ist, dass wir singen. Aber das Zentrum ist das Herz. Das ist in Gottes Wort nicht der Sitz der Gefühle, sondern der Entscheidungen (Spr 4,23). Das ist auch nicht unser Verstand, allerdings mit unserem Willen und Gehirn untrennbar verbunden.

Schlussfolgerung: Der Herr freut sich, wenn wir es in unseren Herzen haben, Ihm zu singen und zu spielen. Dann werden wir nicht das Echo von Menschen suchen, dann werden wir nicht darauf sehen, dass/ob Menschen beeindruckt sind, sondern dass Gott verherrlicht wird. Er wird geehrt, wenn wir durch das Singen dazu gebracht werden, Ihn anzubeten in Geist und Wahrheit, was eine gewisse Tiefgründigkeit einschließt. Das heißt auch, dass der Text dieser Lieder in jeder Hinsicht ehrerbietig über den Herrn Jesus ist und seine Herrlichkeit in Wort und Musik ehrfurchtsvoll vor Augen hat. Besonders über seine Leiden wird so gesprochen, dass man sich nahe am biblischen Text hält. Das bedeutet einen zurückhaltenden und vorsichtigen Stil, ohne spekulative und überzeichnende Vergleiche.

Und wenn wir Ihm unser Leben weihen, nicht als ein Gefühlsmoment, sondern als eine echte Lebensentscheidung. Solche Lieder lösen also auch ohne Singen eine Hingabe in unserem Leben aus, die durch das persönliche oder gemeinschaftliche Singen verstärkt werden kann. Sie zielen nicht darauf ab, eine Moment-Reaktion auszulösen, sondern das Leben für den Herrn zu führen.

Geistliche Lieder offenbaren die christliche Wahrheit

  • „danksagend allezeit für alles dem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus": Das zeugt davon, dass geistliche Lieder dazu führen, dass man zur Anbetung geführt wird und damit das Bewusstsein der christlichen Wahrheit im Herzen erwägt, die uns zu Gott, dem Vater, im Namen unseres Herrn Jesus Christus führt. Der Vater führt immer zum Sohn und der Sohn führt immer zum Vater. In Christus besitzen wir alle geistlichen Reichtümer, die Gott, unser Vater, vor Grundlegung der Welt für uns vorgesehen hat.

Schlussfolgerung: Geistliche Lieder wenden sich an den Herrn Jesus oder an Gott, den Vater. Sie können auch unseren Glauben als Inhalt haben, der uns aber immer wieder zurückführt zu Gott und Christus. Die christliche Wahrheit, das heißt die Offenbarung dieser Wahrheit im Neuen Testament ist die Grundlage für unsere Lieder, nicht ein gefühlsmäßiger Impuls.

Geistliche Lieder sind Wort-zentriert

  • „In aller Weisheit euch gegenseitig lehrt und ermahnt": Geistliche Lieder entsprechen in ausgewogener Weise dem „Wort des Christus", das ist das Wort Gottes, dessen Zentrum und Inhalt Christus ist, der verherrlichte Herr, oder wie jemand einmal gesagt hat, der „Christus der Schriften". Er wird also besungen in einer Weise, wie Gottes Wort von Ihm spricht. Sein Wort ist der Ausgangspunkt für die Lieder, die für uns lehrreich und ermahnend sind. Lehrreich zeigt, dass sie inhaltsreich sind und in der Regel nicht in einem Ausdruck oder Kurzsatz zusammengefasst werden können. Sie ermahnen, weil sie uns beispielsweise den Maßstab an Hingabe usw. vorstellen. Das geschieht in aller Weisheit, in dem das Wort Gottes nüchtern und angemessen auf uns und unser Leben angewendet wird bzw. in dem das, was uns Gottes Wort über Christus und über Gott, den Vater sagt, in angemessener Weise zur Anbetung beiträgt.

Schlussfolgerung: Geistliche Lieder sind wortzentriert und entsprechen dem Wort Gottes. Natürlich kann ein einzelnes Lied nicht die ganze Wahrheit enthalten. Der Autor wird sich aber bemühen, die Wahrheit nicht oberflächlich oder banalisierend darzustellen. Geistliche Lieder sind inhaltsreich und unterscheiden sich auch dadurch von modernen Worship- und Lobpreisliedern. Sie sprechen eben nicht das Fleisch und die Gefühle, sondern Herz und Gewissen an.

Nachvollziehbarkeit

  • „Ich will lobsingen mit dem Geist, ich will aber auch lobsingen mit dem Verstand": Es ist im persönlichen Leben möglich, sich im Herrn in einer Weise zu freuen, die für andere nicht nachvollziehbar sein mag. Sie mögen es nicht verstehen, wie es beim Sprachenreden in Korinth der Fall war. Da erfreute sich derjenige, der in Sprachen redete, seiner Gabe, aber andere, die dieser Sprache nicht kundig waren, hatten nichts davon. Sie verstanden nichts. Im persönlichen Leben mag es nicht tragisch sein, wenn ein anderer meine Freude und meinen geistlichen Genuss nicht nachvollziehen kann. Wenn es aber um Lobsingen und Lieder geht, die wir mit anderen teilen, ist es notwendig, dass auch der andere das, was wir singen oder sagen, auf Basis des Wortes Gottes nachvollziehen kann. Das meint, mit dem Verstand zu lobsingen. Hier geht es also nicht um eine Seelen- oder Gefühlsverwandtschaft, sondern darum, dass man durch Gottes Wort zu wahrer, christlicher Gemeinschaft geführt wird.

Schlussfolgerung: Im Blick auf unsere Gefühle sind wir alle sehr unterschiedlich „aufgestellt". Bei dem einen mag etwas Bestimmtes Gänsehaut oder ein „Wow"-Gefühl auslösen, was ein anderer überhaupt nicht nachvollziehen kann. Gott hat uns unterschiedlich geschaffen. Geistliche Lieder aber spielen nicht mit unseren Gefühlen, sondern werden über den Verstand von anderen verstanden. Unabhängig davon, ob sie besondere Gefühle auslösen oder nicht, können sie von Gläubigen nachvollzogen werden, weil sie den Herrn und sein Wort zum Inhalt machen und auf diesem Wort basieren.

Geistliche Lieder passen in die Zusammenkünfte

  • „So hat jeder von euch einen Psalm": Vermutlich war es in der Anfangszeit so, dass es noch keine Liederbücher gab, wie wir das heute kennen. Und dann haben einzelne Gläubige (Brüder) in der Zusammenkunft zur Auferbauung als einen Teil des Dienstes ein Lied gesungen, in dem Gott angebetet wurde. An dieser Stelle nennt der Apostel Paulus interessanterweise nicht Loblieder und geistliche Lieder, sondern nur Psalmen. Ob er in diesem Begriff auch die beiden anderen Klassen einschließt, kann man vielleicht nicht mit Bestimmtheit sagen.

Schlussfolgerung: Wenn in der Versammlung in Korinth ein solcher „Psalm" gesungen werden konnte, macht das deutlich, dass diese geistlichen Lieder von Inhalt und Musik eine Art aufweisen, die wir in den Zusammenkünften nicht fremd finden. Wir werden daher keine „geistlichen Lieder" wie Lobpreismusik schreiben, wo einige in den Zusammenkünften die Frage aufwerfen könnten, ob diese Lieder von ihrer Art noch angemessen und passend sind.

Geistliche Lieder werden gerne gesungen

  • „Ist jemand guten Mutes? Er singe Psalmen": Interessanterweise nennt Jakobus im Blick auf Trauer und Trübsal keine Lieder, sondern das Gebet. Aber wenn jemand freudig und vertrauensvoll ist, dann singe er Psalmen. Das heißt, wenn es uns gut geht, dann sollen wir diese Zeit nutzen, um Gott Anbetung auch in Liedform zu bringen.

Schlussfolgerung: Geistliche Lieder sind Lieder, die wir alle, wenn wir geistlich gesonnen sind, gerne singen. Es sind Lieder, die durch ihren geistlichen Inhalt und ihre Hinführung zur Anbetung Gottes von solchen, die Kinder Gottes sind, persönlich, in den Familien und in den Zusammenkünften von Herzen gesungen werden. Sie ehren Gott und erfreuen das Herz der Gläubigen.

Zum Ausklang

Wir haben gesehen, dass es nicht viele Hinweise im Neuen Testament über geistliche Lieder gibt. Aber die wenigen Hinweise zeigen uns den Wert dieser Lieder für Gott und für die Erlösten. Voraussetzung dafür ist, dass diese Leider dem Wort Gottes und den Gedanken Gottes entsprechen. Sie werden nicht gegen das Empfinden der Gläubigen stehen, sie werden sowohl vom Inhalt als auch im musikalischen Sinn weder altbacken noch schrill und charismatisch sein.

Solche geistlichen Lieder werden nicht auf Gefühle abzielen, diese aber andererseits auch nicht außen vor lassen. Sie machen die Gläubigen glücklich, wobei das nicht das erste Ziel ist. Vor allem zeigen solche Lieder, dass wir ein Empfinden haben für das, was Gottes Wesen (Licht und Liebe) und seinem Wort entspricht. Diese Lieder verherrlichen Gott, unseren Vater, in unserem Herrn Jesus Christus.

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